Hrádek/Hrad Oltářík a Třtín + Dlouhý vrch + Solanská hora
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Blackout im Böhmischen Mittelgebirge
Irgendwer hat dieses Jahr den goldenen Herbst gestohlen. Etwa 14 Tage hatte es mit nur kurzen Unterbrechungen trübgraues Nieselregenwetter gegeben. Danach folgte eine Frostnacht und das bunte Laub verabschiedete sich schlagartig von vielen Bäumen. Für das Wochenende war immerhin goldener Oktober in Aussicht gestellt. Bei näher Betrachtung ergaben sich aber Schwachpunkte. Ich hatte das České středohoří (Böhmisches Mittelgebirge) auf dem Zettel und wollte zwei frühere Touren von 11/2019 und 01/2020 miteinander kombinieren. Die Wetterprognose schwanke für den Sonntag zwischen ganztägig bedeckt bis knapp 4 Sonnenstunden auf den Bergen. Ich setzte abermals auf eine zeitige Anreise zur Sonnenaufgangsbeobachtung. Durch Nebel am Erzgebirgsfuß kam ich nicht so schnell wie gewünscht voran. Zudem hatte ich drei tierische Begegnungen. Bei der ersten versuchten sich zwei Hirschdamen zivilisiert am Straßenrand als Anhalterinnen. Die zwei Rehe ein Stück weiter waren wesentlich stürmischer, so dass mich nur eine Vollbremsung vor einem Zusammenstoß mit beiden Tieren bewahrte. Wesentlich war dabei der Umstand, dass ich mich auf einem schmalen Nebensträßchen befand und nicht allzu schnell unterwegs war. Zum Dritten passierte mich dann ein weiteres Reh mit größerem Abstand.
Durch die Umstände etwas verzögert, erreichte ich meinen geplanten Startpunkt an einem Wegedreieck in der Nähe der Pnětlucká myslivna (Netluker Jägerhaus). Ich wanderte durch den ruhigen Morgen entlang dem verkehrsarmen Sträßchen Richtung Děkovka (Diakowa). Da der WiesenbergPlešivec (Plöschen Berg) um diese Jahreszeit gesperrt ist, hatte ich den Burgberg Hrádek/Hrad Oltářík (Burg Woltarschik) als Sonnenaufgangslokation auserkoren. Etwa 5 Minuten nach Beginn des Sonnenaufgangs hatte ich eine aussichtsreiche Stelle unmittelbar vor der Burg erreicht und begann zu fotografieren. Das nervige Surren einer Drohne zeigte, dass ich nicht allein war. Als ich mich vorsichtig umschaute, entdeckte ich auf der Holztreppe hinauf zur Burg einen jungen Mann der in einen Schlafsack gehüllt war. Ich ließ mich zunächst nicht beirren und fotografierte weiter. Mit aufsteigendem Unmut drückte ich mich noch eine Weile im Schatten der Burgmauer herum und beschloss zu gehen. Der junge Mann bot mir gönnerhaft an, doch die Burg zu besuchen. Ich schüttelte energisch den Kopf und gab schmallippig zurück, dass schon einmal hier war – bez dronu! Auf dem Rückweg Richtung Straße konnte ich noch kurz das herrliche Morgenlicht genießen. Dort wo der Waldweg die Straße erreichte, bog links eine Fahrspur zu einem Sattel hinauf. Durch Kahlschlagarbeiten hatte sich nicht nur die Optik der Landschaft verändert, auch der Wegzustand hatte sich drastisch verschlechtert. Mehrfach drohte ich auf dem schlammigen Untergrund die Balance zu verlieren. Ich wich daher nach links auf einen felsigen Rücken im Wald aus, der etwas besser zu begehen war. So gelangte ich unmittelbar auf den Berg Třtín. Die Sonne war inzwischen in Schleierwolken eingetaucht und gab nur noch diffuses Licht ab. Der gesamte dreigipfelige Höhenrücken wurde von den Deutschböhmern anfangs Lange Berge genannt, später bekamen alle drei Erhebungen eigene Namen. Nach einer Weile schlug ich den Weg auf dem Kamm Richtung Westen ein. Dabei passierte ich den zentralen Gipfel Dlouhý vrch (Langeberg). Hier gab es wegen der Bewaldung keinen Ausblick. Anschließend kam ich zum westlichen Ende des Rückens, dem Solanská hora (Lange Berg/Langer Berg/Solaner Berg/Sollaner Berg). Etwas lichtere Vegetation bot gute Aussichtsmöglichkeiten nach Südwesten und Westen. Der Gipfel hat einen TP und ein Gipfelbuch. Das Gipfelbuch hatte sich zu einer Loseblattsammlung aufgelöst, so dass ich es im Behälter beließ.
