Gale(e)renschläflinge


Publiziert von Polder , 13. August 2018 um 15:59.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:11 August 2018
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2600 m
Abstieg: 2600 m
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel Pez Terri in Vrin - sehr empfehlenswert: Gemütlich, sehr freundlich und v.a. ausgezeichnete Küche

Unser (fast) alljährliches Biwak auf einer westexponierten Terrasse, diesmal auf dem Plaun la Galera - Galera-Schläflinge statt Galeerensträflinge. In der wilden, einsamen, von vielen Gipfel(chen), Graten und Tälern geprägten Gegend liess sich dabei eine ganze "Pizeria" von Trabanten des Piz Aul abgrasen - à propos grasen: Die Idylle wird einzig von den Einständen der zahlreichen Schafe (resp. deren Konsequenzen...) etwas getrübt, dafür entschädigen die einmalig kunstvollen Steinmänner, die sich auf vielen Gipfeln und Graterhebungen finden.

Start im urigen Vrin, mit dem Ausmarsch zum verödeten Fussballfeld am Plaun Tgiern. Dort setzt der alte Pfad zur Alp Valleglia an, auf den Weiden zunächst kaum erkennbar. Auch der Einstieg in den steilen Abstieg zum Tobel des Val Vallegia muss etwas gesucht werden; Brücke ist unten keine (mehr) da, die Bachquerung bei der aktuellen Wasserführung aber unproblematisch. Ennet dem Tobel verliert sich die Spur im Holzschlag, auf dem Begrenzungsrücken des Tobels findet sie sich aber alsbald wieder und ist danach in der steilen, wilden Zone überall gut sichtbar - ein spannender, kurzweiliger Aufstieg (T4)! Der Pfad verliert sich nach längerer Querung links des Rückens wieder, aber das Gelände im Wiederaufstieg auf diesen ist unproblematisch.
Kurze Rast auf dem prächtigen Bänkli der kleinen Alp Valleglia, die dieses Jahr nicht genutzt zu werden scheint; die Schafe sind erst weiter oben und queren von Patnaul her. Prächtig der weitere Aufstieg über den geschwungenen Grasgrat auf den Piz Valleglia, der ca. 80 Hm über unserem Biwakplatz in der nach NW offenen Mulde des Plaun la Galera thront und eine prächtige Sicht ins Terrigebiet bietet. Der Plaun verfügt praktischerweise über (trotz Schafen) frisches Quellwasser und bietet auch sonst einen sehr angenehmen Biwakort. Wir geniessen unseren traditionellen Biwakschmaus (Teigwaren in Tomatensuppe gekocht, mit Chäswürstli und Parmesan angereichert und mit Knobli und Chili gewürzt) an der wärmenden Abendsonne, die uns bis kurz nach 8 treu bleibt.
Mit zunehmendem Alter schläft man/frau auf der dünnen Matte auch nicht mehr wie die Siebenschläfer, dafür bewundern wir den Sternenhimmel.... Etwas Überwindung braucht es deshalb, sich morgens aus den taufeuchten Säcken zu schälen, aber die schöne Stimmung mit den aus Süden dräuenden Wolken macht dies im Aufstieg zum Piz Lischeias schnell vergessen. Leise Hoffnungen, Pt. 2943, einen auffälligen, mit riesigem Steinmann versehenen Gipfels, allenfalls direkt über den Grat von den Fuorcla Lischeias zu erreichen, erweisen sich ob des steilen, brüchigen Geländes ebenso als illusorisch wie die nach einer Querung zur Grasterrasse östlich von Pt. 2943. So steigen wir in die Val Serenastga ab und deponieren das Biwakzeugs auf ca. 2300m. Von dort steigen wir über grasiges Gelände auf der orographisch rechten Bachseite auf in den riesigen Schuttkessel ob Pt. 2508, von wo uns der Geröllmarsch auf den Piz Aul alles andere als lockt, zumal der Gipfel immer wieder in Wolken gehüllt bleibt.  