Špičák a Hněvín (Spitzberg und Landeswarte)


Publiziert von lainari , 11. Januar 2020 um 21:26.

Region: Welt » Tschechien » České středohoří
Tour Datum:29 Dezember 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 360 m
Abstieg: 360 m
Strecke:11,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug (ČD, GWTR, AŽD, DLB, RJ) nach Most
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 5 Krušné hory Chomutovsko a Mostecko

Bergwandern in urbanem Umfeld
 
Ein perfekter, auch in Böhmen nebelfreier Tag fordert mich förmlich zur Bekämpfung des weihnachtlichen Bewegungsmangels heraus. Ich fahre nach Most und parke bei der Dekanatskirche kostel Nanebevzetí Panny Marie (Mariä Himmelfahrt). Das Bauwerk wurde zwischen 1517-1550 erbaut. In den 1960er-Jahren zeichnete sich ab, dass es gemeinsam mit einem Großteil des Moster Stadtgebietes dem Kohleabbau weichen muss. Als Kulturdenkmal war jedoch eine Erhaltung der Kirche vorgesehen. Nach umfangreichen geologischen und technischen Erprobungen wurde dazu eine Verschiebung der gesamten Kirche um 841 m favorisiert. Die zwischen Sept.-Okt. 1975 durchgeführte Aktion ging damals mit einem Gewicht von 12.000 t als größter schienengebundener Transport eines Einzelobjektes ins Guinnessbuch ein.
 
Ich starte an der Kirche und laufe zur Straße vor. Dort halte ich mich in Richtung Braňany. Nach kurzer Zeit komme ich zum Fuß eines markanten Berges und biege nach rechts einen Pfad hinein. Dort durchquere ich ein Steinbruchgelände, das aus dem 16. Jh. vom Kirchenbau stammen soll. Deshalb bin ich geneigt, die vorgefundenen neuzeitlichen Gebäudereste einem militärischen Ursprung (ggf. Luftabwehrstellung) zuzuordnen. Ich gehe Richtung Osten und steige nach dem Ende des Steinbruchareals kurz weglos bergan. Ich treffe auf einen Pfad und arbeite mich auf diesem weiter hinauf. Ab und an gestatten Lichtungen und Felspartien einige Ausblicke in die Umgebung. So komme ich zum Gipfel des aus Phonolith bestehenden Špičák (Spitzberg). Die gelegentlich verwendete deutschsprachige Bezeichnung „Am spitzigen Berg“ dürfte eher ein Flurname der umgebenden Landschaft als eine Bergbezeichnung sein. Nach einer kurzen Frühstückspause steige ich auf dem bekannten Pfad ab und benutze einen Flurweg entlang des Weinberges nach Most - Rudolice (Rudelsdorf an der Biela).

Dahinter im Bereich des Bahnhofes Most muss ich auf die andere Seite der Gleise gelangen. Die vorhandene sichere Unterführung ist in dieser Laufrichtung mit einem Drehkreuz versperrt, das nur durch einen unbekannten Zugangsmechanismus entsperrt werden kann. Was nun? Ich beobachte eine Einheimische und folge ihr (alternativlos) vorbei an „Du sollst es nicht tun“-Schildern über zwei Außengleise bis zum ersten Bahnsteig und nehme dann den Fußgängertunnel ins Gebäude hinein. Auf der anderen Seite orientiere ich mich nach einer diagonalen rot-weißen Wanderwegmarkierung und laufe am Stadtrand entlang. Nach dem Aufstieg über eine Treppe verlasse ich den markierten Weg nach links und laufe über Anliegerstraßen bergwärts.

Später komme ich über ein Sträßchen von Westen auf den Berg Hněvín (Schlossberg/Landeswarte). Am Zugang liegen die von Steingewinnung beschädigten Reste eines Walls aus der Hallstattzeit. Darunter wurden Spuren der älteren Únětice- sowie der Knoviz-Kultur ausgegraben.

Auf dem Gipfel selbst ersetzte etwa ab dem 12. Jh. eine steinerne Burg die hölzernen Vorgängerbauten. Als Erbauer wird die Familie Hrabišic angesehen. Eine Zeit lang war die Burg später auch Meißnischer Besitz. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie von den Schweden eingenommen. Danach beantragen die Stadtbürger beim Landesherren den Abriss der Anlage um künftigen Belagerungen zu entgehen. Dem Begehren wurde zugestimmt, so dass die Burg zwischen 1651-1653 abgetragen wurde. Im 19. Jh. erfolgte ein schrittweiser Wiederaufbau als Ausflugsziel. Dabei wurde 1900 ein Aussichtsturm und 1905 ein Restaurant im gotischen Stil hinzugefügt. In den Jahren 1967-1970 und 2000-2001 wurden diese Installationen umfassend saniert. Beim Vergleich mit historischen Bildern und Stichen ist keine Ähnlichkeit zur alten Burg erkennbar, ich bezeichne so etwas gemeinhin als Disney-Burg.

Ich umrunde bei schönsten Wetterbedingungen das Burggelände außerhalb der Mauern. An der Nordwestecke befindet sich hier auch der offizielle TP, der mit 399 m eingemessen ist. Auf manchen Karten wird der Berg mit 408 m Höhe angegeben. Ich halte diese Höhe jedoch für einen künstlichen Gebäudefußpunkt im Burggelände, da auch die Turmspitzenhöhe vermessen und angegeben wurde. Auf Grund der Erreichbarkeit über ein schmales Sträßchen herrscht einiger Ausflugsverkehr am Berg. Ich lasse mich davon nicht stören und lege auf einer sonnig gelegenen Bank eine Mittagsrast ein. Zum Abstieg biege ich kurz unterhalb des Gipfels durch eine Lücke in der Leitplanke auf einen Pfad ein. Dieser führt zunächst zu einem den Burganlagen nachempfundenen Wasserhochbehälter hinunter. Dort wechsele ich die Richtung und folge einer inoffiziellen Markierung aus gelben Pfeilen. Schlussendlich lande ich wieder an der Treppe vom Hinweg. Ich gehe ins Stadtgebiet und passiere das Museum. Über eine Brücke überquere ich die Hauptstraße und über eine neue Straßenbrücke die Bahnlinie. Fußgänger sind hier nicht eingeplant, dass so etwas heutzutage genehmigungsfähig ist, verwundert ein wenig. Beim Teil über die Bahn klettere ich über die Leitplanke und nehme den schmalen Notweg. Die Brücke ist offiziell noch gar nicht freigegeben aber die Autofahrer haben die Absperrungen schon ungeduldig zur Seite gerückt. Drüben angekommen, unterquere ich die Brücke und gehe vorbei am Teich zurück zur Kirche Mariä Himmelfahrt.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h.
Die absolvierte Wegstrecke ist teilweise nicht als Wanderweg markiert und größtenteils mit T1 zu bewerten. Der Zugang zum Špičák sowie der Abstieg vom Hněvín sind abweichend als T2 einzuschätzen.

Tourengänger: lainari


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T2
6 Apr 18
Špičák - Am Spitzigen Berg · pika8x14

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