Cima di Castello 3378m - Solo über die Westflanke
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Von August 2004 bis August 2020 hatte ich an meinem großen Projekt "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe" gearbeitet. Insgesamt 163 Gipfel standen auf der ursprünglichen Liste, welche ich in diesen 16 Jahren alle besteigen konnte. Nach dem eigentlichen Abschluss des Projekts kam im Juni 2021 noch die Hohe Fürleg hinzu, welche erst durch Gletscherschwund am Referenzpass in die Liste aufrückte. Nachdem ich die einschlägigen Kartenwerke nochmals gründlich studiert hatte, war ich über 3 Jahre lang ziemlich überzeugt, dass ich wirklich alle "erwischt" hätte. Im Herbst 2024 fiel mir aber bei einem Blick auf die Karte eher zufällig auf, dass der Passo di Mello (2991m) höchstwahrscheinlich nicht der tiefste Punkt im Gratverlauf zwischen Monte Disgrazia und Cima di Castello ist.
Nach Ansicht einiger Bilder auf hikr und Vergleich verschiedener Karten gehe ich inzwischen davon aus, dass die etwa 500m weiter nordwestlich gelegene Scharte ca. 2970m hat. Das ergibt eine Schartenhöhe für die Cima di Castello von ca. 408m. Eine Besteigung des Berges hatte durch die geschilderten Umstände für mich im Sommer 2025 eine hohe Priorität wie nie ein anderer Gipfel zuvor. Natürlich wäre es sehr günstig gewesen, mit Seilpartner gehen zu können, aber Raphy und ich hatten nur wenige Termine, die nach Absprache für andere Projekte reserviert waren. So tüftelte ich mir (übrigens in bester Tradition meines großen Projekts) ein Route durch die Westflanke aus, die mir solo machbar erschien.
Am 18.8.2025 war es dann soweit: Ich fuhr mit der ersten Bahn um 7 Uhr zum Albigna-Stausee hinauf und folgte erstmal dem Wanderweg über die Staumauer zur Capanna Albigna. Kurz vor der Hütte nutzte ich eine Spur entlang einer Rohrleitung, um die Hütte zu umgehen und ein paar Höhenmeter zu sparen. Dann folgte ich dem blau-weiß markierten Weg nach Süden, entlang dessen der See umrundet werden kann. Zuerst geht es gut 150hm hinunter und über eine rustikale Brücke aus zwei Stämmen über den Fluß. (Hier würde es irgendwo zum Normalweg hinaufgehen.) Dann folgt der Weg einem aus dem Fels gehauenen Einschnitt, dessen ursprünglichen Sinn ich mir nicht erschließen konnte. Recht abrupt leiten die Markierungen dann rechts eine Leiter aus Eisenbügeln hinunter, der mysteriöse Einschnitt würde aber noch weiter gehen.
Ich folgte den Markierungen durchs Geröllgelände so weit nach Süden, bis diese nach Westen abdrehen, und hielt mich anschließend weiter südlich. Mein Plan war, über die östliche Seitenmoräne des Albignagletschers aufzusteigen. Beim Näherkommen musste ich aber feststellen, dass mir eine steile und teils spaltige Blankeiszone den direkten Weg versperrte. Also stieg ich erstmal einen Schuttrücken in Richtung Castell hinauf und querte dann sehr mühsam über steiles Schuttgelände in Richtung Moräne hinüber. Der weitere Weg über die Moräne bzw links daneben war ebenfalls ziemlich ätzend: nicht gesetztes Geröll über dem tauenden Eis. (Vielleicht wäre es besser gewesen, diesen Teil weiträumig über die Gletschermitte zu umgehen.)
Dort, wo die Seitenmoräne ausläuft (ca. 100m vor P.2418) konnte ich endlich das instabile Gelände wieder Richtung Osten verlassen. Ich stieg in Richtung einer markanten Geröllrinne auf und anschließend in dieser über steiles, aber recht stabiles Geröll weiter nach oben. Kurz vor dem Ende wurde es nochmals etwas steiler, aber ich fand einen besseren Ausstieg über eine große, nur mäßig geneigte Platte rechts. Über ganz angenehmes Fels-Wiesen-Gelände stieg ich rechtshaltend unterhalb einiger Felswände weiter hinauf. Bald hatte ich die größeren Wände umlaufen und konnte in Richtung Nordosten über Grasflecken und eine kurze, einfache Kletterstelle das Plateau östlich von P.2632 erreichen. Hier stellte ich erstmal ein halbwegs großes Steinmännchen für den Rückweg auf.
