Kchranzhoun - über die wilde Seite auf den ersten Berg der Alpen


Publiziert von Nik Brückner , 11. Juni 2019 um 15:52.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum: 4 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 3:45
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:7,3km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der Inntalautobahn nach Erl und weiter bis Scheiben.

Das Kranzhorn hat mich als Kind fasziniert. Fährt man auf der Inntalautobahn in die Alpen hinein, ist es der erste richtige Berg, den man zu sehen kriegt - jedenfalls hab' ich das so empfunden.  Ein echtes Horn, mit einer leichten Seite, und einer wilden, diese oben gekrönt von der senkrechten Wand der Gipfelfelsen. Irgendwann würde ich da mal raufsteigen müssen...

Nun fahre ich heute eigentlich kaum mehr auf der Inntalautobahn herum, die Gelegenheiten sind also dürftig. Aber ich bin ein paar Tage beruflich in Sbruck, und wollte mir diese nicht entgehen lassen. Rauf auf's Kranzhorn - über seine wilde Seite.

Kennt Ihr Hikr? Großartige Seite. Gibt's Tourenberichte. Den Tourenbericht zum Kranzhorn vom Chiemgauer zum Beispiel. Er brachte mich auf die richtige Route.



Am Vortag war ich südlich von Innsbruck unterwegs gewesen, auf 2400 Metern Höhe, nun dübelte ich, Arch Echos "You Won´t Believe What Happens Next" im Auto, nach Scheiben, das ist ein Ortsteil von Erl, der direkt am Fuß des Kranzhorns gelegen ist. Also, eigentlich liegt er da immer noch. Steht. Na, Ihr wisst, was ich meine. Scheiben (470m) also. Dort im Ort kann man parken, auf einem kleinen Parkplatzl, das nicht in jeder Karte eingezeichnet ist.

Ich wanderte aus den Örtchen hinaus und hinauf auf den Kalvarienberg (520m), wo sich an den drei Kreuzen schon ein erster, eindrucksvoller Blick ins Inntal öffnet. Hinter den Kreuzen scheint sich der Weg auf der Wiese zunächst zu verlieren, doch bald stößt man auf eine deutlich ausgeprägt Wegtrasse, die den Hang ziemlich genau nordwärts hinauf quert. Am Waldrand stößt man auf einen breiten Schotterweg, und es findet sich auch ein Schild.

Scheiben - Kalvarienberg - Schild am Wanderweg: unmarkierter Wanderweg, T1, paminuttn


Nach rechts sind Kranzhorn und Kranzhornalm angeschrieben. Und nun folgt man im Grunde erst einmal diesem breiten Fahrweg, für etwa 600 Meter. Die erste Linkskurve, die in den Wald führt, kann man abkürzen, dann geht es hinauf bis zu der Stelle, an der der markierte Wanderweg zum Kranzhorn den Fahrweg in einer Linkskurve endgültig verlässt. Hier bleibt man auf dem Fahrweg.

Auf dem Wanderweg bis zur Linkskurve: markierte Schotterstraße, T1, 15 Minuten


Etwa dreihundert Meter weiter teilt sich dieser Weg. Wir nehmen den rechten, oberen Weg, der nun hinauf zu einer scharfen Rechtskehre führt (er wendet sich sich hier nach Südosten, und schneidet in ziemlich genau 700 Metern Höhe noch einmal den markierten Wanderweg zur Kranzhornalm und zum Kranzhorn). In dieser Kehre verlassen wir den Fahrweg, geradewegs nach Norden.

Vom markierten Wanderweg bis zur Rechtskehre: unmarkierte Schotterstraße, T1, paminuttn


In der Karte ist hier ein wenige dutzend Meter kurzer Wegstumpf eingezeichnet (vgl. z. B. Outdooractive). Den gibt es auch, zur Zeit liegt hier nur viel Baumzeugs herum, weshalb man das unterhalb umgehen muss. Dazu braucht's ein wenig Durchsetzungsvermögen. Dann steigt man wieder hinauf, und landet an der Stelle, an der Wegstumpf endgültig endet. Hier beginnt der weglose Teil der Tour.

Der nun folgende Anstieg ist ein Steilgrasanstieg, der bis unter die Gipfelfelsen etwa 680 Höhenmeter überwindet - und das fast vollständig im Wald. Das macht die Tour trotz ihrer niedrigen Höhe zu einer idealen Steilgrastour auch an heißen Sommertagen. Ich hatte einen unangenehmen Steilwaldanstieg erwartet, garniert mit Scharmützeln gegen widerspenstiges Unterholz - tatsächlich aber ist der folgende Anstieg ein stets angenehm zu gehender, nur mäßig steiler Grasanstieg in lichtem Bergwald, der (mir) viel Spaß macht!

