Lauteraarhorn über Südwandcolouir


Published by Matthias Pilz , 3 November 2024, 16h51.

Region: World » Switzerland » Bern » Jungfraugebiet
Date of the hike:28 July 2024
Mountaineering grading: AD
Climbing grading: III (UIAA Grading System)
Waypoints:
Geo-Tags: CH-BE 
Time: 2 days

Das Lauteraarhorn liegt ziemlich entlegen und entzieht sich so jeglichem Massenansturm. Cornel Suter schreibt hier auf Hikr völlig korrekt:
"Das Lauteraarhorn 4042m ist ein grosser Berg der die heutigen Alpinisten wieder in die Zeit der Pioniere zurückzuversetzen vermag, hier gelten andere Massstäbe als an Modebergen mit Seilbahnanschluss."
Und tatsächlich vermag schon der Zustieg zum Aarbiwak seinesgleichen in den Alpen kaum zu finden: Gut 15 Kilometer geht es vom Grimselhosiz bzw. aktuell wegen der Baustelle vom Sommerloch taleinwärts. Zumindest für Abwechslung ist gesorgt, anfangs der schöne See, bald die herrlichen Plattenfluchten des Eldorado mit seinen zahllosen Kletterern in der Wand, dann betritt man schließlich den Finsteraargletscher und der Blick schweift von einem Gipfel zum nächsten. Besser so, denn schaut man auf den Weg, der noch vor einem liegt, so könnte man in Versuchung geraten umzukehren. Am späten Nachmittag erreichen wir so das wunderschön gelegene Aarbiwak, die letzten Meter dorthin sind wegen der Ausaperung der Randmoräne nicht unbedingt genüsslich. Das Biwak selbst ist dann aber perfekt: Gute Decken, Gaskocher, fließend Wasser und Getränke gibt es - großen Dank an die fleißigen Helfer, die das möglich machen. Und noch dazu sind wir alleine, was für ein Genuss und zugleich Exponiertheit alleine auf diesem Berg zu sein.
Der Blick auf das Südwandcolouir verheißt eine rassige Tour, aus dem Blickwinkel der Hütte erscheint die Route wirklich unfassbar steil. 

Früh morgens geht es los, zwischen 02:00 und 03:00 sollte man in jedem Fall starten. Der Beginn ist nicht besonders schön, über die losen Blöcke geht es einmal zurück runter zum Strahlegggletscher wo wir ein Depot einrichteten, um uns beim Rückweg den Aufstieg zum Biwak zu ersparen. Nun folgen wir in der Dunkelheit dem Gletscher taleinwärts, immer wieder machen Schuttfelder oder Sandbänke das Vorankommen mühsam und wir bereuen, den Weg nicht besser besichtigt zu haben. Schlussendlich ist aber der Einstieg zum Südcolouir erreicht, die Koordinaten sind im Biwak aufgeschrieben. Zudem gibt es an der ersten Engstelle eine große reflektierende Tafel, bei sehr viel Schnee (im Winter) dürfte sie aber nicht sichtbar sein. Bei unserer Besteigung hingegen stiegen wir über Schneereste hinauf ins Colouir um nach wenigen Metern vor einem Wasserfall zu stehen, so einfach lässt sich der Gipfel also nicht besteigen. Einige Meter retour und im Aufstiegssinne rechts klettern wir über Felsen hinauf und können nach der Engstelle den Bach überqueren. Es geht nun stets neben dem aperen Colouir auf einer Felsrippe aufwärts, weiter oben klettern wir rechts der Rinne ebenfalls auf einer Rippe hinauf - alle Varianten sind möglich um schlussendlich eine Höhe von ca. 3400 Metern zu erreichen. 
Hier wollten wir anfangs zuerst links einem Schneefeld folgen um anschließend ins Hauptcolouir zurückzusteigen, der Schnee war sehr hart gefroren und der Aufstieg mühsam, wir entschlossen uns daher nach links auf die eigentliche Abstiegsrippe zu queren und diese aufzusteigen. Der Fels ist lose und brüchig, erreicht aber, wenn man immer wieder quert, nie den II. Grad. Das Seil ist hier aber mehr hinderlich und man muss höllsich aufpassen, keinen Steinschlag auszulösen. Ziemlich mühsam geht es hier also voran, der Gratpunkt 3910m scheint nicht und nicht näher zu kommen. Erst auf Höhe des einmündenden Schraubengangs wird das Gelände plötzlich besser zu begehen, Spuren leiten den Weg und dieser ist etwas "ausgeputzt". 
Ab dem Gratpunkt beginnt dann die Kletterei, sie ist schön, exponiert und in festem Fels. Mit Zacken und ein paar Friends kann man sehr gut sichern und die paar Seillängen bis zum Gipfel sind rasch absolviert.
Der brüchige Aufstieg saß uns noch im Nacken und so wählten wir einen kreativen Abstieg: Runter sollte es nun durchs mittlerweile leicht aufgefirnte Südcolouir gehen. Dies gestaltete sich zwar ebenfalls mühsam, war aber allemal schneller und besser als über die brüchige Rippe abzuklettern. Voraussetzung ist hierfür natürlich, dass man ausreichend früh dran ist und der Schnee noch nicht zu weich ist. Gut 600 Höhenmeter geht es also verkehrt in Frontzackentechnik hinab. 
Was noch folgt, ist der wirklich lange Rückmarsch raus zum Grimselsee den wir gerade zu Sonnenuntergang erreichten.