Nun ging es über flacheres Gelände weiter in Richtung Osten bis zum Fuß einer Felsrippe (ca. 2840m), welche von P.3100 in südwestliche Richtung herunterzieht. Ich umrundete die Rippe und stieg den Kessel in nordöstlicher Richtung hinauf. Links einer markanten Rinne kraxelte ich über das steiler werdende Gletscherschliffgelände. Dabei musste ich schon die ein oder andere unangenehm plattige IIer-Stelle überwinden. Oben konnte ich zwar einfach in die Rinne hineinqueren, musste dann aber auf der anderen Seite wiederum ziemlich plattig hinauskommen. Auch diese Aktion war für mich psychisch etwas problematisch, da ich mich fast vollständig auf die Reibung der Schuhsohlen verlassen musste. Gar nicht meins... (Vielleicht kann auch dieser Teil deutlich einfacher umlaufen werden, wenn man vom Fuß der Rippe nach Süden quert und über P.2863 aufsteigt.)
Wieder deutlich flacher, aber immer noch mühsam ging es dann wieder Richtung Osten weiter in Richtung Bocchetta dal Castel. Kurz vor der Scharte musste ich nochmal eine Kletterstelle überwinden, um nicht rechts auf den steilen Gletscher zu müssen (II+, sehr glatt aber nicht ausgesetzt). Erwartungsgemäß musste ich eine kleine Ecke des Gletschers dann überqueren, um den Gipfelhang zu erreichen. Ab hier war ich jetzt wieder auf dem Normalweg unterwegs. Zuerst in südöstlicher Richtung ansteigend, bis man irgendwo nördlich von P.3225 auf die Rippe trifft. Dann der Rippe entlang hinauf auf ein weiters Plateau. Der direkte Weg zum Gipfel wird jetzt nochmal durch eine Wandstufe versperrt, aber Steinmännchen leiten ganz nach links hinaus zum Westgrat.
Über eine kurze, etwas plattige Stelle gelangte ich zum Grat hinauf und über diesen unproblematisch auf das große Gipfelplateau. Der höchste Punkt mit der Gipfelmadonna ist aber nochmal Richtung Süden abgesetzt und nur durch Klettern zu erreichen. Ich kletterte direkt an der Kante in die Scharte zum Hauptgipfel hinunter (III, ziemlich ausgesetzt, super fest und gut griffig), man könnte wohl auch an der Ostseite etwas einfacher dorthin gelangen. Auf der anderen Seite geht es dann über große Blöcke wieder hinauf (II, ebenfalls ausgesetzt, erstaunlich stabil). Die Aussicht am Gipfel war etwas eingeschränkt, aber bei angenehmen Temperaturen genoss ich die Gipfelpause dennoch sehr, zumal der große Gipfelblock ein wenig die Form eines Liegestuhls hat.
Dann trat ich den Rückweg an, wobei ich mich ziemlich exakt an die Aufstiegsroute hielt. Wie bereits beschrieben, vermutete ich zwei wesentliche Optimierungsmöglichkeiten, aber aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit waren mir Experimente zu riskant. Als ich dann endlich wieder die markierte Seeumrundung erreichte, hatte ich das Geröllgelände auch gründlich satt und war froh, über die Eisenbügel wieder zu einen normalen Weg hinaufsteigen zu können. Der Gegenanstieg zur Capanna Albigna war ziemlich zäh. Dort angelangt gönnte ich mir noch eine Viertelstunde Pause mit einem großen Radler. Irgendwie war der weitere Abstieg danach erstmal relativ locker und vielleicht auch etwas angeheitert...
Lange nach Betriebsschluss kam ich wieder bei der Bergstation der Seilbahn an. Also blieb mir wenig anderes übrig, als die 900hm ins Tal abzusteigen. Zuerst führt der Weg an der westlichen Talseite entlang und nur wenig bergab, da eine große Schlucht umlaufen werden muss, welche man mit der Seilbahn einfach "überfliegt". Dann geht es steil hinunter bis zur Brücke bei P.1303. Von dort aus schlurfte ich in fortschreitender Dämmerung die Forststraße hinunter, verpasste in der Dunkelheit noch eine mögliche Abkürzung und musste am Ende noch knapp 300m an der Straße zum Parkplatz laufen. Ziemlich erledigt kam ich schließlich dort an. Dennoch: Mission erfüllt, meine Liste ist wieder vollständig!
