Die Barrhörner: Mit Biwak aus dem Mattertal


Publiziert von Delta Pro , 8. August 2015 um 08:32.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 6 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 2690 m

Wunderschöne 1,5 Tages-Tour auf spannenden, alten Pfaden zu den höchsten Wandergipfeln der Schweiz
 
Eine Tour auf die Barrhörner gehört ins Palmarès eines Schweizer Alpin-Wanderers. Nirgends in den Alpen kommt man so einfach (T3!) auf einen 3600 Meter hohen Gipfel. Da ich mich zur Schonung meines Fusses immer noch bevorzugt an Wanderwege halte, schien der ideale Zeitpunkt gekommen, die Barrhörner zu besteigen. Doch – natürlich – nicht auf den konventionellen Routen über die Turtmann- oder Topalihütte: Jedes Mal wenn ich durchs Mattertal fuhr, beeindruckten mich die jähen Wände der westseitigen Talflanke, durch die dennoch Wege zu Alpen führen, die wie Adlerhorste zwischen den Klippen hängen. Der wohl spannendste Aufstieg ist derjenige von Herbriggen über Sänggini, auf Hikr erst hier beschrieben. Der Weg vermittelt quasi den direkten Zugang zum Schöllijoch (die Direttissima) und damit zu den Barrhörnern. Als öV-Tagestour aus der Region Zürich dürfte die Besteigung kaum möglich, da schon ein gewisser Zaza mit einer Stunde mehr Zeit ab Bern knapp durchkam. Nun dann, höchste Zeit endlich wieder mal das geliebte Biwakmaterial zum Einsatz zu bringen.

Die technischen Schwierigkeiten der Tour sind trotz der Steilheit des Geländes und der grossen Höhe erstaunlich gering. Die beiden Felsenwege über Herbriggen (Aufstieg über Sänggini und Abstieg über Guggini) erfordern Trittsicherheit, jedoch keine Kletterei oder Ähnliches. Der kurze Klettersteig ins Schöllijoch ist dank der sehr guten Versicherung mit Seilen und Tritten kein Problem, wenn man schwindelfrei ist. Landschaftlich fand ich die Tour unglaublich schön und eindrücklich, da man durchwegs in spannendem und steilem Gelände durch alle Vegetationsstufen steigt und die unerwarteten Terrassen inmitten der Wände immer wieder für „Oh“-Erlebnisse sorgen. Mit einem Biwak bei den letzten Grasflecken im Tälli (unter dem Abberg Gletscher) war’s einfach nur ein Genuss.

 
Von Herbriggen ins Biwak am Abberg Gletscher (T4)
Vom Bahnhof Herbriggen starten wir um Viertel vor fünf talabwärts und wandern bis zum Ausgleichsbecken. Kurz nach Überquerung des dank der gewaltigen Wassermassen tosenden Tummigbaches geht eine Wegspur ab. Diese folgt zuerst genau der nordseitigen Begrenzung des Wildbaches und ist nicht mehr zu verfehlen, sobald sie in die Felsbänder eingetaucht ist. Obwohl der Pfad selten begangen aussieht, ist er doch durchwegs deutlich. In absolut erstaunlicher Linienführung windet er sich mitten durch die Abbrüche aufwärts, ohne dass je ein Gefühl von eigentlicher Ausgesetztheit aufkommen mag. Bei den Hütten von Sänggini staunen wir nur noch, dass es in dieser steilen Umgebung flache Terrassen gibt, auf denen man Fussball spielen könnte.
Noch eindrücklicher wird der Aufstieg bei der verlassenen Alp von Chastul, wo man über die Waldgrenze gelangt und einen wunderschönen Blick auf die Gletscher und 4000er im Abendlicht geniesst. Wir sind froh, diesen Aufstieg an einem Abend unter die Füsse genommen zu haben, wo man von unten bis oben im angenehmen Schatten wandert. Oberhalb Chastul wird der Weg noch steiler und führt teils etwas undeutlich durch eine Grasflanke nach links aufsteigend bis man den markierten Höhenweg von der Topalihütte erreicht. Wir kreuzen ihn und wandern ins ebene „Tälli“, eine idyllische Ebene mit feinem Rasen und vielen Felsblöcken, direkt am Übergang ins Hochgebirge. Nachdem uns die heimische Schafherde nach einem Scheinangriff „freundlich“ begrüsst hat und nach getaner Arbeit beruhigt wieder abgezogen ist, richten wir uns ein und geniessen im letzten Licht ein Z’nacht. So sollte biwakieren immer sein!
 
