Mittlerer Torstein über den Alten Weg


Publiziert von rele , 6. November 2019 um 20:04.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum:17 Oktober 2019
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 

Die Torsteine in der Sächsischen Schweiz bilden von allen Seiten eine eindrucksvolle Mauer aus steilen Türmen. Auch aus der Nähe, von der Schrammsteinaussicht, gebärden sie sich eher unzähmbar... und doch bietet sich nicht nur dem Kletterer, sondern auch dem (etwas Kraxeln nicht scheuenden) Wanderer die Möglichkeit, dem Mittleren Torstein über den Alten Weg direkt aufs Haupt zu steigen!

Startpunkt meiner Beschreibung ist der Frühstücksplatz, dessen Erreichen bereits eine kleine, durchaus lohnenswerte Tour für sich darstellt -- auf jeden Fall eine gute Ausweichmöglichkeit zur touristenbeladenen Schrammsteinaussicht. Die Tour zum Frühstücksplatz ist u.a. auf Hikr auch schon beschrieben, sodass ich sie hier auslasse. Vom Frühstücksplatz nördlich erhebt sich die Wand des Mittleren Torstein, durch die sich ein rundartiger, kaum ausgeprägte Griffe und Tritte bietender Riss nach oben zieht. Ich entledige mich kurzentschlossen meiner Wanderschuhe und gehe lieber barfuß, in alter sächsischer Klettertradition -- das stärkt das Gefühl für die hier dringend nötige Reibung! In den Riss steigt man am leichtesten etwas von rechts hineinquerend. Wir folgen ihm wenige Meter auf-, dann einwärts. Hier findet sich ein Klemmblock, auf den man unschwer von hinten gelangt, nachdem man sich etwas mühsam unter ihm hindurchgearbeitet hat. Nun nicht dem Kamin geradeaus nach Norden folgen, sondern rechterhand (östlich) auf einen weiteren Klemmblock und von dort in einen durch seitliche Leisten gut gangbaren Spreizkamin. Am Ende des kurzen Kamins wird auf der rechten Seite wieder der Tiefblick zum Frühstücksplatz frei. Nun weiter geradeaus an der Wand entlang und eine Stufe mit markanter Holzwurzel hinauf. Direkt über der Holzwurzel steigen wir im Anstieg etwas hakelig (T5+) links in die glatte Rinne darüber ein und in ihr hinauf auf den nächsten Felssims. Leichter scheint mir allerdings die Variante, die wir im Abstieg nahmen: Dafür quert man hinter der Wurzel auf dem Absatz, an einer Birke vorbei, noch einige Meter geradeaus und nimmt erst die folgende Rinne links hinauf auf den Sims. Von hier nun weiter in nördlicher Richtung über einige kleine Aufschwünge auf den Vorgipfel (je nach Gusto mehrere Varianten möglich). Vom Vorgipfel noch einmal wenige Meter etwas delikat (II) hinab in die Scharte zwischen Vor- und Hauptgipfel. Von dort endlich leicht (I) auf den Gipfel des Mittleren Torstein, mit Gipfelbuch und grandioser Rundumsicht nicht nur in die Schrammsteine, sondern die gesamte Sächsische Schweiz!

Der Abstieg erfolgt auf dem Anstiegsweg (mit Ausnahme der kleinen Variante zur Wurzel).

Fazit: Eine grandiose Tour auch schon bis zum Frühstücksplatz. Der Mittlere Torstein dann nochmal ne Schippe drauf, auch was die Schwierigkeit betrifft. Da es sich beim Alten Weg um eine Kletterroute im Nationalpark handelt, ist das Begehen bei Nässe untersagt. Unabhängig davon gilt auch für die eigene Sicherheit: Reibungskletterei, also nur bei trockenem Wetter und mit geeignetem Schuhwerk, bzw. barfuß ;)

