Gratwandern in der Peischelgruppe mit Überschreitung Peischelspitze


Publiziert von JonnyDodd , 12. Juli 2021 um 19:20.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:11 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:00

Eher aus interesse am Ostgrat der Ellbogner Spitze ist diese wunderschöne und genussvolle Grattour in der Peischelgruppe entstanden. Lässt sich doch bis auf den Abstieg von der Ellbogner und den letzten Gratzapfen vor dem Wilden Kasten der Grat erstaunlich gut begehen, aber von Anfang an.

Gestartet wird in in Oberellenbogen, und ich kann jedem empfehlen, wirklich da hoch zu fahren und keinen falschen Ehrgeiz zu entwickeln und von Steeg hochzulaufen. Nach dem letzten Haus gibt es rechterhand drei Parkmöglichkeiten. Die Straße da hoch ist allerdings abenteuerlich.
Los geht es auf dem Wanderweg Richtung Ellbogner Spitze / Wilder Kasten / Sattelebene. Man hat zwei Möglichkeiten, wobei nur die rechte Variante ab der Parkmöglichkeit ausgeschildert ist. Von hier doch recht steil durch den Wald bis zum schönen Aussichtspunkt der Sattelebene. Weiter Richtung Ellbogner Spitze, bis sich der Weg an einer neuen Hütte teilt, rechts ab zum Wilden Kasten der sich schon mächtig zeigt oder links zur Ellbogner. Hier einfach dem Weg folgen, der Aufstieg ist wirklich schön, bald recht felsig und ab und an braucht man die Hände, aber nie wirklich schwer.
Oben angekommen bietet sich ein wundervolles Panorama, vorallem das Hohe Licht und der Biberkopf wissen von dieser Perspektive zu gefallen, aber auch die Bergumrahmung des Rappensees kommt mächtig her. Die Lechtaler machen auch einen guten Eindruck, vorallem ist mir die Fallesinspitze ins Auge gestochen, hatte ich sie zuerst mit der Vorderseespitze verwechselt.....Trotz Wanderweg ist hier oben nicht so viel los, war ich doch heuer erst Besucher Nr. 16 der sich eingetragen hat.

Kurz schaue ich mir an, ob ich von hier den wenig ausgeprägten Ostgrat runterkomme, aber das sieht von oben grausig aus, das lass ich besser. Also gehe ich ein Stück zurück und steige bei erster Gelegenheit recht steil über die Ostflanke ab, weiter unten kommt eine Wasserrinne die sich recht gut begehen lässt, allgemein ist das Gelände erstaunlich gut zu gehen. Der Nordgipfel der Ellbognerspitze?, in der Karte nur P. 2515 benannt sieht verlockend aus, also steige ich nicht ganz ab sondern quere zu dessen grasigen Südostgrat. Von hier erst über Gras, dann in leichter, anregender Kletterei (I) und dann über Schrofen auf den Grat. Dieser ist einfach Klasse, also schaue ich mir von unten mal die Ostflanke/Grat was auch immer der Ellbogner Spitze an, ob man hier hochkäme. Begehungsspuren finde ich hier keine, so baue ich auf dem letzten Gratzapfen vor der Scharte zwischen Grat und Ellbogner Spitze ein Manndl und schaue erfürchtig in die Schotterflanke. Eine schuttige, steile Rinne, zu welcher man mutmaßlich über Bänder queren kann, könnte tatsächlich einen möglichen Aufstieg vermitteln, aber von der Ferne das zu beurteilen ist schwierig, ich würde es aber im Bereich des machbaren einordnen. Am Grat zurück und nun auf den höchtsten Punkt des P. 2515, hier findet sich tatsächlich ein kleines Steinmäuerchen.

