Das Matterhorn des Meiental, Wendenhorn SE-Grat


Publiziert von danski , 25. Juli 2015 um 14:04.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:11 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-UR 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:Sustenbrüggli - Firnplangg - SE-Grat - Wendenhorn
Unterkunftmöglichkeiten:Sustlihütte

Schon oft ist mir bei meinen winterlichen Streifzügen durch das Meiental das "Meienhoru", eher bekannt unter der geografisch korrekten Bezeichnung Wendenhorn, 3023m, ins Auge gestochen. "Stechen" ist gar nicht so weit hergeholt, denn tatäschlich präsentiert es sich spitz und prominent an der Meientaler "Skyline". Da es sich ausnahmsweise um keinen Skigipfel handelt, muss man ihm kletternd auf die höchste Spitze steigen.

Die endgültige Initiative, das stolze Horn zu erklimmen, kam schliesslich von Chris. Lange hatten wir davon gesprochen, wir entschieden uns dann aber doch immer wieder für andere Ziele. Das Topo hier http://www.sustlihuette.ch/downloads/wendenhornse.pdf zeigt die Route in ihrer ganzen Pracht und macht richtig Lust, der Linie zu folgen. Der Start vom Sustenbrüggli, 1907m, erfolgt um kurz nach 06:30. Zügig steigen wir dem bereits hell beschienenen Wendenhorn entgegen. Eine beindruckende Erscheinung, die mir Respekt abverlangt. Über steile Grasflanken, dann in losem Geröll und schliesslich auf Schnee gelangen wir in rund 1 Stunde zum Einstieg der Route, der sich am markanten Vorbau auf ca. 2520m befindet. Der Respekt weicht nun definitv der Vorfreude, denn aus der Nähe sieht der Fels einladend griffig aus. Chris ist motiviert den Anfang zu machen, und nach einer kurzen Frühstückspause steigt er ein. Zwischenzeitlch hat sich noch eine deutsche Zweierseilschaft zu uns gesellt. Gespannt beobachte ich meinen Seilpartner und bin etwas erstaunt, dass er nicht so zügig vorankommt, wie ich es erwartet habe. Ein paar herzhafte Züge und er kommt beim 1. Stand an. Noch etwas ungelenk klettere ich die ersten Meter, doch dann kommt das Vertrauen in die Reibung der Schuhe zurück. Bald wird mir auch klar, warum Chris nur zögerlich vorankam. Eine kurze Piazz-Stelle erfordert etwas Überwindung, Griffe und Tritte sind eher rar. Die 2. SL kann ich jetzt übernehmen. Etwas einfacher und griffiger, ist die 2. SL pure Freude. Nach 3 SL haben wir den Vorbau erklommen. Die Bewertung liegt bei einer nicht zu üppig, aber gut abgesicherten 5a. Weiter gehts alpiner abgesichert in kompaktem Gneis hoch. Wir entscheiden uns, 60m auszuklettern um dann simultan nachzusteigen. Der Seilzug wird aber irgendwann hinderlich, so dass wir bald auf ca. 30m verkürzen. Nur wenn sich uns ein Turm im Bereich 4c/5a in den Weg stellt, sichern wir den Nachsteiger an den perfekt eingerichteten Standplätzen. Oft können wir jedoch simultan klettern, was sich angesichts der Länge und der moderaten Schwierigkeiten empfiehlt. Insgesamt ist die Route genau nach meinem Geschmack abgesichert. Nicht zu wenig, nicht zu viel und mit Friends und Schlingen kann man die Route nach Belieben sicherer gestalten. Nach etwas mehr als 5 Stunden Kletterei gehts nicht mehr weiter. 3023m sind erreicht! Obwohl wir recht zügig vorankamen, sind die Stunden doch wie im Fluge vergangen. Rundherum locken weitere Gipfel und Klettereien, die mein bescheidenes Niveau bei weitem übersteigen. Wir geniessen die ungestörten Momente am Gipfel, knipsen ein paar Bilder und bereiten uns für den Abstieg vor.

