Eiger via Mittellegigrat ab Ostegg


Publiziert von pboehi , 10. Juli 2015 um 08:33.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum: 7 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: S
Klettern Schwierigkeit: V (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2- (WS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Grindelwald mit Auto oder ÖV
Unterkunftmöglichkeiten:Ostegghütte, Mittellegihütte

 
Schöne Grattour auf einer gut eingerichteten Route im Jungfraugebiet

Jungfrau Region (Karl Hausmann): S. 143 Ostegghütte, 18.1 Zustieg von Alpiglen (T6)
Berner Alpen (Ueli Mosimann): S. 372 Überschreitung der Hörnli zur Mittellegihütte 438 (S) 7-8h
Jungfrau Region (Karl Hausmann): S. 310 Mittellegigrat 302.1 Nordostgrat zum Eiger (S III, IV-) 4-5h
Jungfrau Region (Karl Hausmann): S. 320 Abstieg Südgrat zur Mönchsjochhütte 302.10 (S III) 4-6h
 
Mir meinem bewährten Bergführer Markus wollte ich eine weitere Grattour machen, die Wahl fiel auf den Mittellegi Grat, den wir in voller Länge ab der Ostegg Hütte auf den Eiger-Gipfel machen wollten mit Abstieg über S-Grat und Eigerjöcher zum Mönchsjoch.
 
Wir trafen uns morgens in Grindelwald, von dort mit der Jungfrau-Bahn nach Alpiglen (1614m), wo wir nach einem gemütlichen Mittagessen im Berggasthaus Alpiglen den Aufstieg zur Ostegg-Hütte in Angriff nahmen. Zuerst folgt der Weg dem Eiger-Tail, verlässt diesen bei Pt. 1757, verliert kurz an Höhe, bevor dann bei Pt. 1752 der mit einem Wegweiser markierte Abzweiger zur Ostegg-Hütte kommt. Auf einem steilen Weglein, das mit oranger Farbe deutlich markiert ist, erreicht man den Einstieg zum Klettersteig bei ca. 2060m. Der Klettersteig ist eher einfach, aufgrund des vielen Schotters ist aber zumindest ein Helm zu empfehlen. Ich hätte den Steig ungesichert gemacht, da die Schlüsselstelle durch Schmelzwasser zu einem Wasserfall wurde, liess ich mich durch meinen Bergführer in dieser Passage sichern, zog den Regenschutz an und stieg rasch an den Eisentritten durch diese Stelle. Anschliessend war es wieder einfaches Gehgelände bis zur Hütte.
 
Die Ostegg-Hütte (2317m) ist eine schöne, komfortable Hütte des Bergführervereins Grindelwald, welche 1998 erbaut wurde und einen tollen Komfort für 12 Personen bietet. Die Hütte verfügt über einen Holz- und Gaskocher, zudem können gegen Entgelt Getränke vor Ort bezogen werden. Das Wasser muss in der Umgebung oberhalb der Hütte geholt werden. Die Ostegg-Hütte ist in der Regel geschlossen, der Schlüssel ist bei der Hütte in einem Tresor untergebracht, den Code erfährt man bei Grindelwald Sports. Die Hütte liegt an einem traumhaften Standort mit eindrücklichen Tiefblicken nach Grindelwald und dient als idealer Ausgangspunkt zur Überschreitung des Mittellegi-Grates.
 
Am Abend ging noch ein kurzes und intensives Gewitter mit etwas Hagel herunter, der Wetterbericht versprach für den nächsten Tag trockene Verhältnisse. Wir mussten den morgendlichen Start doch noch um 2 Stunden verschieben, bis das letzte Wolkenband vorbeigezogen war und der Himmel klar war. Abmarsch um 7h, von der Hütte steigt man auf einem mit Steinmannli markierten Weg durch eine riesige, brüchige Halde westlich auf in Richtung Sattel. Am Felsbollwerk beginnen die ersten leichten Kletterstellen, unter anderem ein etwa 4m langer senkrechter Riss, anschliessend etwas leichter bis zum Sattel, der Weg ist mit roten Strichen und Punkten markiert. Vom Sattel aus wendet man sich nach rechts und folgt dem Grat auf etwas abwärts geschichtetem, aber gut begehbarem Fels auf der logischen Linie, welche markiert ist und zudem gelegentlich einen Bohrhaken aufweist.

