Plattigkogel 3092m zu später Stund' - ein Kreis schließt sich


Published by alpensucht , 18 April 2019, 14h12.

Region: World » Austria » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Date of the hike:26 July 2018
Hiking grading: T6 - Difficult High-level Alpine hike
Climbing grading: II (UIAA Grading System)
Waypoints:
Geo-Tags: A 
Time: 9:45
Height gain: 1200 m 3936 ft.
Height loss: 1100 m 3608 ft.
Route:11km
Accommodation:Hauersee, Selbstversorgerhütte der Sektion Ludwigsburg

Frischmannhütte Biwak zum Hauersee - ein Kreis schließt sich

Tag 3/4 - Geigenkamm Nord Durchquerung

Der Versuch einer kleinen Berglyrik

 

In aller Morgenfrische begibt man sich zu Tische

nicht etwa in Wärme wohl der Hütte fein,

nein draußen gar am kalten Stein.

Wasser, Tee und Müsliriegel, darauf geb ich Brief und Siegel,

können weit mehr als 5-Sterne-Kost bedeuten.

Sitzt man hier nicht unter Leuten sondern unter Rindviehmeuten.

 

Dennoch muss der Schreiber zu Taten schreiten und so weiter.
Das Zelt gepackt, der Rucksack verzwackt auf dem Rücken so schwere. Nicht, dass ich mich beschwere über Aussicht und Menschenleere...

9 Uhr.

Frischmannhütte – Feldernjöchl T3, 2h 30min

Mein Pfad quert hinüber ins Nachbartal,
vorbei an der Flanke vom Blockkogel kahl.
Bald jedoch ich inne halt und spüre meine Sinne und Kopfkinos laufen –
werde ich hier abstürzen und ersaufen?
Eine schneeige Rinne sehr breit
unterspült von Wasser
, zu warten bleibt keine Zeit,
denn Tempo bringt Sicherheit.

Der Schnee nicht zu weich und schleich, schleich, trippel, schleich,
ich die andere Seite erreich mit Knien so weich.

Schnauf, Schnauf, lauf, schnauf, weiter hinauf und wohlauf, in zwei Stündchen im Jöchl sogleich.

11:30 Uhr.

Wohlan die Südhänge flimmern, die Wolken steigen,
Schneefelder schimmern, Steine schweigen.
Mägen schweigen nach üppiger Kost nicht unbedingt.
Doch wer lange über Berge steigt,
hochzufrieden mit seiner Ration sich zeigt.
Am Felderjöchl kleine und große Kögel locken.
Zum kleinen mach ich mich gleich auf die Socken – es ist schon mittags –
das darf ich nicht verbocken!

 

Ein Intermezzo am Innerberger Felderkogel T4, I, 1h

Und hopp, hopp im Galopp geht’s hinauf geschwind, doch halt! (Zunächst nur T3) Ein Gipfel ohne Kreuze hier? Da weiter vorn hinter scharfem Grat in bester Manier eines steht.

Und hopp, hopp im Galopp geht’s herrlich hinüber geschwind (zu P. 2810M, teils sehr schmale Trasse, ausgesetzt!).
Hier nun endlich der Wind um das Kreuze pfeift
und mein Blick in die Ferne schweift.
Der Grat ist kurz, reich an Genuss und groß an Verdruss,
wenn man zu schnell darüber läuft
und der Läufer plötzlich über den letzten Buckel streift.
Zwei Franzosen tun es mir gleich.

 

Zurück im Jöchl eine Wandergruppe sich sammelt
und beinahe so lange wie ich ihre Zeit nun vergammelt.
Ich schau, schau, schau genau
auf Gipfelgrat, Führer und Wolkenbau,
unsicher wie Sau, ob sich da nicht etwas zusammen braut.
Die Kiefer zerkaut, ein Kribbeln auf der Haut,
denn die Sonne schaut stetig wieder und mir graut,
der Plattigkogel wird heute mir nicht verbaut.

 

Großer Abstecher auf den Plattigkogel T6, II, 2h 20min

14:37 Uhr. Nun aber los mit Stoppuhr, Wasser und Zustiegsschuhen,
soll mein Respekt vor dem Grat erst ruhen,
wenn ich gesund ins Jöchl zurück steige.
Die ersten scharfen Zacken werden links umgangen
und auch danach braucht es mir nicht zu bangen.

Bei einer II gibt es immer etwas zum durchmogeln,
dennoch sehr alpin ist es hier!
„Diese Stelle grad war sicher 'ne Vier!“
Kein Steinmann, keine Begehungsspuren außer vom Tier,
keine Markierung und auch kein Bier –
nur den Fels und den Begeher mit seiner Nase fein.
An mehreren Stellen muss ich etwas suchen und schlucken.
Wer ohne Seil oben steht wird fluchen, oder ohne zucken
später besseren Abstieg verbuchen.

