Alle Schwarzwälder Klettersteige - an einem Tag


Publiziert von Nik Brückner , 2. September 2016 um 23:23.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:30 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3 (ZS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2:30
Aufstieg: 320 m
Abstieg: 320 m
Strecke:5,1km
Unterkunftmöglichkeiten:Viele im ganzen Schwarzwald, natürlich auch im Bühlertal sowie in und um Totdnau und Schluchsee.

Alle Klettersteige einer Region an einem Tag - geht das?

Na klar geht das! Hatte ich doch schon 2014 alle Odenwälder Klettersteige an einem Tag geschafft. Nun also die Fortsetzung!

Naja, so eine ganz große Sache ist es nicht. Es gibt - in Worten - drei Klettersteige im Schwarzwald, jedenfalls drei, von denen man erfährt, wenn man recherchiert. Einer wird kräftig beworben, der Engelssteig im Bühlertal. Einen zweiten kennt man, auch wenn der nicht gerade sonderlich beworben wird, das ist der in Todtnau. Ein dritter ist - jedenfalls bis zur Veröffentlichung dieses Berichts - kaum mehr als ein Gerücht gewesen: Vom Klettersteig am Schluchsee weiß noch nicht einmal die Touri-Info in Schluchsee, und nicht einmal das ansonsten allwissende Netz spuckt Brauchbares dazu aus. Aber es gibt ihn - ich hab' ihn mit eignen Augen gesehen!

Den Karlsruher Grat zähle ich nicht zu den Klettersteigen, er ist zwar ein Steig, und man muss da auch klettern, aber es handelt sich nicht um eine eisengesicherte Via Ferrata im eigentlichen Sinne.

Die ersten beiden Klettersteige führen durch natürliches Felsgelände, nur der Schluchseer Klettersteig führt durch die Wände eines ehemaligen Steinbruchs. Alle drei sind nicht allzu lang. Der am stärksten beworbene, der Engelssteig im Bühlertal, ist der leichteste, den habe ich ohne Hände bewältigt (keinesfalls zuhause nachmachen!!!), der Schluchseer führt, vollkommen überversichert, durch mäßig geneigtes Gelände, den habe ich ohne Klettersteigset bewältigt (keinesfalls zuhause - Ihr wisst schon!), der Todtnauer ist der schwierigste,  da sollte die vollständige Ausrüstung an der Frau bzw. am Mann sein.

Alle drei Klettersteige sind frei zugänglich.

Also alle auf einmal!


Früh bin ich in Mannheim losgefahren. Im Player: "Mammoth" vom Jorge Arana Trio. Gegen Viertel nach neun war ich startbereit in Bühlertal im Bühlertal. Man parkt an der Touri-Info, der Einstieg in den Engelssteig wird durch einen edelrostigen Engel in Lebensgröße (wie groß sind Engel?!?) markiert.


Klettersteig Engelsberg, Bühlertal: T3/L-, mit Engelssteig 25 Min.

Der Engelsberg ist der Hausberg von Bühlertal. Er verdankt seinen Namen einem Felsen in der Gestalt eines Engels - das muss man aber nicht erkennen. Hier wächst ein guter Spätburgunder - auf einer der steilsten Weinlagen Europas. Die Arbeit wird daher von Hand vorgenommen. Ebenso steil ist übrigens die Weinlage am Calmont bei Bremm an der Mosel, dort gibt es ebenfalls einen Klettersteig.

Der Wander- und Klettersteig führt durch den Berghang und ist knapp rund 1.500m lang (Höhenunterschied rund 60 m). Infos zu dem Weg findet man hier.


Der Klettersteig ist - mit einigem Abstand - der leichteste (L-).Ich bin ihn, wie gesagt, ohne Hände gegangen. Er ist umgehbarer Teil des mit vielen informativen Tafeln ausgestatteten Engelssteigs, es geht über eine Stufe zu einer Plattform hinauf, und von dieser weiter hinauf in den Hang. Der Klettersteig ist besonders kurz (einige Sekunden - ungelogen), und ideal als Einstieg in diesen Dreier. Informativ, leicht, macht Spaß.

Die Route eingehend zu beschreiben, ist nicht nötig, sowohl der Engelssteig als auch der Klettersteigabschnitt finden sich durch die gute Besucherführung von selbst. Der Klettersteig dreht sozusagen eine kleine Extraschleife auf der Route, man kommt am Einstieg wieder heraus und folgt von dort weiter dem Engelssteig. Vom Ausstieg des Wanderwegs geht es nach rechts auf einem guten Weg hinunter in den Ort und unten der Talstraße entlang zurück zum Auto.


