Mangfallberge: Schöne und leichte Überschreitung des Plattens von Reichersbeuern nach Marienstein


Publiziert von Vielhygler , 10. April 2018 um 23:35.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum: 7 April 2018
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 300 m
Abstieg: 300 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Bad Tölz kommend ist die Zufahrt zur Deponie "Am Vorberg" noch vor dem Ortsbeginn Reichersbeuerns nach rechts beschildert. P. erfolgte am Gesperrt-Schild nach dem Tor der Deponie.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Marienstein: Sack-Landstraße von Hauserdörfl ausgeschildert 4 km. Der beste Weg von Marienstein auf den Plattten geht an der Hauptstr.18 los (siehe Ende der Wegbeschreibung)
Unterkunftmöglichkeiten:Unterwegs keinerlei Einkehr
Kartennummer:DAV Mangfallgebirge West BY 13 und 1: 50 000 LV Bayern Bad Tölz/lenggries

Wer beim Gipfelnamen "Platten" an einen eher flachen, abgeplatteten Berg denkt, der liegt nicht falsch, sondern richtig. Hoch ist der Platten (879 m) nämlich nicht, dafür aber umso länger, er ist zwischen Isar und Tegernsee eine Art bewaldetes   Voralpen- Krokodil: für mich in der Zwischensaison ein Idealkanditat für eine subalpine Spazierüberwanderung von West nach Ost. Doch ist der Platten mit seiner bescheidenen Höhe von 879 m überhaupt ein Berg oder ist er nur noch irgendein Hügel? Genauer gefragt: gehört das "Krokodil" der Höhe und seiner weit nach Norden vorgeschobenen Lage nach überhaupt schon zu unseren "Bayerischen Voralpen" oder gehört er noch dem "Bayerischen Alpenvorland" an?

Die absolute Höhe ist sowieso kein Kriterium, aber der Platten steht, wie die Karte zeigt, auch ganz eigenständig als Bergrücken in der Landschaft, darüber hinaus fehlt es diesem fünf Kilometer langen, West-Ost-Höhenzug auch nicht an der vielbeschworenen Schartenhöhe: 150 Hm steht der Platten über Reichersbeuern im Norden und er fällt im Süden wieder 150 Hm steil zur  Großen Gaißach hinab. Nach Westen zu den Attenloher  Filzen und nach Osten zum Festenbach in Marienstein flacht der Platten sanfter aus, ganz wie es sich für ein ordentliches Krokodil gehört.  

Gehört unser Berg nun zu den Voralpen oder zum Alpenvorland? Als gedachte Grenze mag hier der Verlauf  der  B 471 von Bad Tölz nach Waakirchen und der Landstraße 2365  von dort über Hauserdörfl zum Tegernsee dienen. An diesen Verkehrsstraßen liegen in wellige Wald- und Wiesenhügel eingebettete Ortschaften, wie Waakirchen, Reichersbeuern oder Hauserdörfl: dort und weiter nördlich ist von der Charakteristik her: eindeutig Alpenvorland.
Südlich von diesen Straßen hingegen gibt es außer Marienstein , das als winziger Häusercluster bis 1855 n. Chr. noch Holzwiesenthal hieß und erst in der Neuzeit als Bergbausiedlung Marienstein ausgebaut wurde, keine größeren Siedlungen mehr, sondern nur noch ausgedehnte, oft sehr waldreiche Voralpenberge, zu denen natürlich auch der Platten zählt, schließlich bildet er zusammen mit dem Nesselscheiberücken den nördlichen Abschluß eines riesigen, zusammenhängenden Berggebiets, das nach Süden immer wieder an- und absteigend über Sulzkopf, Rechelkopf, Fockenstein, Hirschberg und viele weitere Gipfel sowie zahllose trennende Taleinschnitte hinweg von keiner einzigen Landstraße mehr zerschnitten wird, bis es schließlich zu Tegernsee, Weißach, Walchen und Isar abfällt.

