La Gomera - alpin!


Publiziert von rojosuiza , 26. Mai 2019 um 21:07.

Region: Welt » Spanien » Kanarische Inseln » La Gomera
Tour Datum:17 Mai 2019
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: E 

 

Auf der Insel wird viel gewandert. Es werden dazu angezogen die bunten Strampelhöschen aus Lycra. Zur Ausrüstung gehören einstellbare Hochleistungswanderstöcke. Am Gurt schaukelt die Wasserflasche. So bewaffnet kann man sich in jedes Terrain wagen, man ist zu allem gerüstet. Wird es alpin auf La Gomera?  Es ist ein eifriges Auf und Ab, das gewiss! Meistens bewegt sich der Wanderer aber geruhsam im T1 Bereich.


rojosuiza nimmt es noch gemütlicher. Er bewegt sich zum Ausgangspunkt seines heutigen Marsches sogar per Automobil, gefahren von seinem getreuen Taxifahrer nach Agulo. Dort gibt es im oberen Ortsteil Kaffee, bei dem schnuckligen Kellner. Die Wege trennen sich jetzt. Der Taxifahrer will sich der Küche widmen, und der Wanderer wandert zum Dorf Agulo hinaus, etwas hinab dem Meer zu. Aber schon ganz bald, nach der ersten Rippe, die weiter oben der Autotunnel durchstösst, da hebt der Wanderweg ab. Ab jetzt geht es nur noch aufwärts, hinauf und immer hinauf. Am Anfang ist alles sogar gepflästert, aber schliesslich wird der gepflästerte Weg ein anständiger Wanderweg ohne Schnickschnack. Man ist allein mit sich selber, unter einem ist am Anfang noch die Strasse mit recht wenig Verkehr. Bald verschwindet sie. Auf der Höhe von Rosas trifft man auf ein verlassenes Unterkommen. Die Möbel sind im Stiche gelassen worden; sie stehen noch tapfer da und warten auf wohl längst verschiedenen Eigentümer. Zwischenzeitlich hat es andere Besitzer gegeben, vielleicht nur für eine Nacht, aber immerhin Leute mit Stil - wovon das Stilleben von Gabel und Salzstreuer zeugen, dazu die Flasche Wein.


rojosuiza tritt ins Land des Nebels ein. Das verklärt Busch und Strauch, macht aber auch die Aussicht verschwinden. Es tröpfelt und trieft. Die Kanarische Pinie macht dem Lorbeer platz. Der Boden ist rot, eine dicke lage Löss, mit tiefen Furchen vom Wasser gezogen. Aus dem Nebel tauchen jetzt die ersten Lycrahöschen auf. Bald darauf ein Jogger mit zwei Hunden. In der Nähe befindet sich der Mirador de Abrante, mit wunderbarer Sicht auf Agulo… sagt man... und gäbe es denn Sicht. - Die gibt es aber nicht und darum ist ein Abstecher zum Mirador unnütz. Der Mirador hat Strassenzugang, ist also ein Sammelpunkt für Automenschen. Man erwartet mehr Volk hier oben als es schliesslich hat. Ungestört erreicht der Wanderer im Dunst das Besucherzentrum des Nationalparks, bei Juego de Bolas. Hier sieht er ein Schild. Auf der Karte zeigt die Nationalparkverwaltung etwas, was auf rojosuizas Karte gänzlich fehlt, was er aber auf Internet schon einmal gesehen hat.


So lässt der eifrige Wanderer seinen ersten Plan im Stich und stürzt sich hinab von Juego de Bolas. Die ersten Meter verspricht der Weg nichts Gutes, da asphaltiert. Aber schon nach zehn, zwanzig Metern weicht die Furcht, denn der Asphalt endet, und entspanntes Wandern hebt an. Es geht hinunter in ein tiefes Tälchen. Das weiss rojosuiza, weil er es gesehen hat. Dann und wann hebt sich nämlich der Nebel, und man kann hinab blicken. Unterwegs kommt manch ein verlassenes Häuschen, Kaktusse bieten einem ihre reifen Feigen an.  Die dickste fällt rojosuiza prompt aus der Hand ins Dickicht, weil er zuviel Angst vor ein paar Stacheln hat… und die aller-, allerschönste kann nur aufs Foto und nicht in den Mund, weil ganz unerreichbar für gierige Menschenfingerlein.

 

Lachen hört man von unten aus dem Nebel. Menschen sieht man nicht. Ein Auto braust davon, sonst herrscht Stille. Herrscht Stille? - Nichts davon! Ein wahres Vogelkonzert wird gegeben! An der Flanke des ersten Sporns bei Agulo summte es von Insekten, sonst kein Laut. Hier ist es Vogelgesang, er füllt das ganze kleine Tal bis obenhin an. Nach der Talsohle und ein paar Häuslein am ersten Aufschwung verlässt der Wanderweg die Zivilisation wieder. Hinein geht er ins Lorbeergebüsch. Bald schon erwartet der Wanderer, sich ob Hermigua zu finden, aber das Tal von Hermigua öffnet sich nicht. Es öffnet sich stattdessen eine Art Hochfläche, wenn sie auch nicht wirklich flach und eben ist, sondern gebuckelt und gerillt. - Der Weg ist immer etwas länger und auch etwas anders als man ihn sich vorstellt bei flüchtigem Kartenstudium in der Art von rojosuiza. Mild ist diese Wanderung, ganz und gar mild.


Plötzlich tut es sich doch auf! Das Tal von Hermigua öffnet sich. Tief, tief unter mir liegt das kilometerlange Strassendorf. Hinab und immer hinab geht es an steiler Flanke, 500 Meter hinunter ins Tal. Jetzt wird es das, als was es sich angekündigt hat im Titel: La Gomera alpin! Der Weg wirft sich nur so hinab, dem Talboden zu. Auf einem grösseren Sporn ob Ibo Alfaro geht es hinab. Tritt für Tritt muss richtig gesetzt werden, aufpassen jeden Augenblick. Was unterscheidet diesen Weg von einem ähnlichen im Wallis? - Wo man im Gebüsch wandelt, ist es ein Gebüsch aus Kakteen und anderen subtropischen Pflanzen. Stürzte man hier, würde das Zeug an vielen Orten wohl den Fall bremsen - aber zu welchem Preis?


Wie viel Volk ist auf diesem Wanderweg? - Keine Seele. An fünf bis sechs Stellen hängen Seile - wohl weil die Wegemacher wissen lassen wollen, dass man nicht von jedem und allen verlassen ist. Doch kommt ab und zu ein menschliches Wesen hierher! Damit meine ich jetzt nicht speziell rojosuiza. Eine Höhle ganz oben am Berg dient dem Jungvolk wohl als Partykeller. Die Resten zeugen davon. Hier wohnen sonst nur Insekten, sogar veritable Ameisenlöwen werden gesichtet. Es kostet rojosuiza langes Recherchieren bis er dahinter gekommen ist, wie der Ameisenlöwe denn in diese Einöde kommt - stellt er sich das arme Tierchen doch vor auf seiner langen, mühseligen Wanderschaft auf den hohen Berg hinauf… Es geht natürlich alles ganz anders, jeder andere weiss das, nur rojosuiza weiss es im Moment der Begegnung noch nicht...


Wild ist diese Wanderung also, ganz und gar wild.La Gomera alpin, nie ward ein Wort wahrer gesprochen. Gomera verdient sie sich hier, eine dicke T3+!

Zum Nachgehen herzlich empfohlen.


Tourengänger: rojosuiza
Communities: Alleingänge/Solo


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