Auf Bergtour im Gletschergarten Luzern


Publiziert von rhenus , 19. September 2021 um 21:17.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:17 September 2021
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-LU 

Der 1873 in einem ehemaligen Sandsteinbruch am Luzerner Stadtrand eröffnete Gletschergarten ist ein Zeuge der touristischen Pionierzeit der Innerschweiz. Zusammen mit dem Löwendenkmal, den Berg-Dioramen von Ludwig Meyer und dem Bourbaki-Panorama entstand am Luzerner Löwenplatz ein Tourismus-Hotspot für alle, die sich für die Berge begeisterten, die Anstrengungen und Gefahren einer Besteigung aber scheuten. Der im Jahre 2021 mit der "Felsenwelt" upgradete Gletschergarten war für mich der Anlass, den geschichtsträchtigen Ort wieder mal aufzusuchen.

Infolge der Corona-Pandemie bleibt die Stadt Renward Cysat's weiterhin vom Ansturm von Asiaten verschont.  Dies ist eine gute Gelegenheit, eine Stadtbesichtigung mit dem Besuch des Gletschergartens (vorzugsweise bei trübem Wetter) zu kombinieren. Nachdem wir uns vor einigen Wochen bereits den "jungen" Gletschergarten Cavaglia im Valposchiavo anschauten, war ich gespannt, wie sich der "alte" Luzerner Gletschergarten heute präsentiert. Denn es ist etliche Jahre her, dass ich ihn das letzte Mal besuchte.

Der Zugang führt über das eindrückliche Löwendenkmal, gehauen im Luzerner Sandstein. Gleich beim Eingang befinden sich die mit einem Zelt überdachten Gletschertöpfe, die infolge ihrer Grösse und Tiefe noch heute beeindrucken. Lange Zeit glaubte man, dass "Mahlsteine" durch den steten Strom des Wassers solche Gletschertöpfe erzeugten. Heute weiss man, dass die Gletschertöpfe am Gletschergrund durch das strudelnde Schmelzwasser zusammen mit den mitgeführten Sedimenten entstehen, und zwar je nach Gesteinsuntergrund in erstaunlich kurzer Zeit. Das 3 D-Gletscher-Diorama aus einer Schutzhütte das SAC zeigt den Gornergletscher. Die nachgebildete Schutzhütte stammt vom Topografen, Reliefbauer und hervorragenden Alpinisten Xaver Imfeld aus Sarnen (1853 - 1909), der dem Gletschergarten sehr verbunden war.

Von Imfeld als Reliefbauer finden sich im "Schweizerhaus" das sehr schöne Relief der Gotthardbahn (ausgeführt zusammen mit Fridolin Becker). Weitere ausgestellte Reliefs in hervorragender Qualität sind das "Säntis-Relief" von Albert Heim (ausgeführt von Carl Meili,1899 - 1903), das "Relief des Pilatus" von Albert Heim (ausgeführt von Xaver Imfeld, Carl Meili und Hans Hürlimann, 1913), das neuere "Bernina-Relief" von Toni Mair von 1991 und das Modell der Stadt "Luzern anno 1792" von Hans Portmann (erstellt 1976). Von grosser historischer Bedeutung ist das im Kellergeschoss ausgestellte "Relief der Urschweiz" (erstellt 1762 - 1786) von Franz Ludwig Pfyffer von Wyher (1716 - 1802). Pfyffers Relief im Massstab 1 : 11'500 deckt eine Fläche von 44 x 76 km ab und misst im Grundriss ca. 4 x 6.6 m. Es bildet zusammen mit den erforderlichen trigonometrischen Vermessungen einen wichtigen Markstein in der Entwicklung der Schweizer Kartographie. Die Präzision von Pfyffers Relief ist verblüffend, wie eine Analyse im Rahmen einer ETH Diss. von Jana Niederöst aus dem Jahre 2005 ergab.

Nun war ich gespannt auf die mit vielen Millionen Franken von 2018 bis 2021 erstellte "Felsenwelt". Der mit schrägen Betonplatten erstellte Eingang nimmt die Schichtung des Sandsteinfelsens auf und führt in die Zeit vor 20 Mio Jahren. Durch einen verwinkelten Gang folge ich den nun schräg gestellten Ausläufern des Urmeers (Tethys). Wasser fliesst aus den Felsenklüften, die natürliche gewellte Struktur der Sandsteinfelsen wurde sorgfältig offen gelegt. Projektionen an die Wände und Geräusche vermitteln lebhafte Einblicke in das damalige Leben an der "Küste" von Luzern. Plötzlich erschallen Tierlaute, der Wind trägt Sand und Blätter mit sich. Ein Mammut schreitet gemächlich vorbei. Vom "Felsensee" geht es rund 30m über eine eindrückliche Betonkonstruktion aufwärts dem Licht entgegen. Beim Ausgang auf der neu erschlossenen Felsterrasse öffnet sich schliesslich die Sicht auf die Alpen und die Stadt Luzern. Ein eindrücklicher Rundgang durch das Felsinnere!

Zum Abschluss meiner Besichtigung trat ich in das auch bei Kindern sehr beliebte Spiegellabyrinth. Es erinnerte mich an Mani Matter's Lied "Bim Coiffeur", in dem der Berner Troubadour tiefgreifend und erheiternd von seinem hundertfach wiedergegebenen Spiegelbild auf einem Coiffeurstuhl erzählt. Vom Grauen gepackt verlässt er fluchtartig das Coiffeurgeschäft.






Tourengänger: rhenus


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