Frühlingstour auf den Speer, 1951m, über Bütz, 1564m
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Nach der Tour „Hirzli – Flüebödeli: 5 miles going West“ von vorgestern stand fest, dass ich etwas im Speergebiet machen will. Dies, weil der eigenartige Aufbau – höchste Nagelfluherhebung Europas – durch die schneebefrachteten, schrägdiagonalen Bändern hervorgehoben wird. Federispitz, Chüemettler, Grappenhorn und Speer bilden eine von allen Himmerlsrichtungen auffällige Gruppe. Dazu kam die Beschreibung von einem Hikr-Kollegen, dass er als siebenjähriger mit dem Speer seine Erstlingstour begangen habe. Na also. Das werde ich schaffen!
Früh morgens fahre ich zum Wengi Parkplatz. Die Nacht war gerade kalt genug, dass mich die teils meterdicke Schneedecke trägt. Ohne Einsinken erreiche ich Hinterwengi 1341m . Die Schneemassen sind durch apere Flächen unterbrochen, auf welchen Krokusse, Schlüsselblumen, Soldanellen und viele andere Blumen ihre Köpfchen der Frühlingssonne entgegenstrecken.
Hinterwengi besteht aus einem Stall und Besenbeiz mit Festbestuhlung im Freien. Sie ist (noch) geschlossen. Die Lage ist famos. Ein riesiger Talkessel öffnet sich auf dieser Höhe, sicher 270° rundherum bis zu 600m hohe Felswände und „Planggen“.
Hier kann man für das Erklimmen des Speers zwischen zwei Routen entscheiden: den Klettersteig via Unt./Ob. Rossalp (auch Besenbeiz), T4, oder den Aufstieg über Bütz, T3. Dazu besteht die Möglichkeit, nach Furggen aufzusteigen und von dort den Chüemettler oder Federispitz zu besuchen, T3.
Ich entscheide mich ganz kurzfristig für die Route Speer über den Bütz, nachdem ich die Speerwand (Rossplanggen) studiert habe. Der Schnee könnte im Klettersteig zum Problemfall werden, eventuell mit Eis kombiniert. Dazu bin ich allein unterwegs und das verpflichtet zur Vorsicht.
Es liegt viel Schnee; viel mehr, als ich erwartet habe. Zur Sicherheit habe ich den alten Stubai-Pickel dabei. Die Weganlage ist nur knapp zu erkennen. Dank der Karte und wenigen an Felsen angebrachten rot/weiss-Zeichen ersteige ich den Schnee/Lawinenhang diagonal nach rechts hoch und kraxle durch ein Couloir des Felsriegels unterhalb der Mulde der Alp Bütz hinauf, treffe auf den abgelegten Stacheldrahthag . Nach einem kurzen Anstieg erkenne ich die Hütte. Sie ist, kaum zehn Jahre alt, einer Lawine zum Opfer gefallen. Dach, Wände und Inventar liegen 20 m unterhalb des betonierten Sockels. Total demoliert. Schade.
Wie weiter? Dank Kompass und Karte eruiere ich die Richtung des Aufstiegs und finde – oh Wunder – kurz vor den Felsabstürzen den markierten Weg. Jedoch mit hartem Schnee in Meterdicke unterbrochen, was bei einer Steigung von über 40° heikel ist. Wieder einmal geht es im Zweischrittrhytmus und konstanter Pickelsicherung langsam empor. Nach einem halbstündigen Versteiger und Wiederfinden des Weges erreiche ich den Grat und erfreue mich am Anblick des Gipfels in etwa 300 m Distanz.
Dieser Grat kann rechts (SE-Flanke) problemlos umgangen werden. Auf der Amdener-Seite steigen zwei Berggänger zum gleichen Ziel empor. Somit sind wir zu Dritt auf dem Gipfel und unterhalten uns angenehmstens. „Servus“. Es ist schon etwas Spezielles, wenn sich drei Leute auf einem Gipfel treffen und sich noch nie getroffen haben und auch nie mehr treffen werden. Und doch einander noch viel zu vermitteln hätten…..zwei Pensionierte und ein Dreissigjähriger!
Die Rundsicht ist für mich einem letztgelegten Puzzleteilchen gleichzusetzen. Ich war auf dem Tödi, auf dem Vrenelisgärtli, auf Hirzli und Planggenstock. Ich war auf dem Sardona, dem Hausstock, dem Biferten. Ich bin im Zürichsee an einer Pfingsten mit einem selbsgebastelten Kanu mit Segel beinahe ertrunken. Ich war auf dem Säntis, dem Altmann, dem Mutschen…… Aber hier bin ich das erste Mal.
Angesichts der prekären Schneesituation steige ich auf dem gleichen Weg wieder ab. Der Schnee ist weicher geworden und gut zum Absteigen: Fersen tief! Und Achtung auf verdeckte Bäche.
Diese sind mächtig angeschwollen und begleiten mit ihrem Tosen meinen Rückweg.
In Vorderwengi kehre ich ein. Das Tagesgespräch ist die von der Lawine zerstörte Bützhütte. Was die Leute alles schon wissen. Erstaunlich. Sie haben Interesse an meinen Bildern….
Tourengänger:
Seeger
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