Landschaftlich wie alpinistisch tolle Tour fernab der Massen, dafür mit perfekten Stützpunkt am Aarbiwak. Der Aufstieg ist lange, mühsam und objektiv nicht ungefährlich. Erst ganz zuoberst kommen am festen Gipfelgrat Plaisirgefühle auf, die sodann der Abstieg beginnt wieder verflogen sind. Wer abends dann den Grimselsee erreicht kann auf eine große Tour zurückblicken.

Anmerkung: Heute wird der Gipfel üblicherweise von der Schreckhornhütte über den Schraubengang bestiegen.

AUFSTIEG: Vom Sommeroch hinauf zur Staumauer und dem Wanderweg Richtung Lauteraarhornhütte folgen. Dort, wo der Weg nach rechts in die Wiesen hinaufführt, zweigt bei einem Schild der Weg zum Gletscher ab, dieser wird je nach Verhältnissen betreten und seine Mittelmoräne erreicht. Auf dem weitgehend festen Blockschutt kommt man nun ganz gut voran, Stangen weisen den Weg. Dann zweigt man nach links auf den Strahlegggletscher ab, hierzu wird die Moräne verlassen und man folgt eine Zeit lang unübersichtlichem Gelände bevor man den aperen Mittelstreifen (der anfangs in einem Gletschertal liegt) erreicht und diesem folgen kann. Zuletzt weisen wieder Stangen den Weg und man folgt der rechten Randmoräne und Markierungen hinauf zum gut versteckten Aarbiwak.
Tags darauf nun hinab zum Gletscher und auf der Moräne taleinwärts. In der Regel ist es einfacher links (im Aufstiegssinn) der Schuttmoräne aufzusteigen weil der Gletscher dort aper ist - wir haben das aber in der Dunkelheit nicht gut gefunden. Man muss so oder so schlussendlich den Einstieg zum Südcolouir erreichen, die Koordinaten sind im Biwak aufgeschrieben. Hier gibt es dann weiter oben auch eine reflektierende Tafel die das korrekte Colouir kennzeichnet. Nun entweder direkt in der Rinne oder auf den Felsen direkt daneben aufsteigen bis 3400m, hierher bis ca. 40°. Nun Im Hauptcolouir (ca. 45°) oder auf den brüchigen Felsen links davon bis zum Gratpunkt 3910m aufsteigen. Nun am festen Grat in einigen Seillängen (III) zum Gipfel.

ABSTIEG: Wie Aufstieg bzw. beschrieben.

SCHWIERIGKEIT: AD, Schnee oder Firn bis 45°, Fels bis III. Objektiv ist das Südwandcolouir kein ungefährlicher Aufstieg, im Biwak gibt es eine Chronik nachzulesen die so einige Unfälle auflistet.

ABSICHERUNG: Das gesamte Colouir kann nicht gesichert werden, die Felsrippe daneben wegen dem brüchgen Fels ebenfalls kaum. Am Gipfelgrat fester Fels mit Zacken und Möglichkeiten für Friends.

WETTER: Sonnig und windstill.

MIT WAR: Karin

Hike partners: Matthias Pilz


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