Wildkarspitze (3076m) und ein Versuch am Hohen Schaflkopf


Publiziert von BigE17 , 20. November 2021 um 23:06.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Zillertaler Alpen
Tour Datum: 7 August 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:28 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Man fährt entweder von Mittersill kommend, oder von Zell am Ziller auf den Gerlospass. Bei Königsleiten fährt man zur Talstation der Skilifte, nordöstlich vom Speicher Durlaßboden. Hier kann man gratis parken.
Unterkunftmöglichkeiten:Zittauer Hütte

Das Wildgerlostal wird von einer ganzen Reihe mächtiger Dreitausender umrahmt. Sie sehen alle spektakulär und von dieser Seite auch relativ unnahbar aus. Da sind die Wildkarspitze und der Hohe Schaflkopf keine Ausnahme. Steil ragen sie östlich von der Zittauer Hütte in den Himmel, kein Wanderer kommt auch nur auf die Idee, von dort aufsteigen zu wollen. Doch auch von den anderen Seiten sieht ein Anstieg nicht einladend aus. Und tatsächlich hat es einer dieser beiden Gipfel so richtig in sich, während der andere immerhin seilfrei machbar ist.

Ich und ein Tourenpartner wollten diese beiden Gipfel an diesem Tag besteigen. Wegen des prognostizierten Südföhnes konnten wir uns auf stabiles, wenn auch sehr stürmisches Bergwetter einstellen. Da wir unsere Mountainbikes dabei hatten, parkten wir bereits bei der Talstation der Skilifte südlich von Königsleiten, und nicht beim Familienhotel Finkau. So fuhren wir entlang des sehr schönen Stausees in 15 Minuten bis zum Hotel. Dabei erwartete uns bereits ein sensationeller Blick zur Reichenspitze, dem höchsten Berg dieses Tales. Über einen gut fahrbaren Schotterweg passierten wir die Trisslalm, bereits hier mussten wir uns für einen der beiden Normalwege entscheiden. Da wir die Räder dabei hatten, entschieden wir uns für den Aufstieg via Zittauer Hütte. Steilere Wegstrecken wechselten sich mit Flachstücken ab, und so gelangten wir zur Materialseilbahn, wo auch der Fahrweg endete.

Wir folgten dem Steig in Richtung Zittauer Hütte, wobei zwischendurch eine seilversicherte Steilstufe zu überwinden war. Diese war jedoch kein Problem und wir gelangten so zur Zittauer Hütte. Hier bekamen wir nun auch zum ersten Mal den Wind zur spüren, immerhin war er nicht so stark, wie befürchtet. Hier wählten wir den Steig in Richtung Rainbachscharte, und begingen diesen bis auf knapp über 2400m. Hier verließen wir ihn, um relativ direkt zur Scharte zwischen Wildkarspitze und Hohem Schaflkopf aufzusteigen. Das Wandern war hier leider nicht allzu angenehm, denn das Gras war ziemlich hoch, zwischendurch mussten wir bereits über Blöcke gehen.

Auf gut 2500m querten wir kurz nach Norden, und erreichten so ein riesiges Blockfeld, das bis zum Verbindungsgrat emporzieht. Entgegen unserer Befürchtungen, ab nun nur noch über Blöcke aufsteigen zu müssen, fanden wir zwischen den Blöcken ein Grasband. Wir erkannten, dass dieses weit emporführt. So konnten wir angenehm aufsteigen, auch wenn das Grasband immer steiler wurde - bis zu 45°. Erst auf 2750m endete dieses. Ab nun stellten sich sehr mühsam zu begehende Blöcke in allen erdenklichen Größen in den Weg. Wir hielten dabei auf die steile Rinne zu, die zum tiefsten Punkt zwischen Wildkarspitze und Schaflkopf emporführt. Diese war wegen ihrer Steilheit sehr anstrengend zu begehen, Schutt wechselte sich mit größeren Felsen (Stellen I) ab. Nach einer ordentlichen Schinderei erreichten wir auf ca. 2950m den Grat.

Wir entschlossen uns hier spontan, zuerst zum Hohen Schaflkopf zu steigen. Wir kletterten über den breiten Blockgrat auf einen Gratkopf hinauf (I), danach mussten wir auf der Rückseite wieder absteigen, wobei hier der Grat westseitig umgangen werden musste (I). Nach dieser Scharte mussten wir auf einen hohen Gratkopf aufsteigen, wegen der zahlreichen Blöcke kostete das ordentlich Zeit (I). Außerdem mussten wir immer wieder Passagen in der westlichen Flanke umgehen. Schließlich erreichten wir den höchsten Punkt dieses Gratkopfes, doch dann eine böse Überraschung: Der Grat bricht fast senkrecht ab, in 300 Metern Entfernung erkannten wir den Gipfel. Hier mussten wir westseitig über steile Felsen absteigen (III-), diese waren ordentlich brüchig. Zumindest war diese Stelle nicht allzu lang. Doch wenig später brach auch hier der Grat ab. Hier war leider ohne ausgesetzte 3-er-Kletterei nichts mehr zu machen, daher war hier leider Endstation.

Wir waren hier doch sehr verwundert, dann angeblich sollte dieser Grat zum Hohen Schaflkopf ein 1. Schwierigkeitsgrad sein. Das war leider mal wieder ein Märchen. Wir waren bereits 1 Kilometer von der nicht ganz einfach aussehenden Wildkarspitze entfernt. Also mussten wir den gesamten Grat zurück zur Scharte steigen, was nochmal fast 1 Stunde dauerte. Westlich vom Grat stiegen wir über anstrengendes Geröll an und umgingen einen Gratkopf westseitig. Danach wurden die Blöcke wieder etwas größer, und wir mussten immer in der Nähe des Grates bleiben. Hier waren auch einige Kletterstellen zu überwinden (I).

