Monte Emilius-Überschreitung über Ostgrat und Südgrat


Publiziert von Simon_B , 18. August 2015 um 16:42.

Region: Welt » Italien » Aostatal
Tour Datum: 7 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2600 m
Abstieg: 1200 m

Da es die Überschreitung über den Ostgrat bei hikr.org noch nicht zu geben scheint, möchte ich diese Tour nun etwas ausführlicher beschreiben. Darauf gekommen bin ich aufgrund des Gebietsführers "Gran Paradiso" des Bergverlages Rother. Dort wird die Tour als lohnende selten begangene Kletterei in ziemlich festem Fels gepriesen. Angegeben ist die Schwierigkeit  dort mit F+ - dazu später mehr...

Bei 36 Grad starteten wir am Mittag von Brissogne aus in Richtung Bivacco Menabreaz. Bereits der Aufstieg ist landschaftlich schön und unschwierig, aber anstrengend. Nach etwa fünf Stunden erreichten wir die Biwakhütte am paradiesisch gelegenen Lago di Laures. Eine Runde schwimmen war bei der Hitze natürlich Pflicht im eiskalten Wasser. Das Bivacco Menabreaz ist deutlich komfortabler als eine durchschnittliche Biwakschachtel. Ein Teil der Hütte ist hierbei Privatbereich, der andere Teil ist der Biwakraum mit neun Betten, welche wir für uns alleine hatten. Es gibt Gas, Licht, Geschirr, Wasser aus einem Brunnen und sogar eine Toilette hinter dem Haus.

Am nächsten Morgen starteten wir gegen halb Sieben noch auf deutlichem Weg in Richtung Lago Lungo. Bei erreichen des Selben bogen wir ab nun völlig weglos (keine Spuren, keine Steinmänner) nach Südwesten ab und visierten über abgeschliffene Platten bergauf den Punkt 2955 an. Dort steht auf dem Beginn des Kammes tatsächlich ein Steinmann, welchen man jedoch als Markierung nicht benötigt, da der leichteste Weg hier nicht über den Kamm, sondern links an Punkt 2955 vorbei führt. Möglicherweise könnte der genannte Gratkopf jedoch auch direkt überklettert werden. An den Resten eines Gedenkkreuzes auf dem Punkt 3110 machten wir die erste Pause. Man hat hier einen beeindruckenden Blick in die Ostwand des Monte Emilius, sowie auf den Weiterweg des Ostgrates.

Nach kurzem Gehgelände auf dem unteren Teil des Ostgrates erreichten wir den aufsteilenden Grat. Nun begann auch die Kletterei. Im Gebietsführer Gran Paradiso wird geschrieben, dass man sich immer leicht links der Schneide halten soll. Diese Angabe war für uns natürlich relativ. Teilweise bewegten wir uns direkt auf der Schneide - hier gab es den festesten Fels und die schönsten und originellsten Kletterstellen - allerdings war es hier auch am luftigsten. Einige andere Male wichen wir auch deutlich in die Flanke aus - möglicherweise auch zu weit - hier war der Fels oft brüchiger. Während des Kletterns beobachteten uns zahlreiche Steinböcke - ansonsten waren wir völlig alleine. Es gab doch einige Zweier-Kletter-Stellen (laut Führer wenige kurze Zweier-Stellen) und ansonsten über weite Strecken Einser-Klettergelände. Immer wieder gab es "sichere" Absätze zum Verschnaufen, jedoch so gut wie kein Gehgelände.

Nach gut fünf Stunden ab der Hütte erreichten wir über zuletzt einfacheres Blockgelände schließlich den Gipfel,  welcher selbst recht gut besucht war. Die Aussicht so zentral in den Westalpen, aber auch der Tiefblick ins 3000 Meter tiefer gelegene Aosta ist wirklich beeindruckend. Nach ausgiebiger Rast machten wir uns nun über den Normalweg an den Abstieg. Dieser Wanderweg wird mit der Kletterschwierigkeit I angegeben - es handelt sich jedoch eher um einen sehr steilen Pfad - Kletterstellen mussten wir suchen. Vorsicht ist natürlich trotzdem angebracht!

Vom Passo di Tre Cappuccini ging es anfangs noch über Blockfelder, schließlich auf einen guten Pfad in Richtung Tal. Während auf dem Pass die Wolken noch eher harmlos in den Himmel quellten, begann es nach einer halben Stunde schließlich aus schnell dunkler werdenden Wolken erst leicht zu tropfen, dann zunehmend zu hageln. Erstes Donnergrollen war zu hören - ich schaute vergeblich nach irgend einem Unterstand. Schließlich prasselten schmerzhafte bis zu 2 Zentimeter große Eiskörner auf uns nieder - die Blitze schlugen in die umliegenden Gipfel und teilweise in unmittelbarer Nähe ein. Wir hatten die Wahl zwischen Hinhocken auf den freien Flächen und einem schnellen Marsch zum Rifugio Arbole. Wir entschieden uns für Zweiteres - der an sich einfache Wanderweg wurde durch die Sturzbäche und einer dicken Hagelkörnerauflage zunehmend gefährlich rutschig. Völlig durchnässt und auch verängstigt vom infernalischem und überraschend aufgezogenem Gewitter erreichten wir gegen 15 Uhr schließlich die Hütte.

Der Wirt schien unsere Not in den Gesichtern zu erkennen und zauberte uns leckere heiße Schokolade und eine Spinat-Brot-Suppe. So schnell, wie das Unwetter gekommen war, so schnell war es auch wieder weg. Nach einer Stunde war der Himmel wieder beinahe wolkenlos blau.

So konnten wir die letzte, ebenfalls landschaftlich sehr schöne Etappe zum Lift über Pila wieder im Sonnenschein genießen.

Fazit:
Die Tour stellt eine landschaftlich absolut beeindruckende Überschreitung dar. Man passiert unzählige Bergseen und der Ostgrat ist wirklich eine tolle Kraxelei auf einen eindrucksvollen Dreieinhalbtausender. Hier noch einige Anmerkungen zu den Schwierigkeiten:
In den wenigen Berichten zur Tour aus dem Internet, sowie im Gebietsführer Gran Paradiso wird der Ostgrat gegenüber dem Südgrat als nicht wesentlich schwerer beschrieben. Dies kann so nicht ganz stehenbleiben! Der gesamte Ostgrat ist nicht markiert - man muss die Route selber suchen - es gibt oft scheinbar mehrere Möglichkeiten im teilweise durchaus nicht ungefährlichem Gelände. Während der Aufstieg am Südgrat aus einem teilweise markierten Wanderweg ohne nennenswerte Kletterei besteht, muss am Ostgrat über 500 Höhenmeter beinahe durchweg geklettert werden. Ich denke, die Bewertung WS- geht deshalb voll in Ordnung.

Insgesamt, trotz der auch konditionellen Strapazen und dem gewittrigem Gruß aus dem Himmel eine meiner bisher schönsten Touren!

Tourengänger: Simon_B


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