Hradišťany, Ostrý, Houžetín, Kotolský vrch (Radelstein Berg, Rothaugezder Wostrey und Kottolen Berg)


Publiziert von lainari , 7. Dezember 2019 um 17:37.

Region: Welt » Tschechien » České středohoří
Tour Datum:30 November 2019
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 460 m
Abstieg: 460 m
Strecke:13,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis hájovna Baková
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 10 České středohoří západ

Erkundungen im Böhmischen Mittelgebirge
 
Die Digitalisierung schreitet auch im Böhmischen Mittelgebirge voran. Heute setze ich dazu vier Berge von Hikr 0 auf Hikr 1 (Tourenbericht). Am Vorabend hatte es bei Temperaturen im leichten Frostbereich einen ersten Schneehauch gegeben. So begebe ich mich am frühen Morgen vorsichtig ins Zielgebiet. Auf den Nebenstrecken bin ich jeweils erst Zweit- oder Drittbefahrer. Als Startpunkt habe ich die alte hájovna Baková (Forsthaus Bakowa) ausgewählt. Der Flurname hängt unmittelbar mit dem auf der letzten Tour besuchten Berg Pákova hora (Pakowa Berg) zusammen. Warum der Konsonant auf dem Weg ins Tal an Härte verlor und das lange „a“ ans Wortende wanderte, lässt sich wahrscheinlich mit einer sprachlichen Verschleifung erklären. Ich starte zunächst entlang der Straße in nördliche Richtung. Hier ist ein gelb markierter Wanderweg ausgewiesen. Dann biege ich nach links auf einen Waldweg ab und wechsele im Verlauf auf eine rote Wegmarkierung. Der leicht schneebedeckte Waldweg ist an einigen Stellen noch nicht durchgefroren und hat dadurch eine schmierige Konsistenz. In weiten Schleifen zieht der Weg moderat bergan. Weiter oben ist der Untergrund gefroren und gut begehbar. Ein Stichweg bringt mich zum Gipfel des zweithöchsten Böhmischen Mittelgebirgers, dem Hradišťany (Radelstein Berg). Schon an den Namen lässt sich das Vorhandensein eines alten Burgplatzes erkennen. Der weitläufige, abgeflachte, aus Nephelinit und Trachyt bestehende Gipfel wird von einem bis 2 m hohen Steinwall vollständig umschlossen, ein weiterer meist nur noch 50 cm hoher Wall vergrößert das dadurch abgegrenzte Areal halbkreisförmig nach Nordwesten. Der umschlossene Raum soll etwa 8 ha betragen. Angelegt wurden die Bauwerke in der Spätbronzezeit zwischen 1200-1000 v. Chr. von der Knovízská kultura (Knovizer Kultur). Da keine Spuren einer dauerhaften Besiedlung gefunden wurden, wird das Bauwerk vermutlich als Kultstätte gedient haben. Die umschlossenen Flächen werden dabei als innere und äußere Welt gedeutet. Der vom hohen Wall umschlossene Raum bildet das Naturschutzgebiet Hradišťanská louka (Radelsteinwiese). Da der Berg ansonsten ringsherum bewaldet ist, ergeben sich keine Ausblicksmöglichkeiten. Bei meinem Aufenthalt schrammen immer wieder die Unterkanten von Wolken über den Berg, die Lichtstimmung wechselt dadurch minütlich. Ich reiße mich los und gehe schließlich zum Abzweig zurück.
 
Nun folge ich weiter dem rot markierten Wanderweg. Kurz hinter dem Wegweiser Kozí hřbet (Ziegenrücken) biege ich an einer umzäunten Schonung nach rechts ab und gehe auf einem unmarkierten Forstweg weiter. Im Verlauf wird links einen Anhöhe sichtbar. Ich gehe bis zu einer weiteren umzäunten Schonung. Als ich links zum Umlaufen des Hindernisses ansetze, startet dahinter ein Rudel Damwild zur Flucht. Unter den Tieren befinden sich zwei weiße Hirschkühe. Über licht eichenbestocktes Blockgelände erklimme ich den Basaltgipfel des Ostrý/Ostrý u Červeného Újezda (Rothaugezder Wostrey/Rotaujezder Wostrai/Wostrei/Wostrej/Wostray/Wostrey/Wostry). Der Berg ist bewaldet und bietet keine Aussicht. Nach einer kleinen Pause steige ich nach Südosten vom Berg ab. Der Abstieg ist etwas heikel, da die dünne Schneeschicht unter der Sonneneinstrahlung antaut. Basalt und Schneematsch bzw. Nässe vertragen sich nicht so gut. Unterdessen finde ich an der Flanke noch ein interessantes Blockfeld. Auf den unterhalb kreuzenden Flurweg biege ich nach rechts auf. An den nächsten Abzweigmöglichkeiten halte ich mich zweimal links und komme zur Straße. Nach kurzer Zeit biegt der aus der Gegenrichtung kommende rote Wanderweg nach rechts in den Wald hinein. Hier finden Forstarbeiten statt, der Weg ist aufgewühlt und schlammig. Ein mir entgegenkommender Forwarder schleppt mit brüllendem Motor einen Stamm Langholz der nicht in den Transportkorb passt hinter sich her. Der Fahrer scheint mich am Wegrand nicht wahrzunehmen. Der Stamm fällt beim schrägen Schleppen mehrfach aus dem Greifer heraus zu Boden. Mir wird das Warten am Wegrand zu gefährlich und ich weiche in den Wald aus und passiere das Fahrzeug in sicherer Distanz. Der Fahrer hat mich offenbar doch (über eine Kamera) gesehen und bedankt sich mit einem freundlichen Gruß.
 