Die Cima di Castello war Gipfel Nr. 165 / 165 meines großen Projekts "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Mehr Infos auf meiner Homepage.
Nach Ansicht einiger Bilder auf hikr und Vergleich verschiedener Karten gehe ich inzwischen davon aus, dass die etwa 500m weiter nordwestlich gelegene Scharte ca. 2970m hat. Das ergibt eine Schartenhöhe für die Cima di Castello von ca. 408m. Eine Besteigung des Berges hatte durch die geschilderten Umstände für mich im Sommer 2025 eine hohe Priorität wie nie ein anderer Gipfel zuvor. Natürlich wäre es sehr günstig gewesen, mit Seilpartner gehen zu können, aber Raphy und ich hatten nur wenige Termine, die nach Absprache für andere Projekte reserviert waren. So tüftelte ich mir (übrigens in bester Tradition meines großen Projekts) ein Route durch die Westflanke aus, die mir solo machbar erschien.
Am 18.8.2025 war es dann soweit: Ich fuhr mit der ersten Bahn um 7 Uhr zum Albigna-Stausee hinauf und folgte erstmal dem Wanderweg über die Staumauer zur Capanna Albigna. Kurz vor der Hütte nutzte ich eine Spur entlang einer Rohrleitung, um die Hütte zu umgehen und ein paar Höhenmeter zu sparen. Dann folgte ich dem blau-weiß markierten Weg nach Süden, entlang dessen der See umrundet werden kann. Zuerst geht es gut 150hm hinunter und über eine rustikale Brücke aus zwei Stämmen über den Fluß. (Hier würde es irgendwo zum Normalweg hinaufgehen.) Dann folgt der Weg einem aus dem Fels gehauenen Einschnitt, dessen ursprünglichen Sinn ich mir nicht erschließen konnte. Recht abrupt leiten die Markierungen dann rechts eine Leiter aus Eisenbügeln hinunter, der mysteriöse Einschnitt würde aber noch weiter gehen.
Ich folgte den Markierungen durchs Geröllgelände so weit nach Süden, bis diese nach Westen abdrehen, und hielt mich anschließend weiter südlich. Mein Plan war, über die östliche Seitenmoräne des Albignagletschers aufzusteigen. Beim Näherkommen musste ich aber feststellen, dass mir eine steile und teils spaltige Blankeiszone den direkten Weg versperrte. Also stieg ich erstmal einen Schuttrücken in Richtung Castell hinauf und querte dann sehr mühsam über steiles Schuttgelände in Richtung Moräne hinüber. Der weitere Weg über die Moräne bzw links daneben war ebenfalls ziemlich ätzend: nicht gesetztes Geröll über dem tauenden Eis. (Vielleicht wäre es besser gewesen, diesen Teil weiträumig über die Gletschermitte zu umgehen.)
Dort, wo die Seitenmoräne ausläuft (ca. 100m vor P.2418) konnte ich endlich das instabile Gelände wieder Richtung Osten verlassen. Ich stieg in Richtung einer markanten Geröllrinne auf und anschließend in dieser über steiles, aber recht stabiles Geröll weiter nach oben. Kurz vor dem Ende wurde es nochmals etwas steiler, aber ich fand einen besseren Ausstieg über eine große, nur mäßig geneigte Platte rechts. Über ganz angenehmes Fels-Wiesen-Gelände stieg ich rechtshaltend unterhalb einiger Felswände weiter hinauf. Bald hatte ich die größeren Wände umlaufen und konnte in Richtung Nordosten über Grasflecken und eine kurze, einfache Kletterstelle das Plateau östlich von P.2632 erreichen. Hier stellte ich erstmal ein halbwegs großes Steinmännchen für den Rückweg auf.
