Neue Route "Prix Garantie" im Rätikon-Die Luft am Elefantenbauch an der 4. Kirchlispitze schnuppern


Publiziert von nena_cb , 14. Juni 2017 um 21:49.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Prättigau
Tour Datum: 8 Juni 2017
Klettern Schwierigkeit: IX (UIAA-Skala)
Aufstieg: 220 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ab Grüscher Älpli, Fixseile zum Elefantenbauch
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Schuders - Grüscher Älpli
Unterkunftmöglichkeiten:Kletterhütte Rätikon

Mit seinem Blogeintrag im Herbst 2016 hat uns Marcel Dettling neugierig gemacht: Gleich rechts einiger der ganz grossen Routen im Rätikon, Silbergeier, Antihydral und Hannibals Albtraum, hat er eine neue Route eröffnet. Betitelt hat er sie als Discountlinie: Ein einfacher Zugang zu diesem faszinierenden Bereich der Wände rund um den Elefantenbauch. Die Schwierigkeiten mit bis zu 7c liessen aber vermuten, dass auch diese Route – trotz der dettling’schen Absicherung - kein Spaziergang wird.

Kurzum war die Route "Prix Garantie" als unser Sommerprojekt 2017 definiert. Da wir am regnerischen Pfingstmontag gearbeitet haben und es uns spontan einrichten konnten, nutzten wir den sonnigen Donnerstag, um uns ein erstes Mal in die Route zu begeben.

Der Zustieg über das steile Geröllfeld hinauf zu den Fixseilen an der 4. Kirchlispitze ist etwas mühsam. Beim nächsten Mal werde ich dieses grosszügig zu umgehen versuchen und unter den Felsen zu den Fixseilen queren. Die Fixseile sind in gutem Zustand und mit einem Ropeman schnell zu überwinden. Je höher wir steigen, desto imposanter erscheint der Elefantenbauch mit seinen gelben und grauen Streifen vor uns. Oben angekommen findet sich der Einstieg an den Fixseilen ganz rechts auf dem Band... Wie zu vermuten war, führt die Route nicht quer durch den schweren Bauch, sondern steigt in weniger steilem Gelände rechts daran vorbei.

1. SL 7c: Da ich übermotiviert bin, überlässt mir Risch den Vortritt in der 7c. Die erste Krux folgt sogleich nach dem dritten Haken ab dem kleinen Bändchen. Nach einigem Überlegen entscheide ich mich, den Versuch über die rechte Variante zu wagen, obwohl diese vom Erstbegehren als "bouldrig schwer" bezeichnet wurde. Ein weiter Zug nach links bringt mich zum grossen "Topf", vorher müssen jedoch für Leute mit weniger Spannweite noch ein paar strenge Züge absolviert werden. Bei diesem Zug hole ich mir an einer scharfen Kante eine Schnatte in der Fingerbeere, weshalb bis zum nächsten Regen wohl bis oben noch meine Blutspuren zu finden sein werden. Obwohl der letzte Haken bereits ein paar Meter rechts unten liegt, muss nochmals wackelig "gemantelt" werden, bis der nächste Haken geklippt werden kann. Es folgt die eigentliche Krux: an zwei kleinsten und scharfen Grifflein hoch auf nichts anstehen und sich hinaufdrücken zu etwas besseren Griffen. Leider gelingt mir auch nach mehreren Versuchen der Zug nicht... Oben folgt eine weitere wirklich schwere Stelle, welche nicht leicht zu lesen ist. Weiter steigt man einen grasigen Teil hinauf bis zum Stand. Eine grossartige Länge!

2. SL 6c: Die zweite Länge lässt bereits vermuten, dass wunderschöne und technische Abschnitte auf uns warten. In einem Bogen nach links wird der Bauch überwunden. Kompakt und schön!

3. SL 7a (evtl. 6c+?): Diese Länge erschien mir klettertechnisch weniger anspruchsvoll; vielmehr wird deutlich, dass es sich vorliegend um eine neue Route handelt, welche noch "abgeklettert" werden muss. Immer wieder lösen sich kleine Splitter unter den Füssen. Die Krux ist mit Verzicht auf einen kleinen Absatz zu überwinden, da mir dieser sehr lose erschien und direkt über dem Sicherer hängt. Risch konnte den Absatz im Nachstieg noch etwas säubern, sodass für künftige Seilschaften die Stelle etwas weniger gefährlich sein sollte. Insgesamt eine eher brüchige Länge, die klettertechnisch weniger anspruchsvoll ist.

4. SL 7a+: Vom Stand weg klettert man in Richtung eines Überhangs, der links umgangen werden muss. Ich kletterte etwas zurück und fand so gute Tritte. Die folgenden Züge bis zum Stand sind Bijous mit einer Sequenz an typischen rätikonesquen Zügen, auf kleinen Tritten, Leisten, stossen, drücken, quetschen... grossartig!

5. SL 6c: Es folgt eine kurze, ebenfalls schöne Länge.

6. SL 6c: Die Länge folgt einer Verschneidung, welche von unten einfacher aussieht als sie ist. Insgesamt erscheint die Länge aber wieder etwas brüchiger als seine Vorgänger. Athletisch!

7. SL 6b: Es folgt eine homogene und ästhetische Genusslänge vom Feinsten zum Schluss!

Das Abseilen über die Route ging problemlos, obwohl von oben gesehen die vielen losen Steine etwas anderes vermuten liessen.

Insgesamt eine sehr schöne Route, die aber zwischendurch noch weitere Begehungen nötig macht, bis alle losen Trittchen und Leisten ausgebrochen sind. Die Absicherung ist intelligent und gut, aber keineswegs überbohrt. Die Bewertungen erscheinen uns angemessen, wobei sich einzig die 3. Seillänge etwas leichter als bewertet anfühlte (Evtl. 6c+?).
 
Da ich bis auf die erste Länge alle Seillängen durchklettern konnte und ich die Einsicht hatte, dass ich wohl in der ersten Seillänge die Schlüsselstelle auch bei einem zweiten Versuch nicht auflösen werde, entschloss ich mich, mich nach einem neuen Projekt für unseren Rätikon-Sommer 2017 umzusehen. Das Rätikon hat schliesslich noch eine Menge zu bieten!

Viel Spass beim Klettern!
Christina Blumenthal
Kletterpartner: Risch Bandli

Tourengänger: nena_cb



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