Die Markierungen führen bis zum Felsenfenster im Hörnli N-Gipfel, wo auch ein Gipfelbuch zu finden ist. Das Felsenfester ist ein kleines Loch, welches eine normal grosse Person ohne Rucksack passieren lässt, auf der anderen Seite geht es nach links weiter, ein Fixseil erleichtert einen kurzen etwas exponierteren Abschnitt. Absteigende Passagen können gut abgeklettert werden, vor der Schlüsselstelle muss ein kurzes Stück abgeseilt werden.
 
Die Schlüsselstelle ist eine 45m hohe Wand, welche durch einen Riss und einen Kamin zu erklettern ist. Der Riss geht direkt vom kleinen Sattel weg und weist mehrere Bohrhaken auf, die schwierigste Stelle ist eine etwas abdrängende Platte, welche mit Reibung und einem ausholenden Griff nach links zu überwinden ist, dahinter findet sich ein Eisenstift, den man dankend ergreift, dort kommt dann auch schon der erste Stand. Anschliessend folgt ein etwa 30m langer senkrechter Kamin, der kraftraubend und im obersten Teil technisch ebenfalls etwas anspruchsvoller ist. Hat man diese beiden Stellen (V) gemeistert, geht es einfacher auf dem streckenweise ziemlich breiten Grat weiter, es finden sich sogar Wegspuren und es kann am kurzen Seil gegangen werden. Die Mittellegihütte kommt in Sicht und rückt immer näher, die letzten Stufen werden überklettert, und nach ziemlich genau 5 Stunden stehen wir auf deren Terrasse.
 
Die Mittellegi-Hütte (3355m) thront auf dem Grat, das ausgesetzte kleine Gebäude bietet Unterkunft für 36 Personen und ist sehr gut bewirtet, der Zustieg zur Hütte braucht auf alle Fälle Kletterei (II). Zusätzlich hat es noch ein 12 plätziges Biwak neben der Hütte. Wir genossen ein Bier, den sonnigen Nachmittag und die tollen Blicke auf die umliegenden Berge und Gletscher, direkt von der Hütte geht der Grat zum Eiger weiter, und der Blick zum Gipfel ist sehr eindrücklich. Nach dem ausgiebigen Abendessen setzten wir die Zeit für das Frühstück fest, welches von der Mehrheit der Bergführer mit 3:30h etwas später angesetzt wurde, als mein Bergführer und ich es haben wollten. Wir dachten an den Abstieg und die Überquerung des Gletschers, welche bei den aktuell herrschenden warmen Temperaturen möglichst früh stattfinden sollte.
 
Es ist das Privileg der Grindelwalder Bergführer als erste starten zu dürfen, dicht gefolgt von den anderen Bergführern mit ihren Gästen, am Schluss kommen die privaten Tourengänger. Das Frühstück wurde somit in zwei Schichten abgehalten, zuerst alle Bergführer mit ihren Gästen um 3:30h, gefolgt von den anderen um 3:45h. Ich hielt das Frühstück kurz und war um 3:45h schon bereit, sodass wir als erste abmarschierten konnten. Meine Lagebeurteilung sagte mir, dass wir wohl keine ernsthaften Verfolger haben würden, und so war es auch. Im Schein unserer Stirnlampen marschierten wir auf dem breiten Grat von der Hütte weg, schon bald kamen die ersten Kletterstellen, die wir zügig meisterten, mehrere Aufschwünge in diesem Abschnitt des Grates sind mit langen Fixseilen ausgerüstet. Der Grosse Turm (3689m) wird überschritten, und bald nähert man sich dem Gipfel. Hier wird der Grat etwas flacher und die Firnstellen nehmen zu, mittlerweile war die Sonne aufgegangen und die traumhafte Bergwelt um uns herum wurde sichtbar. Wir legten die Steigeisen an, nahmen den Pickel zu Hand, und bewältigten das letzte kurze Stück grösstenteils auf Firn zum Eiger-Gipfel (3970m), den wir nach 2:20h erreichten.
 
