Mohar-Tour für Großstädter


Publiziert von drdemmler , 30. April 2020 um 15:52.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Glocknergruppe
Tour Datum:15 Juni 2001
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Aufstieg: 550 m
Abstieg: 550 m
Strecke:8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Sagritz
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Sagritz
Kartennummer:Alpenvereinskarte Nr. 42

Wandermemoiren von einer Mohar-Tour am 15. Juni 2001
 
Wir sind mit unserem kleinen Auto von Sagritz her bis zum Gasthof „Glocknerblick“ hinaufgefahren. Dort beginnt mit einem kurzen steilen Aufstieg der markierte Pfad zum Mohar. Nach etwa 150 Höhenmetern kommen wir an eine alte steinerne Viehhütte, und wir machen eine kurze Pause. Der Aufstieg ist für uns ungeübte Großstädter recht anstrengend. Christines rechter Fuß ist noch nicht wieder in Ordnung und schmerzt, weshalb ich vorschlage, es dabei zu belassen. Aber meine Frau ist nicht zu bremsen, und so laufen wir weiter. Zwei Birkhühner fliegen kurz vor uns flach über die Felsen. Sicher haben sie in der Nähe ihr Nest. Es ist das erste Mal, dass wir diese Vögel in der Natur beobachten können. Nach etwa 400 Höhenmetern erreichen wir das Moharkreuz. Christine trägt uns in das Gipfelbuch ein. Vor uns hatte das ein Ehepaar aus Klagenfurt gemacht. Beide laufen schon ein ganzes Stück weiter oben. Hin und wieder bleiben sie kurz stehen und singen lautstark und voller Inbrunst erbauliche Lieder. Der gut markierte Weg geht nun in sanfter Steigung etwa einen Kilometer nach Nordosten, immer am Rande einer ganz steilen tiefen Abbruchkante, in deren Klüften Schnee liegt. Links sieht man tief unten das Mölltal mit Großkirchheim und dahinter im Norden ganz klar die noch leicht verschneiten hoch aufragenden Gipfel der Glocknergruppe. Rechts sind große abschüssige Almwiesen. Dort sehen wir ein paar Murmeltiere. In der Nähe fliegen vier Raben. Wir genießen die Sonne und machen im Sitzen ein kurzes Picknick.  Dann stapfen wir über die ersten vereinzelten Schneefelder. Bald gibt es bis hinauf zum Gipfel keine schneefreien Stellen mehr, und weil die Wegmarkierungen unter dem Schnee verborgen sind, laufen wir nun auf Sicht. Aber wir kommen besser voran als befürchtet, und dann sind wir auch schon am Gipfelkreuz. 2604 m.! Dort stehen ein paar junge Männer, die von der Nordseite heraufgekommen sind. Eine neunköpfige Gruppe ist schon auf dem Abstieg Richtung Glocknerblick. Wir genießen den herrlichen Ausblick auf die Berge und Täler rundum und lassen uns vor dem Gipfelkreuz fotografieren. Aber es ist ungemütlich kalt, und wir entschließen uns zum Abstieg nach Nordosten über das Göritzer Törl. Von dort kann man nach links oder nach rechts zu unserem Ausgangspunkt hinunterlaufen. Ich wollte eigentlich links herum über die Taxer Hochalm gehen, aber auf diesem Weg gibt es gleich zu Beginn ein paar sehr hohe Schneeverwehungen. Dort ist nur eine einzige Trittspur zu erkennen, und auch mit dem Fernglas kann ich nicht ausmachen, wie es weiter unten aussieht. Es ist zu riskant. Also folgen wir dem Wegweiser zum Sadnig-Haus nach rechts. Der gut begehbare markierte Weg führt uns über abschüssige Almwiesen. Darauf liegt teilweise noch der Schnee, unter dem Bächlein hervorrinnen. Dazwischen blüht es schon, unter anderem Trollblumen, Enziane und winzige Alpenglöckchen. In einem Schneetälchen leuchten hunderte ganz kleiner Krokusse in verschiedenen Farben. Ein Märchen! Zuletzt wird der Pfad recht steil, und für Christine wird es zunehmend grenzwertig. Endlich kommen wir an einen bequemen breiten Fahrweg, der uns nach rechts wieder zum Gasthaus „Glocknerblick“ führen wird.
An einer großen alten Kiefer am Wegrand sind nebeneinander zwei hölzerne Tafeln angebracht.  Darauf ist in Bild und Schrift die Legende von der Vogelpredigt des Heiligen Franz von Assisi dargestellt. Die rechte zeigt in schöner naiver Malerei eine Frühlingslandschaft mit dem Heiligen, wie er mit den Vögeln spricht. Auf der linken ist zu lesen
 
FRANZISKUS VON ASSISI:
MEINE BRÜDER VÖGEL! GAR SEHR
MÜSST IHR EUREN SCHÖPFER
LOBEN UND IHN STETS LIEBEN,
ER HAT EUCH EUER GEFIEDER UND
GEWAND, FITTICHE ZUM FLUG
UND WAS IMMER IHR NÖTIG HABT;
GEGEBEN. VORNEHM MACHTE
EUCH GOTTUNTER SEINEN
GESCHÖPFEN UND IN DER REINEN
LUFT BEREITET ER EURE WOHNUNG.
DENN WEDER SÄT NOCH ERNTEET IHR
UND DOCH SCHÜTZT UND LEITET ER
EUCH; OHNE DASS IHR EUCH UM
ETWAS KÜMMERN BRAUCHT.
 
Wenig später erreichen wir abgekämpft aber glücklich und zufrieden mit unserer Leistung das Gasthaus, wo wir uns eine schmackhafte und reichliche Pilzpfanne einverleiben.
 
Peter F. Müller, Berlin-Lichtenberg

Tourengänger: drdemmler



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