Durchs Unterholz zu namenlosen Tobeln und versteckten Blockhalden, Kapitel 2: Rund um Hundsbach


Publiziert von Schubi , 3. Juli 2020 um 11:46.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:18 Juni 2020
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 942 m
Abstieg: 942 m
Strecke:22,8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PKW: L 80b, "Hundseckstraße", Ecke "Am Skihang". ÖPNV: Bus 246, Hundsbach, Haltestelle "Am Skihang"
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.
Unterkunftmöglichkeiten:Pensionen in Hundsbach.

In Fortsetzung zu *dieser Gschicht hier habe ich mir eine weitere Tour zurechtgelegt, die mich diesmal rund um das Hochtal von Hundsbach zu (vermeintlichen, wie sich vor Ort herausstellte) Wasserfällen, Tobeln sowie einer Blockhalde führen sollte. Zwei Hikr-Erst-"Besteigungen" (Hoher Ochsenkopf 1055 m und Nägeliskopf 994 m) waren auch noch dabei. Da ich aus meiner Heimat Oberfranken einen fast gleich hohen Ochsenkopf kenne, war ich auf den badischen Namensvetter schon länger neugierig. Reichlich ging es dabei wieder durchs Unterholz, aber rustikal mag ich's ja.

Meine Soundtrack-Empfehlung für Anfahrt, Rückfahrt oder zum Betrachten der Bilder hier ist diesmal das meditiativ-klare "Ten Day Interval" von Tortoise. Es passt sehr wunderbar zu den kleinen Bächen, zur Länge der Tour, zum weglosen Gehen.

Ursprünglich sollte die Überschrift ja lauten "... zu namenlosen Wasserfällen ...", aber die  topographische Karte hat mir diesmal leider etwas vorgegaukelt: in den waldigen Hängen rund um Hundsbach sind darauf ganze fünf Wasserfall-Symbole an namenlosen Bächen verzeichnet. Das machte mich neugierig und ich legte letzten Winter direkt mal eine große Rundwanderung an, auf der ich diese nacheinander mal erforschen könnte. (Ich greife hier kurz vor: in Wirklichkeit war an diesen Stellen dann kein einziger Wasserfall). Auf dem Satellitenbild entdeckte ich weiters eine recht große Blockhalde fast am Gipfel des nahen Nägeliskopfs. Und der Hohe Ochsenkopf mit seinem Bannwald liesse sich ja auch noch einbeziehen. Knapp 23 km Tourlänge mit einigen weglosen Abschnitten: damit musste ich dann aber doch besser bis zu den langen Tagen im Juni warten.

Beim Googeln stiess ich auch auf die Schwarzenbach-Talsperre zwei Täler weiter, und die wiederum war Teil eines ganzen Wasserkraft-Pumpspeicher-Systems rund um den Hauptort Forbach, unten im Murgtal. Interessanterweise hat man beim Bau dieses Systems ab 1914 beschlossen, auch von meinem Wanderziel, dem Nachbartal Hundsbach, Wasser sprichwörtlich "abzugreifen" und der Schwarzenbach-Talsperre (sowie damit indirekt dem Kraftwerk) zuzuführen. Das Ganze funktioniert per unterirdischer Leitung unter einigen Bergen hindurch, dem sog. Raumünzach-Stollen (Raumünzach-Überleitung). Ich bekam also einen leisen Verdacht, dass diese so zahlreichen "Wasserfälle" auf der Karte vielleicht etwas damit zu tun haben.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und Versuch macht kluch. Mit diesen beiden Phrasen auf der Zunge machte ich mich eines schönen Junimorgens auf in das Hochtal von Hundsbach. Die Anfahrt aus Offenburg über den Hauptkamm des Nordschwarzwalds in der Morgendämmerung war für sich schon ein Erlebnis. Ich stelle den Wagen an der Landstraße im Tal ab (nähe Bushalt "Skihang"). Interessanterweise ist Hundsbach ein Örtchen, das nicht (wie meist) unten an einem Wasserlauf steht, sondern hauptsächlich auf einer Bergnase oberhalb. Vom Auto nun 100 m die Straße zurück und rechts (zugewachsen-versteckt) in den Wald hoch. Vorher passiere ich noch eine ca 3 m dicke Rohrleitung, die den Talboden mysteriös quert und damit das Ortsbild dezent romantisch ergänzt: aha, hier also schon die erste Berührung mit der Wasserkraft-Technik.