Da wir beide bis jetzt mit den Finken geklettert sind, was ich v.a. für den Vorbau empfehle, ist nun solideres Schuhwerk gefragt. Chris' vertraut seinen Trailrunning-Schuhen, während ich meinen schweren Schuhen den Vorzug gebe. Die erste Abseilstelle (1x25m) ist dank dem erwähnten Topo schnell gefunden. Danach folgt T6 Gelände mit kurzen Abkletterstellen (II) und viel losem Gestein durch die Gipfelrinne. Nicht immer ist die Wegfindung offensichtlich, tendenziell hält man sich aber eher links absteigend. Gut, dass sich die andere Seilschaft immer noch im Aufstieg befindet, sonst wären wir wohl einem Bombardement ausgesetzt. Von der Scharte wechseln wir Wegspuren folgend in die NE-Flanke. Weitere Abseilstellen sind hier eingerichtet. Wir benutzen sie, obwohl man hier auch abklettern könnte. Nach 3x 20m Abseilen wird das Gelände (T4-5) einfacher. Wegspuren führen links haltend bis zur letzten Abseilstelle, 10m über dem Rand des Gletschers. Schnell haben wir weichen Schnee unter den Füssen, nehmen das Seil auf und schnallen die Steigeisen an. Wäre wohl noch ohne gegangen, denn die Aussaperung war noch nicht sehr weit fortgeschritten. Spalten zeichneten sich bereits sichtbar ab. Schnellen, langen Schrittes rennen wir beschwingt den weichen Schnee hinunter bis wir auf ca. 2480m die Steigeisen abschnallen können und auf Geröll wechseln. Altschneefelder als "Rutschpisten" benützend, schlittern wir zügig unserem Ziel Sustenbrüggli entgegen. Der Abstieg hat uns doch 2.5 Stunden gekostet. Mit Freude erfüllt, blicken wir zurück auf das Tageswerk. Ein weiterer stolzer Gipfel im "Uri Adventure Country" Meiental können wir in unser Palmares aufnehmen.

Fazit

Eine lohnende, alpine Klettertour auf einen weiteren prominenten Gipfel im Meiental! Obwohl sich die Schwierigkeiten in moderatem Rahmen bewegen, darf die Tour nicht unterschätzt werden. Der zeitliche Aufwand ist mit gesamthaft 9 Stunden relativ hoch und wir waren schnell unterwegs. Mit schweren Schuhen dürfte die eine oder andere Stelle doch recht knifflig zu klettern sein. Ich war jedenfalls froh um die Finken. Wir kletterten mit einem 60m Einfachseil, was sich als ideal herausstellte. 50m sind für manche SL schon sehr knapp. In Bezug auf die Qualität der Kletterei sind in der Nähe bestimmt lohnendere Touren zu finden, dafür holt man sich hier einen tollen Gipfel, den man sich selten mit anderen teilen muss.







Tourengänger: chrismo77, danski


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Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

markus1968 hat gesagt: Gesehen
Gesendet am 7. August 2015 um 12:36
Glaube wir haben euren Abstieg auf dem Rückweg von unserer Grassen Südwandtour gesehen.
Gratulation, dieser Berg hat es meinem Kollegen und mir auch angetan. Er redet jedes mal über ihn wenn wir uns sehen. Vielleicht klappt er ja mal bei uns.

BG
Markus

danski hat gesagt: RE:Gesehen
Gesendet am 8. August 2015 um 12:53
Hallo Markus

Gut möglich, neben uns war nur noch eine andere Seilschaft unterwegs. Wenn du zwei Alpinisten gesehen hast, die den Gletscher runter gerannt sind, waren es bestimmt wir. ;) Versucht das Wendenhorn unbedingt. Klettereien gibt es zwar schönere, aber das Gesamterlebnis ist wirklich Klasse!

Gruess
Dani


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