Hoch über dem Obersiez-Kessel: Rotrüfner zum Fulen.


Publiziert von Kauk0r , 7. Oktober 2016 um 19:32.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 5 Oktober 2016
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   CH-SG   Spitzmeilengruppe 
Aufstieg: 1400 m
Strecke:15 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PKW bis Obersiezsäss ohne Bewilligung auf schmaler Alpstraße. Kleine Parkfläche direkt nach der Brücke vor der Alp.

Ich hatte es mir so schön ausgemalt...Herbst, freier Tag...dazu eine schöne Tour im Allgäu ausgedacht...und dann dass: Der Herbst zeigt seine schmuddelige Seite mit Nebel, erstem Schnee, Nässe. Doch das währt nur kurz, zumindest im westlichen Teil der Alpen. So ist meine Tour im Allgäu früh gestrichen, das Wetter für die Schweizer Ostalpen bereits wieder besser vorhergesagt, so dass der Schnee und die Nässe etwas weichen müssen. Nur wohin?! Es ist klar, dass ich in eine mir bislang unbekannte Gegend gehen will. Da stieß ich auf den begeisterten Tourenbericht (*Wissgandstöckli 2488m) von Bergmuzz. Und sofort war mir klar, dass ich dort unterwegs sein will. Ich bastelte mir eine tagesfüllende Tour zusammen. Um mit dem besten Fotolicht mitzuwandern, stand zuerst der Rotrüfner (2462 m) auf dem Programm. Die bereits gut dokumentierte Schlüsselstelle am Schnürligrat ließ mich zweifeln, so dass ich dessen Begehung von den Verhältnissen vor Ort abhängig machen wollte, zumal ich mehr auf der Suche nach Genuss als nach Nervenkitzel war. Ich entschied mich dann, den Schnürligrat auszulassen, auch weil ich eine gute Alternative gefunden hatte: Der Weg in der Westflanke vom Heuberg zu den Risböden. Von hier dann über den Oxni (2393 m) weiter zum Wissgandstöckli (2488 m) und zum Abschluss auf den Fulen (2415 m).

Die Route an sich wurde hier bei Hikr bereits mehrfach dokumentiert (*siehe bspw. hier), deshalb möchte ich nur ein paar nützlich erscheinende Hinweise geben.

Nachdem mich der steile Alpweg zum Heuberghüttli (1952 m) gebracht hat, gilt es danach den weglosen Anstieg zum Rotrüfner zu finden. Prinzipiell ist die Routenwahl sicher vielfältig, ich stieg letztlich meist steil und direkt neben dem Weidezaun auf, der den Südwestrücken nach Osten begrenzt. Dies hat den Vorteil, dass man in besagte Himmelsrichtung auch ein wenig Aussicht hat. Auf Grund der Beweidung ist das Gelände meist gut gestuft und ohne Probleme zu begehen (T3). Unterhalb von P.2367 zeigen sich dann seichte Spuren, die einen in schöner Gratwanderung sicher zum Gipfel leiten, dass Gelände wird etwas anspruchsvoller (T3+), was aber wegen an den entsprechenden Passagen gut ausgeprägten Spuren nicht so sehr ins Gewicht fällt. Im Steinmann des Rotrüfners findet sich ein Gipfelbuch aus dem Jahr 2004, in dem noch etwas Platz ist. Sehr oft sind es auch die gleichen Einheimischen, die den Gipfel besuchen.

Weiter geht es über den zerklüfteten Nordgrat hinab. Das ist steiler und brüchiger als am Anstieg vorher, es hat manchmal noch eine geringe Schneeauflage. Dazu ist auch die Wegspur etwas schwieriger zu finden (insgesamt T4). Zunächst geht es eher ostseitig abwärts, dann kurz vor der Scharte westseitig. Die Türme in der Scharte werden auf Spuren westseitig umgangen. Von hier stieg ich nach Westen in die Flanke ab, das Gras hat hier einen deutlichen Schotteranteil. Ziel ist der rechte/ nördliche Grasrücken, der die seichte Wanne unter der Scharte begrenzt. Diesem Gratrücken bin ich dann bis zum Weg gefolgt. Das steile Gras ist ausreichend gestuft, unten raus vor dem Weg wird das Gelände nochmal eine Spur steiler (T4). Auf dem Weg geht es dann komfortabel nach Norden zu den Risböden, wo sich der Weg in den Weideflächen schnell verläuft. Man steigt nun in freier Wegwahl meist auf Viehpfaden in einem Bogen in die Siezfurggla (2315 m).

Die Überquerung des Oxni auf dem Wanderweg zur Fransfurggel ist problemlos, von der Furggel auf einer unmakierten Wegspur gegen den Sattel zwischen P.2373 und Wissgandstöckli, welcher im Verlauf weglos erreicht wird. Ab dem Grat wieder Wegspuren, die alle Hindernisse sicher umleiten. Auf dem Wissgandstöckli stehen schöne, größe Steinmänner, das südöstliche beinhaltet das Gipfelbuch.

