Laritschchopf (2498 m) - Hangsackgrat (2634 m): Einsame Gratüberschreitung im Weisstannental


Publiziert von marmotta , 6. Juli 2009 um 01:07.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 5 Juli 2009
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:Weisstannen - Alp Vordersäss - Tschoggen - Laritschchopf - Hangsackgrat - Chüetal - Malanser Alp - St. Martin/Gigerwaldstausee
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Weisstannen, Oberdorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Gigerwald, Restaurant Letztes Postauto in Richtung Bad Ragaz um 16.28 Uhr. Von St. Martin bis Gigerwald entweder zu Fuss (ca. 1 h) oder per Anhalter
Kartennummer:LK 1175 Vättis (1:25.000)

Der Hangsackgrat (2634 m) ist der höchste Gipfel des Gebirgskamms, welcher das Weisstannental mit dem Calfeisental verbindet. Eine Überschreitung des gesamten Grats von Weisstannen über den Laritschchopf (2498 m) stand schon lange auf meiner Wunschliste, zählen die vom schiefrigen Sardona-Flysch geprägten Berge im Süden des Kantons St. Gallen doch eher zu den einsameren Gegenden obwohl sie eindrückliche Aussichten auf das Ringelspitz-Massiv und Piz Sardona versprechen.

Start in Weisstannen um 09.00 Uhr bei wolkenlosem Himmel - hoffentlich liessen die prognostizierten Quellwolken und die daraus entstehenden Gewitter wenigstens bis zum Nachmittag auf sich warten!

Weisstannen - Alp Vordersäss via Waldeggli (T4)

Von Weisstannen gibt es 2 Wege, die zur Alp Vordersäss (1769 m) führen, von wo dann der Aufstieg auf den Laritschchopf weglos erfolgt: ein markierter und ausgeschilderter Weg führt über das Rappenloch ins Unterlavtina zur Sässli-Hütte. Von dort führt ein steiler, markierter Pfad zum "Horn" und von dort ohne Markierung zur Alp Vordersäss. Direkter, jedoch auch steiler und anspruchsvoller ist die Route über das Waldeggli. Von der Fahrstrasse entlang des Gufelbachs biegt nach ca. 600 m eine Naturstrasse nach rechts ab, dieser folgt man bis ein schmaler Pfad linkerhand steil den Wald hinaufführt (Hinweisschild "Eggliweg"). Angesichts der angekündigten Gewitter am Nachmittag wollte ich möglichst schnell aufsteigen und wählte daher die steilere Variante, allerdings wusste ich auch nicht, was mich da erwartete...

Nach den heftigen Niederschlägen der vergangenen Nacht war der schmale Pfad, der vor allem im unteren Bereich des "Waldegglis" extrem steil und kaum sichtbar den Wald hinaufführt, unangenehm schmierig und an einigen Stellen, an denen steile Tobel gequert werden müssen, ziemlich heikel, insbesondere an den Stellen, wo der Pfad abgebrochen und nicht mehr vorhanden ist. Wären nicht die vielen gelben Markierungen an Bäumen und auf Steinen, hätte man als Ortsunkundiger keine Chance, die richtige Route durch den steilen Wald und die Tobel zu finden. Aber auch so stellt die Route zur Alp Vordersäss einige Ansprüche an den Orientierungssinn. Ich bewerte den Weg mit T4, obwohl er mir an einzelnen Stellen aufgrund der Nässe und des schmierigen Untergrunds schwieriger vorkam. Zeitbedarf ab Weisstannen ca. 1,5 h.

Alp Vordersäss - Laritschchopf (T5)

Blickt man von der Alp Vordersäss hinauf zum Tschoggen, von wo der langgezogene Nordgrat des Laritschchopfes steil abfällt, sieht man einen mit Erlen und anderem mannshohem Gestrüpp bewachsenen Steilhang, durch den es kaum ein Durchkommen gibt. Am besten sollte das Dickicht etwas westlich der Alp Vordersäss zu überwinden sein. Nachdem jedoch ein unter Strom stehender dichter Weidezaun mit einer Herde Ziegen mir hier den Weiterweg versperrte und ich kein Aufsehen erregen wollte (zumal mich der Senner bereits aus der Ferne kritisch beäugte), stieg ich kurzerhand in direkter Linie nach Süden in den Steilhang, zunächst durch die zuvor erwähnte üppige Vegetation kämpfend, dann nach links in eine mit Geröll gefüllte Steilrinne querend. Dieser Rinne folgt man mit Vorteil bereits ab den Weiden der Alp Valnov-Vordersäss, man spart sich so den Ausflug ins "Gemüse". In dieser Rinne geht es steil und mühsam, aber unschwierig empor. Oben (kurz vor Erreichen des grasigen Bergrückens des Tschoggen) steilt sich die Rinne auf, so dass man nun besser über Rasen-Schrofen-Bänder (vorsichtig!) nach rechts (Westen) quert, um möglichst bald die Abbruchkante des Tschoggen zu erreichen. Steilgrasklettern pur - man hat die gesamte Blumenpracht immer auf Augen-bzw. Mundhöhe und muss nur noch zubeissen... ;-)

Dies stellt sicher nicht den leichtesten Anstieg zum Nordgrat des Laritschchopfs dar, dieser dürfte bei Umgehung der Steilstufe westlich um den Berg herum im T4-Bereich liegen.

