Santnerspitze 2414m


Publiziert von bergteufel , 6. Februar 2020 um 21:01.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:30 September 2018
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Strecke:Bad Ratzes - Schlernbodenhütte - Santnerspitze
Zufahrt zum Ausgangspunkt:von Bozen nach Seis, im Ort abbiegen nach Bad Ratzes, Wanderparkplatz
Unterkunftmöglichkeiten:Schlernbodenhütte 1726m

Servus Leute.
Heute mal eine Berggeschichte:

Der Santnerspitz

Dieses Bergziel ist etwas Besonderes für mich. Schon als Bub war ich fast jährlich auf dem Schlern, bin brav hinter meinem Vater auf den Burgstall hergedackelt, weil der Petz war ja nie genug, und irgendwann hab ich ihn gelöchert: "Da auf den Zacken will ich hoch." "Ja, ja, das machen wir mal.".... geschehen ist`s nie. Und so gingen Jahrzehnte ins Land. Ja, noch viel besser, da sitzt du Jahr um Jahr im Schloß Turm beim Wellness, blickst auf dieses Spitzerl und denkst: "Irgendwann schlägt deine Stunde und ich schnapp dich mir."

Dieses Bergerl ist nur 2414m hoch, sieht imponierend aus, hat einen ebenbürtigen Bruder, den "Euringer", aber ein großer Dolomitenberg ist er nicht. Ich sage immer: "Der Beißzahn vom Schlern", aber das ist Böse. Nein, er ist schon etwas Einzigartiges, dieser Santner. Hat er doch das rege Treiben der "Einheimischen" an seinem Bergsockel miterleben dürfen, die auf dem goldenen Touristennährboden ihrer Heimat Hotels wie Pilze sprießen ließen. Unablässig thront er darüber und bietet seine Show, die das Herz "Aller" im Tal emotionalisiert, selbst wenn sie ihn nicht mögen. Dann der einseitig "flache" Schlern nebenan, ein Wandereldorado, doch nur wenige Besucher riskieren einen Blick von der Burgstallkante auf sein Haupt.

Tja, und so kam dieser Tag, ausgepowert am Gran Vernel ( http://www.hikr.org/tour/post140814.html ), einen Ruhetag in den Knochen. Apropos Ruhetag, wir fuhren zum Karerpaß, sind schnell auf die Cima Pope gelaufen (ich sag mal SG II, nur zur Info, nicht die Aussichtskanzel). Haben eine leckere Pizza im Ristorante am Paß gegessen (Tipp: das mach ich immer, wenn ich über den Karerpass nach Hause fahre) und wollten eigentlich wegen der Wetterprognose die Segel streichen. Aber das moderne Klotzophon bietet mehr, aktuelle Daten und aus der Regenwolke wurde bewölktes Wetter. Wie einst Wickie, durchschoß mich ein Geistesblitz: "Jaaaa...", der Santner. Da habe ich neben mir meine Seilgefährtin die Annette, eine Turnübung macht sie immer mit. Die Vorraussetzungen sind perfekt, wir Zwei sind in Topform. Den Dolomitenordner aus dem Auto gekramt, das Bernarditopo gezückt und abg'macht, den pack ma. Geil. 

Und so fuhren wir über Seis nach Bad Ratzes. Dort ließen wir abends den Regen aufs Dach des Autos prasseln und schliefen, schliefen..... Ein Seitenhieb!... trödelten, packten.... und dann, oh nein, da schlappt der Teufel ohne Fotoapparat los. Scheiße, holen, wieder eine halbe Stunde verschenkt. 

Schließlich wanderten wir den Touristensteig Nr. 1 hoch zur Schlernbodenhütte. Umrundeten diese halb und genossen den, mir so wohl bekannten, Gamssteig für 100 Meter. Dann geht es rechts ab, auf einem deutlichen Pfad, dem Santner entgegen. Du kommst in eine kleine Schlucht, passierst 2 Rinnen (dort kommst du später runter), umgehst eine Geröllnase und siehst, links ansteigend, das Einstiegsgelände vor dir. Der schmale Pfad zieht weiter, wo auch immer hin?

Jetzt möchte ich gern ein bißchen weitererzählen, wie es so viele Hikrnutzer tun, ohne euch eine detaillierte Aufstiegsbeschreibung zu geben. Die Pionierarbeit, somit die Beschreibung der Route, hat euch der Hikr-Kollege Stirml am 01.09.2018 veröffentlicht.
http://www.hikr.org/tour/post135636.html
Wir hatten zusätzlich noch das Buch: Klettern in den Dolomiten III/IVer Grad von Mauro Bernardi, Verlagsanstalt Athesia AG Bozen, ISBN 978-88-8266-914-0, 2013, Tour 63 inkl. Topo zur Verfügung. Bei dem Quergang zur Schlüsselpassage gilt links. Orientierungsprobleme hatten wir keine.