Weglos laufend, verließ ich den Berg Richtung Norden, dachte ich. Eigentlich melden sich bei mir nach einer Weile gewisse Zweifel, wenn ich weglos unterwegs bin und die Richtung nicht stimmt. Dann prüfe ich Lichtstand, Geländeprofil und Vegetation und korrigiere fast automatisch. Heute war der Zweifel da, aber der Korrekturmodus sprang nicht an. Dann hörte ich am Hang ein brunftiges Damwildrudel und ich versuchte mich anzunähern. Die Brunftrufe des Damhirsches sind weniger laut als die des Rothirsches, scheinen aber ausdauernder. Man könnte sie als langes rollendes, fast gurgelndes „R“ beschreiben. Auf Grund von filzigem Unterholz konnte ich mich bis etwa 25 m an die Gruppe annähern. Jetzt wäre eigentlich der Moment gewesen, sich zu freuen, denn Damhirsche bei der Brunft hatte ich noch nie erlebt. Aber da war nur Nebel im Kopf. Ich lief weiter und sah Häuser, eine richtige Wochenendsiedlung. Da wo ich hinwollte, sollten keine Häuser sein! Ich ging einen Weg hinunter und kam an eine Bushaltestelle. Mit dem letzten Rest an Kontrolle zwang ich mich, zu essen und zu trinken. Nach einer Weile war ich wieder zu sinnvollen Aktionen fähig. Ich las den Namen des Haltestellenschildes und schaute auf die Karte, ich war in Skalice (Skalitz) westlich des Berges. 90 Grad Richtungsabweichung hatte ich noch nie und den gerade erlebten Moment in dieser Heftigkeit, dazu noch beim Wandern, auch nicht. Die Ursache dürfte Dauerstress in Kombination mit negativen Emotionen sein. Was mir dagegen hilft weiß ich, Wandern gehört eigentlich dazu. Ich ging nun an der Straße bergauf und verließ den Ort. Wenig später kam ich an die Kreuzung, wo ich normalerweise vom Berg heruntergekommen wäre. Der Waldweg war jedoch auf Grund von Forstarbeiten ein einziges Schlammloch, so dass er ohnehin keine Freude bereitet hätte. Nun sollte der Übergang zur anderen Talseite erfolgen, wo ich drei Bergüberschreitungen geplant hatte. Wegen dem wenig aufmunternden Halblicht und dem fehlenden Vertrauen in die mentale Verfassung beschloss ich die Tour an dieser Stelle abzubrechen und ging an der Straße zum Wegedreieck vor der Pnětlucká myslivna, somit zum Ausgangspunkt zurück.
So fuhr ich vorzeitig nach Hause und verlegte mich auf Musiktherapie. Heute musste es mit dem bisweilen als Hymne von Berg- und Naturfreunden gehandelten Titel „Horou“ (Berg) der slowakischen Sängerin und Songschreiberin Zuzana Smatanová schon etwas ganz Großes sein. Die Künstlerin gewährt auch tiefe Einblicke in die Entstehung der Musik und des Videos – skvelé, ďakujem Zuzka!
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h.
Die absolvierte Wegstrecke ist größtenteils nicht als Wanderweg markiert und auf den Wegen mit T1 zu bewerten. Die Bergüberschreitungen mit Pfadansätzen sind abweichend als T2, kurze weglose Abschnitte als T3 einzuschätzen.
