Piz Cavardiras O-Wand - Rico e Marcel


Publiziert von MarcelL , 23. August 2019 um 09:51.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:18 August 2019
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: VII (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 1100 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Disentis die kleine Strasse hoch zur Casa Lavineras. Die Strasse ist sehr klein und sehr schlecht, aber nicht steil. Man kann ideal mit e-bike fahren (oder ohne e, dann sehr lang), oder auf der Gemeinde Disentis (normale Geschäftszeiten beachten) eine Fahrerlaubnis für sfr 15 holen. Oben (die Casa ist die Bauarbeiterhütte für die Lawinenverbauer, nicht bewirtet, normal geschlossen), dann extrem schöner Biwakplatz mit Wasser, vielen Blaubeeren und genügend Parkplatz. Spektakuläre Aussicht auf Piz Medel und Lukmanier. Ebene Wiese.
Unterkunftmöglichkeiten:Biwak an Casa Lavineras, oder auch weiter oben einige flachere Plätze findbar, vor allem im Kar unter Ostwand (Höhe ca. 2200 m) dann auch mit Wasser (Bach). Cavardirashütte bietet sich nicht an. Übernachtung in Disentis und Fahrt mit Bahn ist zeitlich napp, da dann 2,5 h zum Einstieg von Bergstation

Allgemeines:
Relativ gute Tourenbeschreibungen findet man im SAC-Führer Graubünden oder Filidor Plaisir-Ost. Man kann die Tour schon hochkommen, mit einem Bild auf das die Route draufgemalt ist. Aber man hat dabei Stress, Sucherei und es kann auch unnötig gefährlich sein.
Wenn man nicht die genaue Info hat, welchen der vielen Risse es entlanggeht und wann man den Riss mit einem kleinen Quergang verlässt, parallel weiterklettert und oben vielleicht wieder in den ersten Riss zurückklettert (wie bei dieser Route öfter der Fall), läuft man hier schon Gefahr, in eine Platte reinklettern, die im Nichts endet, oder einen Riss hochzuklettern, der dann grasig und brüchig ist!
Deshalb sei hier mal die Bemerkung erlaubt, dass ich es einfach schlampig und mies finde, dass jede Edition der Filidor-Führer weniger Info und schlechtere Topos hat. Auch die Fotobilder sind kein Fortschritt. Sie sind eine netter Ergänzung zum detailierten Topo, für sich allein sind sie ein Rückschritt. Ich finde, dass bei modernen Routen einfach der genaue Verlauf angegeben werden sollte, da diese ja nicht nur den natürlichen Felslinien folgen, sondern künstlich gelegt sind, um schöne Passagen und festen Fels zu nutzen. Das Argument, dass das Suchen und Nicht-Wissen mehr Abenteuer bringt ist doch arroganter Quatsch, der nur von denen vertreten wird, die den schönen Sport halb-professionell (also mit großen Zeitreserven und Zeitaufwand) betreiben können. Die Überlegung hat sicher ihre Berechtigung für viele Routen andere Routen (Bergsteigen soll ja vielfältig sein), aber Auswahlrouten in einem Plaisirführer sollten nicht EXTRA/ZUSÄTZLICH gefährlich sein, über die natürlichen Kletterschwierigkeiten hinaus!

Deshalb hier also ein paar Zusatzinformationen für Wiederholer. Die Route ist ausnehmend schön und lohnend, wird aber nur wenig begangen. Dies liegt zum Teil an der Abgelegenheit, zum Teil aber auch daran, dass sie nicht genug bekannt und ausreichend beschrieben ist. Wer nicht parallel mit 100 anderen Seilschaften (bzw hinter und vor anderen), wie um die Albert-Heim Hütte / Furka rum klettern möchte, sondern mal ganz allein in einer Wand/einem Tal sein will, der findet hier das ideale Felsrevier. Fels ist von Anfang bis Ende durchgehend solide. Die Linie ist rassig, und die Kletterstellen sind überdurchschnittlich originell, da der Gneis stark strukturiert ist, mal kleine ChickenHeads aufweist oder man auf riesigen herausstehenden Quarzkristallen hochbalanciert.

Absicherung:
Die Route ist "intelligent" abgesichert. Genügend Bolts um die Linie zu zeigen (auch wichtig!), für Grundsicherheit zu sorgen, oder schlecht absicherbare und wacklige Kletterstellen zu sichern. Wo Cams gut liegen, sollten (müssen!) diese die Bolts ergänzen. Ein voller Satz ist ratsam (5-6 Stück), wobei auch größere (F3) oft gut/bequem passten. Stände sind gut, immer an 2 Bolts mit Kette. Zwischen den Haken MUSS geklettert werden, und zwar so, dass der Grad beherrscht wird (3-4 m von der Sicherung wegklettern). Eine deutliche Erleichterung durch A-nullen ist nach unserer Einschätzung nicht gegeben.

Zustieg:
Wie angegeben, zunächst auf Wanderweg, dann kurz vor Bach nach oben abbiegen. Im untersten Teil, SEHR viele Heidelbeeren. An die 2 Stunden kann man rechnen, die letzten 1,5 h weglos. Gut gangbar, z.B. immer am W-Ufer des Hauptbaches entlang.

