Niedernißltürme - Die "Grätchenfrage"


Publiziert von Wagemut , 18. Juni 2017 um 11:03.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:29 Mai 2017
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m

Nach langer Bergabstinenz ist die Sehnsucht nach Hügeln, Spitzen, Hörnern und ...Türmen doch sehr groß. Niedernißltürme! Das ist was Niedriges, oder? Naaa, Schmarrn! Jedenfalls wird dieser mit vielen kleinen Türmen und Zacken versehene Grat angesichts des zu erwartenden Bruchs relativ selten von jemanden aufgesucht. Die Tiroler Bergsteiger werden wohl doch ein paar Mal im Jahr vorbeischaun, sodass der Grat vielleicht 10 Begehungen pro Jahr hat. Demnächst zur Sonnwend wird dort sogar gebrannt..

Überschreitung von Fichter-, Mittagspitze und Schneekopf

Etwas spät, um Viertel vor 9, starte ich am Parkplatz Karwendelrast. Da ich wegen des vorangegangenen Sonntags keine Gelegenheit mehr zum Einkaufen hatte, muss ich mit den 5 Semmeln vom Bäcker vorlieb nehmen. Eine Käsestange dient mir als besondere Notration und wird nur nach besonderen Anstrengungen angebissen. In sehr langsamem Tempo mache ich mich auf den Weg zur Waldhorbalm, um mich einzulaufen und nicht am Anfang gleich zu viel Energie zu verbrauchen. Auf der Alm mache ich ausgiebig Pause (ca. 30 min)  Der Brunnen führt nach den vielen Sonnentagen recht wenig Wasser, aber nach 10 min sind meine Trinkflaschen wieder gefüllt. Es geht zum Jöchl hinauf mit der letzten Wasserstelle vor dem Aufstieg zur Fichterspitze.

Die Tour vom Fichterspitz über Mittagspitze bis zum Schneekopf wurde kurz und knapp bereits von ADI hier beschrieben. Ich möchte nur noch hinzufügen, dass, wer vom Schneekopf Richtung Bärenkopf absteigt, nicht unbedingt westlich zum Hochnißlweg absteigen muss, sondern auch vom Sattel vor dem Unteren Bärenkopf östlich auf einem Steig Richtung Jagdhütte bei der Steinlechnermahd absteigen kann. An der Jagdhütte gibt es auch einen wunderbaren Brunnen. Der Steig quert weiter östlich abwärts und stößt schließlich wieder auf den markierten Abstiegsweg von der Waldhorbalm.

Überschreitung der Nißltürme

Mein Weg führt mich jedoch noch nicht hinab zu den Bärenköpfen, sondern ich versuche mich an der Überschreitung der Niedernißltürme. Wie der Grat zu begehen sein wird, ist jetzt die "Grätchenfrage".
Der AV-Führer spricht davon, dass man sich, um zur ersten Scharte zu kommen, nördlich halten soll. Danach richte ich mich. Gleich zu Beginn erfreut mich ein auffälliges Steinmanndl. Leider soll es das erste und letzte auf der Überschreitung bleiben. Es geht einstweilen in einer Rinne parallel unterhalb des Grats hinab. Danach wende ich mich nach Norden und steige in einem Bogen rel. tief zu einer großen schneegefüllten Rinne ab. Diese führt zur Scharte hinauf. II., brüchig.
Auf keinen Fall sollte man am Grat absteigen, denn dieser stürzt auf halbem Weg zur Scharte ca. 10 Meter leicht überhängend ab. Eine auffällige rosa Reepschnur über dem Abbruch zeugt von waghalsigen Vorgängern.

Von der Scharte geht es über zunächst gutmütiges Schrofengelände von Norden her zum Grat hinauf, wobei man kurz vor diesem nach rechts eine bröselige Rinne überqueren muss. Einmal auf dem Grat angekommen geht es immer auf dessen Höhe über mehrere, fast gleichhohe Türmchen hinweg, III., ausgesetzt, brüchig mehrere alte Haken und Schlingen im Fels. Hier muss man schon gut aufpassen, wo man hinlangt. Die Devise ist mehr als anderswo Stützen und Stemmen statt Reißen!
Einmal gibt es einen größeren Abbruch, von dem ganz offensichtlich öfter abgeseilt wird. Unterhalb von diesem befindet sich eine glatte Platte.
Kurz vor einem Turm mit von weitem sichtbarer, nördlich ausgerichteter, breiter, plattiger Wand gehe ich einmal zwischen zwei Türmen durch und quere auf der Südseite.

Dann habe ich bald die Scharte mit kleinem Schneefeld vor dem breiten Turm erreicht. Ab hier beginnt die sog. Westliche Gruppe der Nißltürme. Der Turmaufschwung  stellt die technisch schwierigste Stelle der Überschreitung dar. Zunächst einige Meter schräg rechts aufwärts haltend, dann ein paar Schritte links und durch einen kurzen Kamin, IV., gerade emporstemmend, erreiche ich den Scheitel des Turms..
Es geht weiter zu zwei gleich hohen, südlichen Türmen. An den folgenden Abschnitt kann ich mich nicht mehr ganz genau erinnern, da ich mich voll auf die Wegfindung und das Gelände konzentrieren musste. Von den südl. Türmen geht es nach meiner Erinnerung nördlich hinab in eine Scharte und aus dieser durch eine Steilrinne hinauf auf den größten Turm zu. Leider bin ich dann an diesem südlich vorbeigequert. Ehe ich dies realisierte, befand ich mich bereits auf dessen Westseite. Schade, denn auf dem Turm befindet sich ( so sieht es von weitem aus) ein kleines Gipfelkreuz und vielleicht auch ein Gipfelbuch.

Nach dem großen Turm folgt deutlich milderes Gelände bis zum Hochnißl, schätzungsweise I.-II. Da ich schon ziemlich erschöpft bin, verzichte ich sowohl auf die Turmbesteigung als auch den Weiterweg bis zum Hochnißl. Von Westen her kündigt sich auch noch Regen an und ich mache mich an den südlichen Abstieg durch eine große Rinne, welche weiter unten auf den markierten Hochnißlsteig stößt. Auf diesem geht es zurück zum Parkplatz an der Karwendelrast.

Schwierigkeiten 

Aufstieg zur Fichterspitze, markiert, II.-III.
Übergang zur Mittagspitze und Schneekopf, markiert,  II.
Abstieg zur Scharte vor den Nissltürmen, spärlich mit Steinmanndln versehen, brüchig, II.
Überschreitung der Türme, brüchig, ausgesetzt, III., eine Stelle IV. mit festem Fels. Sicherung am Grat mittels Köpflschlingen möglich, vereinzelt alte Schlaghaken im Fels

Fazit: Sehr anstrengende, psychisch fordernde, landschaftlich großartige Tour. Ab dem Schneekopf ist das Gelände als brüchig zu bezeichnen. Direkt am Grat geht es, wie meistens. am besten.

Tourengänger: Wagemut


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Kommentare (2)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 19. Juni 2017 um 15:47
wuid...wuider...Wagemut!
Eine Tour für Dich!

Gratuliere!!
VLG,
ADI

Wagemut hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. Juni 2017 um 18:27
Merce Dir! Ich bin zuversichtlich, dass ich auch andere zu dieser Tour motivieren kann.:-)

Der Joseph


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