Wieder auf dem Weg laufend, komme ich auf einem Höhenrücken zum unscheinbaren Berg Houžetín. Hier suche ich zunächst rechts des Weges die Markierungsstange und den TP auf. Jenseits des Weges an einem talwärts herausragenden Sporn wird es nun interessant. Auf der topografischen Karte hatte ich dort bei der Vorbereitung einen „Reißverschluss“, sprich einen Graben/Einschnitt bemerkt. Sofort dachte ich angesichts der Lage an eine Burg oder einen möglichen Bergbauversuch - Grund genug, nun genauer hinzuschauen. Die Inaugenscheinnahme weist das künstlich geschaffene Objekt unzweifelhaft als Halsgraben aus. Auf dem so abgeteilten Sporn stand somit einst ein Festes Haus oder eine kleine Burg. An der nordöstlichen Spitze ist eine Gebäudegrundfläche erkennbar. Laut Karte gehört der Grund durch eine zipfelartige Erweiterung zur Flur von Šepetely (Schöppenthal). Da keine online zugängliche Quelle hier eine Burg/ein Festes Haus ausweist, werde ich bei Lust und Laune und entsprechender Zeit mal die Besitzverhältnisse der Region nach auffälligen Namen eines örtlichen niederen Adels durchforsten. Über eine vom Sporn künstlich durch einen Wallgraben abgestochene Gratrippe steige ich nun hinunter ins Tal des Žejdlík/Granátka/Kuzovský potok (Granaten Bach/Kusower Bach). Der Talboden ist vielfach von Menschenhand umgegraben worden. Der Boden besteht hier aus Sediment, welches in dieser Region als Sekundärlagerstätte für Böhmischen Granat (Pyrop) in Betracht kommt. Somit wird es sich wahrscheinlich um historische Granat-Schürfen handeln.
 
Über einen Waldweg arbeite ich mich hinauf ins Örtchen Dřevce (Drefze/Drzewce). Der tschechische Wortstamm des Ortsnamens beinhaltet dřevo = Holz. Somit könnte es sich um eine Verkleinerungs-/Verniedlichungsform, einen Diminutiv davon handeln. Der Ort war beinahe schon einmal entvölkert und hat die historische Bausubstanz verloren. Die heutige Bebauung besteht mehrheitlich aus Wochenendgrundstücken. Es gibt nur eine geringe Zahl dauerhafter Einwohner. An der Oberkante des Ortes biege ich nach rechts auf einen Waldweg ab und verlasse das Siedlungsgebiet. Später trifft der Weg auf eine Offenfläche. Ich halte mich links und laufe über einen Wiesenzipfel leicht bergan. Im Wald komme ich schließlich weglos zum relativ flachen Gipfel des Kotolský vrch (Kottolen Berg/Gottolen Berg). Die unbedeutende Basaltkuppe hat keinen TP und keine Markierungsstange. Ich gehe ein Stück in der vormaligen Zugangsrichtung zurück und halte mich dann weglos im Wald Richtung Nordosten. Offenbar habe ich alles richtig gemacht und stoße auf einen Waldweg der geradewegs zur hájovna Baková zurückführt. Herrlich besonnt, lege ich hier zufrieden mit der Nutzung des Tages am Auto meine Mittagsrast ein.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 3 h 30 min.
Die absolvierte Wegstrecke ist teilweise nicht als Wanderweg markiert und größtenteils mit T1 zu bewerten. Die weglosen, unmarkierten Zugänge/Passagen am Ostrý, Houžetín (Abstieg ins Tal) und Kotolský vrch sind abweichend als T3 einzuschätzen.

Tourengänger: lainari


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