Nun ging es über flacheres Gelände weiter in Richtung Osten bis zum Fuß einer Felsrippe (ca. 2840m), welche von P.3100 in südwestliche Richtung herunterzieht. Ich umrundete die Rippe und stieg den Kessel in nordöstlicher Richtung hinauf. Links einer markanten Rinne kraxelte ich über das steiler werdende Gletscherschliffgelände. Dabei musste ich schon die ein oder andere unangenehm plattige IIer-Stelle überwinden. Oben konnte ich zwar einfach in die Rinne hineinqueren, musste dann aber auf der anderen Seite wiederum ziemlich plattig hinauskommen. Auch diese Aktion war für mich psychisch etwas problematisch, da ich mich fast vollständig auf die Reibung der Schuhsohlen verlassen musste. Gar nicht meins... (Vielleicht kann auch dieser Teil deutlich einfacher umlaufen werden, wenn man vom Fuß der Rippe nach Süden quert und über P.2863 aufsteigt.)
Wieder deutlich flacher, aber immer noch mühsam ging es dann wieder Richtung Osten weiter in Richtung Bocchetta dal Castel. Kurz vor der Scharte musste ich nochmal eine Kletterstelle überwinden, um nicht rechts auf den steilen Gletscher zu müssen (II+, sehr glatt aber nicht ausgesetzt). Erwartungsgemäß musste ich eine kleine Ecke des Gletschers dann überqueren, um den Gipfelhang zu erreichen. Ab hier war ich jetzt wieder auf dem Normalweg unterwegs. Zuerst in südöstlicher Richtung ansteigend, bis man irgendwo nördlich von P.3225 auf die Rippe trifft. Dann der Rippe entlang hinauf auf ein weiters Plateau. Der direkte Weg zum Gipfel wird jetzt nochmal durch eine Wandstufe versperrt, aber Steinmännchen leiten ganz nach links hinaus zum Westgrat.
Über eine kurze, etwas plattige Stelle gelangte ich zum Grat hinauf und über diesen unproblematisch auf das große Gipfelplateau. Der höchste Punkt mit der Gipfelmadonna ist aber nochmal Richtung Süden abgesetzt und nur durch Klettern zu erreichen. Ich kletterte direkt an der Kante in die Scharte zum Hauptgipfel hinunter (III, ziemlich ausgesetzt, super fest und gut griffig), man könnte wohl auch an der Ostseite etwas einfacher dorthin gelangen. Auf der anderen Seite geht es dann über große Blöcke wieder hinauf (II, ebenfalls ausgesetzt, erstaunlich stabil). Die Aussicht am Gipfel war etwas eingeschränkt, aber bei angenehmen Temperaturen genoss ich die Gipfelpause dennoch sehr, zumal der große Gipfelblock ein wenig die Form eines Liegestuhls hat.
Dann trat ich den Rückweg an, wobei ich mich ziemlich exakt an die Aufstiegsroute hielt. Wie bereits beschrieben, vermutete ich zwei wesentliche Optimierungsmöglichkeiten, aber aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit waren mir Experimente zu riskant. Als ich dann endlich wieder die markierte Seeumrundung erreichte, hatte ich das Geröllgelände auch gründlich satt und war froh, über die Eisenbügel wieder zu einen normalen Weg hinaufsteigen zu können. Der Gegenanstieg zur Capanna Albigna war ziemlich zäh. Dort angelangt gönnte ich mir noch eine Viertelstunde Pause mit einem großen Radler. Irgendwie war der weitere Abstieg danach erstmal relativ locker und vielleicht auch etwas angeheitert...
Lange nach Betriebsschluss kam ich wieder bei der Bergstation der Seilbahn an. Also blieb mir wenig anderes übrig, als die 900hm ins Tal abzusteigen. Zuerst führt der Weg an der westlichen Talseite entlang und nur wenig bergab, da eine große Schlucht umlaufen werden muss, welche man mit der Seilbahn einfach "überfliegt". Dann geht es steil hinunter bis zur Brücke bei P.1303. Von dort aus schlurfte ich in fortschreitender Dämmerung die Forststraße hinunter, verpasste in der Dunkelheit noch eine mögliche Abkürzung und musste am Ende noch knapp 300m an der Straße zum Parkplatz laufen. Ziemlich erledigt kam ich schließlich dort an. Dennoch: Mission erfüllt, meine Liste ist wieder vollständig!
Die Cima di Castello war Gipfel Nr. 165 / 165 meines großen Projekts "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Mehr Infos auf meiner Homepage.
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