Ueber den Grat der Ritzhörner und der Merezenbachschije


Publiziert von Regula52 , 24. September 2015 um 22:51.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:30 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   Gruppo Grieshorn 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Abzweigung Griespass- Staudamm Aeginensee-Vordersulz Punkt 2600-Ritzhörner 3047- 3108-Merezebachschije-Rote Schije- Schwarzegge- Hostellibach- Alte Pür- Reckingen
Zufahrt zum Ausgangspunkt:OeV Postauto von Ulrichen bis Bivio Gries
Zufahrt zum Ankunftspunkt:OeV
Unterkunftmöglichkeiten:Hotels in Ulrichen, Cornohütte
Kartennummer:Auszug aus CD Ticino 1:25000

Voller Spannung besteige ich das erste Postauto von Ulrichen zur Abzweigung Griespass. Ob ich die doch recht lange Grattour schaffen werde?  Die Merezebachschije hat mich schon als Kind fasziniert, des Namens wegen.  Schije tönt so spannend, obwohl ich nicht recht weiss, was der Name wirklich bedeutet. 

Das Blinnenhorn war der erste Berg in meinem Leben, da war ich etwa 10 Jahre alt. Zu dieser Region habe ich seither eine starke Beziehung. 
Damals sah es hier noch anders aus. Der Griesgletscher  reichte bis zum  dann zumal noch ungestauten Aeginensee, in dem regelmässig kleinere Eisberge schwammen. 

Wenn ich allein unterwegs bin und das bin ich meistens,  vermeide ich es Gletscher zu betreten. Ich möchte in keine Löcher fallen; als Kind war ich immer wieder  fasziniert zu hören, dass der Gletscher wieder einmal Knochen ausgespuckt hatte. Das leise Grausen befällt mich noch immer, wenn ich Gletscherspalten sehe.

Es gibt verschiedene Zugänge zur Hinnersulz. Man kann auch über den Gletscher, oder auf der orographisch linken Seite im Schutt nahe dem Gletscher  entlang gehen . Diese Route finde ich allerdings etwas mühsam, da unten der Wildbach fliesst und das ganze sehr rutschig ist. 

Der eleganteste Zugang ist meines Erachtens der, den ich hier beschreibe und von dem ich nirgends je eine Beschreibung  gelesen habe. 

Wenn man von der Staumauer Richtung Griesgletscher schaut, sieht man  auf der rechten Seite im Berghang auf 2600 Metern einen auffällig grünen Absatz, manchmal sieht man noch den Pfosten eines Schafzaunes darauf.(s. Photos). Im Gebiet Vordersulz gibt es zwei Tälchen, ein vorderes, höher gelegenes, das zum Fülhorn hinaufgeht und ein  hinteres, tiefer gelegenes, das zum oben genannten Absatz führt. Diesem Tälchen folgt man bis zum Absatz. Vom Absatz folgt man einem schwach ausgeprägten Schafweg, der zuerst etwas abfällt  und dann  leicht ansteigend zur Hinnersulz führt.  Das Gebiet der Hinnersulz ist sehr einsam und strahlt eine karge Schönheit aus. 
Von dort folge ich wieder einem Tälchen, das sanft ansteigt,  an der vorderen und hinteren Sulzlicke vorbei, bis unterhalb circa Punkt 3078, von wo ich zum Grat aufsteige.  Das Ritzhorn  3024 habe ich ausgelassen, da ich am Anfang einer derart langen Tour mich nicht mit grösseren Schwierigkeiten im Grat herumschlagen mochte, (im SAC führer wird ein ockerfarbenes senkrechtes Wändchen beschrieben) hingegen statte ich dem Ritzhorn 3047 einen Besuch ab. Von dort beginnt meine Gratwanderung. Auf Ritzhorn 3108 begegne ich einem Mann, der sehr erstaunt auf meinen Plan reagiert. 
Ich bin zwar etwas verunsichert,  aber will den Grat auskundschaften.  Auf der Nordseite fällt er steil ab, hingegen hat man auf der Griessgletscherseite wenig gefährliche Bedingungen. An den schmälsten Stellen ist er etwa 25 bis 30 cm breit, lässt sich aber über weite Teile gut begehen.  Einigen unangenehmeren Hindernissen weiche ich auf die Südseite ganz nahe unterhalb der Gratschneide aus. 
Der Fels besteht mehrheitlich aus recht morschen Platten, die auch leicht ausbrechen.  Dies ist wohl die grösste Herausforderung. Dank der wenig stark abfallenden Südseite braucht es zwar Konzentration, aber ich erachte die Sache als insgesamt nicht sehr gefährlich. 
Das Ganze empfinde ich als Riesengenuss. Von der Merezenbachschije beginnt dann der Abstieg über  Punkt 3007 zur Roten  Schije.  Deren Platten umgehe ich ebenfalls auf der Südseite. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man diese auf der Nordseite umgehen soll, obwohl das im Führer als Option beschrieben ist. Auf dem Schwarzegge steigt man ab, bis an sein unteres Ende auf circa 2340m, bevor er in das Blinnental abfällt. Dort hat es einen kleinen dachförmigen Steinmann und wenn man nach links blickt sieht man einen weiteren kleinen Steinmann. Dort beginnt ein wenig ausgeprägter, bis fehlender  Schafweg auf dem man den Hang nur ein ganz klein wenig absteigend zum Hostellibach quert.  Vom Aeginensee bis zum Hostellibach findet man kein Wasser. 
Der Hostellibach hat es in sich.  Steil bis felsig abfallende Ufer, oben ein  unsicheres Schneefeld und trotz der Jahreszeit und anhaltend trockenem Wetter recht viel Wasser führend. Ich suche einige Zeit und finde nur eine taugliche Stelle zur Bachüberquerung. Ich denke, dass er, wenn er viel Wasser führt unüberwindbar ist. Der Weg, der auf der Karte eingezeichnet ist und bis auf circa  2200 m das Hostellital hinaufführt, ist praktisch verschwunden und teilweise abgerutscht.  Hingegen befinden sich im Talboden zwei recht grosse Steinmänner. 
Bei der alten Pür gelangt man auf den markierten Fahrweg hinunter ins Tal. Die Blinne ist ein rechter, Gletschermilch führender Wildbach. 
Ganz unten im Tal befindet sich an offensichtlicher Stelle eine wunderschöne Kapelle gebaut, um die Bevölkerung vor den Naturgewalten zu beschützen. Darin befindet sich eine kleine, immer noch spielbare Barockorgel.
Für mich war das eine absolut herrliche Tour.

