Das Leben ist schön im Valle di Drosina


Publiziert von mong , 6. Dezember 2016 um 02:25.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:17 Juli 2006
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Poncione Rosso 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 2100 m
Abstieg: 2100 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Biasca mit dem Bus nach Lodrino
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Von Lodrino mit Autostopp nach Biasca
Kartennummer:1293 OSOGNA

Warum lebe ich überhaupt immer noch? Wahrscheinlich wegen irgendetwas, das ich nicht verstehe.

Vielleicht kann ich irgendeinem Tier, zum Beispiel einer Katze, oder einem Menschen, wer weiss, noch irgendwie etwas geben (oder so), bevor ich mich für immer aus dem Staub mache.

Eigentlich bin ich ja jederzeit bereit zu sterben. Aber andererseits möchte ich ja irgendeinem Menschen oder irgendeinem Tier - zum Beispiel einem Igel - noch irgendetwas Schlaues sagen, bevor ich das Zeitliche segne.

Tssss......als ob ein Igel auf meine Weisheiten angewiesen wäre...

Mein Überlebenstrieb ist stark wie die Nacht. Das sage ich ohne Übertreibung und ganz ohne Bescheidenheit. Und wenn ich ans Val di Drosina denke, dann denke ich auch an die Nacht, in der ich mich im Val di Drosina einmal ganz fürchterlich verlaufen habe. 

Ich war von Lodrino (268m) zur Sella (2368m) hinaufgestiegen, und auf dem Rückweg, es war schon Spätherbst und in der Nacht, bin ich vom Weg abgekommen. Aber zum Glück bin ich nicht in Panik geraten. Warum ich nicht in Panik geraten bin, weiss ich auch nicht so genau. Wahrscheinlich, weil ich nicht fähig bin, allzuviel auf einmal zu denken. Alles, was ich überlegte, war, dass, wenn ich wieder den Weg finden würde, von dem ich weiter oben abgekommen war, dann wäre ich gerettet. Darum stieg ich im Schein meiner alten Militärtaschenlampe wieder irgendwie gerade hinauf, von woher ich gekommen war, ungefähr, und stellte mir vor, ich würde auf diese Art wieder auf den Weg treffen - was mir nach ungefähr einer halben Stunde auch gelang. 

Was das Verirren betrifft, bin ich Weltmeister. Mein Orientierungssinn tendiert gegen Null.

Ich wende mich darum nicht an erfahrene Berggänger. Ich wende mich an Wanderer ohne Erfahrung. Falls ihr euch verirrt, liebe Anfänger im Wandern in den wilden Tälern irgendwo auf der Welt, dann ist das erste Gebot: Keine Panik auf der Titanic! Ruhig bleiben, cool überlegen, es ist nicht so schlimm, wie es den Anschein macht.

Mit dieser Haltung hast du, lieber verirrter Wanderer, 100% mehr Chancen zu überleben.




Wegbeschreibung

Keine. Wer sich ins Val die Drosina und weiter hineinwagt, tut das auf eigene Gefahr.

Okay, das war ein bisschen krass.

Aber andererseits, das Val di Lodrino, von dem das Val di Drosina ein Seitental ist,  muss jeder auf seine eigene Art erkunden.

Und wenn es nicht mehr weiter geht, dann soll man halt umkehren.

Umkehren ist immer intelligenter als einfach drauflos laufen.




Tourengänger: mong


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Kommentare (7)


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GQ824VS hat gesagt:
Gesendet am 6. Dezember 2016 um 20:41
Wieder so eine schöne Story, thanks.....
Grüsse
Roger

mong hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Dezember 2016 um 13:11

Heute, mit dem GPS auf dem Handy, ist es nicht mehr so schlimm, aber früher war das Verirren für mich ständig ein Thema. Wenn ich mich ausnahmsweise auf einer Tour nicht wenigstens kurz verirrte, hatte ich das Gefühl, ich hätte etwas falsch gemacht ;-)

Danke, Roger
Gruss, Jerry

GQ824VS hat gesagt: RE: etwas falsch gemacht...
Gesendet am 7. Dezember 2016 um 19:29
habe auch einmal im Val di Lodrino was "falsch" gemacht, kam beim Einnachten zur Alva-Hütte, die war aber trotz der telefonischen Auskunft anfangs Mai noch geschlossen, dann halt wieder runter nach Legri, auf halber Strecke aber "starb" die Batterie meiner Taschenlampe....wollte zuerst ein "Bivacco" machen aber dann erfasste mich die Angst vor den Trollen und Berggeistern im Val di Lodrino, so dass ich mich langsam, von Baum zu Baum abwärts bis zur Strasse in Lègri hinab arbeitete.....

WMoe hat gesagt: "ehrlich sein"
Gesendet am 6. Dezember 2016 um 21:54
Sie sind ehrlich und dies tut gut so !
Gruß,
MÖHL

mong hat gesagt: RE:"ehrlich sein"
Gesendet am 7. Dezember 2016 um 13:01

Danke für das schöne Feedback!!!

Viele Grüsse
Jerry

Winterbaer hat gesagt:
Gesendet am 7. Dezember 2016 um 15:44
> Vielleicht kann ich... einem Menschen, wer weiss, noch irgendwie etwas geben (oder so), bevor ich mich für immer aus dem Staub mache.

Du bist hier unser aller Poet, Philosoph, unser Dolmetscher für das, was die Blätter immer so flüstern... Du kannst einen beizeiten mit lustigen Kommentaren zum Lachen bringen. Reicht das denn nicht?

Mach Dich bloß nicht so schnell aus dem Staub!!!!!!!!!!!!!!!! Wehe Dir!!!!!!

:-))))

mong hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. Dezember 2016 um 02:28
Danke, Uschi, du bist ja wieder äusserst grosszügig (wie immer) !!! ;-)

Das Val di Lodrino und seine Schwester, die Valle di Drosina, sind ebenfalls sehr sehr grosszügig, mit ihren tiefen Schluchten, Klüften, Schrunden, Gräben, Mulden, Rinnen und Abgründen, wo man nur schon beim Hinschauen Angst bekommt, und mit den vielen Wasserfällen in unvorstellbarer Lage. Diese Gegend ist eine wilde, freche, ungezähmte Poesie, nicht von Menschenhand geschrieben, sondern von der Natur.
Cheerio
Jerry


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