Jetzt kommt der spannende und tatsächlich ungeplante Teil. Als angehender Volkswirt bin ich immer darauf bedacht, meinen Nutzen zu maximieren und ein Abstieg über den Aufstiegsweg hinunter ins Peischelkar ist zu diesem Zeitpunkt nicht Nutzenmaximierend. Also steige ich über die Nordostflanke des P. 2515 über Schutt und Fels ab bis ich an einen Abbruch komme, Mist. 10m weiter unten lockt die Klotzemannscharte mit einer Abstiegsmöglichkeit ins Peischelkar, der weitere Gratverlauf sieht von hier oben haarsträubend aus. Rechter Hand entdecke ich eine Rinne, welche von dem Punkt oberhalb des Abbruchs gut einzusehen ist, diese sieht machbar aus. Also zurück und linkshaltend zum Einstieg der Rinne.

Diese Rinne ist auch der Anspruchsvollste Teil der gesammten Unternehmung (II+, T6) und nur für geübte und nervenstarke Bergsteiger zu empfehlen, wobei ich das eigentlich niemand empfehlen möchte, allerdings bietet diese den einzig möglichen Übergang zur Klotzemann-Scharte, wenn man nichts zum Abseilen dabei hat. Der Einstieg hat es schon in sich, muss doch ein kleiner Absatz überwunden werden. Die Rinne ist ungemein steil, feucht und bietet wenig Griffe und Tritte. Einmal bin ich nach Rechts ausgewichen um einen Absatz zu umgehen. Stück für Stück klettere ich hinunter, immer im Hinterkopf alles kann, nichts muss. Doch heute ist mir das Glück hold, ich erreiche durch diese Rinne die Klotzemannscharte und stehe unterhalb des Abbruchs. Puhhh. Von hier aus könnte man die Rinne weiterverfolgen, um ins Peischelkar abzusteigen.

Darauf habe ich aber schon wieder keine Lust, das Adrenalin und Endorphin in meinem Körper bringt mich dazu, mir den Grat anzusehen. Könnte ich doch von der Klotzemann-Scharte einfach ins Kar hinuntergelangen, sollte es nicht klappen. Nach dem ersten Gratzacken steht man schon wieder vor einem unüberwindbaren Abbruch, dieser lässt sich aber lächerlich einfach nordseitig umgehen. Es folgt ein ständiges auf und ab, immer wieder gibt es Möglichkeiten, in den Scharten ins Kar abzusteigen. Ein weiterer Abbruch kann ebenfalls umgangen werden und die Peischelspitze rückt immer näher. Am Gipfel des P. 2474 stoße ich einen Jubelschrei aus, von hier komme ich definitiv bis zu Peischelspitze. Ein Gratturm wird auf seiner Südflanke erklettert, generell bleibt man immer am Grat, nur die Abbrüche sind zu umgehen. Der restliche Weg zur Peischelspitze ist einfach, die Platten am Westgrat sind ein Genuss und schon stehe ich auf dem Gipfel, der zweite heuer der sich ins Büchlein einträgt. Was für ein Tag, was für eine Tour. Die Aussicht ist ähnlich wie auf der Ellbogner, nur der Hochalpgrat sticht ins Auge. Auch ein schönes Ding......

Die Rinne vom P. 2515 sieht von weitem haarsträubend, fast Senkrecht aus, da bin ich wirklich runter? Nach kurzer Rast möchte ich mein Glück heute noch ein wenig kitzeln und nehme den Ostgrat zum Wilden Kasten unter die Lupe. Beim Aufstieg zur Ellbogner konnte man den Gratverlauf schon gut einsehen, bis zum letzten Gratzacken vor dem Westgrat des Wilden Kastens sah alles machbar aus. Die Ostflanke der Peischelspitze ist harmlos, gut gestufte Schrofen. Also los, auch wenn gleich das erste Gratstück wenig Mut macht, hier weiter zu kommen. Senkrecht geschichtete Platten, na mal schauen. Doch von nahem ist das alles harmlos, die Platten weisen gute Absätze und Bänder in der Südflanke auf. Herrlich! Danach kommt ein kurzes Stück Reitgrat, links und rechts pfeift der Wind Senkrecht nach unten. Weiter über Graterhebungen und Abbrüche, welche meistens Nordseitig umgangen werden können bis zur tiefsten Einschartung vor dem letzten Gratzacken vor dem Westgrat des Wilden Kastens. Könnte man diesen Zacken auch einfach besteigen, ist ein überhängender Abbruch an dessen Ende wohl auch das Ende der leichten Kletterei, nichts für mich. Also steige ich von dieser Einschartung zuerst über Schotter, später über komfortabel gestuften Gras/Schrofenmix hinab ins Peischelkar zum Peischelsee. Diese Graszunge vermittelt aus meiner Sicht den am wenigsten mühsamen Aufstieg, möchte man den Grat weiter zur Peischelspitze begehen.