Irgendwer hat dieses Jahr den goldenen Herbst gestohlen. Etwa 14 Tage hatte es mit nur kurzen Unterbrechungen trübgraues Nieselregenwetter gegeben. Danach folgte eine Frostnacht und das bunte Laub verabschiedete sich schlagartig von vielen Bäumen. Für das Wochenende war immerhin goldener Oktober in Aussicht gestellt. Bei näher Betrachtung ergaben sich aber Schwachpunkte. Ich hatte das České středohoří (Böhmisches Mittelgebirge) auf dem Zettel und wollte zwei frühere Touren von 11/2019 und 01/2020 miteinander kombinieren. Die Wetterprognose schwanke für den Sonntag zwischen ganztägig bedeckt bis knapp 4 Sonnenstunden auf den Bergen. Ich setzte abermals auf eine zeitige Anreise zur Sonnenaufgangsbeobachtung. Durch Nebel am Erzgebirgsfuß kam ich nicht so schnell wie gewünscht voran. Zudem hatte ich drei tierische Begegnungen. Bei der ersten versuchten sich zwei Hirschdamen zivilisiert am Straßenrand als Anhalterinnen. Die zwei Rehe ein Stück weiter waren wesentlich stürmischer, so dass mich nur eine Vollbremsung vor einem Zusammenstoß mit beiden Tieren bewahrte. Wesentlich war dabei der Umstand, dass ich mich auf einem schmalen Nebensträßchen befand und nicht allzu schnell unterwegs war. Zum Dritten passierte mich dann ein weiteres Reh mit größerem Abstand.
Durch die Umstände etwas verzögert, erreichte ich meinen geplanten Startpunkt an einem Wegedreieck in der Nähe der Pnětlucká myslivna (Netluker Jägerhaus). Ich wanderte durch den ruhigen Morgen entlang dem verkehrsarmen Sträßchen Richtung Děkovka (Diakowa). Da der WiesenbergPlešivec (Plöschen Berg) um diese Jahreszeit gesperrt ist, hatte ich den Burgberg Hrádek/Hrad Oltářík (Burg Woltarschik) als Sonnenaufgangslokation auserkoren. Etwa 5 Minuten nach Beginn des Sonnenaufgangs hatte ich eine aussichtsreiche Stelle unmittelbar vor der Burg erreicht und begann zu fotografieren. Das nervige Surren einer Drohne zeigte, dass ich nicht allein war. Als ich mich vorsichtig umschaute, entdeckte ich auf der Holztreppe hinauf zur Burg einen jungen Mann der in einen Schlafsack gehüllt war. Ich ließ mich zunächst nicht beirren und fotografierte weiter. Mit aufsteigendem Unmut drückte ich mich noch eine Weile im Schatten der Burgmauer herum und beschloss zu gehen. Der junge Mann bot mir gönnerhaft an, doch die Burg zu besuchen. Ich schüttelte energisch den Kopf und gab schmallippig zurück, dass schon einmal hier war – bez dronu! Auf dem Rückweg Richtung Straße konnte ich noch kurz das herrliche Morgenlicht genießen. Dort wo der Waldweg die Straße erreichte, bog links eine Fahrspur zu einem Sattel hinauf. Durch Kahlschlagarbeiten hatte sich nicht nur die Optik der Landschaft verändert, auch der Wegzustand hatte sich drastisch verschlechtert. Mehrfach drohte ich auf dem schlammigen Untergrund die Balance zu verlieren. Ich wich daher nach links auf einen felsigen Rücken im Wald aus, der etwas besser zu begehen war. So gelangte ich unmittelbar auf den Berg Třtín. Die Sonne war inzwischen in Schleierwolken eingetaucht und gab nur noch diffuses Licht ab. Der gesamte dreigipfelige Höhenrücken wurde von den Deutschböhmern anfangs Lange Berge genannt, später bekamen alle drei Erhebungen eigene Namen. Nach einer Weile schlug ich den Weg auf dem Kamm Richtung Westen ein. Dabei passierte ich den zentralen Gipfel Dlouhý vrch (Langeberg). Hier gab es wegen der Bewaldung keinen Ausblick. Anschließend kam ich zum westlichen Ende des Rückens, dem Solanská hora (Lange Berg/Langer Berg/Solaner Berg/Sollaner Berg). Etwas lichtere Vegetation bot gute Aussichtsmöglichkeiten nach Südwesten und Westen. Der Gipfel hat einen TP und ein Gipfelbuch. Das Gipfelbuch hatte sich zu einer Loseblattsammlung aufgelöst, so dass ich es im Behälter beließ.