So entscheiden wir uns, den "Piz Plaun la Galera" (Pt. 2943) anzupeilen, der auch aus dem Lugnez als ziemlich dominanter Gipfel erscheint.  Das Graspodest mit seinen Edelweissen ist gar nicht so einfach zu erreichen; es schützt sich durch kurze Steilstüfchen. Und am Ostgrat von Pt. 2943 müssen wir gar kapitulieren, steile, extrem brüchige Schwarten versperren den Weg. So queren wir in den Sattel zwischen Pt. 2943 und dem Piz Aul und erreichen ersteren mit seinem eindrücklichen Steinmann über den Südgrat, der ein Felsenfenster und einen etwas heiklen, feinschuppig-sandigen Felsbuckel bietet (Schritte T5).
Wieder zurück beim Biwakpuff steigt meine Frau durch die Val Serenastga ab (und badet bei der Mündung des Talbachs in den Glogn), während ich von Pt. 2361 über eine eigentliche Schafautobahn die jähen Grashänge unter dem Piz Ner quere und so den Schafeinstand bei P. 2522 gewinne (einige plattige Runsen erfordern Vorsicht, einige Schritte T5-). Von dort in Kürze auf das wunderbare, von mehreren riesigen Steinmännern gekrönte Plateau des Piz Regina, das einen wahrhaft königlichen Ausblick bietet; das Gipfelbüchlein versteckt sich im untersten grossen Steinmann, wie mir ein Einheimischer (und von solchen wird der Gipfel doch ab und an bestiegen) verriet.  Lange Rast mit kurzem Schläfchen im Wechselspiel von Sonne und Wolken, bevor ich den Abstieg antrat: Vom Sattel südlich des Gipfels führt ein deutlicher Schafweg schräg hinunter auf den Westgrat, der auf ca. 2400 gequert wird; diesen Punkt erreichte ich direkt über den Westgrat. Von dort horizontale Querung der steilen Westflanke, dank gutem Schafweg aber problemlos. Im Aufstieg würde ich den direkten Nordgrat nehmen (T5, s. hier).
Für den weiteren Abstieg wähle ich den prächtigen, grasigen NW-Sporn; wo langsam der Wald beginnt, ist es wichtig, bei einem auffälligen hellen Stein die Wegspur zu treffen, sie führt rechts des Steins zuerst leicht rechtshaltend hinunter und anschliessend gut erkennbar steil durch wildes, stark bewachsenes Gelände auf die schöne Grasterrasse von Cuolm. Gerade über die Wiese hinunter, wo sich die Spur wieder findet und in langen Schlaufen hinunter führt bis zu einer eigentlichen, mit Holzwegweiserchen versehenen Kreuzung: Links aufwärts "Plaun Muttaun/Surin", rechts leicht absteigend wohl auf die Forststrasse unter Pt. 1410. Leider wähle ich weder das eine noch das andere, weil horizontal nach links auch noch eine Spur erkennbar ist, die ich als Direktroute nach Surin auffasse; ich gerate aber nach langer Querung ins Dickicht und muss mich weglos hinunterkämpfen... Bleibt noch der Wiederaufstieg nach Vrin, wo wir für eine Nacht ins sehr empfehlenswerte "Pez Terri" einchecken und es uns deshalb auf der (noch) sonnigen Terrasse gut gehen lassen können statt uns in die Rückreisewelle einzugliedern.

Tourengänger: Polder


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Kommentare (2)


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Bergamotte hat gesagt:
Gesendet am 13. August 2018 um 21:53
Bravo, schön getourt, biwakiert und dokumentiert! Wenn Du magst, trag den Bericht doch in die Community "Biwak- und Zelttouren" ein.

Polder hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. August 2018 um 09:06
Merci für die Blumen und den Hinweis - hab's soeben gemacht. P.S.: Deine Steinbockfotos auf dem über dem Nebel schwebenden Chalchhornplateau sind phänomenal!
Lg,


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