Und so blieb die Entscheidung am Einstieg, Seil oder nicht Sein? Klar, wer meiner Begleiterin so eine Frage stellt, der steigt ohne Seil. Uih, puuh, da sind doch ein paar IIIer Stellen am Anfang dabei, die machen dich hellwach. Dann wirds deutlich einfacher und du siehst, besser, solltest die Nordflanke sehen, aber durch die Feuchtigkeit des nächtlichen Regens hängt da noch viel Nebel. Ich appelliere bzgl. der Hikraufnahmen für eine längere Pause? Ein Späßchen, aber bei der Gelegenheit krame ich das Handy raus und siehe da, der 12-Uhr-Schlag ist schon "etwas" länger her. Gemütlich beiße ich in meine Semmel, meine Kameradin ordnet ihren Rucksack neu, ganz wichtig. Heute habe ich mir vorgenommen keinen Zeitdruck auszusenden, des Buckerle ist 2400m hoch, und mal ganz arrogant, des paßt scho. Allerdings entscheiden wir in der nordseitigen Querung, dann doch das Seil auszupacken, es pfeift schon gewaltig runter. Zwei schwerere Stellen der Nordflanke kann man rechts einfacher umsteigen.

Wir erreichen den Nordgrat, jetzt scheint uns die Sonne an. Wunderbar. Hier sollte man dieser Route mal wirklich ein Lob aussprechen, beeindruckend zieht sie nach oben, einfache Kletterei. Brüchigkeit im Fels sieht anders aus, siehe unsere Vernelbesteigung. Zu Beginn der Schlüsselseillänge an der Kante (SG IV) ist etwas ausgebrochen, aber dann fester Fels. Zur Linken hängt ein altes Funktelefon in der Wand vernagelt. Diese Südtiroler Burschen mit ihren Späßchen.
Danach geht's ziemlich luftig zum Gipfel. Alles paßt, wir haben das Ding ohne Streß gemeistert, es hat uns nicht gefordert. Die Sonne strahlt dich an. Sie steht tief über der Brenta. Boah, dieses Panorama, gestochen scharf im September. Zack, der Bergteufel zückt seine Bierdose und zisch, es ist ein Genuss. Jajaja, hier wollt ich schon längst einmal sitzen. Ich mach's mir gemütlich, laß den Blick über all diese Gipfel schweifen und genieße das Bergsteigerleben in vollen Zügen. Sichte das Gipfelbuch, relativ gut besucht der Santner. Ich schaue runter nach Kastelruth, ja, da war ich mal im Oktober auf dem Spatzenkonzert, total crazy. Nach links, der Kirchturm von Völs und der Wellnesstempel. Stimmt, da war noch was, den Schluck Gipfelschnaps gönnen wir, nein, ich mir noch. Das Flascherl noch nicht an den Lippen, vielleicht ist`s auch der Neid, plötzlich eine klare Ansage, die meine stolzgeprägte Traumblase platzen läßt. Meine Begleiterin wird ungeduldig, völlig uncool. Ooh, sie hat auf die Uhr geschaut. 17 Uhr und der Abseiler ist schon im tiefsten Schatten. Plötzlich Hektik, grins, warum auch immer. Recht hat sie schon, war keiner von uns Beiden je hier. Aber jetzt so ungemütlich werden, ich bin richtig entspannt, warum auch immer?!

Wir seilen zügig ab, jedoch dann schnappt das Löwenmaul uns gnadenlos mit Dunkelheit. Ich zücke mein Stirnlämpchen und die Oase des Lichts umhüllt mich. Wohlwissend ob der Neuheit der Batterien. Neben mir langes Kruscheln im Rucksack, vorher wohl nicht lang genug umgepackt und, ohha, die Lichtquelle gereicht einer Dame nicht mal zum Schminken. Somit habe ich das "Highlight" der Tour für mich. Klasse. Zugegeben, der Abstieg mit Stirnlampe bremst uns schon, aber wir erreichen routiniert ruhig den deutlichen Pfad zur Hütte. Es ist eine dunkle Septembernacht und so bleibt die Lampe an bis zum Auto. 21 Uhr fällt die Heckklappe zu und die Fahrt nach Hause beginnt. In Völs kehren wir in die Pizzeria beim Kreisverkehr ein und genießen noch eine feine Pizza. Das ist der italienische Flair, spät abends noch was zu Essen zu bekommen, klasse.

4 Tage waren wir in den Dolomiten, drei sehr edle Gipfelziele erreicht, da sollte Dankbarkeit ganz oben stehen. Einfach mal froh sein, daß man gesund ist und so was hat erleben dürfen.

Den Santner und natürlich auch den Euringer sollte ein Alpenbergsteiger in seinem Tagebuch nicht missen. Der Santnerspitz ist eine Paradebergtour.

Hiermit ist die Schilderung meiner Dolomitenfahrt im September 2018 abgeschlossen. Super, wenn ihr die drei Berichte gelesen habt. Danke. Entschuldigt, daß der Letzte so lange auf sich warten ließ. 

Bis bald, habe die Ehre, Berg Heil,
der Bergteufel


Tourengänger: bergteufel


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