Vom trubeligen Jenner in die Stille des Hagengebirges


Publiziert von Schubi , 11. August 2020 um 14:01.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum: 1 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 475 m
Abstieg: 1068 m
Strecke:12,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Talstation der Jennerbahn, Schönau am Königssee
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

Walter Pause, Großmeister der alpinen Wanderliteratur, hat in den Siebzigern mal ein Werk mit dem schönen Titel "Wandern bergab" verfasst. Darin Tourenvorschläge speziell für Wanderungen mit Kindern, die im steilen Gelände ja lieber bergab als bergauf purzeln. Ich jedenfalls purzelte im Treppenhaus des Vaters meiner Lebensgefährtin über dieses schöne Buch und auch wenn die hier vorgestellte Tour darin gar nicht enthalten ist, so könnte sie es eigentlich ganz gut sein, denn wir nutzen dafür die Seilbahn zum Jenner.

Wir urlauben regelmässig im Salzburger Land. Viel Schönes gibt es dort und rund ums nahe Berchtesgaden zu entdecken, aber das Schöne ist halt oft auch arg überlaufen undoder touristisch "aufbereitet". Hintergrund unsrer Tour war also nicht das kindgerechte Bergwandern, sondern vielmehr der Versuch, einen beliebten Ausflugsberg des Berchtesgadener Lands mit einer Tour zu kombinieren, die uns weg vom Trubel führt, der um solche Berge herum nun mal herrscht (hinsichtlich der Idee von Ruhe ist diese, letztjährige, Wanderung übrigens verwandt mit jener heurigen hier). Dass man automatisch Teil des Trubels und damit des Problems wird, wenn man von der Seilbahn-Bergstation zum nahen Jenner-Gipfel hochschlappt, ist uns durchaus bewusst.


  Aber wie singt schon Haindling, ein anderer Großmeister des Zeitgenössischen in seinem Zwiefachen:
 Oh mei oh mei - oh mei oh mei
oh Jegerl na na.
Oh Jessas Maria,
des deaf doch ned woa sa
immer nur jammern
ja des war ma z\'dumm.
Ollawei schimpfa
und immer nur grantig sa
und dann ned wissn warum.
Leid, Leid, Leidl miaßts
lustig sei, lustig sei.
Deafts, deafts, deafts ned
so traurig sei, traurig sei.
Denn, denn, denn
mit der Traurigkeit, Traurigkeit
kimmt, kimmt, kimmt ma ned weit.

Und damit ist dann auch meine übliche Soundtrack-Empfehlung zum Tourenbericht gesetzt.

Es gibt für's Hagengebirge eine schöne Tourenidee von Max, die ich in einer verkürzt variierten Version hier vorstellen möchte. Nachdem uns an einem trüben Augusttag die frisch renovierte Jennerbahn auf ihre Bergstation geschaufelt hat, stapfen wir erstmal schnurstracks auf einem ausgetrampelten, aber durchaus schönen Pfad die wenigen Höhenmeter hoch zum Gipfel des Jenners (1874 m). Weil's noch früh und das Wetter net so toll ist, ist der Andrang gar nicht soo schlimm, wie befürchtet. Man hilft sich gegenseitig beim Fotografieren des Erinnerungsfotos mit dem Königsssee-Tiefblick, muss aber an dem ein oder andren Fels-Tritt kurz auf Vor- oder entgegenkommende Gänger warten.

Es geht wieder herunter und wenn man links ums die Seilbahnstation herumgeht, gelangt man auf den ebenfalls recht belebten Wanderweg Richtung Schneibstein-Haus. Dort direkt über die Terrasse und hinten durch ein Türl im Zaun auf einen etwas versteckt liegenden Pfad, der uns nach Osten auf einem kleine Bergrücken Richtung P. 1656 bringt. Hier haben wir nun die ersehnte Ruhe und bewegen uns durch abwechslungsreiche alpine Natur. Am Ende des Rückens führt der Pfad auf dem Südhang in eine Talsenke und trifft auf einen Weg, wir gehen halbrechts Richtung Königstalalm. Wer jetzt schon Hunger hat, könnte hier gemütlich einkehren. Wir jedoch gehen weiter südöstlich in eine waldige Passage und sind endgültig in der wilden Natur eines herrlichen Bergwalds. Recht versteckt durch die mitunter hohen Botanik führt uns der Pfad aufwärts Richtung Farrenleitenwand (P. 1716), auf die wir einen kurzen Abstecher durchs Gras machen, denn von ihr hat man einen herrlichen Blick zum jenseits des Königsees liegenden Watzmann-Massiv. Zurück zum Pfad nun nochmals bergauf, diesmal recht steil zur westlichen Nase der Rotspielscheibe und um sie herum.

