Kurzbericht 

Überschreitung der 3 Bockkarspitzen - Wildestes Lechtal


Publiziert von Andy84 , 25. Juli 2017 um 23:29.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:16 Juli 2017
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Kartennummer:AV 3/3 Lechtaler Alpen - Parseierspitze

Ein scharfer, dreigipfliger Felsgrat trennt Kogel- und Bockkar. Die 1000m lange, elegante, tief geschartete Schneide fällt nach Westen mit hoher Wand ab, in der die stark gebankten und wild verborgenen Schichten aus Hauptdolomit ins Auge fallen.                   Auszug AVF

Im aktuellen AVF ist dies die Einleitung für die Bockkarspitzen. Genauer beschrieben wird jedoch nur der Südgrat auf den Hauptgipfel.
Über die Nördliche und Mittlere Bockkarspitze findet man im Internet überhaupt nichts, lediglich im alten AVF von Heinz Groth sind die Gipfel beschrieben. Aber diesen Beschreibungen darf man nicht immer Glauben schenken, zu oft schon stimmten die Schwierigkeitsbewertungen überhaupt nicht. Die Überschreitung wird mit III bis IV im brüchigen Dolomit bewertet, na dann müssen wir doch mal schauen ob dies auch so stimmt.

Startpunkt ist mal wieder das kleine Gebirgsdorf Gramais, mittlerweile mein Lieblingsort im Lechtal, da von hier eine große Anzahl genialer Touren beginnen.


Nördliche Bockkarspitze

Wir wandern zunächst gemütlich in Richtung Sattele, nach gut 10 Minuten zweigt dann der ausgeschilderte Weg nach rechts zum Kogelsee ab. Schnell an Höhe gewinnend geht es auf schönem Pfad durch die Latschen hinauf.
Es lässt sich bereits schön der breite Nordwestrücken erkunden über welchen wir den Aufstieg zum Nordgipfel geplant haben. Dazu folgen wir dem Weg bis er auf ca. 1900m scharf rechts nach Süden zum See hin abzweigt. Hier steigen wir nun über eine Geröllrinne auf den Kamm auf. Der Fels ist hier bereits von bescheidener Qualität, die Rinne oben hinaus steil und erfordert eine gute Trittsicherheit.
Auf dem Rücken sind wir dann erstmal stark überrascht da die von unten nicht einsehbare Seite eine gemütliche Wiesenflanke darstellt. Auch erhalten wir erstmals einen schönen Blick in das extrem einsame Bockkarle.
So steigen wir über die Grasflanke hinauf bis zu P. 2218, von welchem nun die Kraxelei beginnt.
Das Gelände erweist sich von Beginn an als sehr unübersichtlich, unzählige Rinnen führen vom Gipfel herunter. Wir folgen zunächst dem Nordwestgrat, queren dann aber später einige Rinnen nach Osten hinüber Richtung Nordgrat. Bevor wir diesen erreichen geht es weiter durch eine lange Rinne an den Gipfelkörper heran. Vorsichtiges Steigen ist angesagt, es liegt sehr viel Schutt herum und auch der Fels ist eher von brüchiger Natur.
Am Ende der Rinne steigen wir kurz auf einen Felskopf nach Norden auf um uns einen besseren Überblick zu verschaffen. Hier sehen wir auch das erste Mal den schönen Kogelsee. Von dem Felskopf erfolgt dann die beruhigende Erkenntnis das wir richtig unterwegs sind, der Gipfel ist endlich auszumachen.
Auf der anderen Seite ein kurzes Stück abgestiegen und unter einem breiten Felskörper zur kurzen Gipfelplatte hinüber gequert. Auf dem Gipfel erwartet uns dann ein kleiner Steinmann mit einem Buch eines gut befreundeten Locals.
Der Blick nach Norden hinüber zum Potschallkopf gefällt, ganz anders sieht es mit dem Blick nach Süden zum Mittelgipfel aus. Da soll es nun wirklich rüber gehen?

Mittlere Bockkarspitze

Zunächst sieht es so aus als könnte man direkt am Grat bleiben, geht man vom Nordgipfel jedoch ein paar Meter nach Süden, so steht man direkt über einer sehr tiefen Einschartung. An einen direkten Abstieg ist hier überhaupt nicht zu denken.
Also müssen wir uns eine Umgehung suchen, die einzige Möglichkeit bietet sich in der Westflanke.
So steigen wir nun vorsichtig in diese ab. Der Fels ist wie erwartet übelst brüchig, dazu noch ne schrofige Flanke mit großer Schotterauflage. Absolutes Traumgelände.
Gut 100-120Hm wird abgestiegen bevor wir die erste und auch einzige Möglichkeit finden in die tiefe Rinne einzusteigen. Vorsichtig versuchen wir mehrere Bänder um direkt reinzukommen, diese Enden jedoch immer über einem senkrechten Abbruch mit anschließender anspruchsvoller Querung.
Also wählen wir zunächst einen senkrechten gut 5 Meter hohen Abstieg (III) auf ein tiefer liegendes Band und queren auf diesem dann hinein (III).
Die erste Schlüsselstelle der Überschreitung, diese ist aus unserer Sicht auch zwingend zu bewältigen.
Auf der anderen Seite der Rinne führt uns ein schönes Band wieder hinaus, auch dies dürfte die einzige Möglichkeit zum Ein-/bzw. Ausstieg darstellen.
Ohne großen Höhengewinn wird nun unter den beiden Grattürmen gequert bis eine breite Rinne herunter zieht.
Dieser folgt man nun mehr oder weniger bis hinauf zum Gipfel. Sie zweigt zwar ein paar Mal ab, aber der "einfachste" Weg führt hinauf. Der einfachste Weg deutlich hier jedoch Kletterei im teilweise unteren III-Grat, zudem ist der Fels hier extrem brüchig. Der Mittelgipfel will also wahrlich erkämpft werden.
Auch sieht man den Gipfelaufbau erst extrem spät, die Rinne führt einen jedoch direkt zu einem großen Felsenfenster.
Durch dieses hindurch und auf der anderen Seite direkt auf den Gipfel hinauf (III-). Endlich oben.