Vom Peischelsee sehe ich mir meine Tour nochmal an, ein Wahnsinn, wirklich toll. Mit meinem gesammelten Adrenalin steige ich noch über den Normalweg auf den Wilden Kasten, auch dies ist ein schöner Anstieg. Den dunklen Gipfelaufbau kann man über dreierlei Wege erreichen, den Normalweg rechts herum, den dunklen Riss den die Jungs von Festivaltour gemacht haben oder meinen Weg links, etwas geduckt auf einem Band unter einem Überhang hindurch und dann über Schotter zum Gipfel. Herrlich!
Hier oben bin ich auch der 16. Besucher dieses Jahr, erstaunlich das dieser Gipfel so viele Begehungen zählt, empfand ich den Normalweg im Abstieg doch eher lästig als angenehm.

Eine ***** Tour ohnegleichen, dieser Grat macht einfach so viel Spaß und spart einem die Kraft des ständigen Auf-und Abs ins Kar und auf die Gipfel. Der Grat ist eine Mischung aus Wildem Grat und der Verbindung von Wasserfallkar- zur Schwellenspitze. Mit dem Rinnenabstieg, der durchaus als heikel zu bezeichnen aber deutlich schwerer.
Wirklich ein Jammer, das er nicht direkt von der Ellbogner oder vom Wilden Kasten erreicht werden kann, aber eines kann ich versprechen, die Mühe des Gegenanstiegs da hoch lohnt sich allemal!
Wem die Rinne zu heikel ist, steigt über den unteren Teil derselbigen vom Peischelkar hoch zur Klotzemannscharte und startet die Grattour dort.

Dauer des Grates ca. 1h mit kleiner Rast auf der Peischelspitze

Tourengänger: JonnyDodd


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Kommentare (4)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 13. Juli 2021 um 13:33
Dass sich die ~Übergang von der Ellbogner zum Widlen Kasten mit großzügigem Ausweichen an relativ wenigen Stellen doch noch so moderat lösen lässt, ist erstaunlich.
Angesichts der zu bewältigenden Hm ab Tal +diverse zusätzliche bei Auf und Ab am Grat eine stramme Leistung. Chapeau.

Die umgangenen Zwischenstücke zu meistern, wäre das Tüpfelchen, aber wohl nur mit Abseilen -am Sporn und Kletterei am Westgrat des W.K.
(vermutlich ca III-IV in fraglichem Gestein?) zu lösen.

JonnyDodd hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Juli 2021 um 10:23
Vielen Dank erstmal :)
Tatsächlich hab ich im Nachgang einen Bericht gefunden, der den Abstieg von der Ellbogner hin zum Grat nicht schwerer als II in bröseligem Gestein einstuft. Laut AV-Führer aus den 50-er Jahren ist der Westgrat des WK nicht schwerer als II.
Sicherlich nochmal einen Abstecher Wert, sehr friedliche Gegend, die Peischelgruppe.

sven86 hat gesagt:
Gesendet am 13. Juli 2021 um 18:37
Gratulation zur dieser großzügigen Bergfahrt, auch wenn offenbar beim Abstieg vom Wilden Kasten der Grenznutzen schon abnehmend war, also f‘(U)>0, f‘‘(U)<0

JonnyDodd hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Juli 2021 um 10:27
Tja, die konkave Nutzenkurve ist leider bei jeder großen Tour gegeben.
Danke für die netten Worte ;)


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