Normal sollte das ein T2-Wanderbericht werden, doch manchmal kommt alles anders...
Ein gemütlicher Vatertag (Himmelfahrt, Auffahrt...you name it) sollte es werden - ein Tag mit einem schlechten Start, überraschenden Berg-Momenten und guten Ende wurde es dann.
Der Wetterbericht versprach für den diesjährigen Vatertag und die darauffolgenden Tage hervorragendes Wanderwetter und das sollte natürlich genutzt werden. Meine Frau und meine grosse Tochter (8) wollten mir eine Freude machen und mich auf den Niederbauen-Chulm begleiten.
Nun ja, die zahlreichen Berichte hier auf Hikr versprachen eine kurzweilige, interessante und einfache Strecke mit grandioser Aussicht - perfekt also für eine Familienwanderung!
Der Blick auf die Webcams der Niederbauen-Homepage (gibt übrigens auch eine tolle, gleichnamige App für's Smartphone!) zeigte noch eine ziemliche Menge Schnee, was mich glücklicherweise dazu veranlasste meine bereits eingemotteten Schneeschuhe nochmal aus dem Keller zu holen und mitzunehmen - rein prophylaktisch. Ein weiser Entschluss wie sich später herausstellte.
Der schlechte Start ereignete sich bereits vor der Abfahrt im Haus: Ich wollte meine neuen Unterziehsocken und Merino-Wollsocken testen nachdem ich bei der letzten Tour unverständlicherweise Blasen an den Füssen bekommen hatte. Als ich noch in der oberen Hausetage kurz den "Kosmetik-Status" meiner beiden Damen im Bad checkte und vergnügt wieder nach unten wollte, zeigten meine Wollsocken bereits ihre - mir bis dato noch fremden - Eigenschaften: sie sind sehr schlüpfrig auf glattem Untergrund (lackierte Buchenholztreppe)! Eh ich es mir versah, befand ich mich in einem sehr ruppigen Abstieg die Treppen hinunter - dabei hatte ich noch nicht mal ein Bier getrunken zum Vatertag und der rettende Pickel war auch nicht zur Hand! Ein Grund mehr künftig auch Zuhause Steigeisen zu tragen oder im Treppenaufgang mit Expressen eine Zwischensicherung am Geländer anzubringen - zumindest so lange wie ich dann noch Zuhause wohnen darf ;o). Da lag ich nun sinnlos, jammernd und fluchend auf der Treppe rum, mit höllisch schmerzendem rechten Unterarm und rechter Hüfte (was dann einen Tag später schöne grosse, blaue Flecken gab und bis heute noch andauert). Aber, kein Grund die Wanderung abzusagen!
Angekommen an der Talstation Niederbauen wunderbares Wetter, schön warm und windstill. Umso verwunderter war ich als der Maschinist der LSB mich gleich schon auf dem Parkplatz warnte, dass es oben sehr windig ist und einige Personen deshalb bereits schnell wieder runter kamen. Ausserdem empfahl er uns Schneeschuhe zu benutzen welche wir für meine beiden Frauen noch bei ihm ausleihen konnten (10 CHF pro Paar). Sehr entgegenkommend von ihm: Die Leihgebühr müssten wir nur bezahlen wenn wir die Schneeschuhe tatsächlich nutzen würden. Der Kontrast zwischen Tal- und Bergstation hätte kaum drastischer sein können. Unten eingestiegen bei bestem Frühsommerwetter, 800 Meter weiter oben tiefster Winter! Und es stürmte! Schon beim Anlegen aller Winterutensilien mussten wir alles festhalten. Auch bei meiner Tochter war ich nicht sicher, ob hier nicht noch ihre derzeitige Lieblingstextzeile "Ich heb ab" aus dem Lied "Astronaut" (Sido) in die Tat umgesetzt würde.
Die Schneeschuhe legten wir gleich von Beginn weg an. Immer entlang der Niederbauenalp und vorbei an der Tritthütte entschied ich mich den Sommerwanderweg zu benutzen, was dann auch der Tour die Wertung WT3 verlieh. Die Schlüsselstelle befindet sich hier wo der Wanderweg auf den W-Grat trifft und am Grat eine kurze aber ziemlich steile und enge Rinne hoch zu marschieren ist. Der Schnee war wunderbar griffig und die Schlüsselstelle somit kein Problem. Auf dem Gipfelgrat zum Gütsch angekommen wurde der Wind nun noch heftiger und ich musste meine Tochter auf dem Gipfel des Gütsch festhalten, damit der Wind sie nicht vom Gipfel fegte. Das löste bei meiner Frau ein ziemliches Unbehagen aus, worauf wir entschieden den Gipfel des Niederbauen-Chulm heute bleiben zu lassen und zurück zu gehen.
Den Gütsch ostwärts überschreitend suchte ich nun nach der Stelle wo man zum Hundschopf absteigen kann. Den gleichen Weg zurück durch die steile Rinne wollte ich mit den beiden nicht absteigen und eine Rundwanderung ist definitiv interessanter. Im Angesicht des Sturmes suchte ich nach dieser Stelle. Zu meiner nächsten Überraschung war die Schneeverwehung so stark, dass sich hier eine ca. 4m hohe senkrechte Schneewand gebildet hatte! Unmöglich, die beiden da runter zu schicken! Wieder zurück über den Gütsch-Gipfel fanden wir dann in der Westflanke eine Möglichkeit weglos und steil, aber sicher abzusteigen - ich vorspurend, meine Tochter nachrutschend, meine Frau hinterherschimpfend (konnte die Schimpfwörter leider durch den Wind nicht richtig hören, deshalb hab ich sie nicht persönlich genommen ;o)).
Irgendwann unten beim Hundschopf angekommen konnten wir dann endlich windgeschützt und mit tollem Ausblick auf mein diesjähriges Tourenziel, der Bristen-Pyramide, auf dem Wanderweg gemütlich zur Station Niederbauen zurück laufen. Wie ich den angestrengten Gesichtern entgegenkommender Wanderer entnehmen konnte, hatten auch diese nicht mit diesem Sturm gerechnet. Einige die von unten in Minirock, kurzen Hosen und Sandalen ankamen, haben die Bergstation nur für wenige "Föteli-Augenblicke" verlassen. Ein ziemlich teures Fotos wie ich fand, abgesehen von den "Foto-Tarifen" im Strassenverkehr ;o).
Unten angekommen ab ins Auto und auf zu meinem Schwager - zum Grillen und Bier trinken! Bei ihm angekommen sprachen wir von Winter, Schnee und Sturm...er schaute mich völlig verwirrt an, zeigte auf den frühsommerlichen Garten und sagte "ich glaub, du brauchst erstmal ein Bier." Ein würdiges Ende für einen Vatertag!
Fazit: Auch ein vermeintlich einfacher Berg mit wenig Höhenmetern will gut geplant und organisiert sein!
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