Der weitere Aufstieg entlang des Nordgrats zum Gipfel des Laritschchopfs ist unproblematisch, lediglich eine Felsstufe kurz vor dem Gipfel muss westseitig auf etwas ausgesetztem Band (vor allem wenn in der hier zu querenden Runse Schnee liegt, kann diese Stelle heikel sein) umgangen werden. Zuletzt über Schrofen zum Gipfelsteinmann. Kein Gipfelbuch. 3 h ab Weisstannen

 Laritschchopf - Guetentalfurggla - Hangsackgrat (T5, I, eine Stelle II)

Vom Gipfel des Laritschchopfs sieht man den weiteren Verlauf des Grats bis zum Gipfel des Hangsackgrats, der sich von hier als ebenmässige Pyramide präsentiert. Nachdem bereits während des Aufstiegs zum Laritschchopf grosse Quellwolken in den Himmel gewachsen waren und die Berggipfel teilweise bereits in dichten Nebel hüllten, war ich mir nicht sicher, ob ich den Anstieg über den brüchigen Grat auf den Hangsackgrat, der -von Nebel umwabert- fast ein wenig bedrohlich aussah, heute wirklich angehen sollte. Ein wenig Sicht wollte ich ja schon haben... Nun, bis zur Guetentalfurggla (möglicher Notabstieg ins Guetental und in die Unterlavtina) musste ich ohnehin absteigen, und die Neugier auf den Nordwestgrat des Hangsackgrats war natürlich gross.

Nach unangenehmen Abstieg über sehr brüchiges Gestein bzw. ausgesetzte und duch die Nässe rutschige Schrofenbänder erreichte ich die Guetentalfurggla (2404 m) bei wieder heiterem Himmel, so dass ich mich gleich an den Aufstieg über die erste felsige Steilstufe im Nordwestgrat des Hangsackgrats machte. Am besten hält man sich auf der Schneide, dort ist der Fels etwas fester, wenngleich auch hier anzuraten ist, jeden Griff bzw. Tritt auf seine Haltbarkeit zu überprüfen. Die Kletterei ist nicht schwierig und kann weitgehend auf Bändern umgangen werden, allerdings sind diese stellenweise recht ausgesetzt und rutschig. Die Schlüsselstelle befindet sich kurz unterhalb des Gipfels, dort ist eine ca. 3 m breite Kluft zu überwinden, am besten direkt auf der Schneide, die hier allerdings nur etwa einen halben Meter breit und extrem ausgesetzt ist! Ein labbriges Drahtseil hängt über dem Abgrund, der Sinn dieser Stolperfalle erschliesst sich mir nicht ganz: soll man sich wie Tarzan rüberschwingen? Nun, das Ganze war dann halb so wild, als wie es auf den ersten Blick aussah - wer sich hier unsicher fühlt, sollte ein Stück abklettern und sich dann am besten auf den Hosenboden herunterlassen. 

Auf dem Gipfel, den ich nach ca. 4 h (ab Weisstannen) erreicht hatte, traf kurz nach mir ein weiterer Berggänger ein, der von der Südseite aufgestiegen war. Leider war die Sicht aufgrund der Eintrübung und des immer mehr aufziehenden Nebels doch sehr bescheiden, so dass ich mich nicht allzu lange dort aufhielt. Spontan entschloss ich mich, nach Süden zum Gigerwaldsee im Calfeisental abzusteigen, um die Überschreitung perfekt zu machen. Ein kurzes Stück folgte ich zunächst dem Südgrat (T4) in Richtung Plattenspitze (2579 m), um dann kurz nach P. 2580 über steiles Geröll und Schrofen durchs Chüetal in Richtung Malanser Alp abzusteigen. Auf einer Höhe von ca. 2100 m traf ich auf den (rot-weiss-rot) markierten Wanderweg, welcher vom Heidelpass herunterführt. Im Chüetal beeindruckte mich vor allem die unglaubliche Blumenpracht, die ich in dieser Vielfalt und Schönheit zuvor noch nie erlebt hatte.

Dank der Einsamkeit (ausser der Begegnung auf dem Gipfel des Hangsackgrats habe ich bis zur Malanser Alp keine Menschenseele getroffen) konnte ich noch etliche Gemsen (mit Jungtieren) und Murmeltiere beobachten, bevor ich dann die endlos langen Serpentinen der Fahrstrasse nach St. Martin am westlichen Ende des Gigerwaldstausees hinunterlatschte. Dort traf ich zufällig wieder den sympathischen Einheimischen, den ich auf dem Gipfel des Hangsackgrats kennengelernt hatte und der mich noch mit dem Auto bis Pfäfers mitnahm, wo ich direkt ins Postauto nach Bad Ragaz einstieg (das nennt man Timing). Herzlichen Dank!  

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Tourengänger: marmotta
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Kommentare (2)


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Omega3 hat gesagt: Danke
Gesendet am 6. Juli 2009 um 22:24
Tolle Tour auf wenig begangene Gipfel - sehr schön!

Gruss
Ω

marmotta hat gesagt: RE:Danke
Gesendet am 7. Juli 2009 um 06:34
Hi Omega3,

danke für den Kommentar! Ja, habe eine ausgeprägte Schwäche für wenig begangene, einsame Gegenden. Hoffe, die Einsamkeit dieser Gegend bleibt trotz des ausführlichen Routenbeschriebs erhalten... ;-)

Gruss

marmotta


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