Einstieg:
Achtung. Da liegt ein ganzjähriges Firnfeld. Das kann steil sein. Vor allem kann es eine Randkluft haben. In unserem Fall war die Randkluft so groß, dass es schon wieder gut war, da wir von W da reingequert sind und dann unten am Fels entlang bequem und sicher bis zum Einstieg kamen. An der Stelle wäre man kaum über die 5 m hohe, 3 m von der Wand befindliche und überhängende Eislippe gekommen. Wir kamen auch nur zum linken Einstieg, der Rechte war weder von oben noch von unten erreichbar (ohne Steigeisen und Pickel). Früher im Jahr könnte der rechte Einstieg gut sein, oder etwas später im Jahr ist die Kluft noch größer, dass es auch wieder geht. Wir stiegen jedenfalls direkt vom Unterfirnschutt ein, und da unten gabs auch schon den ersten Bolt (leicht zu finden und zu erkennen)
 
Tour:
 
SL1 (6a, 25 m, 4 bolts): Mehr oder weniger dem Riss entlang schräg rechts hoch auf Pfeiler. Die Risse sind etwas unangenehm, da rund und abwärts geschichtet, einmal auch etwas schmierig. Stand ist schön (dort kommt auch der rechte Einstieg von rechts unten an)
 
SL2 (6a, 30 m): vom Stand sehr schön an einer Untergriffschuppe entlang waagrecht zu Schlinge, und gerade hoch zu 2 Bolts. Dann waagrecht nach rechts queren (eher tiefer halten, eine Rinne überqueren und dann eine weisse Wand aus extrem strukturiertem Gneis/Quarz hoch zu Stand (nochmal 2 Bolts).
 
SL3 (5c, 35 m): leicht links und in schöner Risskletterei nach oben. Zum Teil perfekter Faustriss, vor allem nach oben hin. Insgesamt 3 Bolts und eine Schlinge. Sehr gut sicherbar.
 
SL4 (6a+, 35 m): Leicht nach rechts und den Riss/Rissverschneidung nach oben. Am 4. Bolt unbedingt 2 m über die Platte nach links in nächsten Riss. Diesen ein paar m hoch, Cam platzieren und dann am Schluss am Ursprungsriss (rechts) zum Stand (gut 10 m vom letzten Bolt).
 
SL5 (6b, 45 m): Königslänge, alles drin, alles dran. Zunächst vom Stand 3 m waagrecht nach rechts (Bolt zur Absicherung) und an der Kante hoch zum nächsten Bolt. Jeweils Balance auf fingernagelgrossen Quarzkristallen. Danach, waagrecht nach rechts in die nächste Rissverschneidung rüber/runtersteigen (niedrig bleiben!). In der Verschneidung hoch zu Bolt 3,4 und 5 (Friends zwischendrin möglich, originelle Kletterei hin und her). Zu Bolt 6 gerade hoch an feinem Piazriss, untergriffig, bis zu Querriss (von unten nicht sichtbar, sehr gute Rock-Platzierung oder kleiner Cam), im Querriss aufstehen und 2 m nach links (Bolt), weiter nach links und ca. 10 m an einfach Rissen zum Stand (immer an linker Kante der Platte, F3 gut platzierbar.
 
SL6 (4c, 48 m): Tour ist nicht vorbei und lohnt sich auch hier noch! Links in Verschneidung hoch zu abgesprengter Platte mit Schlinge. Weiter hoch zu Normalhaken (vom Stand sichtbar zur Orientierung, zur Sicherung nicht verwendbar). Weiter gerade nach oben, an Bolt vorbei über letzte Platte zu Stand am Pfeiler.
 
SL7 (5a, 45 m): gerade hoch, an einem Bolt etwas nach links und weiter hoch. Zweiter Bolt ist an einer kleinen Quarzsanduhr, dort nochmal ganz leicht links und die Platte an feinem Riss hoch zum Stand (schön).
 
SL8 (5c, 50 m): immer weiter am Pfeiler hoch (2 Bolts), dann nach links in deutliche Verschneidung und diese am letzten Bolt entlang zu Stand fast am Gipfelgrat. Nicht verwirren lassen: es gibt links davon noch eine große Verschneidung mit Bolt und Stand. Das ist eine andere Route (4c).
Gipfel: ganz kurz noch zum Grat sichern und nach links zum deutlich sichtbaren Gipfelkreuz rüber, oder von Stand 8 abseilen.

Abstieg:
Da der Cavardiras ein toller Gipfel ist, bietet sich Routenausstieg und klassischer Abstieg an. Dann müssen allerdings Schuhe etc. mit durch die Route.
Alternativ: Abseilerei ist relativ OK. Keine große Schuppenproblematik, aber die oberen 3 SL sind relativ flach, so dass die zeit brauchen, um das Seil runterzubringen. Unten muss auch mal sehr schräg abgeseilt werden (Zwischensicherung), wenn man wieder in den Bergschrund zum Depot will. Alternative ist, alles bis Stand 2 mitzunehmen und von da direkt runterzuseilen.

Tourengänger: MarcelL


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