Ich stapfe einen aufgelassenen Weg hoch, am Hohries (679 m) öffnet sich der Wald kurz für eine Lichtung, ebenso romantisch ergänzt mit einer Pumpstation. Auf der Lichtung herrscht eine zauberhafte Stimmung mit von der Morgensonne zum Funkeln gebrachtem Morgentau. Wieder in den Wald und nun weglos einem kleinen Bachlauf nach oben folgend, hoffend, hier den ersten (vermeintlichen) Wasserfall zu finden. Aaaber, ausser dem beschaulichen Bach: nix Besonderes :-( Das Bachbett ist steil und mit kleinen Felsen durchsetzt – vielleicht war hier ja mal ein Wasserfall oder ist es noch nach Niederschlägen (die am Vortag eigentlich reichlichst herunterkamen). Durchs Unterholz hangaufwärts bis zum nächsten Wirtschaftsweg. Ein lauteres Motorgeräusch kommt plötzlich aus dieser Richtung, vielleicht ein Langholzer, ich seh aber im Dickicht nix. Aber ich lass mir meine morgendliche Romantik nicht vermiesen und gehe in der Morgensonne östlich weiterin Richtung des nächsten karten-verzeichneten Wasserfalls.

GPS-geleitet dann erneut ab vom Weg und durchs Dickicht. Wieder treffe auf ich auf einen netten Bachlauf, der auch wieder eine kleine Felsen überplätschert, aber Wasserfall? Eher nein :-/ Trotzdem folge ich dem Bach auf seinem Weg durchs Unterholz ein ganzes Stück, zunächst bergab, dann auf der anderen Seite bergan. Hier ist die Vegetation noch dichter als vorhin und ich muss mich recht arg durchwurschteln.


Oben wieder auf einen Forstweg und wieder ostwärts. Dabei komme ich an einer kleine Gruppe von Granitfelsen vorbei und kraxle neugierig hoch. Oben empfangen mich die ersten Blaubeeren der Saison. Super! Weiter auf dem Weg und im Gewann mit dem schönen Namen Pandurenebene rechts ab. Kurz danach vernehme ich aus dem Dickicht rechts kräftiges Wasserrauschen. Wenn das mal nicht ... noch ca 15 Meter Unterholz ... Jawoll: ein kleiner Wasserfall! Er hat eine Fallstufe von einem spektakulären Meter-Fünfzig und liegt an einer Stelle, wo auf der Karte gar kein Wasserfall-Symbol ist. Auch mal schön ...

Zurück auf den Weg, etwas bergab: links nun ein betonierter Schacht-Eingang, vermutlich ein Wartungsschacht für den Raumünzach-Stollen. Hier ganz in der Nähe sollen laut Karte die nächsten beiden Wasserfälle sein. Also wieder weglos links in den Waldhang hoch. Aber dort die nächste Enttäuschung, und auch gleichzeitig die Erklärung meinr Vermutung, dass das alles nur ein Hoax des Wasserkraft-Systems ist: beide Bachläufe werden exakt an den Stellen der Landkarten-Wasserfall-Symbole von Betonschächten gefasst, durch die offenbar ein Großteil des (eh schon spärlich fliessenden) Wassers abgegriffen und wohl unterirdisch dem Raumünzach-Stollen sowie damit dem Stausee im Schwarzenbachtal zugeführt wird. Na super ... Später zeigt sich, dass diese Schächte meist an Stufen im Terrain verbaut sind, an denen im Sinne einer Geländestufe vielleicht früher mal ein Wasserfall war.

Im Oberlauf sind beide Bäche eh fast trockengefallen. Schade. Also weiter, wieder hoch bis zum nächsten Forstweg. Über ein Forstweg-Zickzack nun höher, vorbei an zwei, vom Wald überwucherten Fels-Ansammlungen. Dann auf einen wiederum aufgelassenen Weg, um möglichst nah an mein hoffentlich interessantestes Etappenziel zu kommen, die etwas versteckt liegende Blockhalde im Südhang des Nägeliskopfs.