Den Abstieg wollten wir über den S-Grat des Eigers und die Eigerjöcher zur Mönchsjochhütte machen, ich war mir bewusst, dass dieser Abschnitt länger als der Aufstieg zum Gipfel ist und noch einiges an Kletter- und Abseilarbeit für uns bereit halten würde. Nach einer kurzen Pause und einigen Photographien machten wir uns mit den Steigeisen an den Abstieg, auf dem S-Grat kletterten wir zumeist ab, an einzelnen Stellen musste abgeseilt werden, auch dieser Teil der Route ist gut mit Bohrhaken ausgerüstet. Dank der vielen Steigeisen-Spuren ist der Weg nicht zu verfehlen. Die Eigerjöcher verlangen nochmals einiges an Kletterarbeit (III bis IV-) in kompaktem Granit, natürlich genossen wir ebenfalls die umliegende Berg- und Gletscherwelt und den Blick zum nahen Mönch.
 
Nach den Eigerjöchern galt es nun noch, den Gletscher vom Südlichen Eigerjoch zum Obers Mönchsjoch entlang der Nordostflanke des Mönchs zu überschreiten und somit zur Mönchsjochhütte zu traversieren. Da wir früh dran waren und bereits eine Spur vorhanden war, war der Schnee relativ trittfest, sodass wir zügig voran kamen. Mittlerweile blies ein kräftiger Wind, sodass wir froh waren, nach insgesamt 5:40h nach einem kurzen Gegenanstieg die Mönchsjochhütte zu erreichen. Wir liessen die Hütte rechts liegen, verräumten an dieser Stelle unser Material und stiegen direkt zur Station Jungfraujoch auf einer präparierten Piste ab, auf der uns schon die ersten internationalen Touristen entgegen kamen. Nach wenig mehr als 6h waren wir im Stollen und mischten uns unter die Besucher aus Nah und Fern. Mit der Jungfraubahn ging es zurück nach Grindelwald.

Material: 50m Einfach Seil, mehrere Expresse, Karabiner, 1-2 Friends

Tourengänger: pboehi


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Kommentare (9)


Kommentar hinzufügen

roger_h hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2015 um 09:10
Gratulation zur tollen Tour! Bravo!

Gruss
Roger

dominik hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2015 um 11:05
Tolle Tour, steht auch auf meiner Wunschliste für "irgendwann" :-)

MaeNi hat gesagt: TTT
Gesendet am 10. Juli 2015 um 11:36
Tolle Tour, toller Bericht und tolle Bilder! Gratulation!

Gruss
M&N

nprace hat gesagt: Adventure Country CH
Gesendet am 10. Juli 2015 um 16:29
Eine sehr beeindruckende Tour. In der Zeiten von Speed Besteigungen und Bahnen bis kurz unter den Gipfeln weckt eine solche 3 Tagige Aktion das Gefühl in einer älteren Zeit sich zu bewegen in welcher jeder Tour eine Expedition war.
Schön gemacht und Gratulation.
N

jfk hat gesagt: Super!
Gesendet am 10. Juli 2015 um 20:00
Grandiose Tour, Gratulation!

G. Jonas

Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2015 um 21:34
Hammertour; geniale Fotos - Gratulation!
Vielleicht auch mal, wer weiss ...

Gruss, Linard

Sherpa hat gesagt: Gratulation ..
Gesendet am 11. Juli 2015 um 15:59
.. zu dieser tollen Tour und Danke für die schönen Bilder.
Gruss Sherpa

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 23. Juli 2015 um 13:57
Auch von meiner Seite herzliche Gratulation - ebenfalls ein Projekt bei mir...

Grüsse
Bombo

lsstg hat gesagt:
Gesendet am 30. September 2015 um 15:14
Sehr schöne Tour!! Möchte 2016 zu meinem 50er dieses Bergerlebnis ebenfalls genießen.


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