Komplette Rigi-Überschreitung - über 12 Gipfel von Küssnacht nach Seewen


Publiziert von GeoFinder , 5. Dezember 2009 um 16:56.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:29 November 2009
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Rigigebiet   CH-SZ   CH-LU 
Zeitbedarf: 8:45
Aufstieg: 2803 m
Abstieg: 2813 m
Strecke:ca. 25 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit öV oder Auto nach Küssnacht am Rigi.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit öV oder Auto nach Seewen bei Schwyz.
Unterkunftmöglichkeiten:Diverse Hütten und Hotels im nordwestlichen Teil des Rigi-Gebiets. Keine Unterkunftsmöglichkeiten im südöstlichen Teil.
Kartennummer:Swisstopo 1151 Rigi 1:25.000

Die Rigi ist ein weithin bekanntes und viel besuchtes Wandergebiet par excellence. Während der nordwestliche Teil durch viele Bergbahnen und Berggasthäuser fast schon übererschlossen ist, wirkt der südwestliche Teil um die Hochflue ursprünglicher und bietet bis auf Seilbahn und Berggasthaus am Urmiberg keine touristische Infrastruktur. Trotz der hohen Zahl an Wanderern und Ausflüglern ist die vollständige Überschreitung aller Rigi-Gipfel eine eher selten unternommene Tour, denn von Küssnacht bis nach Seewen müssen mehr als 2800 Höhemeter und ein Vielfaches davon an Entfernung zurückgelegt werden.

Föhnsturm - diese Wetterprognose von MeteoSchweiz verheißt nichts Gutes. Als ich meine Wanderung an der Talstation der Seilbahn in Küssnacht am Rigi (460 m, 7:58 Uhr) beginne, bemerke ich am Eintrüben des Himmels die Vorboten dieses Wetterphänomens. Den strahlend blauen Himmel des Vortages werde ich heute vergeblich suchen. Die Temperaturen liegen am Morgen leicht unter dem Gefrierpunkt. Auf dem markierten Wanderweg (T1) steige ich hoch zur Seebodenalp und weiter an der Holderenhütte vorbei. Für den weiteren Aufstieg wähle ich den steilen "Bänderenweg" (T3-T4), wo ich überhalb von etwa 1400 m über Schnee gehen muss. Problemlos erreiche ich Rigi-Kulm (1798 m, 9:55 Uhr), den ersten und höchsten Gipfel meiner langen Wanderung.

Der Blick Richtung Süden präsentiert sich schon ziemlich wolkig, und es ist windig und kalt, so dass ich ohne Pause nach Rigi-Staffel absteige (T1). Ein kurzer Gegenanstieg bringt mich zum Rotstock (1659 m). Nun folge ich stets der mehr oder weniger ausgeprägten Krete über First, Schild und den Würzenstock zur alten Eisenbahnbrücke bei Unterstetten (T1-T2). Dort mache ich im Blockhaus bei der der Feuerstelle eine wohlverdiente Pause (1452 m, 10:45-11:00 Uhr). Der nachfolgende, schneebedeckte und etwas eintönige Aufstieg lässt mich wissen, dass ich schon über 1500 Höhenmeter in den Beinen habe. Kurz vor dem Dossen (1685 m) komme ich zum ersten Mal in direkten Föhn-Kontakt: Die letzten Meter muss ich gebückt gehend dem Sturm trotzen. Gut, dass der Weiterweg nach Rigi-Scheidegg kurzweilig und weniger windig ist.

Auf dem Scheidegg-Gipfel (1656 m) genieße ich trotz kaltem Luftzug die Aussicht hinunter nach Goldau und auf den direkt gegenüber liegenden Goldauer Bergsturz. Einem gewaltigen Schneebrett gleich löste sich dort am 2. September 1806 die gesamte Südflanke des Gnipen und begrub in der Folge das 1000 m tiefer gelegene Dorf Goldau nebst mehr als 400 Einwohnern unter sich. Das sehenswerte Goldauer Bergsturzmuseum dokumetiert diese schlimme Naturkatastrophe für interessierte Besucher. Im Berggasthaus Scheidegg (1650 m, 11:45-12:10 Uhr) lege ich dann eine Mittagspause ein.