Von Bühlertal aus ging es wieder hinaus auf die A5, und dort weiter nach Freiburg. Dort auf der B31 ins Dreisamtal, Ausfahrt Kirchzarten, und über den Notschrei nach Todtnau. Es geht hinunter ins Tal und unten links auf die B317 Richtung Feldberg. Am Ortsausgang (Schwimmbad/Gasthof Waldeck) kann man parken, darüber befindet sich der Kletterfelsen.


Klettersteig Schwimmbadfelsen, Todtnau: T5/I/ZS, 45 Minuten

Hier kam ich ca. eineinhalb Stunden, nachdem ich in Bühlertal abgefahren war, an.

Vom Gasthof aus geht es über den Parkplatz, dann sieht man links oben die Hütte der Kletterfreunde Todtnau. Nun weiter bergauf etwas links haltend zu den Felsen.

Ein dünnes Seil führt leicht steigend zu einer Abzweigung (Gehgelände). Hier wendet man sich nach links (von rechts kommt man später wieder herunter). Zunächst geht es links hinauf, dann wendet sich die Route nach rechts oben. Hier beginnt der eigentliche Klettersteig (mit ordentlichen Versicherungen). Über plattiges Gelände geht es unschwierig hinauf und luftig um ein Eck herum. Hier muss man sich entscheiden: Entweder links knapp mittelschwer und kurz zum Gipfelplateau, oder nach rechts, deutlich spannender und länger. Auch auf dieser Route da kommt nochmal ein Abzweig: geradewegs hinauf, oder, noch schwerer, weiter im trittarmen Fels und erst weiter rechts hinauf zum oberen Felsrand.

Alle drei Routen erreichen schließlich dasselbe Felsplateau. Dort wartet ein weiterer Höhepunkt, eine Zwei-Seil-Brücke über eine kleine Schlucht. Am oberen Seil sichert man sich, auf dem unteren läuft man... Der Ausstieg auf der drüberen Seit ist nochmal kurz anspruchsvoll, dann hat man den Klettersteig absolviert. Durch eine Schlucht geht es an dünnem Seil hinunter zum Einstieg (kurz T5-/I). Infos hier.

Wer sich einen EIndruck vom Todtnauer Klettersteig verschaffen möchte, der kann sich hier Sackis Video ansehen.

Die Kletterfreunde nehmen das Klettersteiggehen übrigens sehr ernst. Sie schreiben: "Da wir ambitionierte Kletterer sind, hat unser Klettersteig eine Besonderheit, dass man ihn freikletternd begeht, ohne künstliche Hilfsmittel. Deshalb ist das Sicherungsseil aus Stahl nur zum Sichern und nicht als Hilfe zum Fortbewegen vorgesehen. Dies ist der Grund, warum das Seil an bestimmten Stellen durchhängt." Richtig so!


Von Todtnau aus ging es dann in einer guten halben Stunde auf der B317 über den Feldberg, und in Bärental rechts ab auf die B500. Auf dieser nach Schluchsee, durch den Ort hindurch und am See entlang bis zur Staumauer, wo man parken kann.


Klettersteig Katharinenfluh(?), Schluchsee: T2/WS, 30 Minuten

Dieser Klettersteig ist sowas wie ein Mythos. Erfahren habe ich von ihm, als ich vor Jahren in Freiburg studierte. Allerdings wusste keiner etwas genaus über den Steig. Auch das Netz zeigt sich in Punkto Klettersteig Schluchsee als nicht gerade allwissend. "Über die Staumauer und dann 200 Meter nach links", heißt es, allerdings lassen sowohl Ortskenntnis als auch Instinkt sofort den Verdacht aufkommen, dass das nicht stimmen kann. Seehalde (1022m) nennt sich der Berg jenseits der Staumauer, und ich habe seine Seeseite ein Weilchen durchsucht, bis ich den Klettersteig gefunden hatte. Vom Gipfel kommend findet man mit etwas Gespür fürs geeignete Gelände die obersten Sicherungen. Aber leichter geht es so:

Man geht vom Parkplatz an der Bundesstraße aus über die Staumauer auf die Seehalde zu. Direkt gegenüber befindet sich ein Stellplatz für die Fahrzeuge des Kiosks, mit Wanderwegschild und Werbetafeln. Dort gerade aus in den Wald hinauf und bei der ersten Möglichkeit nach rechts auf ein kleines Weglein. Man bleibt auf dieser Höhe und gelangt geradewegs auf die Mittelstufe eines ehemaligen Steinbruchs. Das ist der Steinbruch, aus dem das Material für die Staumauer gewonnen wurde. Auf der Stufe hinein so weit es geht, dann an die Felsen heran. Man erkennt den Klettersteig an den vielen Klammern und dem meist recht lose herabhängenden Seil.

