Fletschhorn 3985m ab Simplon Dorf (Breitlobgrat)
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Vor genau einer Woche habe ich das Lagginhorn besucht (klick). Ständiger Begleiter während des Aufstiegs: der SW-Grat des benachbarten Fletschhorns. Auf den ersten Blick schien der Felsgrat begehbar und erst noch ohne Gletscherkontakt, für mich in den Hochalpen als Solist ein entscheidendes Kriterium. Zuhause dann sofort der Blick in den SAC-Führer, wo mir eine viel spannendere Route ins Auge stach: der gesamte Breitloibgrat ab Simplon Dorf, nicht zu verwechseln mit der verkürzten Variante ab Bivacco de Zen. Ich konnte kaum glauben, dass er trotz seiner riesigen Ausmasse (3km, 1500Hm) keine Schlüsselstellen aufweisen soll - und dennoch kaum begangen wird. Eine einzige Begehung habe ich auf den Portalen Hikr und Gipfelbuch gefunden (klick). Schön, dass es mit dieser grossartigen Bergfahrt umgehend geklappt hat, meist schleppt man solche Projekte ja ewig mit sich rum. Übrigens, den verschmähten SW-Grat habe ich ebenfalls gemacht, im Abstieg - Ost-West-Überschreitung gelungen!
Punkt sechs Uhr geht's los in Simplon Dorf (1475m). Gut geschlafen und nur leicht gefrühstückt, so kann ich ab Beginn ein ordentliches Tempo anschlagen. Denn natürlich habe ich keinerlei Interesse, neun (!?) Stunden in der Route zu verbringen, wie sie der SAC-Führer veranschlagt. Den Wanderweg verlasse ich nach wenigen Minuten und folge stattdessen dem alten Alppfad nach Schattigi Halte, der recht gut erhalten ist. Ich verlasse ihn unmittelbar vor der Bachquerung (ehemalige Kote P. 2093), um weglos kurz dem Bach zu folgen. Anschliessend an beliebiger Stelle nach rechts hoch zu einer verwachsenen Moräne und ihr entlang bis ca. 2250m. Der Breitloibgrat ist nun bereits in Griffweite und man gewinnt ihn über Steilgras (T3) an beliebiger Stelle. Auf dem Kamm angekommen kurzer Abstecher zum Bodmerhorn (2387m), damit auch dieser Berg auf Hikr dokumentiert ist. Wenige Minuten Pause, um das knappe Frühstück zu vervollständigen.
Nun geht's an den langen und lohnenden Marsch über den Breitloibgrat (3km, 1500Hm). Der breite Felsgrat bewegt sich lange Zeit im Plaisirbereich (max. T5) und kann zügig überschritten werden. Kurze Aufschwünge sind bei Bedarf in den Flanken umgehbar. Erst im Anschluss an die markante Felsschulter P. 3332 nehmen die Schwierigkeiten etwas zu. Hier erreicht übrigens die verkürzte Route ab Bivacco de Zen den Grat. Weil sie zuvor den zerschrundenen Rossbodengletscher quert, ist das eine komplett andere Tourenart. Der Grat wird nun steiler, schmaler und stellenweise erreicht man die T6/II. Umgehungen teilweise möglich. Ab hier liegen zudem gefrorene Schneereste der kürzlichen Niederschläge. Mit Pickel und umsichtiger, möglichst südseitiger Routenwahl meistere ich die Passage. Aber natürlich drücken die Bedingungen auf die bisher schöne Pace.
Der Übergang vom Neuschnee ins Firnfeld ab gut 3700m ist momentan fliessend. Pickel und Steigeisen sind zwingend, denn zuletzt steilt der Hang stark auf und die Unterlage präsentiert sich dort beinhart. Kurzum, das sind anspruchsvolle Verhältnisse, welche sicheres Steigeisengehen mit beherztem Frontzackeneinsatz erfordern. Ich war froh, zuhause im letzten Moment den Leicht- gegen den Allroundpickel ausgetauscht zu haben.
Wenig nordwestlich von P. 2919, dem Vereinigungspunkt der drei prominenten Ostgrate (Breitloib, Sibiluflue, Hosaas), erreiche ich die Firngrathöhe. Vor mir öffnet sich ein herrlicher Blick über den Fletschhorngletscher mit Lagginhorn und Weissmies. Und zu meiner Rechten das Fletschhorn (3985m), das ich mit kurzer Querung über den obersten Gletscherrand gewinne. Alleine kann ich das grossartige Panorama und eine ausgiebige Mittagsrast geniessen, nachdem ich fünf Stunden praktisch durchgelaufen bin. Der unbarmherzige und frostige Wind, der mich ab der Felsschulter geplagt hat, ist glücklicherweise nur noch schwach. Übrigens, jedem vor Ort sollte klar sein, dass das Gipfelkreuz nicht auf dem höchsten Punkt steht, was aufgrund der Topographie durchaus Sinn ergibt.
