Morgenberghorn
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Heute berichte ich von einer kurzentschlossenen "Ausreiss"-Tour, in meine Heimatregion.
Als ich Richtung Thun-Aeschi-Aeschiried fuhr, erreicht mich die SMS von meinem Bruder, dass ich als Assistenz-Guide auf eine Tour mit 10 Indern im Berner Oberland mitkommen könne... Ich lehne dankend ab...heute suche ich bewusst die Ruhe - in der Ruhe :).
So starte ich um 08.30 beim Schulhaus Aeschiried. Den Ort und die Gegend kenne ich bestens aus meiner Jugendzeit. Das steile "Allmigässli" hoch, vorbei am Haus meiner langjährigen Klavierlehrerin, befinde ich mich schon auf der "Aeschiallmend". Hier raste ich zu Schulzeiten die Piste runter, und kehrte schon fast obligatorisch in der Skihütte vom Skiclub zu einer Heissen Schoggi mit Nussgipfel ein. Heute lasse ich die Hütte links neben mir liegen, und wandere weiter Richtung "Spitz" - dem Top, von der Aeschiallmend. Das Leben auf der Alp erlebe ich heute ulkig: Brüllaffen kenne ich aus Costa Rica - heute scheint mir, dass vorallem die Kühe aus jedem Stall und jeder Weide zu mir brüllen. "habt ihr Hunger...Schätzis, ich habe nichts zum Fressen - aber Hänsu ist sicher auf dem Weg..." So ist es auch, ich werde von urchigen Bauerngefährten gegrüsst, und das Brüll-Konzert erreicht seinen Höhepunkt!
Es ist schon sehr schwül, mir läuft der Schweiss in Bächen herunter - und daher setzt sich die eine Kuh ganz anhänglich auf meinen Tritt . Ebenfalls verscheue ich die fetten Alp-Fliegen - was unmöglich ist. Überall sind sie zu hunderten beim Kuhfladen-Zmorge versammelt, und wechseln dann gerne auf die schwitzende Haut. Pfui!
Auf dem "Spitz" habe ich bereits eine schöne Aussicht auf den Thunersee - das Wetter ist gut, etwas bewölkt - aber von Regen noch nichts zu sehen. Es geht weiter auf die Greberegg, einem flachen, langgezogenen Alprücken entlang, durch Wald und über beblumte Wiesen. Nach genau 2 Stunden, erreiche ich die "Brunni-Hütte". Zwar könnte ich hier einen Kaffee trinken, gehe aber direkt weiter - irgendwie habe ich den inneren Antrieb, einen Non-Stop bis aufs Morgenberghorn durchzuziehen. Von der Brunnihütte gehts angenehm im Schatten, weiter über den Gratrücken zu einem Felsriegel. Von weitem sieht es aus, als wäre dort kein Zugang zum oberen Teil des Grates. Eine steile Runse ermöglicht hier aber einen Durchschlupf, und man steigt durch diese hinauf zum steilen Westgrat. Weiter über diesen, gehts mehr oder weniger direkt bis zum höchsten Punkt.
Bereits vor dieser Runse merke ich, dass meine Beine schwer werden...und als ich mir ein par Nüsse aus meinem Proviant hervorhole, wird mir sogar schwindlig. Ich muss mich setzen! Ups -
Nach 5' Pause mit Nüsse-Nachschub, steige ich durch die Runse, und versuche ein langsameres Tempo. Nach einer Viertelstunde muss ich dann defintiv die Idee vom Non-Stop aufgeben - und mache beim ersten Steinmanndli eine ca. 30' Imbiss-Pause und meine Beine strecken sich genüsslich vor mir aus. Dann gehts wieder gestärkt weiter und um genau 12.00 Uhr erreiche ich den höchsten Punkt, das Morgenberghorn.
