Geisterdorf mit Bahnanschluss


Publiziert von rojosuiza , 8. November 2015 um 12:00.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum:20 September 2015
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   Vigezzo 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Trontano
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Marone
Unterkunftmöglichkeiten:Domodossola


Die Vigezzina begleitet ein Pfad. Er ist mal über, mal neben, mal weit unter der Bahnlinie. Manchmal wandert der Wanderer auch auf der Bahnlinie, aber das darf er nicht; darum bleibt es geheim.
 
Das italienische Valle Vigezzo geht nahtlos über ins schweizerische Centovalli. Beide Teile verbindet die Vigezzina/Centovallibahn. Das Durchfahren der Landschaft ist an sich schon schön, aber man kann auch gern einmal aussteigen und ein Stück erwandern.
 
Ab Trontano nach Marone dauert es ein, zwei Stunden - je nach körperlicher Verfassung. Es geht zu den Bächen und Flüsslein hinunter, und dann wieder hinauf, wie es sich gehört. Wenn man ganz unten ist, verläuft hoch über einem die Bahnlinie, die eine gemächliche Steigung vorzieht.
 
Nimmt man, von der Sehnsucht nach der Haltestelle Marone getrieben, zu früh ein Strässlein nach oben - weil man den Bahnhof  doch da oben vermutet! - steht man zwar an der Bahnlinie, aber es gibt keine Station. Die kommt wohl ein wenig weiter von, gerade da um die Ecke da! Man tut, was man tun muss. Die Vigezzina hat viele scharfe Kurven. Das macht, dass man den Zug von weitem hört, am Kreischen der Räder. Manchmal hört man auch das Geräusch von drei, vier Kurven weiter  vorn. Gerade um die eine Ecke! das stimmt am Ende auch nicht ganz. Aber schliesslich ist Bahnhof doch erreicht...
 
Und nun? - Der Bahnhof steht allein auf weiter Flur, es gibt hier nichts weiter. Die Schnellzüge fahren, voll geladen mit Touristen, hin und her. Halten tun sie hier nicht, da hilft alles Winken der verirrten Damen nicht, die keine Ahnung haben, wo sie sich genau befinden. rojosuiza weiss. Er weiss auch, dass Marone doch mehr ist als ein Bahnhof, dass wenig weiter unten ein Ort ist - ein Geisterdorf mit Bahnanschluss.
 
Warum Marone verlassen ist, wo es doch Bahnanschluss hat, lieblich gelegen ist, die Erde dem Pflanzenwachstum gut gesonnen ist? - Vielleicht ist es schlicht zu klein und hat es zuwenig Platz? - Vielleicht fehlt die Autostrasse? - Vielleicht wollte keiner von den Einwohnern Bahnfahren?
 
Was geblieben ist, ist ein verlassenes Dorf in prächtiger Lage; mit Steinbauten, die langsam in sich zusammenfallen; mit Baumwuchs, der überall herausquillt. Die Kirche steht noch im Dorf; mit zugemauertem Eingang. Zwei Stellen zeigen Spuren von Leben: es lebt auf dem Friedhof - auch wenn das ein Wiederspruch in sich selbst ist. Und plötzlich steht rojosuiza Aug in Aug mit dem Abwasch - wo ein Abwasch ist, ist auch ein Esser! und also lebt es auch da, schliesst er schnell.
 
Nach dem Abstecher ins Dorf - von wo aus er eigentlich den Bahnhof hätte erreichen müssen, wäre alles mit rechten Dingen zugegangen - hetzt er über die lange Rampe hinauf vom Dorf zum Bahnhof, nimmt den Bummelzug Richtung Domodossola, und nur zehn Minuten später ist er in Trontano - zurück in der Zivilisation. Heute ist Fest: Sagrada dei Funghi. Viel Volk ist auf der Strasse. Aber auch in Trontano steht der Luftdruck auf 'Fallend'; seit dem letzten Besuch ist die örtliche Cappuccino-Quelle beim Bahnhof versiegt - was rojosuiza kaum fassen kann. Wo bleibt da die Italianità?
 
 
 

Tourengänger: rojosuiza


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