 

Nach einer senkrechten Stelle (II, 7m) stehe ich auf dem zweiten großen Aufschwung, baue am Ausstieg einen Steinmann, weil ich unten etwas suchen musste.
Oben schnaufen und schlucken – Uhrencheck – Wolkencheck –
die Hälfte für den Aufstieg ist weg.
 

Tripp, tripp, trippel tripp - so sorgsam tänzel ich über die nächsten sehr ausgesetzten Gratabschnitte
in meinem Kopf und fürchte, der letzte Aufschwung zu schwierig in der Mitte!
Nach der letzten Scharte (Sprung hinab, „...is sicher 'ne Vier!“) nimmt man schwierige Gratfelsen im Winde oder bröseliges Flankengeschinde in Kauf,
will man wirklich so spät noch auf den Gipfel hinauf.
Zweiteres lehrt mich das Fürchten – vor allem später hinab.
Vorher Zufriedenheit auf halbes Level steigt,
nach einer Stunde Zehn – einer guten Zeit!
Das Gipfelbuch selten beschrieben sich zeigt.

Nach der großen Abstiegsfurcht viele Stellen mit Übersicht im Abstieg sich leichter erweisen (Steinmannstelle rechts leichter umgangen),
obwohl links und rechts die Tiefen den Schlund aufreißen.
Zu beißen haben hier nur noch die Böcke und Geisen,
außer wenn Jackentaschen eine Runde Schoki schmeißen.
Zufriedenheit nun auf volles Level ansteigt.

Doch nun zurück geschwind, sonst nimmer des Abends am lieblichen See ich mich find'!

16:57 Uhr.

Der Gipfel kann sicherlich auch 3h und mehr in Anspruch nehmen. Abstiegszeit=Aufstiegszeit!! Sicherung wäre an einigen Stellen empfehlenswert.

 

Felderjöchl-Hauersee – ein Kreis schließt sich! T3, 1h 45min

Nach einiger Pause und Packen zum Weißen See hinab ich steige.
Oh Wunder noch fast zwei Stunden zum Ziel – der Wegweiser schweige!
Langsam ermüdende Beine können nicht schweigen,
müssen immer und immer wieder zucken und zeigen,
wie gern sie sich nach langem Tag ins kühle Nass sich neigen.

Der Kopf es ihnen zunächst noch verbietet
und sie wieder und wieder auf später vertröstet.

Das Auge inzwischen an sattem Grün und weichem Licht sich labt.
Täler – ihr erst eure Vorteile wieder habt,
wenn wir lange genug über Gipfelgrate getrabt!

Gut, dass die Kessel da unten sind offen,
sonst wäre im Schmelzwasser längst ich ersoffen.
So viele Bächlein, Quellen und Wässer von hier oben plätschern und tosen.
Die Lehnbäche viel Gerölle verstoßen,
und erst unten, ganz unten sie tränken halbtote Hosen und orange-rote Rosen.


Markierungen und Wegtrassee leiten mich weiter zum Spitzigen und Hauersee.
Dort hinauf ist heut eine Plage – aber keine Frage,
dass ich nicht verzage im neigenden Tage –
das Tempo halte in Waage!
Wo denkt ihr hin? Unter 30 und fit wie ein Turnschuh –
da hab ich doch keine Ruh',
sondern spurte trotz verbrauchter Kraft
die letzten Meter auf Reserve zum See - und geschafft.

 

Dieser letzte Biwakabend –
an Nudeln und Sonnenuntergang mich labend... entschuldigt :)
- bleibt für immer in Erinnerung. Große Zufriedenheit steigert sich noch mehr, da ich nun endlich mein Ziel erreicht und den gesamten Geigenkamm durchquert habe.
Der Traum begann, als ich mit Kalle und Peter 2012 auf einer Akklimatisierungstour im Breitlehnjöchl stand und Richtung Sandjoch schaute.
Vom Hauersee bis zur Hohen Geige war ich dann im Herbst 2013 mit A_Thorne, LuNo und deren Bruder unterwegs.
Im Herbst 2015 habe ich den Mainzer Höhenweg für eine Alpenvereinstour abgecheckt und nun kam noch der nördliche fehlende Teil dazu. Endlich. Kapitel abgeschlossen.
Doch halt! Am Folgetag habe ich ja auch noch eine Tour gemacht. Bericht folgt irgendwann...

Nachtrag zum Text: Bitte nehmt insbesondere das kursiv geschriebene nicht zu ernst! Manches ist absichtlich oder im Reimfindungsschwall übertrieben oder gar dazu gedichtet. Da ich gerne reime, habe ich das mal in dieser Form probiert. Es macht allerdings drei- bis viermal mehr Arbeit, als ein normaler Bericht von guter Qualität. Viel Freude beim Lesen!


Hike partners: alpensucht


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