Moyle Way - über den Glens of Antrim
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14.04.2025
Die kurvenreiche Einfahrt des Busses in das canyonartige Tal Glenariff führt geradewegs in ein geradezu kitschiges Bilderbuchirland. Sattes Wiesengrün, durchzogen von grauen Trockenmäuerchen und leuchtend gelben Ginsterhecken, dahinter der azurblaue Ausschnitt der Meeresküste zwischen den mächtigen Portalen der Talöffnung. Verstreut stehen weiß leuchtende Farmhäuschen, eine winzige Siedlung schmiegt sich direkt an die Küste. Das ist Waterfoot, genannt auch Glenariff, wie dieses größte der Glens of Antrim (Glen = Tal) selbst genannt wird.
Hier verlasse ich den Bus, bei der alten Steinbrücke am Ortseingang. Der winzige Fischerort hat gerade mal 500 Einwohner mit netten Häuserzeilen entlang der Main Street. Authentisch, überaus sympathisch. Ich bin am Ausgangsort des zweiten Teils meiner Nordirland-Wanderreise angekommen. In der vorgebuchten Unterkunft "Bay View" werde ich herzlich empfangen. Vom Haus aus brauche ich nur mal über die Straße zu stolpern, um den 2 km langen Sandstrand zu erreichen., welcher im Lonely Planet sogar mit dem Prädikat „schönster Strand von Antrim“ gepriesen wird. Übers Meer blickend, formen sich die Konturen der Küste Schottlands. Drüben eine riesige Halbinsel, scheinbar zum Rüberschwimmen nah - das ist der berühmte Mull of Kentyre.
15.04.2025
Nach einem kurzen Auftakt auf einem Graspfad entlang des Bachkanales wandere ich vorerst gemächlich entlang der Glen Road talaufwärts. Die Glen Road ist kaum befahren und verläuft abseits der gestern vom Bus benutzten Hauptstrecke. Jedes Haus, jeder Weiler ist hier mit einem keltischen Namen versehen. Das Glenariff ist das größte und bekannteste der neun Glens of Antrim. Diese Täler sind allesamt in der letzten Eiszeit entstanden. Gletscher haben sich hier jeweils tief ins Plateau eingeschliffen und somit klassische U-Täler geschaffen, die sich allesamt zum Meer hin öffnen.Gleich einem gigantischen Portal brechen beim Glenariff links und rechts des Sandstrandes zwei Steilabbrüche zum Meer hinunter. Der nördliche trägt den Namen Lurigethan Mountain. Unter diesem ragt gar eine kleine Burgruine in den Himmel. Mehr Irland-Klischee geht eigentlich nimmer ...
Diese Abbrüche geben schon einen Vorgeschmack darauf, was ich später noch auf meinen Etappen entlang der Antrim Coast erleben soll. Doch vorerst wandere ich weg von der Küste. Der Moyle Way trägt den Wanderer über die nördlichen Glens of Antrim hinweg, erschließt somit das Hinterland dieses inzwischen durch "Games of Thrones" weltbekannt gewordenen Küstenstriches. Moorland, Hills, Wälder und Wasserfälle sind die Themen der kommenden beiden Tage. Auf jeden Fall ein interessanter und bereichernder Kontrast zur darauffolgenden Küstenwanderung.
An der Laragh Lodge lasse ich Weiler, Gehöfte nd Teerstraße hinter mir, ein bergiges Waldgebiet beginnt. Im angrenzenden Ein mit Holzstegen und -brücken ausgebauter Pfad steigt entlang einer Serie von romantischen Wasserfällen hinauf zum Plateau. Ganz unten ist der Ess-na-Crub-Wasserfall, welcher durch einen kleinen Abstecher erreicht wird. Der schönste und eindrucksvollste ist weit oben der Ess-na-Larach. Dazwischen entzücken Tiefblicke in die enge Klamm und unzählige kleinere Kaskaden.