Nochmal GPS-geführt geht es nun wieder weglos weiter, und zwar durch ein Dickicht aus Blaubeeren. Unter ihnen jede Menge Felsbrocken und Totholz. Ein Stecken ist hier für die Balance echt hilfreich. Reichliches Beeren-Mampfen versüßt mir aber ein bisschen das umständliche Fortkommen. Nach ca 150 m erkenne ich durch die Bäume den Fuß der Blockhalde: supergut! Der Weg dorthin durch lädierte Birken steigert die Spannung. An den unteren Felsen angelangt habe ich einen ersten Eindruck von den Ausmassen der Blockhalde. Sie hat viele recht großwürfelige Blöcke. Da wird die Kraxelei nach oben ein rechter Spaß! Warum interessiere ich mich so für Blockhalden? Weil es Orte sind, die seit mindestens 12 000 Jahren weitgehend unverändert an Bergflanken herumliegen. Sie sind sozusagen ein Zeitfenster in die Vergangenheit und ausserdem Orte mit einem seltsamen Mikroklima.

Exkurs: Blockhalden (Quellen: hier und dort)

Blockhalden entstehen durch physikalische Verwitterung, genauer durch Frostsprengung sehr harter Gesteine von einem oder mehreren, urspr. größeren "Nährfelsen".  Wegen dieser Entstehungsart fehlt den Blockhalden – im Unterschied zu Schutt- oder Geröllhalden – der Anteil an Kies und Sand. Dies führt dazu, dass Wasser schnell ablaufen kann und auch angewehter Humus bald weggespült wird. In den tiefen Spalten und Klüften zwischen großen Felsblöcken kann sich also kein Bodensubstrat anhäufen. Es findet sich dabei häufig fast kein pflanzliches Leben auf der Blockhalde außer Algen, Moosen und Flechten. Die Lebensbedingungen an Blockhalden sind in vielerlei Hinsicht extrem. In der ständig kalten und feuchten Tiefe der lockeren Halden oder an der sich stark erhitzenden Oberfläche der Steine finden jedoch trotzdem einige Tierarten geeignete Habitate (z.B. Käfer oder die Blockhalden-Wolfsspinne 'Acantholycosa norvegica sudetica', die sonst nirgends lebt).

Blockhalden sind nicht nur in Breite und Höhe dimensioniert, sondern reichen in ihrem spaltenartigen System oft weit in die Tiefe. Im Winter gibt es eine Luftströmung durch die Blockhalde, bei der die kalte Luft unten einströmt und erwärmt am oberen Ende der Halde ausströmt. Dabei kühlt sich das Innere der Halde ab und die Eismenge wächst. Im Sommer verläuft die Luftströmung umgekehrt: Die warme Luft dringt am oberen Ende in die Halde ein, kühlt sich ab und fließt am unteren Ende der Halde wieder aus. Diese Kaltluftaustritte sind teilweise deutlich zu bemerken, weil sich an diesen Austritten lange Zeit bis in den Sommer Eis halten kann. Damit dieser Effekt möglich ist, müssen die Temperaturunterschiede möglichst groß sein. Außerdem sorgt das Eis mit seiner latenten Wärme sowohl für die Wärmespeicherung als auch für die Beibehaltung einer weitgehend konstanten Temperatur im Inneren, was die möglichen Temperaturunterschiede zum Außenraum vergrößert. Wenn im Frühjahr die Temperaturen nachts noch auf 5 °C fallen, können sie am frühen Nachmittag auf der sonnen-beschienenen Blockoberfläche bereits 40 °C erreichen. Im Hochsommer werden über 60 °C gemessen. Der Wärmetransport und die Wärmespeicherung führen zu zwei weiteren speziellen Lebensräumen: Am oberen Teil der Blockhalde können sich besonders wärmeliebende Pflanzen halten, da dieser Bereich im Winter durch die austretende wärmere Luft häufig eisfrei gehalten wird. Im Sommer dagegen wird hier wärmere Luft eingesaugt, so dass die Felsen sich stärker und auch in größerer Tiefe erwärmen und damit in der Nacht wärmer als die Umgebung sind. Am Fuß der Blockhalde strömt im Sommer kühle feuchte Luft aus. Durch die ständige Feuchtigkeit können sich hier sog. Kondenswasser-Moore bilden.

