Kellenspitze Normalweg


Publiziert von frmat , 27. Juli 2016 um 15:13.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 7 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m

Die Kellenspitze als höchster Berg der Tannheimer Gruppe steht schon länger auf meiner Wunschliste. Nachdem ich vor zwei Jahren wegen einer Grippe passen musste und Joe den Wunsch äußerte mal wieder einen Klettersteig zu gehen, bot sich nun die Gelegenheit zum Wiederkommen. Nach der Arbeit gings gemütlich ins Allgäu und für die Nacht noch hinauf zum Gimpelhaus.

Ein strahlend schöner Morgen wollte genutzt werden, sodass wir uns direkt nach dem Frühstück auf den Weg zu Einstieg machten. Der Wanderweg hinauf zur Nesselwängler Scharte ist angenehm zu laufen, allerdings ist ein Helm doch kein Luxus, wie die Schutthalde verrät. Von der Scharte sind es noch einige Minuten abwärts zum Beginn des Stahlseils. Joe fühlte sich heute nicht wohl und sagte dies an der einzig richtigen Stelle: am Einstieg. Ich kraxele die 5m wieder hinab und wir beschließen den Gipfel über den Normalweg zu besuchen, der ja auch seine Reize hat. Also Geraffel wieder ablegen und zurück zur Scharte. Währenddessen beginnt eine Frau mit ihrem Aufstieg, die wir später wiedersehen werden...

Der Normalweg beginnt jenseitig der Scharte mit einem Weglein durch Gras und Schrofen. Kurz vor der Schlüsselstelle bemerke ich, dass meine Kamera fehlt. Auch im Rucksack ist nichts zu finden, sodass mir schon schwant wo sie liegt. Ich beschließe die Selbstkasteiung gleich hinter mich zu bringen und bin nach gut 10min wieder am Klettersteig. Natürlich liegt die Kamera dort, fein. In der nun durchaus erwähnenswerten Hitze des Vormittags belohne ich meine Beine mit dem Wiederaufstieg zum wartenden Wanderkumpanen. Gemeinsam machen wir uns auf den Weiterweg, der uns zunächst die erwähnte Schlüsselstelle (Rinne im oberen I. Grad) steil hinab führt.
Nun leitet der Steig über Bänder und durch Rinnen, über den neuerdings sehr gut versicherten Klemmblock, an den Gipfelkopf heran, der schließlich in leichter Kletterei gewonnen wird. Ein stolzer Gipfel mit alles überragender Aussicht ist erreicht. Das Abenteuer kann beginnen!
Als wir den Gipfel verlassen kommt die Frau oben an, die wir bereits am Einstieg des Klettersteiges getroffen haben. Sie hat den Steig also geschafft. Während unseres Abstiegs holt sie uns fast ein. Oberhalb der im Abstieg aufzusteigenden Rinne setzen Joe und ich uns zur Pause. Die Getränke sind noch nicht ausgepackt, da hören wir wenig hinter uns einen Schrei und einige dumpfe Schläge. Wir sind zu diesem Zeitpunkt fest davon überzeugt, soeben einen tödlichen Unfall mitbekommen zu haben. Ich sprinte die wenigen Schritte hinauf zur Rinne und blicke hinab. Wie durch ein Wunder ist die Frau auf einem kleinen Absatz zum liegen gekommen. Wenig daneben wäre die Fahrt über die Rinnen der Nordseite hinab final ausgegangen. Wunder Nummer zwei: Sie ist bei Bewusstsein und hat scheinbar nichts gebrochen. Auf ihren ausdrücklichen Wunsch rufen wir noch keinen Heli. Heute bin ich durchaus froh über mein meist mitgeführtes Kurzseil, welches ich zumindest über den steilen Teil der Rinne hinablassen kann. Nach einigem guten Zureden kann die Verunglückte ihren Gurt anlegen, zum Seilende krabbeln und zu uns heraufgesichert werden. Der Helm ist ramponiert, Schürfwunden und Prellungen allenthalben, und einen gehörigen Schrecken hat sie. Verständlich, wenn man 15m wie ein Radiergummi am Fels runterbimmelt. Trotzdem hat sie ein Riesenglück gehabt, und sie bittet uns, sie zur Hütte begleiten.
Im Schritttempo geht es hinab zur Nesselwängler Scharte. Unterwegs genehmigen mir Joe und unser Mitbringsel noch 15min Muße des Alleinseins, die ich für einen Kurzbesuch des Schäfers nutze. Nach gefühlten Ewigkeiten erreichen wir das Gimpelhaus, übergeben die Dame dem Hüttenteam und machen uns nach einem Kaffee auf den Weg zum Auto.

Bleibt die Frage, wie das Ganze passieren konnte. Meistens ist das ja im Abstieg der Fall, der scheinbar schwierigste Teil ist geschafft, und "nur noch" das kurze Stück da... und schwupps, einmal nicht konzentriert und abgerutscht. Die meisten Leute, die ich kenne haben so was selbst schon miterlebt, aber nicht jeder hat das Glück, darüber berichten zu können. In diesem Sinn, liebe Grüße nach Rheinhessen ;)

Tourengänger: frmat


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4+ II
19 Aug 20
Tannheimer Prominenz · jhnns
T4+ III
T3 IV
T4 III
10 Okt 22
Kellenspitze Westgrat · Goschi
T5- III
30 Jul 21
Köllenspitze Westgrat · Eumaex
T4+ II
31 Mai 09
Kellenspitze (2238 m) · ju_wi

Kommentar hinzufügen»