Tourengänger: Regula52


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Kommentare (9)


Kommentar hinzufügen

kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 25. September 2015 um 08:00
"Schijen" ist anscheinend Urner Dialekt für "Zaunlatten".

Möglicherweise von (Holz)-Scheit?

Regula52 hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2015 um 12:30
Das macht wirklich Sinn.
Die vertikal aus dem Boden ragenden zum Teil recht schmalen Felsplatten sehen stellenweise wirklich aus, wie Zaunlatten. bzw. wie ein Lattenzaun.

fuemm63 hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. September 2015 um 14:16
Ein guter Ratgeber, wenn ich bei Flurnamen ratlos bin, ist das Idiotikon. "Schije" oder "Schie" ist ein Dailekt-Wort für "dünne Latte, schmales, langes Brett". Das passt sowohl zur Bergform als auch zur Bemerkung von kopfsalat.

Regula52 hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. September 2015 um 22:29
Vielen herzlichen Dank für den Hinweis. Ich wusste nicht, dass das Idiotikon mittlerweile online ist.
Noch einfacher ist es irgendeine Frage auf Hikr. stellen. Irgendwer weiss es dann immer.

Felix hat gesagt:
Gesendet am 26. September 2015 um 20:34
diese deine Tour wirkt sehr abenteuerlich - und sehr anregend, motiviert zum Nachgehen ;-)

besten Dank und lieber Gruss

Felix hat gesagt:
Gesendet am 26. September 2015 um 20:38
Gratulation zu dieser sehr langen und anspruchsvollen Tour!

lg Felix

Regula52 hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. September 2015 um 23:18
Vielen Dank. Die Tour ist wirklich toll und doch gut machbar, bzw. nicht wirklich gefährlich.

lg Regula

fuemm63 hat gesagt:
Gesendet am 27. September 2015 um 14:07
Wunderbare Tour in einer mir völlig unbekannten Bergregion - danke für die tollen Bilder,

Gr Fümm

Regula52 hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. September 2015 um 22:25
Merci, gern geschehen. Diese Bergkette ist wohl generell nicht so bekannt. Am Gipfelkreuz der Merezenbachschije hat es einen neuen Container für das Gipfelbuch. Ich hab da reingeschaut, obwohl mich die Dinger nicht wirklich interessieren. Es hat nur wenige Einträge in den letzten 10 Jahren drin. Just am gleichen Tag hat sich einer eingetragen, der wahrscheinlich die gleiche, oder eine ähnliche Tour gemacht hat.


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