Barrhörner und Schöllihorn via Schölligletscher (T4)
Nach einer unglaublich warmen Nacht (min. +11 Grad auf 2700 m.ü.M.!) starten wir beizeiten und steigen über die Moräne gegen den Schölligletscher hinauf, wo wir auf den blau-weissen Wanderweg treffen. Der Gletscher lässt sich ohne Steigeisen begehen. Diese sollten aber dabei sein – bei kühleren Temperaturen dürfte man sie brauchen. Ausser dem Bergschrund kurz vor dem Einstieg zum Klettersteig scheint es keine grösseren Spalten zu geben. Der Steig selbst ist zwar steil, doch sehr gut mit Tritten und Seilen ausgebaut (T4-T5). Vorsicht ist aufgrund der für einen Klettersteig doch relativ vielen losen Steinen geboten. Der Blick ins Hochgebirge ist faszinierend, wenn man das Schöllijoch erreicht.
Auf dem Weg geht es durch teils feines Geröll, am Schluss anstrengend, einfach aufs Üsser Barrhorn, wo wir eine lange Pause einlegen und die geniale Aussicht geniessen. Abstieg in den Pass und übers Innere Barrhorn, den zweiten hohen Gipfel heute. Schliesslich nehmen wir noch das Schöllihorn mit, das sich ebenfalls einfach auf Wegspuren besteigen lässt. Nach einer weiteren Rast lösen wir uns vom unvergleichlichen Anblick des Weisshorns und steigen im Nu wieder auf den Schölligletscher ab. An dessen Ende weist ein Wegweiser auf einen blau-weissen Weg zum Brunnegghorn hin – hat man da wirklich den doch eher wilden NW-Grat mit Stahlseilen ausgerüstet? Weiss jemand Bescheid?
 
Abstieg über Guggini (T4)
Nachdem wir unser Gepäck beim Biwakplatz wieder geschultert haben, geht’s zurück zum Topali-Höhenweg, den wir nun in Richtung Süden verfolgen. Der Weg quert auf einer Brücke den Tummigbach und führt dann in vielen, bestens in Stand gehaltenen Serpentinen durch steiles Gelände sehr schön zur fantastischen Wiesen-Terrasse oberhalb der Alp Seematte (T4). Durch weiterhin wildes Gelände, das durchaus ans Tessin erinnern kann, werden die Hüttlein von Guggini erreicht. Ab dann geht es absolut kompromisslos in die Tiefe, der Pfad windet sich durch steilen Wald in einen Graben und führt dann auf einem langen Felsband nach Reckholder – sehr eindrücklich. Ab der letzten Alp wird der Pfad zusehend verwachsen und ist schliesslich fast komplett mit Geröll überdeckt, so dass wir froh sind endlich den Talgrund zu erreichen und der Mittagshitze zu entfliehen.
 
Durchgangszeiten:
Herbriggen: 16.50
Tälli (Biwak): 19.55
Tälli (Biwak): 6.05
Üssers Barrhorn: 8.00
Schöllihorn: 9.35
Tälli (Depot): 10.50
Herbriggen: 12.55

Tourengänger: Delta


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Kommentare (3)


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spoili hat gesagt: barrhorn als öv tagestour
Gesendet am 12. August 2015 um 01:10
ich muss dir widersprechen. ich habe das barrhorn heute als öv tagetour gemacht und zwar über die vollen 2989 netto höhenmeter vom bhf turtmann aus. abstieg via topalihütte nach st.niklaus. das tiefere,südlichere barrhorn habe ich nicht gemacht. dafür habe ich den zug um 20:50 in st. niklaus erwischt, es gäbe noch einen um 21:50, fährt auch nach ZH.
start um 08:22 in turtmann, gipfel erreicht um 16:23. Start Abstieg um 16:55. und ich bin kein leichtgewicht. 1h könnte man ohne pausen und 10kg weniger auf den rippen wohl noch einsparen

Delta Pro hat gesagt: RE:barrhorn als öv tagestour
Gesendet am 12. August 2015 um 07:17
Gratulation!
Mach doch einen Eintrag dazu - es gibt sicher schöne Bilder.
Mit den total 10 Stunden unterwegs (inkl. Pausen) unserer 1.5 Tages-Tour ab Herbriggen hätte es natürlich auch für eine 1-Tages öV Tour aus dem Mattertal und zurück gereicht. Im Nachhinein weiss man immer mehr und mal wieder zu biwakieren ist nie zu verachten.
Will man allerdings die Tour in Gruben beenden, wird es knapp, da es nur um 17.20 einen Bus gibt.
Gruss Delta

spoili hat gesagt: RE:barrhorn als öv tagestour
Gesendet am 12. August 2015 um 17:37
hab einen gemacht :)
biwakiert habe ich in den bergen noch nie. aber mich würde es schon mal reizen.
die tour beendet man auch nicht in gruben, sondern in turtmann ;)


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