Wegbeschreibung

Ich parkiere am Wertstoffhof Reichersbeuern, gehe von dort eine Schotterstraße nach Westen und treffe auf eine geteerte Straße, auf der auch der Normalweg von Greiling auf den Rechelkopf führt. Schöne Blicke über die Attenloher Filzen auf die Benediktenwand. Noch vor der Brücke über die Große Gaißach führt an einem großen Stadel ein auch in der Karte verzeichneter Karrenweg nach links zum Waldrand. Dort ein kleinerer Stadel und eine alte, marode Sitzbank.
Der Karrenweg leitet durch Wald bald auf eine freie Wiesenfläche. Nun bin ich schon etwas oberhalb der eingezäunten Deponie. Gegenüber des Zauns ein kleiner, ansteigender Wiesenstrich. Diesen nun kurz weglos hinauf zum Waldrand und in wenigen, weiteren Schritten zum breiten Grat, dem ich dann nach links (Osten) folge.
Am bewaldeten Grat finde ich, manchmal im Minutentakt, Grenzsteine mit allen möglichen Stangen, Rohren etc. dekoriert und außerdem einen Pfad, der zunächst fast durchgängig am Grat bleibt. Es geht über den unsichtigen P. 761 flach hinweg zu einer Straße mit einem Bauwagen und einer Futterraufe (Foto).
In der Folge ziehen diffuse Karrenwege unterhalb des Grats entlang und verlassen ihn wieder: hier gehe ich einfach unbeirrt und manchmal auch weglos, immer bequem am Grat weiter. Ich erreiche eine Jungwaldschonung und bald darauf einen auch in der Karte verzeichneten Wasserspeicher. Kurz drauf, an einer schon wieder etwas zugewachsenen, freigeschlagenen Stelle, habe ich erste Aussichten nach Süden auf den Sulzkopf und seine Nordostschulter, den Kahrberg direkt gegenüber.
Ich gehe, meistens noch auf dem Pfad mit weiteren Grenzsteinen, auf dem Grat weiter, bis von links (Norden) ein gekiester Karrenweg den Grat aufnimmt. Der höchste Punkt  des Plattens ist nun bald erreicht, erfreulicherweise ist dies eine hübsche, nach Süden freie Stelle, ohne Gipfelzeichen, aber mit einem sehr netten, romantisch improvisierten Brotzeitplatz und einem hingestellten Hacklstecken. Offenbar kommt jemand anderes auch gerne hierher und will seine Ruhe haben. Wie schön, ich tue es ihm nach: Mittagspause! Ich schaue mich, in die Südsonne blinzelnd um: die Aussichten reichen etwa vom Gefällberg bzw. Nesselscheiberücken über den Luckenkopf hinweg bis zum Mitterberg. Ein schöner Platz! Ich lehne mich zurück, schließe die Augen...
Nach der Mittagspause geht es, immer noch auf der gekiesten Straße, nach Osten sanft hinab, bis ein alter Hohlweg den Kiesweg quert. Hier Obacht! Der Weiterweg am Grat führt nämlich in einer Art Knick über den etwas niedrigeren, unsichtigen Südostgipfel des Plattens weiter. Ich gehe deshalb den Hohlweg ein paar Schritte nach rechts (Süden) und gehe dann wieder nach links (Osten) zum leider unsichtigen Südostgipfel des Plattens hinauf. Die immer wieder vorhandenen Grenzsteine sind in etwa auch so gesetzt.. Nun geht es wieder bequem am Gratrücken bergab bis zu einer Senke mit einer Straße, die von MTB-Fahrern und Spaziergängern bevölkert wird. Es handelt sich um den Wanderweg, der von Marienstein nach Reichersbeuern führt. Ich kann auch jenseits der Straße schon einen breiten Lichtungsstrich sehen, der zum östlichsten, über Marienstein stehenden Teil des Plattens führt.
Zunächst geht es nun weglos den Strich hinauf. Ich habe noch einmal einen Ausblick auf den Rechelkopf sowie einen Rückblick auf den Platten und seinen Südostgipfel.
Am Grat finde ich es einfach, mich zu orientieren und außerdem ist es hier sehr hübsch: zum ersten Mal heute steht hier lichter Berg-Mischwald. Auch auf dem Weiterweg bleibt der Gratverlauf zunächst sehr übersichtlich, da er als Geländekante direkt über dem westlichen Teil Mariensteins entlangführt.
Dann wird es auf dem Weiterweg jedoch diffus: Viele Buckel und kein Grat mehr. Landschaftlich ist es hier faszinierend: wunderschöner Berg-Mischwald mit Grashügeln, kleinen Gräben,  Blumen, Rinnsalen, Büschen, einer freien großen Lichtung, sehr schön, aber auch außerordentlich unübersichtlich. Wo genau bin ich? Keine Ahnung. Ich wandere also etwas verträumt (Sonne rechts) einfach immer weiter nach Osten und höre den zwitschernden Vögeln zu, bis ich plötzlich einen deutlichen Pfad finde und unter mir Marienstein sehen kann. Dann erreiche ich auch schon in wenigen weiteren Schritten das grasige Plateau der Abraumhalde des nicht mehr existierenden Kohleberkwerks., ein wunderschöner Platz! Ich lege mich ins Gras, blinzele in die Sonne und bin zufrieden... 
Nach einer gemütlichen Pause folgt nur noch der kurze Abstieg. Ich folge dem Pfad auf der Südseite nach Westen, bis ich nach wenigen Schritten direkt unterhalb ein großes neues, fensterloses Gebäude sehe: Mariensteins Wasserspeicher. Von dort auf der Straße hinab nach Marienstein. Nach der Schranke noch ein Gesperrt-Schild an der Straße nahe des Ortsbeginns. (In umgekehrter Richtung: Von Waakirchen kommend Ortseingang, dann Gesperrt-Schild rechts von der Hauptstr. 18. Nach 20 Sekunden: Schranke, nach etwa 40 Hm Wasserwerk, direkt oberhalb dieses Pfad nach rechts, zum Plateau 3 Minuten).
 
