Schwarzchopf (1949 m) - Auf Messers Schneide


Publiziert von marmotta , 6. Januar 2010 um 13:26.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 5 Januar 2010
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG   Alpstein 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:Unterwasser - Laui - Altstofel - Mutteli - Schwarzchopf retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Unterwasser, Post
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Unterwasser, Post
Kartennummer:LK Blattzusammensetzung 2514 Säntis-Churfirsten (1:25.000)

Da der Schwarzchopf (1949) im westlichen Alpstein weder ein Kletter- noch ein richtiger Wanderberg ist, erhält er schon im Sommer bzw. in der schneefreien Zeit kaum Besuch. Im Winter dürfte die Zahl der pro Jahr ausgeführten Gipfelbesteigungen dann wohl gegen Null gehen. Nachdem Delta vor knapp einem Jahr die (Hikr-)Erstbesteigung gewagt hatte, bin ich nun seinen Spuren gefolgt.

Ich weiss nicht, ob überhaupt schon einmal jemand die Besteigung des Schwarzchopfs als Schneeschuhtour durchgeführt hat, über den Sinn und Unsinn solcher Touren lässt sich bestimmt auch trefflich streiten. Egal, einer muss ja der Erste sein, und mir hat´s Spass gemacht - sehr viel Spass sogar!

Bereits bei meiner Ende November im Rahmen dieser grosszügigen Überschreitung erfolgten Besteigung des Schwarzchopfs überlegte ich mir, ob die bis zu 60 ° steile Gras-Schrofen-Flanke, die von Süden den Zugang zum Gipfelgrat vermittelt, im Winter, bei dicker Schneeauflage, nicht wesentlich sicherer überwunden werden könne. Dies ist tatsächlich der Fall, wenngleich die Tour dann hochalpinen Charakter hat - Pickel und Steigeisen sind für den Gipfelsturm unerlässlich, ebenso wie eine genaueste Beurteilung der Schnee- und Lawinensituation unter Beachtung der tageszeitlichen Erwärmung, die in der südseitigen und damit bereits am Vormittag stark der Sonneneinstrahlung ausgesetzten Steilflanke eine objektive Gefahr darstellt. Ist man früh genug dran, ist es jedoch zumindest im Hochwinter möglich, von der Terrasse unterhalb des Schwarzchopfs (hier Ski- oder Schneeschuhdepot) über eine seichte Rinne (ca. 50 ° auf 20 Hm) entlang eines Felsaufschwungs, der vormittags noch wichtigen Schatten spendet, halbwegs gefahrlos auf den Südostgrat zu gelangen. Auf dem -insbesondere im Winter durch die starke Überwächtung- stellenweise messerscharfen Grat erreicht man, einen sehr steilen (ca. 45 °) und schmalen Grataufschwung übersteigend, den exponierten Gipfel des Schwarzchopfs, von dem man, wie überall auf dem Kamm der nördlichen Alpsteinkette eine herrliche Aussicht über das Appenzeller Hügelland bis zum Bodensee geniesst. Einsamkeitsgarantie!!