Der Weiterweg zum Lagginhorn über dessen Nordgrat, den gleichentags die JO Blüemlisalp gemacht hat, hätte mich durchaus auch gereizt. Aber man kann gezwungermassen nur einmal absteigen und neben dem Breitloibgrat möchte ich auch etwas Werbung für den verkannten SW-Grat machen. Er bietet ab Frühstücksplatz eine einsame, technischere Variante zur Normalroute über den spaltenreichen Grüebugletscher, empfehlenswert vorab im Aufstieg. Die Schwierigkeiten bewegen sich in einem ähnlichen Spektrum wie zuvor am Breitloibgrat (T6/II), aber die Ausgesetztheit ist markant höher. Zuerst dem firnigen Grat entlang, zwei sehr kurze, aber steile und heute beinharte Passagen mit Frontzacken absolvierend - stürzen absolut verboten. Es geht anspruchsvoll weiter mit dem stark gezackten, schmalen Felsgrat. Teile überkletternd, Teile nordseitig auf schneebedeckten Bändern umgehend zweifle ich bereits an der WS (2a)-Einschätzung des Führers. Soll das nun so weitergehen bis unten? Aber der Auftakt erweist sich als Schlüsselstelle. Der Grat geht zunehmend in einen breiten Rücken über, aufgrund des harten Schnees ist aber eine defensive Linie angebracht (ich gehe ohne Steigeisen). Vor und im kurzen Gegenanstieg zu P. 3914 wird's vorübergehend nochmals klettrig (II) und ausgesetzt.
Die Führerroute zieht oberhalb von gut 3800m westwärts zum Frühstücksplatz weg. Es gibt hier unzählige Varianten, eine überlegte Routenwahl im abschüssigen Gelände dennoch angebracht. Weiss jemand, ob der Weiterweg über den gesamten SW-Grat ohne grössere Hindernisse möglich wäre? Aus der Distanz meine ich ja, aber ein entsprechender Versuch sollte von unten erfolgen. Am Frühstücksplatz treffe ich auf die Aufstiegsspur der JO Blüemlisalp und folge ihr runter zum Tälligletscher. Was der Gletscher unterwegs zurückgelassen hat, ist - gelinde gesagt - einfach nur hässlich. Und ich bin mich von meinen unzähligen T6-Streifzügen manche Sauerei gewohnt... Bei P. 2953 - am Fuss des Lagginhorn WSW-Grats (Déjà-vu!) - treffe ich auf den guten Zustiegsweg und wenig später findet meine Überschreitung beim Kreuzboden (2398m) ihr Ende, Zivilisationsschock inklusive.
Zeiten (kum)
1:25 Bodmerhorn
5:05 Fletschhorn
7:45 Kreuzboden
Punkt sechs Uhr geht's los in Simplon Dorf (1475m). Gut geschlafen und nur leicht gefrühstückt, so kann ich ab Beginn ein ordentliches Tempo anschlagen. Denn natürlich habe ich keinerlei Interesse, neun (!?) Stunden in der Route zu verbringen, wie sie der SAC-Führer veranschlagt. Den Wanderweg verlasse ich nach wenigen Minuten und folge stattdessen dem alten Alppfad nach Schattigi Halte, der recht gut erhalten ist. Ich verlasse ihn unmittelbar vor der Bachquerung (ehemalige Kote P. 2093), um weglos kurz dem Bach zu folgen. Anschliessend an beliebiger Stelle nach rechts hoch zu einer verwachsenen Moräne und ihr entlang bis ca. 2250m. Der Breitloibgrat ist nun bereits in Griffweite und man gewinnt ihn über Steilgras (T3) an beliebiger Stelle. Auf dem Kamm angekommen kurzer Abstecher zum Bodmerhorn (2387m), damit auch dieser Berg auf Hikr dokumentiert ist. Wenige Minuten Pause, um das knappe Frühstück zu vervollständigen.
Nun geht's an den langen und lohnenden Marsch über den Breitloibgrat (3km, 1500Hm). Der breite Felsgrat bewegt sich lange Zeit im Plaisirbereich (max. T5) und kann zügig überschritten werden. Kurze Aufschwünge sind bei Bedarf in den Flanken umgehbar. Erst im Anschluss an die markante Felsschulter P. 3332 nehmen die Schwierigkeiten etwas zu. Hier erreicht übrigens die verkürzte Route ab Bivacco de Zen den Grat. Weil sie zuvor den zerschrundenen Rossbodengletscher quert, ist das eine komplett andere Tourenart. Der Grat wird nun steiler, schmaler und stellenweise erreicht man die T6/II. Umgehungen teilweise möglich. Ab hier liegen zudem gefrorene Schneereste der kürzlichen Niederschläge. Mit Pickel und umsichtiger, möglichst südseitiger Routenwahl meistere ich die Passage. Aber natürlich drücken die Bedingungen auf die bisher schöne Pace.
