Von Rüegsau nach Affoltern mit «Alpin-Einlagen»


Publiziert von ABoehlen , 20. Dezember 2019 um 13:07.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Emmental
Tour Datum:19 Dezember 2019
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 660 m
Abstieg: 450 m
Strecke:Rüegsau – Hagsbachgraben – Egg – Neuegg – Bühlfeld – Ribilochbächli – Ross-Chnubel – Kirchbühl – Affoltern i.E., 19 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:BLS-Bus bis Rüegsau, Dorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:BLS-Bus bis Affoltern i.E. Dorf
Kartennummer:LK1147 Burgdorf, 1148 Sumiswald

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Hikr-Erstbesteigung des Ross-Chnubels durch Felix, ist es nun auf für mich soweit und ich stehe zum ersten Mal auf dem zweithöchsten Gipfel des Lueg-Gebiets. Bis dorthin ist es aber ein langer Weg, daher fangen wir vorne an:

Nur gerade 45 Minuten nach dem Verlassen der Wohnung, befinde ich mich bereits am Ausgangspunkt in Rüegsau (589 m). Die sehr guten Verbindungen von Postauto, BLS Bahn und -Bus unter der Woche machen es möglich! Trotz geringerer Höhe stelle ich fest, dass es deutlich kälter ist als zuhause und der Boden reifbedeckt. Aber natürlich ist die Mütze mit im Gepäck, somit ist das kein Problem. Vorbei an der Kirche erreiche ich den aus dem Hagsbachgraben strömenden Bach, der auf der Karte namenlos ist, aber in der Folge einfach als Hagsbach bezeichnet wird. Sogleich bin ich inmitten einer typischer Emmentaler Landschaft: Steile Hänge dominieren, teils waldbedeckt, teils grasig und vom Weidevieh terrassiert. Und überall sind Höfe eingestreut. Einen davon mit Namen Flühmatt passiere ich unterhalb, wobei der Weg mehrfach von Elektrozäunen abgesperrt ist, die sich aber öffnen lassen. Einem Waldsaum entlang steige ich anschliessend aufwärts, vorbei an der Hofgruppe Schmiedshueb und erreiche schliesslich beim Bohnenhüsli die offene Krete mit freiem Blick Richtung Alpen. Wie zu erwarten drückt dort der Föhn die Wolken von der Südseite her über den Hauptkamm, weshalb die meisten Gipfel unsichtbar bleiben.

Spielt keine Rolle, heute geht es um die kleinen Gipfel. Einer liegt gleich vor meiner Nase, eine markante Erhebung mit einem Baum auf der höchsten Spitze; sehr auffällig und schon von weither sichtbar. Daher diente die Anhöhe früher auch als Triangulationspunkt. Der Stein, ursprünglich mit der Höhe 786.8 kotiert, sieht fast aus wie neu und die Sicht über das Emmental ist von hier wirklich gut!

Da der Wind recht unangenehm bläst, gehe ich aber bald weiter; kurz dem Strässchen entlang und oberhalb des Hinteren Ellenbergs wieder in die Flanke des Hagsbachgrabens hinein. Ein Holzerweg zieht sich hier hangparallel durch den Wald, bis zu einem schmalen Grasstreifen, wo ich auf eine Wegspur stosse, die vom Unteren Eichenberg her kommt. Laut Karte geht sie weiter bis hinunter zum Hagsbach. Sieht spannend aus und ist es auch! Im Sommer wäre es im dichten Unterholz wohl schwierig voranzukommen, aber jetzt geht es recht gut. Allerdings verliere ich die Spur bald, auf dem Grat zwischen zwei Bachgräben ist die Orientierung jedoch nicht schwierig, dafür ist es da unten ordentlich steil! Wäre sicher spannend zu sehen, wo genau dieser Bach seinen Anfang nimmt, aber heute habe ich keine Lust auf durchnässte Schuhe; die Wasserschlacht im Gitzigraben vom Frühjahr ist noch bestens in Erinnerung! Was nicht heisst, das es heute trocken zu und her geht, denn gerade das Weidegelände nördlich des Baches ist sehr sumpfig und erdig. Daher ist es eine Wohltat, als ich das Fahrsträsschen zwischen den Höfen Hagsbach 1 und 2 erreiche (680 m).

Nun folgt eine reizvolle Passage durch den Nordhang dieses schönen Grabens, vorbei am Hof Simmenberg, wo gerade die Sonne aufgeht. Weiter stetig bergan erreiche ich Reckenberg und noch steiler geht es durch den Eichwald hinauf zur Egg. Ein kleiner Abstecher führt mich zum höchsten Punkt (832 m), wo seit 2012 eine detaillierte Panoramatafel die umfassende Aussicht erläutert.