So erreichten wir einen steilen Aufschwung. Er sah nicht einfach aus, aber entlang von geneigten Platten und Rissen ging es relativ gut (II-). Der nächste, kleine Aufschwung war wieder kein Problem (I). Doch dann war eine nicht umgehbare Stelle an der Gratkante abzuklettern (II+, luftig). Nun stand uns noch der steile Gipfelaufbau bevor. Dieser war am Grat nicht mehr überwindbar. Daher mussten wir in die Westflanke ausweichen. Nach einfachem Gelände folgte eine steile Kletterstelle unterhalb eines Kamines (II+), dann mussten wir kurz nach links queren und durch eine plattige Flanke zurück zum Grat klettern (II). Die letzten Meter zum Gipfel waren dann wieder einfach.

Wir befanden uns nun am höchsten Punkt, das Gipfelkreuz stand nördlich etwas tiefer. Während mein Tourenpartner noch im unteren 2. Schwierigkeitsgrad zum Kreuz stieg, blieb ich am Gipfel, um die Aussicht zu genießen: Der nördliche Teil der Venedigergruppe im Osten, Gabler und Reichenspitze im Südwesten, im Norden Kitzbüheler Alpen, im Nordosten sogar der Hochkönig,... Lediglich die zentrale Venedigergruppe war mitten in der Föhnwalze und daher nicht zu erkennen. Trotzdem war es am Gipfel nicht allzu gemütlich, da der Föhnsturm langsam stärker und kälter wurde. Also besser gleich wieder absteigen!

Wir kehrten über den Grat bis kurz vor die Scharte zurück, wobei zwischendurch wegen der starken Windböen große Vorsicht geboten war. Hier stiegen wir nun ein wenig früher ab, als beim Aufstieg. Das war jedoch keine gute Idee, da wir hier eine im unteren Teil plattige Flanke absteigen mussten (großteils II). Auf den letzten Metern war eine kurze senkrechte Stelle abzuklettern (III). Wären wir doch einfach ein wenig weiter südlich abgestiegen! Wir blieben auf der Nordseite des großen Blockfeldes, hier konnten wir angenehm absteigen, ohne viele Blöcke zu berühren. Erst am unteren Ende mussten wir das Blockfeld wieder überqueren. Wir stiegen weiterhin südlich haltend über den Hang mit dem langen Gras zum markierten Steig ab. Ab nun folgten wir dem Aufstiegsweg zurück zum Fahrrad und fuhren den langen Weg talaus bis zum Parkplatz.

Erwähnenswertes:

1. Der Hohe Schaflkopf ist ein von allen Seiten schwierig erreichbarer Gipfel. Sowohl der SW-Grat, als der Verbindungsgrat von der Wildkarspitze erreichen mindestens den 3. Schwierigkeitsgrad. Der SO-Grat ist ganz sicher kein 1-er, wie im AV-Führer behauptet wird (vermutlich III oder IV). Ohne Seil geht hier nichts!

2. Es gibt 2 Normalwege, die auf die Wildkarspitze führen: Der eine führt östlich von der Trisslalm Richtung Seekarscharte, und dann zum NO-Grat. Der andere ist jener Weg, den wir wählten. Der Nordanstieg ist dabei vermutlich einfacher (II), als jener über die Zittauer Hütte (2 Stellen II+). Wichtig dabei ist, dass man jene Rinne hoch zum Grat steigt, die genau am tiefsten Punkt zwischen Wildkarspitze und Hohem Schaflkopf endet. Auch dieser Gipfel ist nur von erfahrenen Bergsteigern besteigbar. Ein Seil ist notwendig, falls man den 2. Schwierigkeitsgrad nicht sicher beherrscht.

3. Die Wildkarspitze ist auch als anspruchsvolle Skitour erreichbar. Dabei ist aber wohl nur der Nordanstieg machbar. Und auch dieser ist nicht ohne, da mit Skischuhen Stellen im 2. Schwierigkeitsgrad gemeistert werden müssen.

4. Der Hohe Schaflkopf ist im Winter wohl unerreichbar.

5. Alle Anstiege zur Wildkarspitze sind wegen des weglosen Block - und Schuttgeländes relativ anstrengend, zumindest sind sie nicht allzu weit. Eine Besteigung des Hohen Schaflkopfes dauert da schon um einiges länger.

6. Normalerweise parkt man beim Familienhotel Finkau. Wenn man ein Rad hat, lohnt es sich auch, bei der Talstation der Seilbahnen, oder neben der Straße entlang des Sees zu parken. Man verliert dadurch kaum Zeit, und eine Fahrt entlang des Sees ist wunderschön.

7. Ein Fahrrad ist beim Anstieg über die Zittauer Hütte empfehlenswert, sonst wird die Tour um einiges länger.

8. Die Wildkarspitze ist ein sehr schöner Gipfel, da sie nördlich vom Hauptkamm ist, und da die nördlich gelegen Gipfel niedriger sind. Deshalb hat man bei gutem Wetter eine super Fernsicht nach Norden. In der Nähe kann man die spektakulären Gipfel der nördlichen Venedigergruppe und der Reichenspitzgruppe begutachten. Doch nicht nur am Gipfel, auch während des Aufstieg sind die Ausblicke ein Traum. Unter anderem deshalb ist eine Besteigung der Wildkarspitze ein tolles Erlebnis.

Tourengänger: BigE17


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