Bockkarspitze

Wir schiessen ein paar Fotos und machen uns dann gleich an den Weiterweg, denn noch ist die Überschreitung nicht geschafft. Wir folgen direkt dem sehr brüchigen Grat an dessen Schneide nach Süden, müssen aber recht bald in die sehr steile schrofige Ostseite ausweichen da die Kletterei am Grat zu brüchig für diese Ausgesetztheit ist.
Über Steilschrofen queren wir zunächst gut 2 Meter unter der Gratkante. Aber auch hier ist recht schnell Schluss. Das erste "Band" erweist sich als zu schwer, das zweite knapp darunter ist dann die Lösung.
Sehr ausgesetzt wird die senkrechte Wand leicht absteigend gequert, der Fels ist zum Glück recht fest. Vorsichtiges Schieben und Drücken ist hier angesagt.
Klettertechnisch ist hier auch ein glatter III-er anzusiedeln.
Danach geht es auf die Westseite und hier wird final in die Scharte vor der Bockkarspitze abgestiegen. Aus der Scharte schaut der Aufstieg dann gemütlich auch, und er stellt sich auch im Vergleich zum bisher gegangen als solcher heraus.
Der Rückblick zur Mittleren Bockkarspitze ist dagegen wirklich spektakulär. Sie dürfte unserer Meinung nach zu den schwersten Lechtalern zählen, von beiden Seiten ist ein glatter III-er im äußerst brüchigen Fels gefragt.
Der Aufstieg zur Bockkarspitze ist logisch und muss nicht näher beschrieben werden.
Ein großer Steinmann mit neuem Gipfelbuch erwartet uns, da tragen wir uns natürlich gerne ein.

Auch hier legen wir keine allzulange Pause ein, wir wollen endlich runter zum See und die Füße abkühlen.
Also steigen wir über den Normalweg hinunter zur südlichen Bockkarscharte, der Weg ist hier von ADI bestens beschrieben.
Die Steinmanndl weisen den Weg, man kann aber auch ohne Probleme eine eigene Linie suchen. Kurz vor der Scharte steigen wir dann durch eine Geröllrinne hinunter zum Wanderweg und kurz danach hängen auch schon die Füße im kalten Nass.

Der Kogelsee ist ein wunderschöner Fleckchen Erde und auch schon als alleiniges Tourenziel eine Runde wert.
Blickfang vom See ist natürlich der Kogel mit seiner steilen Ostflanke, unser Blick wandert jedoch immer wieder nach rechts oben, man sieht große Teile der Überschreitung recht gut ein.

Dem Wanderweg folgen wir später gemütlich hinunter nach Gramais und bei einem eiskalten Russn lassen wir die geniale Tour ausklingen.


Schwierigkeiten:

Gramais - Nördliche Bockkarspitze T3 Wanderweg
T6-, II Aufstieg zum Nordgipfel
Nördliche Bockkarspitze - Mittlere Bockkarspitze T6, III
Mittlere Bockkarspitze - Bockkarspitze T6, III
Bockkarspitze - Kogelsee T5, II
Kogelsee - Gramais T3


Fazit:

Eine wirklich wilde Überschreitung, von den Schwierigkeiten und dem Gesamtanspruch noch eine Ecke schwerer wie die Überschreitung vom Großstein zur Südlichen Torspitze. Wir haben vom Nord- zum Hauptgipfel fast 3 1/2 Stunden benötigt, in dieser Zeit ist so gut wie keine Wanderpassage enthalten. Durchgehend sehr anspruchsvolles, teilsweise extrem brüchiges Gelände bespickt mit sehr viel Kraxelei, teilweise im unteren III-ten und an 2 Stellen im glatten III-ten Grat. Bei dieser Tour ist der komplette Bergsteiger gefragt, ein sehr guter Orientierungssinn und Gespür für die beste Route ist hier ausschlaggebend.
Trotzdem hat es extrem viel Spass gemacht, vorallem mit dem Wissen das noch nicht wirklich viele Leute auf dem Nord- und vorallem Mittelgipfel gestanden sind.





Tourengänger: Andy84


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