Auch wenn's uns bisher gut gefallen hat, das ist nun definitiv der schönste Abschnitt der Wanderung. Zwei, dreimal müssen in wirklich leichter Kraxelei die Hände ran und wir haben tolle Tiefblicke, denn hier ist's auch mal kurz etwas ausgesetzt. Auch der schöne Panoramablick rüber zum Watzmann öffnet sich nochmals. Was machen wir an solchen schönen Orten gern? Klar, Brotzeit! Zwischen all dem Fels findet sich noch genügend weiches Gras zum Sitzen und wir geniessen die Pause inmitten von blühender alpiner Vegetation und in wunderbarer Stille.

Weiter nun im lustigem Auf und Ab des Steigs ein Stück nach Osten. Den nahen Gipfel der Rotspielscheibe (1940 m)  lassen wir aus Zeitgründen vorsichtshalber aus, denn wir müssen abends (möglichst frischgeduscht) auf die Salzbuger Festspiele und ausserdem hängen die Wolken eh noch recht tief. Mit ein bisschen Suchen haben wir dann auch den "Abzweig" von eher undeutlichen Trittspuren im Steilgras durch die Südflanke der Rothspielscheibe gefunden. Diese Passage ist leider recht unangenehm, denn das hohe Gras überdeckt in seiner Harmlosigkeit Geröll, Geröll und auch Geröll. Ein Stecken wäre gut gewesen, es ist eine rechte Balanciererei ... Endlich unten angekommen dann auf wieder deutlicheren Spuren nochmals ein ganzes Stück durch einen herrlichen Bergwald. Vorbei am P.1627 und einer verirrten Kuh stapfen wir hier durch hüfthohen Pestwurz wacker  in östliche Richtung. Wir erreichen den Waldrand und kurz vorher lichtet sich nun der verhangene Himmel – grad rechtzeitig für unsere Einkehr auf der Priesbergalm. Bergkäs, Helles, Kuchen, Buttermilch, Watzmannblick: so lassen wir's uns hier gutgehen.

Der Rest ist schnell erzählt. Auf breiter Wander-Autobahn geht es  nun nördlich zurück Richtung Jennerbahn, leicht abfallend aber durchgehend mit Watzmannblick und äusserst gemütlich, diesmal zur Mittelstation der Bahn. Etwas belebter wird es auf dem Weg eigentlich erst da, wo der Abzweig von der Königsbach-Alm einmündet. Die Jennerbahn gondelt uns brav wieder ins Tal und wir freuen uns nach so einer schönen Wanderung durch die Natur der Berge auf die Kultur der Festspiele am Abend in Salzburg.

Mit auf Tour: Amelie.

Fazit: Erstmal herzlichen Dank an Max für die Inspiration, wir hatten trotz vieler Wolken einen echt feinen Tag im Hagengebirge. Besonders hatte es uns die urwüchsige Natur im Bergwald zwischen Farrenleiten und Priesbergalm angetan. Hier blieben wir auch komplett allein. Ach, und seitdem ich das besagte Buch in die Hand bekam, schau ich gern mal, wo man schöne Touren in "U-Form" zB von der Bergstation einer Seilbahn zu ihrer Mittelstation oder Talstation anlegen kann.


Tourengänger: Schubi
Communities: Photographie


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Kommentare (3)


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Max hat gesagt:
Gesendet am 11. August 2020 um 21:30
Servus Schubi,

freut mich, dass es Euch im Hagengebirge gefallen hat. Merci für die Verlinkung.

Viele Grüße,
Max

Nyn hat gesagt: Ollaweil schimpfa
Gesendet am 13. August 2020 um 13:02
Ein großes Danke für den "augenzwinkenden" Liedtext.
Haben wir es doch in der Tat selber in der Hand, selbst bei vielen Menschen am Berg (derer man ja selber einer davon ist -wie du richtig schreibst! ) durch Gelassenheit und Freundlichkeit die Stimmung positiv zu gestalten.

Als "U-Form" kann ich dir den Diedamskopf empfehlen.
Wie hier zum Südgrat einqueren, dann hinab über diesen und zur Mittelstation usw.

Schubi hat gesagt: RE:Ollaweil schimpfa
Gesendet am 13. August 2020 um 18:26
Danke Markus für die Empfehlung Diedamskopf. Kommt auf die To-Do-List!


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