Auf den ersten Blick erscheinen Blockhalden als unwirtliche Biotope. Doch gerade dieses Landschaftselement stellt einen vom Menschen nahezu unberührten Lebensraum für Pflanzen und Tiere dar. Da eine landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Nutzung solcher Standorte kaum möglich war und ist, stellen Blockhalden und Felsen in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft eines der letzten sogenannten Primärhabitate dar. Je nach Gestein und Exposition entwickeln sich unter sehr speziellen Bedingungen unterschiedliche Lebensgemeinschaften.

Ich suche mir einen Einstiegspunkt am unteren Ende der Blockhalde und vorsichtig geht's über die Blöcke, mal kraxelnd, mal steigend. Erst nach und nach erschliessen sich mir ihre ganzen Aussmasse. Ein sehr beeindruckender Ort, für mich bisher die schönste Blockhalde im Schwarzwald. Die Blöcke liegen gut verkantet, selten wackelt mal einer. Flechten in vielen Farben fühlen sich auf den Steinen wohl, am augenfälligsten war ein leuchtend gelbe Art. Im oberen Bereich versucht der Wald mit  Bauminseln innerhalb der Blöcke nach und nach, sich den Raum der Blockhalde zurückzuerobern. Ein guter Platz für eine Veschper. Diese besonders exponiert stehenden Bäume haben es aber bei Wind und Schnee bestimmt nicht leicht, man sieht es ihnen auch an.

Oben wird es dann wieder heidelbeeriger und totholziger und ich schau, dass ich einigermassen sinnvoll da durch komme. Denn weiterhin weglos soll es nun bis zum Gipfel des Nägeliskops gehen. Zwar stehen dafür nicht mehr viele Höhenmeter an, aber die Vegetation wird immer dichter und die Orientierung geht nur noch sinnvoll mit GPS. Zum Glück gibt es zart wahrnehmbare Wildpfade, die zur Richtung passen. Aber es ist schon ein arges Durchwurschteln. Schliesslich erreiche ich den höchsten Punkt des Nägeliskopfs auf 996 m, ich erkenne ihn an einem Vermessungsstein im Boden. Jetzt auf der Hochfläche des langgezogenen Bergs zurück in Richtung Westen. Ich könnte für den ersten Abschnitt genau so wie gekommen auch zurück laufen, was aber schon bissel nervig wäre. Daher hoffe ich, etwas versetzt nördlich vllt. offeneres Gelände zu finden, notfalls auch ein Stück eines wahrscheinlich aufgelassenen Forstwegs, den mir die Karte anzeigt. Meine Vermutung stimmt, und über nun andere Wildpfade geht's etwas leichter nach Westen. Ich stosse auf einen deutlicheren Pfad, der auch an einem Hochsitz vorbeiführt. Von dort oben dann nach langem Unterholz-Gewurschtel  endlich mal wieder ein Fernblick, südwestlich zur Hornisgrinde (1164 m). Nochmals kurz weglos, aber bald zum Glück treffe ich bald wieder auf einem (Wild?-)Pfad der irgendwann in einen aufgelassenen Wirtschaftsweg übergeht und mich dann bergab zu einer Forstautobahn führt.

Nun weiter südwestlich zu den nächsten Etappenzielen Vorderer, Mittlerer und Hoher Ochsenkopf. Bis zu einer Lichtung noch bequem, ab da auf einem aufgelassenen Forstweg bergan und extrem zäh durch dicht stehende, widerspenstige Jungfichten und über umgestürzte Bäume. Irgendwann ist auch die letzte Ahnung eines Wegs oder Wildpfads verschwunden. Happy Hiking! Leicht entnervt erreiche ich den höchsten Punkt des Vorderen Ochsenkopfs (964 m), der natürlich ebenfalls komplett zugewachsen ist. Ich laufe noch zu einer steilen Stelle, die früher vllt. mal ein kleines Kar war und gehe weglos weiter bis zum nächsten Forstweg. Kurze Erholung, bis es bald darauf wieder weglos rechts in die Botanik geht, um natürlich auch den "Gipfel" des Mittleren Ochsenkopf (1005 m) zu besuchen. Er ist zugewaldet, aber mit einem Fernblick hatt ich eh nicht gerechnet. Beforstet wird auch hier nicht mehr, alles liegt drunter und drüber. Aber die Vegetation ist nicht sonderlich dicht, und die Weglosigkeit macht hier wieder Spaß! Dann teils weglos, teils auf aufgelassenen Wegen nordwestlich bis zum markierten Pfads des "Becker-Rundwegs" um den Hohen Ochsenkopf. Diesen gehe ich nach rechts weiter. Der Pfad ist wunderschön felsig-wurzelig geführt. Das Gebiet des Hohen Ochsenkopfs ist schon länger Bannwald und entsprechend wild und urwüchsig schaut's hier aus. Vorbei an einer kleinen Blockhalde führt der Pfad durch dunklen Tann zum Teufelskamin, eine offene Verwerfung im Buntsandstein. Ohne Lichtquelle leider nicht einsehbar verbirgt sich hinter einem Spalt eine wohl 20 m tiefe Höhle. Im Winter, wenn es kalt ist, soll hier angeblich Dampf austreten. Spoooky ...