Weglos laufend, verließ ich den Berg Richtung Norden, dachte ich. Eigentlich melden sich bei mir nach einer Weile gewisse Zweifel, wenn ich weglos unterwegs bin und die Richtung nicht stimmt. Dann prüfe ich Lichtstand, Geländeprofil und Vegetation und korrigiere fast automatisch. Heute war der Zweifel da, aber der Korrekturmodus sprang nicht an. Dann hörte ich am Hang ein brunftiges Damwildrudel und ich versuchte mich anzunähern. Die Brunftrufe des Damhirsches sind weniger laut als die des Rothirsches, scheinen aber ausdauernder. Man könnte sie als langes rollendes, fast gurgelndes „R“ beschreiben. Auf Grund von filzigem Unterholz konnte ich mich bis etwa 25 m an die Gruppe annähern. Jetzt wäre eigentlich der Moment gewesen, sich zu freuen, denn Damhirsche bei der Brunft hatte ich noch nie erlebt. Aber da war nur Nebel im Kopf. Ich lief weiter und sah Häuser, eine richtige Wochenendsiedlung. Da wo ich hinwollte, sollten keine Häuser sein! Ich ging einen Weg hinunter und kam an eine Bushaltestelle. Mit dem letzten Rest an Kontrolle zwang ich mich, zu essen und zu trinken. Nach einer Weile war ich wieder zu sinnvollen Aktionen fähig. Ich las den Namen des Haltestellenschildes und schaute auf die Karte, ich war in Skalice (Skalitz) westlich des Berges. 90 Grad Richtungsabweichung hatte ich noch nie und den gerade erlebten Moment in dieser Heftigkeit, dazu noch beim Wandern, auch nicht. Die Ursache dürfte Dauerstress in Kombination mit negativen Emotionen sein. Was mir dagegen hilft weiß ich, Wandern gehört eigentlich dazu. Ich ging nun an der Straße bergauf und verließ den Ort. Wenig später kam ich an die Kreuzung, wo ich normalerweise vom Berg heruntergekommen wäre. Der Waldweg war jedoch auf Grund von Forstarbeiten ein einziges Schlammloch, so dass er ohnehin keine Freude bereitet hätte. Nun sollte der Übergang zur anderen Talseite erfolgen, wo ich drei Bergüberschreitungen geplant hatte. Wegen dem wenig aufmunternden Halblicht und dem fehlenden Vertrauen in die mentale Verfassung beschloss ich die Tour an dieser Stelle abzubrechen und ging an der Straße zum Wegedreieck vor der Pnětlucká myslivna, somit zum Ausgangspunkt zurück.
So fuhr ich vorzeitig nach Hause und verlegte mich auf Musiktherapie. Heute musste es mit dem bisweilen als Hymne von Berg- und Naturfreunden gehandelten Titel „Horou“ (Berg) der slowakischen Sängerin und Songschreiberin Zuzana Smatanová schon etwas ganz Großes sein. Die Künstlerin gewährt auch tiefe Einblicke in die Entstehung der Musik und des Videos – skvelé, ďakujem Zuzka!
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h.
Die absolvierte Wegstrecke ist größtenteils nicht als Wanderweg markiert und auf den Wegen mit T1 zu bewerten. Die Bergüberschreitungen mit Pfadansätzen sind abweichend als T2, kurze weglose Abschnitte als T3 einzuschätzen.
Hike partners:
lainari
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