Der Abstieg zum Gätterlipass ist leicht (T1), aber sehr dem Föhn ausgesetzt. An manchen Stellen muss ich sogar stehen bleiben, um nicht vom starken Wind aus dem Stand gerissen zu werden. Ab dem Gätterlipass (1190 m, 12:45 Uhr) beginnt für mich die "konditionelle Schlüsselstelle" des Tages - der Aufstieg zur Hochflue. Ich bin sehr froh, dass der Weg im Windschatten liegt, so dass ich erst ganz oben wieder in Berührung mit dem ungemütlichen Föhn komme, der mit fortschreitender Tageszeit eher noch zunimmt. Der oberste Felsabbruch wird mit einer ca. 20 m hohen Metallleiter überwunden - Schwindelfreiheit ist dafür zwingende Voraussetzung. Auf der Hochflue (1698 m, 13:30 Uhr) genieße ich die Pause nun in der Gewissheit, in konditioneller Hinsicht diese lange Überschreitung mehr oder weniger geschafft zu haben. Einzig der bereits absehbare Sonnenuntergang (und die nicht mitgenommene Taschenlampe) beunruhigen mich etwas.

Dafür sehe ich mich auf dem nun folgenden Weiterweg zur Alp Egg ganz anderen Herausforderungen gegenüber: Mehrere drahtseilgesicherte und etwas ausgesetzte Wegpassagen (T4) kombiniert mit rutschiger Schneeauflage mahnen zur Vorsicht. Ein Ausrutscher könnte schmerzhafte Folgen nach sich ziehen. So lasse ich mir Zeit, konzentriere mich bei jedem Schritt, mache noch einen schnellen Abstecher zur Felsnadel Spitz (1410 m) und erreiche wohlbehalten die um diese Jahreszeit verlassene Almhütte Egg (1288 m, 14:30 Uhr). In zehnminütigem Gegenanstieg erreiche ich das Gotterli (1396 m, 14:40 Uhr), wo es aufgrund des Föhnsturms eher ungemütlich ist. So setze ich gleich meine Wanderung über P. 1288 fort, erreiche kurz darauf den Abzweig zum Berggasthaus Obertimpel am Urmiberg und steige auf unmarkierten Wegspuren hinauf zu P. 1253, dem höchsten Punkt des Urmibergs. Von dort geht es ebenfalls unmarkiert hinab zur Ränggen (930 m, 15:30 Uhr), einem Einschnitt, der von zwei monströsen Überlandleitungen gekreuzt wird.

Der letzte Anstieg und der letzte Gipfel meiner langen Überschreitung stehen nun vor mir: Die Zünggelenflue dürfte wohl der am wenigsten besuchte Gipfel des Rigi-Massivs sein. Man darf von Ränggen nicht zu hoch dem bewalteten Grat folgen, da kurz darauf ein scharfer Einschnitt den Grat unterbricht. So gehe ich südeitig am Fuß der Gratfelsen entlang und steige über einen erkennbaren Weg (T2-T3) zur erwähnten Scharte auf. (Falls direkt auf dem Grat aufgestiegen wird, muss in diese Scharte ca. 15 Hm steil und etwas ausgesetzt abgeklettert werden. Schwierigkeit II bzw. T5. Siehe dazu andere Tourenberichte zur Zünggelenflue.) Aus der Scharte geht es über kurze Kraxelstellen (T3-T4) über den Grat weiter bergan. Dann stehe ich endlich auf der mit hohen Bäumen bewachsenen Zünggelenflue (1088 m, 16:00 Uhr). Aussicht gibt’s hier oben keine, ein Gipfelbuch ebenso wenig, und irgendwelche Wegspuren den steilen Nordostrücken (T3) hinunter finde ich auch nicht. Aber es eilt, ohne Taschenlampe möchte ich in diesem dichten Wald keine Wegsuche beginnen. Mit dem letzten Licht erreiche ich das Gratende und folge der geteerten Straße unter der Autobahn und unter den Bahngleisen hindurch zum Bahnhof Schwyz in Seewen (455 m, 16:45 Uhr). Eine lange und anstrengende Wanderung liegt hinter mir.

Ich freue mich auf den Bus, der mich (mit Umsteigen am Postplatz in Schwyz) in einer guten Stunde zurück zur Seilbahnstation in Küssnacht am Rigi bringt.