Für Anfang Januar und in Relation zu der derzeitgen Kaltluft (die in den Tallagen deutlich zu spüren ist) war es in der Höhe durch die Sonneneinstrahlung aussergewöhnlich warm und der Aufstieg somit eine entsprechend strenge und teilweise rutschige Angelegenheit. Versuchte ich bis zur Alp Mutteli (1564 m)noch, gentleman-like, die vorhandenen Skiaufstiegsspuren nicht zu benutzen und zu vertrampeln, nahm ich dann im weiteren Aufstieg Richtung Schwarzchopf im zunehmend tieferen und schweren, da feuchten Schnee die am vergangenen Sonntag von 2 Skitourengängern gelegte Spur doch dankbar an. Seltsamerweise endete die Spur unmittelbar vor dem eigentlichen Gipfel des Schwarzchopfs, den beiden Skitourengängern war es offenbar nur um eine rassige Abfahrt und nicht um die Gipfelbesteigung gegangen. Im Gebiet sind noch zahlreiche andere Aufstiegs- und Abfahrtsspuren vorhanden, so etwa zum Schafwisspitz oder zum Stoss. Keine Spuren konnte ich hingegen mit dem Fernglas an den Churfirsten (mit Ausnahme des Selun) erkennen, die Verhältnisse scheinen derzeit auch nicht günstig zu sein (zu wenig bzw. abgeblasener Schnee). Auch die Abfahrt von der Alp Mutteli zur Fahrstrasse nach Laui dürfte momentan (bis zum nächsten ergiebigen Schneefall) ziemlich am Limit sein - Gras- und Steinkontakt ganz unten kaum vermeidbar. Ansonsten dürfte die Abfahrt von der Terrasse unterhalb des Schwarzchopfs, wie auch die Abfahrt vom Schafwisspitz eine der rassigsten Abfahrten im gesamten Alpstein darstellen.

Neben dem (Fuss-)Aufstieg durch die Steilflanke des Schwarzchopfs erforderte vor allem der Gang über die Grat-Himmelsleiter zum Gipfel meine volle Aufmerksamkeit. Durch die starke Überwächtung muss an einigen Stellen jeder Schritt sehr sorgfältig gesetzt werden, Stolperer sollte man sich hier nicht erlauben. Zweimal brach unmittelbar neben meinem Fuss die Wächte in die Tiefe ab, man hat eben auch auf die jeweils andere Seite keinen Spielraum, da der Grat -vor allem im Bereich des kleinen, steilen Aufschwungs vor dem Gipfel- auf beide Seiten jäh abfällt. Eine meiner eher heikleren Wintertouren.

Die Querung von der Terrasse unterhalb des Schwarzchopfs nach Westen hinüber zur Schafwis (im Sommer deutlicher Pfad) sollte man sich im Winter gut überlegen: Ab dem späten Vormittag donnerten in regelmässigen Abständen Nassschneelawinen über den Felsriegel der Schwarzchopf-Südflanke. Aus diesem Grund verwarf ich ganz schnell meinen ursprünglichen Plan, nach dem Schwarzchopf auch noch dem Schafwisspitz einen Besuch abzustatten. Und da ich auch nicht genau wusste, welche der beiden Felsbastionen, die als mächtige Aussichtskanzeln dem Kamm des westlichen Alpsteins vorgelagert sind, denn nun das "Unghüür" ist, unternahm ich auch keinen weiteren Aufstieg mehr auf die Kanzel vor dem Schwarzchopf (P. 1817), die -wie ich später las- von Delta als das Unghüür identifiziert worden war.

Noch eine kleine Geschichte am Rande: Nach diesem Theater hatte ich mir unverzüglich neue Stöcke mit Kipphebel-Verschluss-System (danke Zaza und chaeppi!) zugelegt, die ihren erstmaligen Dienst auf dieser Tour zu meiner vollen Zufriedenheit erfüllt haben. Ständig rutschende oder gar nicht mehr arretierbare Stocksegmente dürften damit für mich (hoffentlich) endgültig der Vergangenheit angehören.

     

Tourengänger: marmotta


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Kommentare (2)


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alpstein hat gesagt: Gratulation !
Gesendet am 6. Januar 2010 um 14:16
Hallo Michael !

Zu dieser tollen Tour mit dem eindrücklichen Bericht und Fotos kann man Dir nur gratulieren !

Grüße
Hanspeter

marmotta hat gesagt: RE:Gratulation !
Gesendet am 6. Januar 2010 um 20:55
Salut Hans-Peter,

vielen Dank für Dein positives Feedback! Ich kann´s noch immer kaum fassen, dass ich an diesem Tag soviel Glück mit dem Wetter und den Verhältnissen hatte.

Mein Dank gilt nicht zuletzt auch Delta, der mir die (Steil-)Vorlage für diese Tour gegeben hatte, die genau nach meinem Geschmack war!

Gruss

Michael



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