Es gibt zwei Einstiege. Ich habe mit dem linken begonnen. Es geht über plattiges Gelände hinauf, immer in Metallklammern und/oder sich am Seil nach oben hangelnd. Wirklich klettern muss man nicht, mit guten Schuhen ist die Route teilweise sogar Gehgelände - und dann fragt man sich, wozu es eigentlich die Klammern braucht. Aber es macht Spaß, besonders das Hangeln. weiter oben muss man sich dann entscheiden: Nach links weiter auf Klammern hinauf und hinaus auf die Felskante, oder nach rechts zu einer Leiter und auf dieser hinaus. Links vor rechts, dachte ich mir, bin zuerst links hinaus, und bei einer zweiten Begehung rechts zur Leiter. Die dritte Runde bezog dann die rechte Einstiegsvariante ein. Die ist ziemlich zugewachsen und daher recht schwierig zu erreichen, außerdem ist im Übergang zur Hauptroute ein Baum auf das Seil gestürzt. Naja, so musste ich wenigstens mal ordentlich zupacken.

Tja, schade, dass den Klettersteig keiner kennt. Würde er gepflegt, wäre er sicher eine nette Attraktion mehr am Schluchsee. Wundert mich sowieso, warum der Klettersteigboom, der in den Alpen ja mittlerweile zu einer wahren Epidemie geworden ist, in den deutschen Mittelgebirgen so gar nicht ankommt. Na, immerhin Kollege Adrian hat, zusammen mit seinem Team, den Klettersteig gefunden, und ist ihn gegangen. Er hat ein Video gedreht, das hier zu sehen ist - dabei auch der Todtnauer Klettersteig. Und Sacki hat 2020 meinen Tourenbericht gelesen, und daraufhin dieses Video gedreht und gepostet.

Tja, von hier aus bin ich dann gemütlich mit dem Kloinen Auto zu meiner Unterkunft gegondelt. Es standen noch zwei Schwarzwald-Highlights an: Der Alpine Pfad am Feldberg und die Tour entlang dem Urgraben am Kandel. Beides spannende Insider-Touren.


Zu den Zeitangaben

Die Gehzeiten (ca. 2:30h Gehzeit, davon 71 Minuten Kletterzeit) sind nur ungefähr zu verstehen. Es sind zwar tatsächlich meine Gehzeiten, aber ich kannte die drei Klettersteige ja nicht. Wer sie kennt und sich nicht orientieren muss, braucht sicher deutlich weinger Zeit. Außerdem bin ich nur den Todtnauer Klettersteig mit Klettersteigset gegangen, die anderen beiden ohne (den letzten allerdings mit Helm), wodurch ich dort vergleichsweise schneller war. Und auch das Fotografieren für Euch kostet natürlich Zeit! ;o}

2017 habe ich diese lose Reihe mit allen Klettersteigen am Mittelrhein, allen im Hunsrück und fast allen an der Mosel an einem Tag fortgeführt. Im Herbst 2017 ging ich dann sämtliche Klettersteige am Main an einem Tag. Sämtliche Mosel-Klettersteige an einem Tag beging ich dann im Frühjahr 2018, im Sommer kamen die Klettersteige auf der Fränkischen Alb dazu, und alle Klettersteige in Paris (!). Weiterführen konnte ich meine ironische Reihe mit der Begehung sämtlicher Klettersteige im Urdonautal, mit allen Klettersteigen an der Saar sowie mit allen Klettersteigen auf der Schwäbischen Alb. Und mit allen Klettersteigen Thüringens. Und mit allen Klettersteigen in den Vogesen.

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (2)


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Legfoehre hat gesagt: Todtnauer Klettersteig
Gesendet am 10. April 2017 um 12:26
Die Aufforderung zum Freiklettern finde ich klasse. Sie bezieht sich aber wohl nicht auf die Seilbrücke;-). Ich würde die Kletterei dann mit III- bewerten.

Nik Brückner hat gesagt: RE:Todtnauer Klettersteig
Gesendet am 10. April 2017 um 12:56
Die Schwarzwälder sind tough! Die gehen auch über die Seilbrücke, ohne die Seilbrücke zu benutzen!

Ja, das mit der III kann hinkommen, jedenfalls für eine oder zwei Passagen, wenn ich mich recht erinnere.

Gruß,

Nik


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