Der Übergang vom Neuschnee ins Firnfeld ab gut 3700m ist momentan fliessend. Pickel und Steigeisen sind zwingend, denn zuletzt steilt der Hang stark auf und die Unterlage präsentiert sich dort beinhart. Kurzum, das sind anspruchsvolle Verhältnisse, welche sicheres Steigeisengehen mit beherztem Frontzackeneinsatz erfordern. Ich war froh, zuhause im letzten Moment den Leicht- gegen den Allroundpickel ausgetauscht zu haben.
Wenig nordwestlich von P. 2919, dem Vereinigungspunkt der drei prominenten Ostgrate (Breitloib, Sibiluflue, Hosaas), erreiche ich die Firngrathöhe. Vor mir öffnet sich ein herrlicher Blick über den Fletschhorngletscher mit Lagginhorn und Weissmies. Und zu meiner Rechten das Fletschhorn (3985m), das ich mit kurzer Querung über den obersten Gletscherrand gewinne. Alleine kann ich das grossartige Panorama und eine ausgiebige Mittagsrast geniessen, nachdem ich fünf Stunden praktisch durchgelaufen bin. Der unbarmherzige und frostige Wind, der mich ab der Felsschulter geplagt hat, ist glücklicherweise nur noch schwach. Übrigens, jedem vor Ort sollte klar sein, dass das Gipfelkreuz nicht auf dem höchsten Punkt steht, was aufgrund der Topographie durchaus Sinn ergibt.
Der Weiterweg zum Lagginhorn über dessen Nordgrat, den gleichentags die JO Blüemlisalp gemacht hat, hätte mich durchaus auch gereizt. Aber man kann gezwungermassen nur einmal absteigen und neben dem Breitloibgrat möchte ich auch etwas Werbung für den verkannten SW-Grat machen. Er bietet ab Frühstücksplatz eine einsame, technischere Variante zur Normalroute über den spaltenreichen Grüebugletscher, empfehlenswert vorab im Aufstieg. Die Schwierigkeiten bewegen sich in einem ähnlichen Spektrum wie zuvor am Breitloibgrat (T6/II), aber die Ausgesetztheit ist markant höher. Zuerst dem firnigen Grat entlang, zwei sehr kurze, aber steile und heute beinharte Passagen mit Frontzacken absolvierend - stürzen absolut verboten. Es geht anspruchsvoll weiter mit dem stark gezackten, schmalen Felsgrat. Teile überkletternd, Teile nordseitig auf schneebedeckten Bändern umgehend zweifle ich bereits an der WS (2a)-Einschätzung des Führers. Soll das nun so weitergehen bis unten? Aber der Auftakt erweist sich als Schlüsselstelle. Der Grat geht zunehmend in einen breiten Rücken über, aufgrund des harten Schnees ist aber eine defensive Linie angebracht (ich gehe ohne Steigeisen). Vor und im kurzen Gegenanstieg zu P. 3914 wird's vorübergehend nochmals klettrig (II) und ausgesetzt.
Die Führerroute zieht oberhalb von gut 3800m westwärts zum Frühstücksplatz weg. Es gibt hier unzählige Varianten, eine überlegte Routenwahl im abschüssigen Gelände dennoch angebracht. Weiss jemand, ob der Weiterweg über den gesamten SW-Grat ohne grössere Hindernisse möglich wäre? Aus der Distanz meine ich ja, aber ein entsprechender Versuch sollte von unten erfolgen. Am Frühstücksplatz treffe ich auf die Aufstiegsspur der JO Blüemlisalp und folge ihr runter zum Tälligletscher. Was der Gletscher unterwegs zurückgelassen hat, ist - gelinde gesagt - einfach nur hässlich. Und ich bin mich von meinen unzähligen T6-Streifzügen manche Sauerei gewohnt... Bei P. 2953 - am Fuss des Lagginhorn WSW-Grats (Déjà-vu!) - treffe ich auf den guten Zustiegsweg und wenig später findet meine Überschreitung beim Kreuzboden (2398m) ihr Ende, Zivilisationsschock inklusive.
Zeiten (kum)
1:25 Bodmerhorn
5:05 Fletschhorn
7:45 Kreuzboden
Hike partners:
Bergamotte
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