Bemerkung zur Schwierigkeit: In der Kletterliteratur ist der Alte Weg mit I (Sächsische Kletterskala) angegeben. Theoretisch würde das wohl in UIAA I übersetzt -- doch scheint mir der Handeinsatz auf dieser Route an mehreren Stellen intensiver als nur "zur Unterstützung des Gleichgewichts". Der Weg erschien uns sogar schwieriger als der zwei Tage zuvor begangene Alte Weg auf den Rauschenstein (neuerdings mit II bewertet). Ich setze mich daher über traditionelle Richtlinien hinweg und bewerte diese Tour mit UIAA II. Bleibt die Frage: Gibt es evtl. einige Sachsen-Einser, die UIAA II sind (obwohl eine Sachsen-VI doch nur = UIAA V ist)? Oder ist das wie mit manchen alten UIAA-Einsern in den Alpen, die heutzutage doch eher mit II bewertet würden? Oder habe ich die Schwierigkeiten hier falsch eingeschätzt -- vielleicht ja eher Richtung T6 anstatt UIAA II? Die zukünftigen Hikr dieser Route (oder auch erfahrene Sachsen-Kletterer) mögen mit ihrer Einschätzung bitte Licht ins Dunkel bringen ;)

Tourengänger: rele


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Kommentare (16)


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Bergmax hat gesagt: Eine coole Tour...
Gesendet am 6. November 2019 um 21:12
...habt Ihr da unternommen und gute Fotos von der Kletterei gemacht! Zufällig bin ich auch gerade dabei, einen Tourenbericht aus der Sächsischen Schweiz zu schreiben. Ich bin durch die Taubenschlucht auf den Pfaffenstein und habe oben noch die Haselmaus mitgenommen - ein typischer Kamin-Einser...

Am Mittleren Torstein bin ich vor Jahren an einem elendig kalten Tag mal gesackt. Werde den aber sicher nochmal versuchen.

Zu den Schwierigkeitsbewertungen

Eure Wahl T5+ / II erscheint mir sinnvoll.
Ich kenne eigentlich nur wenige Sachsen-Ier, die als UIAA I durchgehen (z. B. Narrenkappe AW, Dastellochturm Laufe). Andere Sachsen-Ier müsste man eher mit UIAA IV übersetzen (diverse im Bielatal wie etwa den Waldturm, aber auch die hohen Kamine in den Gansfelsen). Vom Gesamteindruck her kommt auch ein T5 oder T6 für viele leichte Sandstein-Kletterwege ganz gut hin.
Interessant wird es, wenn ein Hikr mal einen "Sprung" wagt und dazu einen Bericht schreiben will - dann wird es Zeit, die Sprungskala zu importieren...

Viele Grüße

Max

rele hat gesagt: RE:Eine coole Tour...
Gesendet am 6. November 2019 um 23:36
Haha, die Sprungskala! Wusste gar nicht, dass die Sachsen dafür sogar ne eigene Skala haben... sicher importierenswert :)

Vielen Dank für den Kommentar, das gibt doch einigen Aufschluss! Wundere mich nur, ab welchem Schwierigkeitsgrad die Sachsenskala UIAA dann wieder überholt. Der Vergleich beider Skalen auf Wikipedia scheint ja so offenbar nicht ganz hinzuhauen.

Freue mich schon sehr auf Deinen Bericht zur Taubenschlucht, die steht bei mir auch noch auf der Tourenliste... und die Haselmaus (toll, diese Namen!) ist mir ganz neu, umso spannender!

Viel Spaß nächstes Mal am M. T., bei warmem Wetter klappt's bestimmt! Und da gibt's ja durchaus auch noch andere spannende Projekte rund um dieses schöne Fleckchen Erde, den Hohen Torstein z.B... oder die Schwedenhütte, die wir an jenem Tag vergeblich gesucht haben (scheint sich ja irgendwo auf der Ostseite zu verstecken?). Ich möcht auf jeden Fall auch gerne noch mal hin :)

LG, rele

Sarmiento hat gesagt: Die Wurzel
Gesendet am 6. November 2019 um 23:46
allen "Übels" im Aufstieg war bei mir tatsächlich - die Wurzel. Um das Ding herumzukommen war meine persönliche Schlüsselstelle. Mal vom ersten Klemmblock abgesehen, sich diese kurze Höhle hochzustemmen. Ich hab mich im weiteren Weg allerdings in den steileren Rinnen direkt in Falllinie der Wurzel bzw. sogar leicht links davon gehalten - da gibt's eine schöne links-rechts-links-Querung auf den Vorgipfel.