Bemerkungen

Wirklich gewundert hat mich, daß es auf den Platten schon einen Bericht gibt: vom erkundungsfreudigen trainman, der den Höhenzug des Plattens als Abstecher erreicht hat.
Jahreszeit? Eindeutig am besten in der Zwischensaison, wenn das schöne, aber blickbehindernde Laub noch nicht ausgetrieben hat oder schon wieder abgefallen ist.
Landschaft? Schön und abwechlungsreich; am besten hat mir die Gegend im Osten des Plattens um den P. 845 und den P. 842 herum gefallen. 
Schwierigkeiten? Nur wegen der Wegfindung, vor allem im östlichen Teil der Tour bewerte ich mit T3. Sonst überwiegend T1, stellenweise T2. Stachelige Totholzpassagen gibt es keine.
Gehrichtung? Vom Einstieg her von West nach Ost am einfachsten zu finden. Wer möchte, kann nach dem höchsten Punkt die Plattenüberwanderung an dieser Stelle unterbrechen und auf einem Normal Wanderweg nach Marienstein hinabgehen.
Ausrüstung? Die Tour verläuft oft im Wald. Sonnencreme braucht man nicht viel, da freut sich der Geldbeutel ;-)
Hat es mir auf dem Platten gefallen? Ja, durchaus! Aber ich treib' mich sowieso gerne irgendwo in den Bergen  herum und entdecke was Neues: es kann ja nicht jeden Tag der Nanga Parbat sein...
Fazit? Lange, leichte, sehr einsame und außerordentlich abwechslungsreiche Unternehmung.
Im Westen des Plattens ist es einfach, sich den breiten Grat entlang gehend zurechzufinden.
Ganz im Osten, schon über Marienstein, ist das Gelände landschaftlich am interessantesten, allerdings auch sehr unübersichtlich. Ich fand es jedenfalls nicht einfach, die rampenartig vorkragende und von Marienstein aus sehr attraktiv aussehende, ganz im Osten des Plattens befindliche Hochfläche zu finden. Dieses aussichtsreiche und stimmungsvolle Plateau, das in Wirklichkeit die Abraumhalde des aufgelassenen Kohlebergwerks Marienstein ist, erreicht man vielleicht besser separat als 15 Minuten- Spaziergang direkt von Marienstein aus (siehe Hinweise bei der Wegbeschreibung des Abstiegs).

Tourengänger: Vielhygler


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