Riedberger Horn (1787 m) - der laute Schrei des Geldes


Publiziert von 83_Stefan , 27. Oktober 2018 um 18:08.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 5 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 350 m
Abstieg: 350 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über Obermaiselstein oder Balderschwang zum Riedbergpass. Nahe der Passhöhe nach Grasgehren abbiegen; im Sommer (!) kostenfreie Parkplätze vor dem Weiler.
Unterkunftmöglichkeiten:Grasgehrenhütte (1447 m, privat).
Kartennummer:Bayerisches Landesamt für Vermessung und Geoinformation - UK L8 Allgäuer Alpen.

Es ist kaum zu bestreiten, dass der Mensch in seiner Geschichte bisher fast immer das getan hat, was ihm kurzfristig den größten Nutzen bringt. Da wir aber bekanntlich mittlerweile ach so fortschrittlich geworden sind, setzt die hohe Politik heutzutage strenge Grenzwerte fest, weist Naturschutzgebiete aus, verhandelt Klimaschutzabkommen und so weiter. Auf der anderen Seite werden diese Errungenschaften von manchen Volksvertretern aber einfach zurecht gebogen, wenn dadurch die Spezln oder man selbst beim Geldscheffeln behindert wird. Da muss man es dann auch nicht mehr so genau mit den lästigen Vorschriften nehmen. Am Riedberger Horn - immerhin nach Alpenschutzplan Kategorie C auf europäischer Ebene höchstmöglich geschützt - ist diesbezüglich schon so einiges passiert. Zu lukrativ ist es einfach, das Skigebiet am Fuß des Berges und ein nahegelegenes Skigebiet mit dem Geld der Steuerzahler zu verbinden, aber das Schutzgebiet steht im Weg. Dass die Politik hier seit vielen Jahren einen Versuch nach dem anderen unternimmt, dieses rechtswidrige Projekt doch möglich zu machen, lässt Rückschlüsse auf die Prioritäten zu und es zeigt sich, wie sehr sich die Menschheit wirklich entwickelt hat.

Das Riedberger Horn hat sich vor allem in den letzten Jahren zum hart umkämpften Politikum entwickelt. Es bietet sich wie kaum ein anderer Berg für eine Abendtour an, denn der Zustieg von Grasgehren ist lächerlich kurz und die breiten Wege sind auch in der Dämmerung kaum zu verfehlen. Wer einmal den Sonnenuntergang von dort oben betrachtet hat, der weiß, dass man diesen Berg nicht mit Liftanlagen erschließen darf.

Los geht es im Weiler Grasgehren, der sich vor allem auf den Skitourismus spezialisiert hat. Man wandert vorbei an der Grasgehrenhütte in den grünen Talkessel hinein und folgt dem breiten Fahrweg durch Weidegelände hinauf zum Ostrücken des Riedberger Horns. Hier zweigt man ab und folgt dem Steig am Kamm aussichtsreich hinauf zum bereits lange sichtbaren Gipfel des Riedberger Horns. Oben wird es durchaus etwas steiler, sodass trotz der lächerlichen Anstiegsleistung von nicht mal 400 Höhenmetern ein paar Schweißperlen rollen.

Das Riedberger Horn ist ein ausgesprochen aussichtsreicher Gipfel, der sich vor allem zum Sonnenuntergang anbietet. Dann kann man dort oben Ruhe genießen, während sich untertags die Wandererströme hier oben versammeln. Die tiefstehende Sonne modelliert die Strukturen aus der Landschaft heraus und taucht jede Bergkette in ein anderes Licht, wodurch der Ausblick an Tiefe gewinnt. Wenn sich im Westen die Sonne dem Horizont nähert, spiegelt sie sich vor ihrem Verschwinden im Bodensee und die Umrisse des rot eingehüllten Sees heben sich deutlich vom Umland ab, gegenüber im Westen leuchten die Berge in sanftem Orange. Ein Sonnenuntergang hier oben ist ungemein lohnend und zumindest im Sommer ohne besonders großen Aufwand erlebbar.

Wer nicht auf dem Anstiegsweg wieder zurück gehen möchte, der folgt dem Steig am Südkamm bergab. An einer Wegekreuzung verlässt man den Kamm nach links (Wegweiser "Grasgehren") und für ein paar Meter geht es etwas steiler hinunter. Der Steig leitet nun durch feuchte Wiesen (schön, dass man in der Dunkelheit die Stützen des Skilifts nicht mehr sieht!), später über Treppenstufen im Wald zu einem Fahrweg hinunter, auf dem man sich links hält und in wenigen Minuten wieder den großen Parkplatz in Grasgehren erreicht.

Schwierigkeiten:
Aufstieg über Ostkamm: T1 (Fahrweg und breit ausgetretener Steig, oben kurz Tendenz zu T2).
Abstieg über Südkamm: T2 (nur kurzzeitig beim Verlassen des Kamms, sonst T1).

Fazit:
In der Kürze liegt die Würze - wer abends ein kleines Zeitfenster zur Verfügung hat, für den ist die hier vorgestellte 3*-Rundwanderung bestens geeignet. Für unverschämt wenig Aufwand erhält man großartige Ausblicke und ein Sonnenuntergang am Gipfel krönt die Unternehmung zum unvergesslichen Erlebnis.

Mit auf Tour: Francesca.

Kategorien: Allgäuer Alpen, Sonnenuntergangstour, 3*-Tour, 1700er, T2.

Tourengänger: 83_Stefan


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Kommentare (7)


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quacamozza hat gesagt: Siehe Nebelhorn, Ifen und Co.
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 18:31
Hallo Stefan,

es ist wohltuend, dass diese Thematik hier angesprochen wird.

