Charenstock - Berglihorn - Blistöcke


Publiziert von Bergamotte , 9. Juli 2017 um 14:33.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 5 Juli 2017
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Chärpfgruppe 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:LSB Chies-Mettmen
Kartennummer:1174 Elm

Vermutlich hat jeder Alpinist seinen persönlichen Angstberg. Bei mir war's bisher das Berglihorn. Jahrelang hat mich die extreme Ausgesetztheit von einer Begehung abgehalten. Nun habe ich mich doch überwunden, auch in der Hoffnung, dass vor Ort - wie so häufig - alles nur halb so schlimm sei wie befürchtet. Das hat sich leider nicht bewahrheitet: Meine Angst vor dem Berglihorn war durchaus berechtigt...

Um 08:15 laufe ich von der Bergstation auf Mettmen los. Das neue Berggasthaus ist ein wirklicher Blickfang geworden, modern und doch der Landschaft angepasst. Den Aufstieg zur Gandfurggele (2154m) kenne ich mittlerweile zu Genüge und bringe ihn zügig hinter mich. Hier beginnt die lohnende Gratwanderung, die erst auf dem Hinter Blistock ihr Ende finden wird. Der Grat hoch zum Felskopf P. 2317 lässt sich genussvoll begehen, einige Aufschwünge werden westseitig umgangen (teils schwache Trittspuren). Anschliessend runter in die Senke vor dem Charenstock, wo zuletzt nochmals kurz nach Westen ausgewichen werden muss. Die gutmütige Nordflanke des Charenstocks (2422m) lässt sich fast überall begehen. Zuoberst laufe ich auf einen Bergführer mit Gast auf. Die beiden Appenzeller begehen die vermutlich schönste Tour im ganzen Gebiet: die komplette Überschreitung vom Chies bis zum Kärpf.

Für den Weiterweg Richtung Berglihorn steigt man vom Gipfel am einfachsten nach Westen ab, um anschliessend zurück zum Grat zu queren (kurz vor dem Grat mit Halteseil). Ich weiss es besser und steige vom Charenstock direkt nach Süden ab. Bald bricht das Gelände senkrecht ab: Die Zweiergruppe seilt hier ab, ich muss über ein Band mühselig zurück nach NW queren - nicht empfehlenswert. Unten auf dem meist breiten Gratrücken erreiche ich - schneller als erhofft - die Nordseite vom Berglihorn. Ein erster Blick in die NE-Flanke lässt Zuversicht aufkommen: sieht gut gestuft aus. Doch bereits beim Einstieg wird mir flau, das felsdurchsetzte Grasgelände ist vielerorts fast senkrecht. Das müsste nicht sein, doch um die gröbste Ausgesetztheit zu vermeiden wähle ich im Aufstieg eine sehr direkte Variante auf der rechten (westlichen) Seite. Der Pickel leistet gute Dienste, teils muss ich mehrmals ansetzen und zurücksteigen. Vorübergehend denke ich gar an Rückzug. Die Freude bei Ankunft auf dem Berglihorn (2428m) ist gedämpft: Nach dem Aufstieg ist vor dem Abstieg. Also kurzer Eintrag ins Buch und gleich retour. Auf einem angenehm breiten Band wenig unterhalb des Gipfels lasse ich erstmal die Zweiergruppe passieren, welche entlang weniger Bohrhaken aufgestiegen ist (in Felsnähe). Meine Aufstiegsroute kommt für den Abstieg nicht in Frage, viel zu steil. Nach etlichen Versuchen und minutenlangem Rumeiern finde ich schliesslich einen gangbaren Weg: es ist die Variante ganz aussen (östlich) über extrem ausgesetzte Bänder, dafür technisch "einfacher". Die Tritte sind fussbreit und die Griffe dürftig und grasig - und so fühle ich mich auch.

Unten dann mit Verspätung die grosse Freude über den Erfolg. Zudem sind alle Alltagssorgen, an denen ich zuvor noch rumstudiert hatte, plötzlich wie verschwunden. Derart neugeboren nehme ich den zweiten, rein genussvollen Teil der Tour unter die Füsse. Über gehobenes Gehgelände (max T4) erreiche ich das Wildmadfurggeli (2292m), einen der grossen Knotenpunkte im Gebiet. Ab hier lassen sich alle Blistöcke unschwierig überschreiten. Als Rastplatz für meinen Lunch wird der Mittler Blistock (2447m) auserkoren, der höchste der drei. Er lässt sich vom Vorder Blistock in zuletzt kurzer, unschwieriger Kraxelei erreichen. Bald hat auch die Zweiergruppe wieder aufgeschlossen. Sie hatte - vernünftigerweise - über die Südflanke vom Berglihorn abgeseilt. Die Gesamtüberschreitung in einem Tag ist ihnen mittlerweile etwas viel geworden und sie beschliessen, nach dem Schwarz Tschingel direkt zur Leglerhütte abzusteigen und die Gebrüder Kärpf am Folgetag anzuhängen.

Selber hänge ich den Hinter Blistock (2446m) an - ein Abstecher von wenigen Minuten-, um anschliessend über den beliebten Wanderweg zurück zum Klettergarten Widerstein zu queren. Von diesem Höhenweg darf ich nochmals schöne Blicke auf die soeben begangenen Charenstock und Berglihorn werfen. Die prall gefüllte LSB bringt mich zurück ins Chies.


Zeiten
1:40  Charenstock
0:50  Berglihorn
1:00  Mittler Blistock
1:30  Mettmen

Tourengänger: Bergamotte


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Kommentare (5)


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Mueri hat gesagt: Eine würdige Herausforderung
Gesendet am 9. Juli 2017 um 16:05
... hast du da als 500. Bericht gepostet.

Ich freue mich, dass dir dieser harte Brocken gelungen ist; und noch viel mehr freue ich mich über weitere Berichte aus deiner Feder!

Gruess, Mueri

Bergamotte hat gesagt: RE:Eine würdige Herausforderung
Gesendet am 9. Juli 2017 um 16:29
Herzlichen Dank, Armando. Ich vermute, Dir und justus wäre die Begehung des Berglihorns einiges leichter gefallen.

Primi59 hat gesagt:
Gesendet am 9. Juli 2017 um 17:49
Hey, da kann man nur gratulieren ! und wie immer, super Beschrieben mit tollen Bildern...

Lg
Primi

PStraub hat gesagt: Gratulation - endlich ..
Gesendet am 10. Juli 2017 um 08:05
.. wieder einer auf dem Berglhorn!
Drei Besuche in acht Jahren - da hätte es Luft nach oben ..

Gruss Peter

justus hat gesagt: Glückwunsch!
Gesendet am 10. Juli 2017 um 21:39
Auf das Berglihorn habe ich es noch nie geschafft. Dieser kleine Turm scheint es ja in sich zu haben! Mutig von Dir eine andere Abstiegs als Aufstiegsroute zu verwenden. In dem Gelände doch noch eine ganz andere Herausforderung.

ciao,
justus


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