Gleich nachdem der Wegstumpf endet, quert man zwei kleine, felsige Rinnen. Direkt am linken Rand der zweiten begann ich nun meinen Steilgrasanstieg. Wenige dutzend Meter höher wird der Wald lichter, und ich fand mich links neben einer nun deutlicher ausgeprägten Rinne wieder, der ich nun konsequent folgte. Ich hatte, wie gesagt, den Tourenbericht vom Chiemgauer in der Tasche, und fand alles wieder, was auch er beschrieben hatte: Die Rinne natürlich, einen parallel dazu verlaufenden, grobmaschigen Wildschutzzaun, der mich eine ganze Weile begleitete, ich erkannte sogar einzelne Bäume wieder, die er fotografiert hatte. Und das war nicht einmal schwierig, weil ich einfach jener Rinne folgte, und meist links davon, manchmal auch direkt in ihr aufstieg. Es hilft ebenfalls, dass man sich hier stets in lichtem Bergwald bewegt, das erleichtert die Ori, und leitet einen sicher nach oben: Bleibt man in diesem Gelände, gerät man nie zu weit nach links (senkrechte Felsabbrüche) oder nach rechts (ebenso senkrechte Felsabbrüche).

Eine Viertelstunde, nachdem ich den weglosen Aufstieg begonnen hatte, verabschiedete sich der Zaun nach links, nur um wenige Schritte weiter oben vom nächsten Zaun abgelöst zu werden, dem ich weiter bergan folgte. Dann wird das Gelände links neben der Rinne freier, man entdeckt ein paar Kiefern, und die Landschaft nimmt sogar parkähnlichen Charakter an. Ein ziemlich steiler Park wäre das allerdings...

Etwa 40 Minuten nachdem ich den weglosen Aufstieg begonnen hatte, befand ich mich in einer breiten Rinne, die ich oben, wo der Weiterweg von einem Riegel dichter wachsender Bäume und Büsche versperrt wird, nach rechts verließ. Hier fanden sich Spuren, und in etwa 950 Metern Höhe sogar eine weiß-rote Markierung am Baum. Ein ehemaliger Wanderweg?

Vielleicht hat sie eher etwas mit der Kranzalm zu tun, die sich ehemals auf dieser Höhe, etwas weiter südlich, befunden hat. Wie sich später herausstellen sollte, gibt es gut 200 Meter weiter oben noch mehr von diesen Markierungen, einen Weg, oder auch nur eine Wegruine konnte ich dort allerdings auch nicht ausmachen. Begehungsspuren allenfalls.

Die Spuren scheinen also eher Tierspuren zu sein. Teils auf ihnen, teils weglos, stieg ich nun im weiterhin lichten Wald ziemlich direkt hinauf zu einem breiten Waldweg, auf dem ich ich etwa 50 Minuten, nachdem ich den weglosen Aufstieg begonnen hatte, ankam, an einer Stelle, an der er sich deutlich verbreitert, um das Lagern von Holz oder das Passieren zweier sich begegnender Fahrzeuge zu ermöglichen. Der Weg kommt von Süden, von der Urslaualm herauf. Hier orientierte ich mich erst einmal, dann machte ich Pause.

Etwa hundert Höhenmeter oberhalb quert ein zweiter Fahrweg. Zu diesem stieg ich nun im weiterhin lichten Wald hinauf, ein paar Meter südlich der breiten Stelle, an der ich heraufgekommen war. Eine Viertelstunde später war ich auf dem zweiten Weg angelangt.

Hier hat man erst einmal Orientierungsprobleme. Nach einigem Nachdenken wird klar: der Gipfel befindet sich oberhalb. Aber wo aufsteigen? Am Besten, man hält sich tendenziell eher 20 Meter weiter nördlich, parallel zur deutschen Grenze - ich ließ mich durch noch lichteren Wald dazu verführen, es 30 Meter weiter südlich zu probieren, wo ich im Hang dann zu weit nach rechts geriet. Schuld war ein gelb-rot markierter Stecken oben im Hang, auf den ich zuhielt. Ein Problem war das aber nicht, eher interessant. Denn hier, in etwa 1170 Metern Höhe, fanden sich auch wieder weiß-rote Markierungen, und ich beschloss, diesen mal nachzuspüren. Sie führen in etwa gleicher Höhe nach Norden (links) und Süden (rechts), und ich wandte mich zunächst nach rechts. Nach wenigen Minuten langte ich am Wanderweg an. Also kehrte ich um, und folgte den Markierungen nach Norden. Ein Stück nach dem gelb-rot markierter Stecken, in der Nähe eines weiteren Wildschutzzauns, verlor sich dann aber mein Interesse, und ich nahm den Schlussanstieg in Angriff. Den Wildschutzzaun rechts von mir, die Markierungen unter mir, stieg ich hinauf, und schon nach fünf Minuten öffnete sich endlich der Blick auf die Gipfelfelsen des Kranzhorns. Ich hatte also die richtige Route gefunden.