Bislang hatte sich der Hochnebel immer weiter nach oben gearbeitet, war aber stets bei ca. 2100 Meter geblieben. Da ich noch den Fulen als Abschluss dranhängen wollte, beobachtete ich ein weiteres Aufsteigen mit Sorge. Während der Pause blieb der Nebel aber stabil, so dass ich mich an den Abstieg nach Südwesten machte. Der Abstiegsrücken in dieser Richtung ist dann nochmal steiler, aber stets gut gestuft (T3-T4-), teilweise leitet eine seichte Spur den richtigen Weg. Kurz vor der Einsattelung bei P.2275 schlägt der Nebel über dem Fulen-Nordgrat zusammen. Ich kann gerade noch ein paar orientierende Blicke Richtung Wissgangstöckli Südostflanke werfen, in der ich später zurücksteigen möchte. Danach folgt die Gratwanderung auf Pfadspuren auf den Fulen. Zunächst ein harmloser Grasrücken mit Spur, dann ein erster Felsaufschwung, der links/ostseitig umgangen wird. Darüber dann ein paar steilere Grasköpfe. Schlüsselstelle ist der Gipfelaufschwung. Zu diesem steigt man zunächst etwas ausgesetzt auf einem Band ab, und erklimmt den steilen, schiefrig-brüchigen-schmierigen Aufschwung nach eigenem Geschmack auf diversen letztlich guten Tritten (keine Kletterei). Da der Untergrund teilweise von Schnee überzogen und der Boden gefroren war, stellte dies die unangenehmste Herausforderung des Tages dar (T4, bei Trockenheit evtl. geringfügig leichter). Der höchste Punkt des Fulen ist eine breite Graskuppe ohne Gipfelschmuck.

Da ich kaum freie Sicht mehr hatte, ging es auch schon bald zurück in die Einsattelung und von dort im Blindflug in die Südostflanke unter dem Wissgandstückli. In dem Nebel machte ich mir keine Hoffnung auf dem ostseitigen Plateau den Abstieg zum Chammhüttli zu finden (siehe obigen Bericht von Bergmuzz). Deshalb orientierte ich mich nach Karte (und dem Studium der Flanke von der Rotrüfnerseite gegenüber) an dem markanten Felsband bei ca. 2320m. Dieses wollte ich auffinden bzw. nicht "übersteigen" um mich hier entlang in Richtung Fransfurggel zu bewegen. Die Höhe erreichte ich auch per Höhenmesser recht gut, doch wie durch ein Wunder riss es dann plötzlich auf und ich befand mich oberhalb von P.2282 und auch das Tal vom Chammhüttli war zu sehen. Schnell entschloss ich mich zur Abbruchkante des Plateaus zu bewegen und mich zum Hüttli zu orientieren. Dies gelang, der Nebel hielt sich zurück. Den einzigen Durchlass gewährt eine schiefe Felsplatte, die zu einem gangbaren Untergrund ausgearbeitet wurde. Im Anschluss führen zahlreiche Wegspuren die Grasflanke hinab zum Chammhüttli (2109 m). Kurz vor der Hütte schloss sich der Nebel um mich wieder. Da von hier der markierte Wanderweg zum Obersiezsäss zurückführt, stellte dies kein Problem dar. Bei ca. 1900 Meter unterschritt ich die Hochnebelgrenze wieder.

Fazit: Eine tolle Landschaft da oben mit wunderbaren Weitblicken. Es ist immer wieder überraschend, wie weitläufig das Gelände der Spitzmeilengruppe ist, als wäre man in einem völlig anderen Teil der Alpen. Die Wanderung hoch über dem Talkessel bildet eine tolle Szenerie. Die Herbstatmosphäre mit eigentlich prächtigem Hochnebel über den Tälern ist immer etwas ganz besonderes und kann hier oben toll genossen werden. Die Nebel von Seeztal, Rheintal und Sernftal sammeln sich hier oben wunderbar. Den Wanderer mit erprobter Trittsicherheit dürfte die beschriebene Route vor keine großen Probleme stellen. Während das Wissgandstückli immer wieder Besuch empfängt, ist es auf dem Rotrüfner stiller. Ich traf auf beiden Gipfeln niemand an, lediglich einige (gefrorene) Fußabtrücke vom Vortag (vermute ich, in den Gipfelbüchern war kein Eintrag). Am Oxni kamen mir zwei Partien von der Spitzmeilenhütte entgegen. Bis auf zwei Jäger war es sonst ruhig dort oben. Am Obersiezsäss war ein Pflanzenschutzgift-Kommando fleißig am Werk.

Tourengänger: Kauk0r


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Kommentare (2)


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Bergamotte hat gesagt:
Gesendet am 8. Oktober 2016 um 18:52
Gratuliere, da hat es super Bilder dabei. Besonders dankbar bin ich aber für die Info, dass man bis Obersiezsäss fahren kann; das vereinfacht doch einige Touren in der Gegend.

Kauk0r hat gesagt: RE:
Gesendet am 9. Oktober 2016 um 14:12
Danke fürs Feedback! :)

Die Info mit der möglichen Anfahrt zum Obersiezsäss habe ich freundlicherweise von Kollege Bergmuzz bekommen. Ohne seine Antwort wäre ich vermutlich nicht dort auf Tour gegangen, weil mir die 500-600 Höhenmeter mehr Aufstieg definitiv nicht getaugt hätten ;). Aber es stimmt, wenn man dort hinauf fährt, dann eröffnet das ganz neue Möglichkeiten, Gipfel zu besteigen und zu kombinieren.


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