Alles in allem eine schöne Tour, und eine sehr schöne Beschreibung samt Bilder - gerne mehr davon!

rele hat gesagt: RE: Die Wurzel
Gesendet am 7. November 2019 um 00:15
Ah, meinst Du den Übertritt von der Wurzel in die Rinne darüber? Das war genau, was auch uns am meisten Probleme bereitete! Und das Drumrum-Wuchten um den ersten Klemmblock würde ich ebenfalls als zweitschwerste Stelle einordnen, vielleicht zusammen mit dem Abstieg vom Vorgipfel in die Scharte.

Danke schön fürs Kompliment, sind grad noch zwei Elbsandstein-Touren in der Pipeline :)

Sarmiento hat gesagt: RE: Die Wurzel
Gesendet am 7. November 2019 um 10:57
Genau den Übertritt meinte ich. ;-) Es wäre an der Stelle so schon schwierig, die sich verengende / endende Rinne hochzustmmen - aber die Wurzel liegt ja wirklich genau dort, wo man sich noch am ehesten hochstemmen könnte. Und wenn man sie nicht als Tritt / Griff mitnimmt, wär's auch gefühlt unmöglich an der Stelle hochzukommen. :-D

Ich bin schon sehr gespannt, was du da noch alles auf Lager hast! Bist du demnach häufiger im Elbsandstein für Touren dieser Art unterwegs?

rele hat gesagt: RE: Die Wurzel
Gesendet am 7. November 2019 um 14:10
Ja, das war schon tricky, zumal auch etwas ausgesetzt. Daher meine Empfehlung: besser erst in die nächste Rinne hinter der Wurzel einsteigen!

Bin auf jeden Fall ein Fan der Region geworden und würde dort sehr gerne noch mehr "wanderbare" Steige erkunden! Bislang kenne ich von den Kraxelgipfeln nur noch den Bärenstein (Angelasteig), Rauschenstein und Gr. Lorenzstein aus eigener Erfahrung. Bergmax hat ja hier einige schöne Touren beschrieben, die ich auch gerne noch machen möchte. Der Müllerstein wurde mir auch als wanderbar empfohlen... für weitere Tipps allzeit dankbar ;)

Bergmax hat gesagt: Bericht und andere Kraxeleien
Gesendet am 9. November 2019 um 20:53
Der versprochene Bereicht ist fertig:

https://www.hikr.org/tour/post148492.html

Ich habe im Elbsandsteingebirge bisher so ca. 25 - 30 Gipfel erkraxelt (alle ohne Seil). Von einigen der Kletterwege existieren auch Fotos. Falls Interesse besteht, könnte ich gelegentlich mal einen Sammelbericht dazu schreiben...

Wenn man den Kommentaren auf teufelsturm.de Glauben schenken darf, ist der Müllerstein AW wohl nicht so ohne!

Viele Grüße

Max

rele hat gesagt: RE:Bericht und andere Kraxeleien
Gesendet am 10. November 2019 um 17:15
Super, hab ihn grad gelesen! Und ja, ich fände so einen Sammelbericht auf jeden Fall sehr anregend :) Vielleicht ja auch manch anderer...
Bzgl. Müllerstein: Hmm stimmt, ist ja offenbar auch schon zur II aufgewertet worden -- das alte Thema! Müsste man wohl mal selbst ausprobieren ;)
LG, rele

Sarmiento hat gesagt: RE:Bericht und andere Kraxeleien
Gesendet am 12. November 2019 um 11:19
Ich hab letzten Herbst von oben in den AW am Müllerstein reingeschaut, nachdem wir auf der gegenüberliegenden Seite den Nordweg / Nordriss (V) hochgeklettert waren. Der obere Teil sieht in der Tat etwas "doofer" aus - von unten kann man den Weg ja nur bis auf den Absatz einsehen. Man hat oben einen einigermaßen breiten Kamin (irgendwas zwischen Hake-Spitze und Stützen), allerdings aus meiner Sicht mit viel Luft unterm Allerwertesten. Nicht weit weg von dort fällt mir allerdings der AW des Sauriers ein: Zwar eine III, aber nicht allzu lange und auch nicht ausgesetzt, geht extrem gut auf Reibung und hat dazu fast immer noch etwas zum Greifen parar - also bestens solo auf- und wieder abkletterbar.

rele hat gesagt: RE:Bericht und andere Kraxeleien
Gesendet am 12. November 2019 um 20:11
Ach, das ist ja interessant... der AW auf den Saurier ist in meinem Kletterführer (recht alt, von 1991) sogar noch mit ner I angegeben. Vielen Dank für den Tipp, werd ich mir auf jeden Fall mal anschauen! Und wenn ich schon mal da bin, vielleicht ja doch noch einen Blick zum Müllerstein riskieren ;)