Das Gelände wird hier freier, aber auch steiler und schotteriger. Ab hier gilt Helmpflicht. Am besten, man steuert auf den scheinbar höchsten Punkt zu, und hält sich dabei rechts des Schotters. Es geht nun fast bis an die Felswand heran. Nur fast, denn sonst wird die folgende Querung zu heikel. Man quert nach rechts, und steht wenige Schritte später in der deutlich ausgeprägten, und weit weniger mit Schotter übersäten Gipfelrinne. Zwischen den letzten Felswänden geht es nun die letzten Höhenmeter hinauf. Wer mag, wagt sich unter dem Kreuz noch links hinaus in ausgesetzte Steilschrofen. "Optional kann man am Ende der Rinne noch direkt unter den Gipfel queren (T4, I) und diesen von der „heißen“ Seite betreten, was meist für große Augen bei den Gipfelwanderern sorgt." schreibt der Chiemgauer - und diesen Effekt wollte ich natürlich auch haben! Ich rückte meinen Helm zurecht, setzte ein grimmiges Gesicht auf, und -

Rechtskehre - Kranzhorn: weglos über steiles Gras, T4, einschließlich Erkundungsschleifen 2h


Keine Sau am Gipfel.

Damn. Okay, schnell umschalten auf einsamer Wolf, und die Bergeinsamkeit genießen. Gnnnnn - Auch schön! Zunächst einmal genoss ich die Aussicht: Der Große Arber im Norden, d'Kampenwand, Hochkalter und Watzmann, dann die Koasa mit Ackerl und Mauk, Ellmauer Halt, Sonneck und Scheffauer, dahinter der Großvenediger, der Große Löffler, Hoher Riffler, Olperer, der Bettelwurf, und gegenüber  auf der anderen Seite des Inns der Wendelstein.

Nach kurzer Pause machte ich mich dann auf den Rückweg, da entdeckte ich die schöne Gipfelkapelle. Die musste ich natürlich noch besuchen. Und ausgerechnet während dieser Besichtigung muss die blonde Dame zum Gipfel gestiegen sein - ich sah sie drüben sitzen. Damn! Hättest Du nicht fünf Minuten früher kommen können! Ich hatte so schön meinen Helm zurechtgerückt...


Ich ließ die einsame Wölfin allein - schließlich ist man es auf diesem Berg nicht oft -, und stieg nun auf dem Normalweg hinunter. Die schön gelegene Kranzhornalm (1230m) musste ich leider links liegen lassen, ich hatte an diesem Tag noch zu arbeiten. Also stieg ich zügig weiter hinunter, auf dem schönen Wanderweg nach Erl. Immerhin passierte ich dabei noch einmal die eine oder andere Stelle, die beim Aufstieg wichtig gewesen war: Die, an der in etwa 1160, 1170 Meter Höhe die weiß-roten Markierungen in die Flanke führen, und die weiter unten, an der der Wanderweg endgültig den breiten Schotterweg verlassen hatte. Dann ging's wieder über den Kalvarienberg (520m), und zurück nach Scheiben (470m). Eine gute Stunde, nachdem ich den Gipfel verlassen hatte, langte ich am Auto wieder an.

Kranzhorn - Scheiben: markierter Wanderweg, T2, 1:10



Fazit:

Wunderbare, überraschend schöne Steilgrastour im schattigen, aber stets lichten Bergwald. Wo ich einen Kampf mit dem steilen Bergwald erwartet hatte, erwartete mich hingegen fast eine Parklandschaft. Herrlich!


Ausrüstung:

Einen Helm sollte man für die letzte Höhenmeter unbedingt dabeihaben. Ansonsten habe ich Stecken benutzt.


...und am nächsten Tag fuhr ich wieder nach Hause. Nicht ohne nochmal Halt in den Tannheimern zu machen!



Tourengänger: Nik Brückner


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