Aussert einer Gruppe von 6 Deutschen, einem Päärchen, und drei anderen Berggängern - ist mir heute noch kein Mensch begegnet. Ich mache ein par Fotos, geniesse Panorama und das saftige Grün und überlege - wie ich nun weiter will. Entweder ich gehe den gleichen Weg wieder hinunter...oder aber ich nehme den Abstieg zum Rengglipass über den schmalen Südgrat. Da ich als Ausgangspunkt Aeschiried habe, bedeutet dies eine längere Tour als es wohl üblich gemacht wird. Also - aufbrechen und los...solange das Wetter gut ist. Ich schliesse mich nach dem Eintrag ins Gipfelbuch den anderen Wanderen an, überhole 7 x Wanderschuhe und 1 x Camelboots (!), und habe dann wieder freie Bahn!
Nach dem Südgrad gehts in die Westflanke vom Morgenberghorn, weiter zu einem Geröllcouloir das man durchquert. Nach p. 2144 wieder ein Stück dem Grat entlang, dann wieder in der Westflanke unterhalb P. 2068 vorbei zum Renggli (1879m). Der Abstieg ist steil, und ich habe keine Stöcke dabei. Ich muss vielleicht mal erwähnen, dass dies meine erste Wandersaison ist - seit der Jugendzeit...- und ich das Stöcke mitnehmen noch nicht "intus" habe.
Auf der Alpzufahrtsstrasse angekommen, (Oberes Suldtal-Mittelfeld-Witiflue) folge ich dem Latrejebach, talwärts Richtung Suld.
Es gibt zwei Varianten wie man das Suldtal erreicht. Entweder man zweigt bei den Wegweisern entsprechend in die Bergwege ab, oder man geht alles der ellenlangen Alpstrasse entlang. Ich muss mich für die Variante "Alpstrasse" entscheiden, geplagt durch plötzliche Rückenschmerzen. Aus Erfahrung weiss ich, das steiles und unwegsames Gelände diese nur noch verstärken.
Durch diese Variante "gewinne" ich einige Wanderkilometer dazu. Etwas wehmütig "tschirrge" ich der Naturstrasse entlang. Beim Wegabzweiger zum "Pochtenfall" versuche ich dann doch noch in den Berweg einzubiegen. Die nahegelegenen "Pochtenfälle" gehören eigentlich zum Standard, wenn man im Suldtal ist. Doch nach wenigen Metern kehre ich um - und folge weiter der Alpstrasse - einem langen Umweg bis zum Suldtal. Hätte ich den Bergweg nehmen können, wäre ich kurzerhand schon beim Restaurant Pochtenfall angekommen.
Als ich um 14.30 Uhr eines der vielen Bänklis von den x-Feuerstellen erreiche, strecke ich mich als erstes darauf aus, und versuche die stärker gewordenen Schmerzen zu ignorieren. Ich weiss, dass ich noch ca. eine Stunde bis nach Aeschiried habe - entlang dem schönen Suldtal - und das will ich unbedingt schaffen. Ich weiss auch, dass ich wohl etwas zu schnell unterwegs war...und entspanne mich hier mal eine halbe Stunde, bevor ich den letzten idyllischen Abschnitt bis nach Aeschiried unter die Füsse nehme. Um 16.00 Uhr erreiche ich Aeschiried, und bin echt müde. Als ich dann die angegebenen Zeiten auf dem Wander-Wegweiser genauer zusammenrechne - staune ich nicht schlecht. Ich habe die Rundumtour inkl. den Zusatz-Km in 7 1/2 Stunden geschafft.
Darauf gönn ich mir in Aeschi eine vanille-schmeckende Erfrischung, und verfolge live die Rangverkündigung vom Schulsport-Tag der Sekundarschule. Da, wo ich vor Jahren ebenfalls zur Schule ging und für sportliche Erfolge eine kleine "Flagge" mit nach Hause nehmen durfte - verteilt man heute sogar Medaillen an die glücklichen Gewinner. Wow!
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