Nach diesem teils ruppigen Auf und Ab folgt nun ein entspannender Teil. Geradewegs über die sehr breite, teils fast flache Anhöhe bei mehr oder weniger gleichbleibender Höhe (ca. 790 – 820 m) wandere ich nordwärts, immer wieder kleinere und grössere Einzelhöfe passierend. In Bühlfeld, etwa einen Kilometer vor Affoltern, verlasse ich diese Strecke und gelange westwärts auf einen Hügelrücken mit schönem Blick über den Lochgraben. An der höchsten Stelle (832 m) bildet eine Ruhebank und eine Feuerstelle einen einladenden Rastplatz, den ich schon als Kind mit den Eltern geniessen konnte. Es folgt ein steiler und «erdiger» Abstieg und auf einem Weg, der besser begehbar ist, als es den Anschein hat, tauche ich in Richtung des Ribilochbächli ab. Gegenüber erblicke ich nun den Ross-Chnubel, das heutige Gipfelziel. Dazwischen liegt aber dieser Wasserlauf, der im hintersten Teil durch einen engen Waldgraben fliesst. Auf einer undeutlichen Spur und zuletzt durchs Geäst erreiche ich ihn und mit einem beherzten Sprung geht es auf die andere Seite. Ganz in der Nähe gibt es dort einen reizvollen Platz mit Teichen und einem Wochenendhäuschen mit Cheminée; an heissen Sommertagen sicherlich ein kleines Paradies, heute aber verlassen.

Ich wandere nun talaufwärts, wobei so eine Art Wegspur vorhanden ist, die sich irgendwann verliert. Der weitere Aufstieg hat nun weglos zu erfolgen, was mit einigen Schwierigkeiten einher geht, da das Gelände dort äussert steil und darüber hinaus feucht und rutschig ist. Über einen schmalen Grassteifen folgt der weiterhin steile Anstieg auf das Tanneflüeli, wie dieser südliche Teil des Ross-Chnubel bezeichnet wird. Oben ist es dann wieder flach und entlang des Waldrandes sowie zuletzt durch Dornengestrüpp erreiche ich den verborgenen Gipfel (865 m). Jetzt, wo das Grünzeugs alles am Boden liegt, geht das ganz passabel, aber in der warmen Jahreszeit wäre hier sicherlich kein Durchkommen.

Aussicht gibt's natürlich keine, daher ziehe ich weiter und über die ebenfalls mit Unterholz überwucherte Nordwestflanke gelange ich zum Scheibenstand der Schiessanlage Affoltern i.E. Auf einem Weg, den die aktuelle Karte nicht mehr zeigt, der aber gut begehbar ist, geht es weiter nach Tannen und auf dem Strässchen, wo gerade die Post ausgeliefert wird, zur Hofgruppe Kirchbühl.

Nach Affoltern wäre es von hier aus nur einen Katzensprung, aber mich interessiert dieses dünne Felsband im Abhang des Plateaus der Chilchbüelweid, welches die Karte seit jeher zeigt. Tatsächlich handelt es sich um eine recht bemerkenswerte Felswand, mehrheitlich aus Nagelfluh mit einem Streifen Sandstein im unteren Teil. Dort wurde einst sogar ein bescheidener Abbau betrieben, die Spuren sind noch gut zu sehen. Für mich gibt das noch ein interessantes Kraxel-Finale und um die westliche Begrenzung herum erreiche ich das Plateau (ehemals Pt. 822.1). Hinunter geht's durch den Schwandwald zur Hauptstrasse und gleich gegenüber wieder hinauf zum Wanderweg, der von der Lueg herkommt. So schreite ich nochmals über eine aussichtsreiche Höhe und schliesslich hinunter nach Affoltern i.E. wo ich in der gemütlichen und um diese Zeit nicht überfüllten Gaststube der Schaukäserei ein leckeres Dessert geniesse. Eine sehr abwechslungsreiche und recht anspruchsvolle Tour geht so zu Ende, wohl die letzte in diesem Jahr.

Tourengänger: ABoehlen


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Kommentare (3)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 20. Dezember 2019 um 14:11
Danke Adrian - für den interessanten Bericht aus den Högern unserer erweiterten Umgebung.

lg Felix

ABoehlen hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Dezember 2019 um 10:10
Gerne geschehen! Auch für mich ist das ja die erweiterte Umgebung. Und diese bietet noch manch Interessantes und viel Schönes!

Alles Gute und viele schöne Touren im neuen Jahr wünscht dir
Adrian

Felix hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. Dezember 2019 um 16:56
genau!

und auch dir ein glückliches, gefreutes, Tourenjahr 2020!

lg Felix


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