Mit dem Ausstieg aus dem Wasserfallweg befindet sich auf aussichtsreicher Plateauhöhe der offizielle Eingang zum Glenariff Forest Park. Das Panorama über den Canyon des Glenariff hinweg zum Meer mit dem Mull of Kentyre ist fantastisch. Ich halte Einkehr zu Kaffee und Kuchen im zum Visitorscentre gehörenden Café. Bis Ballycastle, dem Zielort des Moyle Ways, wird es für mich keine weitere derartige Gelegenheit mehr geben. Augenscheinlich habe ich es durch die Schlucht noch rechtzeitig vor dem großen Andrang geschafft, denn Parkplatz und Visitorcenter beginnen sich nach und nach zu füllen. Ein letztes Bad also unter Mitmenschen vor dem Abtauchen in Wildnis und Verlassenheit.
Um vom Visitorcenter aus weiterzukommen, muss einer der beiden Zu- bzw. Abfahrtsstränge entlanggegangen werden, über die der Autoverkehr zu oder vom Parkplatz weggeleitet wird. Dann geht es über die Straße A 43, wo auf der anderen Seite ein markierter Ponytrail beginnt. Entlang des Castlegreen Burn, dann über die Essathohan Bridge, wo auch die B 14 überquert wird. Es folgt eine interessante kleine Klamm, in welcher sich ein aus Basaltsäulen bestehender Wasserfall befindet.
Es folgt wildes, dichtes Waldgebiet, wo umgestürzte Bäume wie Mikadostäbchen ineinander verkeilt sind. Hier ist es oft tief morastig und die Pfadfindung nicht einfach. Bald trete ich hinaus in offenes Moorland. Graue Wolken hängen über der Landschaft, ein kalter Wind pfeift. Markierungspfähle helfen mir durch die Westflanke des Trostan (550 m). Der Gipfel des höchsten Berges dieser Gegend wird knapp umgangen. Dafür führt die Route jetzt nach dem Abstieg hinab zur Brücke über den Glendun River direkt auf den mit Antennen bestandenen Slieveanorra (508 m). Die Aussicht ist gewaltig, bis hin zur Küste. Das riesige Moorgebiet um mich herum vermittelt ein Gefühl großer Abgelegenheit und Verlorenheit.
Verloren bin ich glücklicherweise nicht und dank der Trockenheit, bis auf ein paar Einsinkungen, auch recht gut durchs offene Moor gekommen. Doch ist es Zeit, sich langsam Gedanken um einen geeigneten Biwakplatz zu machen. An und für sich wäre die Nordflake des Berges, über die ich jetzt absteige, bestens dazu geeignet. Mehrere flache Inlets am Weg, sogar mit Wasserläufen, dazu noch mit fantastischer Aussicht. Jedoch ist mir der Wind hier oben zu stark, der pfeift hier nämlich mittlerweile schon in Sturmstärken. Weiter unten geht der Weg in den Wald hinein, dort ist es merklich windgeschützter, und die Bäume stehen hier, trotz des Sturms, stabil. Auch hier finde ich ein Inlet mit einem bescheidenen, aber ausreichenden Wasserlauf dahinter. Ich bin hier ganz nahe an der Altarichard Road, wo auch mein Buch die Etappenunterteilung vornimmt. Als beim Zeltaufbau plötzlich ein Pärchen mit Hund um die Kurve kommt, erschrecke ich fast zu Tode, nachdem ich den lieben langen Nachmittag durch diese verlassene Landschft gewandert war, wo sich, bis auf zwei Trostan-Besteiger, keine Menschenseele blicken ließ.
500 Meter im Berrgland mögen so Manchem geradezu lachhaft erscheinen, in Irland aber kann diese Höhe im Vergleich etwa zum Meeresniveau einen erheblichen Unterschied machen, insbesondere dann, wenn das Wetter schlecht ist. Dieses zeigte sich heute nochmal von der günstigen Seite - meist bewölkt, aber auch mal sonnig, und trocken bleibend. Wenn dann kein Wind ging, war es angenehm warm. Ansonsten war es mit stürmischem Wind in den Höhen schon recht frisch. Nun, morgen soll es anders kommen ...