Wenige hundert Meter danach kürze ich kurz weglos nach links oben ab, um auf einen (nicht mehr unterhaltenen, aber offenbar noch begangenen) Pfad zu gelangen, der mich in einer Schleife bis zum Gipfel des Hohen Ochsenkopfs fühen wird. Der Wald lichtet sich etwas und wird im Bild wilder und vielfältger, man merkt, dass es ein Bannwald ist. Zahreiche ungestürzte Bäume wollen überstiegen werden, hier oben herrscht eine recht schöne Wildnis. Wie bei so vielen Bergen im Schwarzwald war auch die Kuppe des Hohen Ochsenkopfs (1055 m) in früheren Zeiten gerodet und wurde lange als Weidefläche genutzt, war also eine sog. Grinde. Das ist aber im Lauf des 19. Jahrhunderts vorbei. Vielfalt in seltener Fauna und Flora kennzeichnen den Berg jedoch seitdem. Von November bis Juni gibt es ein Betretungsverbot zum Schutz des Auerwilds. Am Gipfel mache ich natürlich nochmal Veschper, und zwar auf den Trümmern eines Aussichsturms, der nach einem Blitzschlag-Schaden in den siebziger Jahren gesprengt wurde. Auch hier bleibe ich also leider weiter ohne Fernblick. Aber der urige Pfad (darauf nun westlich weiter) entschädigt dafür. Die West-Nase des Bergs also bergab, der Pfad ist hier schön felsdurchsetzt und dient temporär offenbar als Bachbett. An der nächsten Wegkreuzung scharf links, weiter auf dem hier wieder markierten "Beckerpfad" und am Südhang des Hohen Ochsenkopfs entlang. Erneut schöne Abwechslung durch felsige Passagen und wieder eine kleine Blockhalde. Ich muss sie leider links liegen lassen, weil die Zeit nun etwas drängt. Im wieder offeneren Gelände dann etwas Suchen nach der Abzweigung eines (mal wieder, klar) aufgelassenen Forstwegs, der mich mit viel Jungfichten-Kampf und Bäume-Übersteigen bergab zu einer Forstautobahn bringt. Weiter unten kürze ich ab, um den Forstweg noch eine Etage tiefer direkt zu erreichen. Auf ihm gehend höre ich bald im Hang unterhalb ein Wasserrauschen. Das macht mich natürlich neugierig und meine müden Knochen munter! Also wieder weglos die doch recht steile Wand dieses Tobels herab, durch die dichte Botanik, und halt immer dem Hören nach. Ich treffe auf einen kleinen Bach, der über den ein oder anderen Felsblock, wenn auch nicht gerade fällt, aber doch munter herunter-purzelt. Herrlich. An Fliessgewässern sind zum Glück oft Wildpfade zu finden, und so schaffe ich es, vorsichtig im gerölligen Gelände dem Bach parallel nach unten zu folgen.

Ich treffe auf eine Lichtung und kann ab da wieder auf Wegen bis runter zur Landstraße gehen. Nun auf der andere Hangseite (südöstlich) hoch, durch die wenigen Häuser von Hundsbach, und vorbei an seiner netten Kirche aus Naturstein. Bei ihr auch ein Blick zurück zu den bisher durchquerten Berghängen. Südwestlich nun hinunter ins Tal der Biberach, die dem Biberkessel an der Hornisgrinde entspringt, in dem ich wenige Wochen zuvor erst war.