Alle 12 besuchten Gipfel, Gipfelhöhe (jeweiliger Auf- und Abstieg):

  • Rigi-Kulm , 1798 m (1338 m, 210 m)
  • Rotstock, 1659 m (71 m, 206 m)
  • Schild, 1548 m (95 m, 116 m)
  • Würzenstock, 1482 m (50 m, 30 m)
  • Dossen, 1685 m (233 m, 139 m)
  • Rigi-Scheidegg, 1656 m (110 m, 466 m)
  • Hochflue, 1692 m (502 m, 302 m)
  • Spitz, 1410 m (20 m, 122 m)
  • Gottertli, 1396 m (108 m, 131 m)
  • P. 1288 (23 m, 90 m)
  • Urmiberg, 1253 m (55 m, 323 m)
  • Zünggelenflue, 1088 m (158 m, 638 m)
plus 40 Hm (rauf und runter) für Gegenanstiege nach Rigi-Scheidegg und vor Zünggelenflue
insgesamt: 2803 m rauf und 2813 m runter


Anmerkung: Ich hatte auf meiner Tour keine Kamera dabei. Die beiden Fotos wurden zu einem früheren Zeitpunkt aufgenommen. Es hatte am 29.11.2009 wesentlich weniger Schnee.

Tourengänger: GeoFinder


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Kommentare (8)


Kommentar hinzufügen

budget5 hat gesagt: Variante
Gesendet am 5. Dezember 2009 um 17:25
Jetzt noch die ganze Tour mit Trycheln und als Umzug, dann kommst du sicher ins Guinness Buch of World Records! Hab dich gestern übrigens noch gesehen im Widder ;-)

GeoFinder hat gesagt: Klausjagen
Gesendet am 6. Dezember 2009 um 20:09
Es hat mich (auch ohne Höhenmeter) schon genug ausgelastet, meine Trychle bis zum Austrycheln nach dem Sechse-Zügli rumzutragen. Ich glaube, da brauch' ich keine Rigi-Überschreitung mehr dazu. Die Rigi-Überschreitung ist auch ohne Guiness-Buch eine spannende Herausforderung... ;-)

dabuesse hat gesagt: gratuliere...
Gesendet am 5. Dezember 2009 um 19:01
...zu dieser Tour. Die komplette Rigiüberschreitung (evt. mit Viznauerstock) geistert auch in meinem Kopf herum und ich werde sie sicher einmal auch durchführen

gruss David

Tobi hat gesagt: RE:gratuliere...
Gesendet am 6. Dezember 2009 um 09:46
Ich schliesse mich der Gratulation an.
Die komplette Rigiüberschreitung ist auch noch ein Ziel von mir. Eigentlich wollte ich es schon dieses Jahr packen, musste dann verletzungsbedingt aber passen. Vielleicht klappt's ja im 2010...

Gruss Tobi

GeoFinder hat gesagt: Merci
Gesendet am 10. Dezember 2009 um 00:16
Danke, David und Tobi, für Euere Gratulationen. Freut mich sehr ...

Berglurch hat gesagt: Zugig/Zügig
Gesendet am 22. April 2010 um 21:33
Salü GeoFinder
gratuliere zu dieser Tour - sie hat mich (obwohl schon ein halbes Jahr alt) heute zur Nachahmung inspiriert. Nur in die andere Richtung und mit Stockflue, statt Zünggelenflue...

Viele Grüsse

GeoFinder hat gesagt: Bütziflue und Stockflue
Gesendet am 27. Mai 2010 um 22:24
Danke, Berglurch, für Dein Feedback. Ich freue mich, wenn die Rigi-Überschreitung auch für andere "Hikr" interessant ist. Der Aufstieg über Bütziflue und Stockflue ist vom alpinen Anspruch her sicher lohnender als der Waldabstieg von der Zünggelenflue.

GeoFinder hat gesagt: Wiederholung am 15 Juni 2013
Gesendet am 16. Juni 2013 um 22:57
Gestern habe ich diese grandiose Tour wiederholt. Am frühen Morgen fuhr ich mit dem Velo nach Küssnacht und stieg über die Seebodenalp und den "Bänderenweg" auf Rigi-Kulm. Von dort ging es im Rahmen einer Sektionstour der SAC-Sektion Pilatus weiter: Eine Gruppe von acht Berggängern, welche von Goldau per Zahnradbahn hinauffuhren, traf ich um 08:50 Uhr am Gipfel. Gemeinsam überschritten wir alle Gipfel bis zum Gottertli. Ein Teil der Gruppe nahm ab Obertimpel die Seilbahn nach Brunnen. Zu fünft gingen wir weiter bis Seewen, wo wir am Bahnhof Schwyz nach über 11 Stunden um 20:05 Uhr ankamen.

Der älteste Teilnehmer war 83 Jahre alt und ging von Rigi-Kulm bis Obertimpel in zügigem Tempo. Respekt für diese aussergewöhnliche Leistung!


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