Das Erschreckende ist ja nicht nur das Handeln der Politiker. Die Bürger selber haben in beiden Kommunen für die Skischaukel gevotet. Genauso wie bei Stuttgart 21, obwohl jeder weiß, dass das nicht finanzierbar ist und jahrzehntelange Beeinträchtigungen für alle mit sich bringt.
Da fällt einem nur ein Wort ein: hinterwäldlerisch.

Gruß
Ulf

Erdinger hat gesagt: RE:Siehe Nebelhorn, Ifen und Co.
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 18:40
Ich habe diese Diskussion mal mit einem (durchaus geschätzten) Bekannten geführt, der in dieser Gegend wohnt. Er war um NICHTS in der Welt davon zu überzeugen, dass der Bau ein (in meinen Augen) absoluter Wahnsinn wäre. Im Gegenteil, er verurteilte eher die Skitouren- und Schneeschuhgeher. Gut, jeder hat dazu seine eigene Meinung und das ist ja im Grunde gut so... Aber wenn das Ding gebaut würde... einfach nur katastrophal!

83_Stefan hat gesagt: RE:Siehe Nebelhorn, Ifen und Co.
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 19:34
Hallo ihr beiden geschätzten Hikr-Kollegen! Wie man auch immer gegenüber Neuerschließungen in den Alpen eingestellt sein mag - ich finde, ein in der höchsten Kategorie geschütztes Gebiet darf nicht einfach umgewidmet werden, weil es einem gerade mal ins finanzielle Konzept passt. Wenn es ein 08/15-Berg wäre, hätte man ihn ja damals wohl nicht geschützt.

Die beiden Ortschaften sind ja sehr klein und sicherlich gut vernetzt. Ich kann mir schon vorstellen, dass sich viele von den Steuermillionen persönlich etwas erhofft haben. Aber jetzt nach dem fluchtartigen Absprung der Staatsregierung aus Angst vor der Strafe durch den Wähler hat man die Millionen quasi ohne Gegenleistung überwiesen: Denn von wegen "Förderung des sanften Tourismus" - der frisch genehmigte Speicher für die Beschneiuungsanlagen fällt wohl auch nur im hiesigen Landratsamt unter "sanften Tourismus". Meiner Meinung nach sollten derartige Skiprojekte sowieso nicht gefördert werden.

Genießen wir den Berg, solange er noch so schön ist! Ich wünsche euch einen guten Start in die Wintersaison - mit dem heutigen Tag dürfte es sich mit den höheren Herbst-Unternehmungen wohl erstmal ausgewandert haben. Viele Grüße!

QuerJAG hat gesagt: RE:Siehe Nebelhorn, Ifen und Co.
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 20:38
Nebenan am Gschwender Horn haben sie vor Jahrzehnten die Skilifte wg. Schneemangels abgebaut... am Riedberger Horn wollen sie trotz geringer Höhe und Klimawandel aufrüsten.
Die Zukunft könnte die des Hirschbergs im Bregenzer Wald sein: Hier steht noch immer der alte Lift und gammelt vor sich hin, weil niemand nach der Insolvenz des Betreibers die Bahn abbauen will oder kann.
Die Stärken des Gebiets um das Riedberger Horn liegen doch gerade in der Ruhe und schönen Natur - ein "sanfter" Tourismus drängt sich geradezu auf.
Wenn ich jemals wieder Alpin-Ski fahren sollte, würde ich - auch nach einem Ausbau des Skigebiets am Riedberger Horn - gleich weiter nach Österreich fahren.
Gruß Jürgen

83_Stefan hat gesagt: RE:Siehe Nebelhorn, Ifen und Co.
Gesendet am 28. Oktober 2018 um 02:21
>Die Stärken des Gebiets um das Riedberger Horn liegen doch gerade in der Ruhe und schönen Natur - ein "sanfter" Tourismus drängt sich geradezu auf.

Weise Worte, denen ich mich gerne zu 100 Prozent anschließe!

Ich schätze mal, da denkt niemand langfristig. Meinem Empfinden nach hat man nur die Chance gewittert, Fördergelder abzugreifen. Ich weiß nicht, warum so ein Quatsch hierzulande überhaupt durch Steuergelder gefördert werden kann... Viele Grüße und danke für deinen Kommentar!

Kommunist hat gesagt: Denkmälern der menschlichen Dummheit
Gesendet am 27. Oktober 2018 um 20:37
Ich denke, dass es herzlich egal ist, ob dieser Skilift oder neue Beschneiungsteiche dort gebaut werden. Spätestens in einigen Jahrzehnten wird dort kein lukrativer Skibetrieb mehr möglich sein. Zu viele (mächtige) Menschen werden nicht zu einem Umdenken in Sachen Klimaschutz zu bewegen sein und in einigen Jahrzehnten wird sich die durchschnittliche Erdtemperatur um mehr als 3°C erwärmt haben. Insbesondere die Landmasse und der Alpenraum im speziellen werden davon besonders stark betroffen sein. Dann werden die Skilifte sowieso wieder abgebaut und etwaige Überreste werden zu Denkmälern der menschlichen Dummheit und der Gier nach Geld. Und solche Denkmäler brauchen wir, denn anders werden wir es sicher nicht lernen.

83_Stefan hat gesagt: RE:Denkmälern der menschlichen Dummheit
Gesendet am 28. Oktober 2018 um 02:24
Eine sehr fatalistische Sichtweise, aber ich befürchte, dass du richtig liegst. Einen Funken Rest-Hoffnung habe ich allerdings doch noch. Auch die letzte Wahl hat gezeigt, dass sich immer mehr Menschen von derartigen umweltverachtenden Projekten distanzieren. Schauen wir mal, ob die Politik wirklich verstanden hat. Beste Grüße und danke für deine Meinung!


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