16.04.2025
Bereits in der Nacht hat der Regen eingesetzt. Der soll heute bleiben, nie übermäßig stark, aber persistent und noch dazu mit Abkühlung und stürmischen Winden. Die ersten zwei bis drei Stunden nehme ich´s gelassen. Glücklicherweise kommt mir der Wegverlauf unter diesen Umständen in zwei Dingen entgegen: Wege und Markierungen sind ausreichend klar, sodaß sich umständliches Nachlesen oder Nachschauen auf der Karte erübrigen. Auf Forststräßchen und Schotterwegen komme ich recht zügig voran. Die eine oder andere Moorpassage, heute in besonders morastigem Zustand, bleibt aber nicht aus. Trotz des trüben Wetters werden Aussichten über die nördlichen Glens of Antrim möglich.
Die Attraktionen liegen hier oft im Detail, wie eingekerbte Bachläufe, die in braun-rot-grün-Tönen gefärbte Moor- und Waldvegetation, dazwischen immer wieder leuchtend gelber Ginster. Allfällige Unschönheiten mag ich dennoch nicht verschweigen: riesige, kahlgeschlagene Waldflächen scheinen wie aus einer Endzeit, seltsam geometrisch angelegte Forstungen stören die Illusion einer selbstgewachsenen Natur. Allfällige Windwürfe und Sturmschöden hingegen können durchaus auch als Attraktionen wahrgenommen werden.
Die letzten zwei bis drei Stunden bleiben weitgehend ohne Bilddokumentation, da meine Hände inzwischen derart klamm geworden sind und die Handschuhe ohnehin tropfnass. Ein wenig schade, der Weg kurvt aussichtsreich durch offenes Gelände um den Knocklayd (514 m) herum, mit Ausblicken übers Glenshesk hinweg zum Meer, wo die gruselig grau erscheinende Wasserfläche und schwarzgräuliches Gewölk fast ununterscheidbar miteinander verschwimmen.
Schlussendlich marschiere ich, jetzt der Trasse einer ehemaligen Schmalspurbahn folgend, unter einer Brücke hindurch und komme Minuten danach direkt in den Ortskern des adretten Städtchens Ballycastle - meine Rettung. Ich entscheide mich spontan für einen Lokalbesuch im Zentrum. Ein deftiger Chili-Wrap, gefolgt von einem mit Sahne gekrönten Mokka - ich spüre förmlich die Lebensgeister in mich einfahren :-). Ich lasse mir vom freundlichen Personal noch kurz den Weg zu meiner Unterkunft erklären. Dort angekommen, werde ich nach Genuß einer langen, heißen Dusche das Zimmer nicht mehr verlassen. Genügend Zeit also für die Planung meiner folgenden drei Etappen entlang der Antrim Coast, über die ich euch ebenfalls hier auf hikr.org demnächst berichten werde. Nicht zuletzt wegen der anstehenden Feiertage mache ich den Sack zu und buche schon mal sämtliche Unterkünfte für den Rest meiner Reise.
Praktische Tipps und Fakten:
Der Moyle Way bot sich für mich als ideale Ergänzung zu meiner anschließenden dreitägigen Wanderung auf dem Causeway Coast Way entlang des spektakulärsten Teilstücks der nordirischen Küste. Es ist ein Ausflug ins Hinterland des teilweise zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärten Küstenstriches, führt durch von diesem sich grundlegend unterscheidende Landschaften und berührt die nördlichsten der Glens of Antrim.
Generell ist der Moyle Way zwar als anspruchsvoller einzustufen, als die anschließende Küstenwanderung, dies in erster Linie wegen der weitgehenden Abgelegenheit der Route und auch der gelegentlich schwierigeren Orientierung. Letztere würde ich dennoch als gut bewerten, zumal der Weg weitgehend markiert ist.
