Giro del Pizzo Campolungo


Publiziert von أجنبي , 23. Juni 2015 um 22:44.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:20 Juni 2015
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Campolungo   Gruppo Pizzo Campo Tencia   Gruppo Poncione di Vespero 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2060 m
Abstieg: 2060 m
Strecke:Dalpe – P. 1299 – P. 1349 – P. 1455 – P. 1480 – P. 1638 – Alpe Cadonighino – Stüéi – Passo Vanit – Capanna Leit SAT – Laghetto Campolungo – Bocchetta del Prévat – Canton del Prévat – P- 2123 – Alpe Zarìa P. 1939 – P. 1977 – Val di Sassalto – Bocchetta del Mognoi – Lago di Morghirolo – Piano di Lei – Capanna Campo Tencia CAS – Alpe di Croslina – P. 1650 – P. 1554 – Alpe di Gera – Piumogna – P. 1365 – Dalpe
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV bis Dalpe
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV ab Dalpe
Unterkunftmöglichkeiten:Biwak auf der Alpe Zarìa
Kartennummer:LK 1:25.000: 1252 Ambrì-Piotta, 1272 Pizzo Campo Tencia

Die eher ungünstigen Wetterprognosen für das Wochenende zwangen uns in den Süden. In der Leventina sollte – Nordföhn sei Dank – einigermassen brauchbares Wetter herrschen und uns eine schöne, gipfellose Biwaktour ermöglichen.

 

Mit der ersten ÖV-Verbindung ging es nach Dalpe, wo wir als Einzige aus dem Postauto ausstiegen und um 9 Uhr starteten. Der Aufstieg zur Capanna Leit ist gut ausgeschildert, einfach (T3) und führt lange Zeit gemütlich ansteigend durch Wald. Eine gute Sache also, wenn man aufgrund der NO-Exposition schon früh Sonne hat. Nach der Alpe Cadonighino ist fertig mit Wald und das Gelände wird steiniger bzw. felsiger. Ein einziges Altschneefeld trafen wir an, die Bewältigung desselben stellte kein Problem dar. Nach gemütlichen 2h 45min erreichten wir den Passo Vanit und etwa eine halbe Stunde später die Capanna Leit, wobei noch einige Schneefelder zu traversieren waren. Hinter der SAT-Hütte suchten wir uns ein vermeintlich windstilles Plätzchen am Laghetto Campolungo, hielten Rast und diskutierten das weitere Vorgehen.

 

Unser Plan war der Giro del Pizzo Campolungo mit Biwak auf der Alpe Zarìa. Wir hatten durchaus noch einigen Schnee erwartet, waren aber doch etwas von dessen Menge überrascht. Um Gewicht zu sparen, hatten wir die Steigeisen zu Hause gelassen, jedoch Eispickel dabei. Der Aufstieg zur Bocchetta del Prévat (Sattel am Südfuss des Pizzo del Prévat) schaute ziemlich weiss aus, wobei mittig jedoch Geröll herausragte. Was hinter dem Pass kommen würde, wussten wir nicht, gingen aber davon aus, dass westseitig etwas weniger Schnee liegen würde.

 

Nach einer langen Pause am Laghetto Campolungo stiegen wir also etwas ab und hinüber an den Fuss des Pizzo del Prévat, dem ich eines Tages mit Kletterfinken einen Besuch abstatten möchte. Von dort stapften wir den zunächst 30-35° steilen Hang hoch und wechselten sobald wie möglich auf das Geröll. Danach galt es, nochmals kurz durch den Schnee (>35°) aufzusteigen. Aus der Ferne hatte der Aufstieg einiges steiler und heikler gewirkt, als er schliesslich war. In der Bocchetta del Prévat angekommen stellten wir mit Erleichterung fest, dass der westseitige Abstieg weitgehend schneefrei war. Der zunächst äusserst steile Abstieg wird durch Fixseile auf der Prévat-Seite deutlich entschärft. Das Gelände ist kaum gestuft und teils mehr als 40° steil.

 

Etwas oberhalb der Seelein trafen wir dann doch noch auf Schnee, wobei hier das Gelände nicht mehr steil war. Den blau-weissen Markierungen zu folgen, machte bei der Schneelage keinen Sinn, weshalb wir freestyle auf P. 2123 zuhielten. Wo es trocken war, zeigte sich, was sich noch auf der ganzen Tour zeigen würde: Von einem Weg ist beim Giro del Pizzo Campolungo nicht wirklich zu sprechen. Die Route verläuft zu 90% in weglosem Gelände und die Markierungen dienen höchstens der Orientierung. Mit T4 finde ich die Angelegenheit etwas unterbewertet. Der Abstieg von P. 2123 zur Alpe Zarìa führt zunächst mitten durch ein steiles Bachbett. Da in diesem noch viel Schnee lag, wählten wir auch hier eine trockenere Alternative. Auf ca. 1970m traversierten wir – wiederum mehr oder weniger den Markierungen folgend – durch mühsames, grobblockiges Geröll und erreichten so gegen 15.30 Uhr die Alpe Zarìa.