Jenseits vom Bach wieder hoch in den Wald und nun waldrandig in nordöstliche Richtung, an den Nordhängen von Diebaukopf (999 m) und Langeck (994 m). Auf der Karte sind hier ebenfalls zahlreiche namenlose Wasserläufe verzeichnet, zwei davon auch mit Wasserfall-Symbol. Aber schon bevor ich dorthin komme, sehe ich an kleinen Bächen erneut die oben beschriebenen Betonfassungen zur Wasserentnahme :-/ Und so habe ich am Ende des Tages keine Hoffnung mehr auf "tatsächliche" Wasserfälle. Was soll's, ich steig am nächsten geplanten weglosen Abstecher in einen Tobel und erkunde ihn mit wacher Kamera in gewohnter Unterholz-Manier. Erwartungsgemäss treffe ich in ihm auf keine Wasserfall-Sensationen, aber auf eine durchaus sympathische Abfolge von kleinen Kaskaden über bemooste Felsen. Versöhnlich gestimmt gehe ich wieder runter zum Weg und weiter östlich dann nochmals weglos in den Waldhang. Auch hier kein Wasserfall, sondern zwei normale Bachbette, eines davon trockengefallen. Also hoch bis zum nächsten Weg. Jezt wär' ich eigentlich im Forstweg-Zickzack wieder runter ins Tal gelaufen. Aber beim Überqueren eines weiteren Bachlaufs (weiter nordöstlich) rauscht es aus dem Tobel unterhalb nochmals verheißungsvoll herauf: na, das muss ich dann doch noch erkunden. Ein letzes Mal also durch blickdichtes Unterholz und Farn, auf moosigem Geröll und jenseits von Gut und Böse steil runter zum (wiederum namenlosen) Bächle. Und auch dieses schafft es, zu verzaubern: sympathisch plätschernd kullert der kleine Wasserlauf hier ebenfalls über moosverzierte Fels-Kaskaden. Die Abendsonne tut ein Übriges für die beschauliche Stimmung. Wildpfade führen mich hier wieder abwechselnd links und rechts am Wasser entlang bergab. Dieser Tobel hätte fast den schönen Abschluss für eine lange Wanderung mit so einigen Höhen und Tiefen gebildet. Jedoch ... über eine Jagdschneise und Forstwege muss ich noch die letzten ca 1,5 km hinab ins Hundsbach-Tal. Dabei werde ich begleitet vom Diesel-Dröhnen zweier Uralt-Traktoren, die auf den Wiesen am Hang das Heu wenden. Ein akustischer Maximalkontrast zum eben Erlebten.

Fazit: ein nicht verzeichneter Wasserfall, dafür fünf vermeintliche ... keine sooo tolle Bilanz. Aber Versuch macht kluch. Meine Befürchtung, dass es sich bei den Wasserfall-Symbolen um Irgendwas im Zusammenhang mit dem Speicherkraftwerk handeln würde, hat sich leider bestätigt. Letztendlich waren das nur Betonschächte zur Wasserentnahme aus Bachläufen. Aber es war ein abwechslungsreicher Tag und immerhin gab es auf der Tour auch eine schöne Blockhalde, dunkle Tobel sowie viele nette Bächle, die in dichter Vegetation ihre sympathische Plätscherarbeit verrichten.

Ein Wanderstecken ist im weglosen Terrain hilfreich, denn z.B. unter den Heidelbeeren liegen jede Menge verrottende Baumstämme, auf die man schnell mal schrä gtritt oder sie halt wegen erwähnter Heidelbeersträucher gar nicht erst sieht. Auf der Blockhalde ist Vorsicht mit den Spalten angesagt. Die Blöcke sind meist fest verkantet, trotzdem immer erst antreten. Aus beiden Gründen die Einstufung der Tour mit T3+.
Edit: bitte nicht komplett nachwandern, die weglsoen Abschnitte Am Nägeliskopf führen durch das Gebiet des Nationalparks Schwarzwald.


Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen

Tourengänger: Schubi


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Kommentare (3)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 3. Juli 2020 um 14:06
Ganz schöne Strecke!
Danke fürs Mitnehmen

Nyn hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. Juli 2020 um 15:22
Super Exkurs zu Blockhalden!

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. Juli 2020 um 17:03
Hallo Markus.
Gerne, und Danke für dein Feedback.
Schönen Gruß, Frank


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