Leider kann man sich nicht grundsätzlich auf die Markierungen verlassen.Bislang gibt es nur einen Führer auf englisch: Verlag "Rucksack Readers" Causeway Coastway with Moyle Way & Rathlin Island. Autoren: Eoin Reilly & Jacquetta Megarry. Die Beschreibungen und darin enthaltenen Kartenaussschnitte sind Voraussetzung für ein gutes Zurechtfinden unterwegs. Die von mir aufgeführte Karte war leider nur recht teuer im Ausland aufzutreiben. Im Nachhinein würde ich sie als empfehlenswert, aber nicht unbedingt notwendig erachten.
Unterwegs gab es für mich nur zwei zweifelhafte Stellen: 1. Die Fortsetzung des Weges vom Visitorscentre am Eingang des Glenariff Forest Parks. Die Lösung hierfür erklärt sich in meinem Bericht. 2. Unmittelbar danach: nach Überquerung der A 43 wird bis zum Erreichen der B 14 konsequent der Markierung des Pony Trails gefolgt. Bei einer Verzweigung vor dem in beiden Karten nicht eingezeichneten Landwirtschaftsgebäude rechts aufwärts gehen, und nicht etwa geradeaus.
Mit dem Zielort Ballycastle ist gleichzeitig auch der Ausgangsort für den Küstenweg erreicht.
Ausrüstung: Stöcke und Gamaschen in erster Linie wegen der Moorbegehungen,, Biwakausrüstung (keine Unterkünfte unterwegs). Selbstredend, dass auf Irlandtouren regendichte Kleidung mit auf den Weg geht. Anti-Midges-Präparat in den Sommermonaten.
Praktische Tipps und Fakten:
Der Moyle Way bot sich für mich als ideale Ergänzung zu meiner anschließenden dreitägigen Wanderung auf dem Causeway Coast Way entlang des spektakulärsten Teilstücks der nordirischen Küste. Es ist ein Ausflug ins Hinterland des teilweise zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärten Küstenstriches, führt durch von diesem sich grundlegend unterscheidende Landschaften und berührt die nördlichsten der Glens of Antrim.
Generell ist der Moyle Way zwar als anspruchsvoller einzustufen, als die anschließende Küstenwanderung, dies in erster Linie wegen der weitgehenden Abgelegenheit der Route und auch der gelegentlich schwierigeren Orientierung. Letztere würde ich dennoch als gut bewerten, zumal der Weg weitgehend markiert ist.
Leider kann man sich nicht grundsätzlich auf die Markierungen verlassen.Bislang gibt es nur einen Führer auf englisch: Verlag "Rucksack Readers" Causeway Coastway with Moyle Way & Rathlin Island. Autoren: Eoin Reilly & Jacquetta Megarry. Die Beschreibungen und darin enthaltenen Kartenaussschnitte sind Voraussetzung für ein gutes Zurechtfinden unterwegs. Die von mir aufgeführte Karte war leider nur recht teuer im Ausland aufzutreiben. Im Nachhinein würde ich sie als empfehlenswert, aber nicht unbedingt notwendig erachten.
Unterwegs gab es für mich nur zwei zweifelhafte Stellen: 1. Die Fortsetzung des Weges vom Visitorscentre am Eingang des Glenariff Forest Parks. Die Lösung hierfür erklärt sich in meinem Bericht. 2. Unmittelbar danach: nach Überquerung der A 43 wird bis zum Erreichen der B 14 konsequent der Markierung des Pony Trails gefolgt. Bei einer Verzweigung vor dem in beiden Karten nicht eingezeichneten Landwirtschaftsgebäude rechts aufwärts gehen, und nicht etwa geradeaus.
Mit dem Zielort Ballycastle ist gleichzeitig auch der Ausgangsort für den Küstenweg erreicht.
Ausrüstung: Stöcke und Gamaschen in erster Linie wegen der Moorbegehungen,, Biwakausrüstung (keine Unterkünfte unterwegs). Selbstredend, dass auf Irlandtouren regendichte Kleidung mit auf den Weg geht. Anti-Midges-Präparat in den Sommermonaten.
Hike partners:
Günter Joos (gringo)

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