 

Ein paar geeignete Biwakplätze fanden wir schliesslich am nordöstlichen Rand der Ebene, unweit des Berg-“Wegs“ und ein paar zerfallener Alpgebäude (P. 1939). Der Nordföhn störte etwas, insbesondere wenn mal wieder Wolken vor der Sonne hingen. Immer wieder kamen aus Norden auch dunkelgraue Wolken angebraust, für mehr als ein paar Regentropfen reichte es letztlich aber nie. Mit um die 0° C war die Nacht eher kühl, unser Material bewahrte uns aber vom Frieren.

 

Nach Aufräumen, Frühstück und Kaffee ging's am Sonntag kurz nach 8 Uhr los. Aufgrund der Exposition des Aufstiegs zur Bocchetta del Mognoi hofften wir auf halbwegs trockene Bedingungen. Klar war, dass es steil werden würde – und es sich hätten rächen können, dass wir keine Steigeisen dabei hatten. Den Aufstieg durch das Val di Sassalto bewältigten wir mehr oder weniger in der Nähe der blauen Markierungen (die weisse Farbe scheint irgendwann ausgegangen zu sein), doch auch hier war von einem Weg weit und breit nichts zu sehen. Lange Zeit konnten wir uns am pickelharten Schnee vorbeischmuggeln, doch auf etwa 2350m war Schluss damit. Da das Gelände noch nicht allzu steil war, kamen wir aber gut voran.

 

Der Blick hoch zur Bocchetta del Mognoi liess uns frohlocken: Abgesehen vom Einstieg schien alles schneefrei, wenn auch äusserst steil. Nur eben, der Einstieg... Mein Kumpel, der nie um einen sarkastischen Spruch verlegen ist, meinte nur: „Hike light, Pickel hard!“ Es blieb uns nichts anders, als im harten Schnee Stufe um Stufe zu schlagen, denn Ausrutschen hätte eine ziemlich lange, ungemütliche Rutschfahrt zur Folge gehabt, sprich: Wäre ziemlich schmerzvoll und tendenziell letal geworden. Irgendwann erreichten wir so doch noch trockenes Gelände und damit auch das Fixseil, welches im Aufstieg hilft. Allerdings berührten wir es kaum und zogen den Aufstieg ein paar Meter abseits der Felswand im gut gestuften, wenn auch steilen Gelände vor. Der Pickel leistete auch hier ein paar Mal gute Dienste.

 

Um 9.45 Uhr, also knapp 1h 45min nach Abmarsch auf der Alpe Zarìa, erreichten wir die Bocchetta del Mognoi. Der Blick auf die andere Seite offenbarte viel Schnee und zunächst ziemlich steiles Gelände (35-40°). Doch auch hier vereinfachte aperes Geröll den Abstieg. Im weniger steilen Gelände rutschten wir durch den Schnee ab. Etwas oberhalb des Lago di Morghirolo gab es ein Déja-vu: Ein Abstieg mitten durch einen rauschenden Bach. Nun, ganz trocken kamen wir nicht durch, wurden aber auch nicht allzu nass. Ganz zum Schluss verabschiedete ich mich von den Markierungen und suchte mir nördlich davon eine bessere Route. Derweil kämpfte sich mein Kumpel knapp oberhalb des Ufers durch das steile Gelände. Einen Weg gibt's auch dort nicht, jedoch Markierungen. Ein paar Steilhänge und ein Schneefeld später erreichten wir schliesslich am Ostufer des See angenehmeres Gelände – und etwas, das wie ein Weg daher kam.

 

Aufgrund des Schnees, auf den wir bald wieder stiessen, verpassten wir die Markierungen und stiegen zum Piano di Lei ab. Als wir den Fehler bemerkten, war es zu spät, um noch hinüber zu traversieren. So folgten wir letztlich der Piumogna, trafen auf den Wanderweg und stiegen auf diesem hoch (und dann runter) zur Capanna Campo Tencia, die wir um 11.15 Uhr erreichten. Die Wanderwegtafel prognostizierte 2h 10min für den Abstieg nach Dalpe, was uns Gelegenheit für eine Pause bot (wir wollten den 14.02-Bus erreichen). Danach stiegen wir in knapp zwei Stunden auf dem Wanderweg nach Dalpe ab. Zurzeit liegt zwischen der CAS-Hütte und der Brücke auf 1960m noch recht viel Schnee, danach ist alles aper.

 

Fazit: Der Giro del Pizzo Campolungo ist eine tolle, abwechslungsreiche und landschaftlich wunderschöne Tour für trittsichere Berggänger. Wir hätten sie sicherlich auch an einem Tag geschafft, doch mit Biwak war's einfach schöner (und fairer gegenüber unseren Knien). Wer zu dieser Jahreszeit unterwegs ist, sollte zumindest einen Eispickel dabei haben, Steigeisen sind ebenfalls zu empfehlen. Gänzlich schneefrei ist die Tour wohl frühestens Mitte Juli. Wie erwähnt, ist die Route zwar gut markiert, von einem „Weg“ zu sprechen wäre aber deutlich übertrieben. Einen Weg gibt es nämlich praktisch nirgends, nicht mal Pfadspuren. Der allergrösste Teil der Tour erfolgt in weglosem Gelände, das teils ordentlich steil ist. Die beiden heikelsten Passagen an der Bocchetta del Prévat und der Bocchetta del Mognoi sind mit neuen Fixseilen gesichert. Trotzdem würde ich die Tour auch bei trockenen Bedingungen im oberen T4-Bereich ansiedeln.


Tourengänger: أجنبي


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