Sarmiento hat gesagt: RE: Die Wurzel
Gesendet am 7. November 2019 um 13:01
Übrigens bezüglich deiner Frage zu Sächsischer / UIAA Skala: Das fällt mir prinzipiell nahezu jedes Mal auf, wenn ich im Elbsandstein klettere und dann irgendwann wieder in den Alpen bin - in Sachsen ist im unteren Niveau (bis ca V) nahezu alles leichter bewertet als in den Alpen oder als in Sportklettergebieten. Ich hatte schon viele sächsische IIer und IIIer, die ich selbst eher Richtung IV bis V UIAA eingestuft hätte. Das hängt natürlich auch mit der völlig anderen Art des Sächsischen Kletterns zusammen - so sonst gibt es einen derart hohen Anteil am Reibung, Rissen und Kaminen?

rele hat gesagt: RE: Die Wurzel
Gesendet am 7. November 2019 um 13:55
Ok, vielen Dank auch für Deine Einschätzung! Dann weiß ich ja nun ungefähr, worauf ich mich einzustellen habe :)

Stefan_F hat gesagt: Schwierigkeiten
Gesendet am 8. November 2019 um 15:05
ich habe das Glück die Sächsische Schweiz mein heimatgebirge nennen zu dürfen. Daher erlaube ich mir einige Bemerkungen zu den Schwierigkeiten. Die UIAA umfasst die reine Kletterschwierigkeit, in Sachsen bewertet man aber auch Dinge, die ich mal unter "Eindrücklichkeit" beschreiben möchte. Dieser Einfluss kommt oft unbewusst zustande, aber wer in Sachsen klettert weiß warum das so ist. Daher würde ich die sächsische Skala nur bedingt mit der UIAA vergleichen. In der UIAA ist man bis III meist nicht wirklich kletternd unterwegs. In Sachsen, das beschreibt ihr je treffend, kann II schon ein eindrückliches Erlebnis sein. Der hier beschriebene Weg ist aber schon ein ganz normaler IIer. Da gibt es in dem Grat ganz andere Herausforderungen.

rele hat gesagt: RE:Schwierigkeiten
Gesendet am 8. November 2019 um 21:06
Dank Dir Stefan für Deine Einschätzung als Local! Hab ich Dich richtig verstanden, dass der "normale IIer" sich auf UIAA bezog? D.h. ein normaler UIAA-Zweier kann ein normaler Sachsen-Einser sein, wenn die "Eindrücklichkeit" passt, z.B. die Ausgesetztheit nur moderat ist... interessant, denn Absturzgelände ist es dort allemal! Meinem Eindruck nach haben die Sachsen generell, was das Gefühl für Risiko betrifft, doch noch irgendwo ein spezielles Hazardeur-Gen eingebaut ;)

Stefan_F hat gesagt: RE:Schwierigkeiten
Gesendet am 9. November 2019 um 13:38
Nein, ich meine der von dir begangene Weg ist eine normale sächsiche II nach der hiesigen Skala.
Ich möchte mich aber ausdrücklich dagegen verwehren, dass die sächsischen Bergsteiger ein "spezielles Hazardeur-Gen eingebaut" haben. Die Herangehensweise ist hier einfach eine andere. Wenn man sich den Weg zutraut, steigt man ein. Das schließt ganz klar auch die psychische Komponente mit ein. Klettern ist hier auch zu einem großen Teil Sport im Kopf. Wenn man sich unsicher ist, sollte man eher Verzicht üben (und dabei erkennen, dass das gar nichts Schlimmes ist). Der Zeitpunkt wird kommen an dem alles zusammen passt und man die Kletterei zu einem schönen Erlebnis machen kann.


rele hat gesagt: RE:Schwierigkeiten
Gesendet am 9. November 2019 um 17:55
Hmm, also in meinem Kletterführer und bei allen anderen Quellen, die ich bisher dazu fand (z.B. www.teufelsturm.de) ist er nur mit ner I angegeben. Daher ja die ganze Diskussion...
Aber nichts für ungut, habe allergrößten Respekt vor dem, was die Sachsenkletterer geleistet haben und auch heute noch leisten!


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