Dampfend auf das Brienzer Rothorn


Publiziert von Zolliker , 9. Juni 2015 um 15:55.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum: 5 Juni 2015
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Brienzergrat   CH-BE   CH-LU   CH-OW 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Brünig-Brienzer Rothorn-Planalp

Die Südhänge der Voralpenketten wie jene am Brienzersee ermöglichen anfangs Juni richtig schöne Bergtouren. Aber wenn es richtig heiss wird, bieten sie keinen Schutz vor der brütenden Sonne. So „dampfen” wir einen Tag vor der Eröffung der Dampfloksaison vom Brünigpass auf das Brienzer Rothorn. Eine einfache, panoramareiche Tour, die etwas Kondition verlangt.

Wir parkieren das Auto bei der Schwingsport-Arena kurz vor der Passhöhe. Ein schmale Spur führt durch hohes Gras zum Beginn der gut ausgeschilderten Wanderroute, die beim Restaurant Brünig von der Kantonstrasse abzweigt. Nichts für Grasallergiker. Es ist halb Neun und schon richtig warm. Zunächst bietet der dichte Wald noch Sonnenschutz, steil steigt der Weg hoch zum Maiensäss Wilervorsess.

Oben herrscht Hochbetrieb: Unzählige Kühe sind aus dem Unterland eingetroffen, die ahnungslosen Rindli bewegen sich noch unsicher auf den unebenen Böden. Ein paar hochschwangere Kühe schauen uns derweilen bedächtig zu … und überall sind Fliegen. Die Bauern machen ihre Alphütten und Ställe für den Sommer bereit. Sehr idyllisch. Nur die F/A 18 der Fliegerstaffel 11 vom weit unten im Tal gelegenen Militärflugplatz Meiringen fliegen hier manchmal durch die Stube.

Der Weg folgt nun den Flanken des Wilerhorns, wir gewinnen immer mehr an Höhe – und dampfen. Auf einer begrasten Felsnase machen wir Pause und versuchen den heftigen Flüssigkeitverlust mit viel Wasser zu kompensieren. Inzwischen zeigen sich auch die Viertausender des Berner Oberlands, stolz schauen sie hinter der Wildgärst- und Faulhornkette hervor. Besonders schön präsentieren sich hier die drei Gipfel des Wetterhorns.

Nur wenig über uns liegen das Wilerhorn und der Höch Gumme, unser Tagesziel erscheint hingegen noch weit weg. Die Route folgt nun eine geraume Weile der Höhenkurve und lässt viel Zeit, den schönen Brienzersee und die stolze Viertausenderkette vom Finsteraarhorn bis zur Jungfrau zu bestaunen. Auch die Blumenpracht ist überwältigend – irgendwann werde ich wohl noch Botanik studieren müssen – wir sind im Floralp-Blumen-Land. So erreichen wir die beneidenswert schön gelegene Alp Chäseren, die leider noch nicht besömmert wird.

Danach wird es ziemlich anstrengend. Die Sonne brennt erbarmungslos auf uns nieder, und es will partout kein kühlendes Windchen aufkommen. Nicht einmal auf dem Eiseepass, wo wir nochmals rasten und viel trinken müssen. Jetzt folgt das letzte Teilstück über den steilen Grat des Brienzer Rothorn, wir überschreiten mehrere ebenfalls stark schwitzende Restschneefelder, die das Ende der nächsten Woche wohl nicht mehr erleben werden. Knapp vier Stunden nach dem Abmarsch setzen wir den ersten Fuss auf den (noch) einsamen Gipfel des Brienzer Rothorns. Gleichzeitig erreicht uns ein SMS von Hans aus Nidwalden. Er zieht sich gerade den Arvigrat rein (unsere Tour von letzter Woche), und wir können ihm (fast) dabei  zuschauen…

Die Aussicht ist grandios. Das müssen sich wohl auch die Gründerväter aus Brienz gesagt haben, als sie den Bau der kühnen Dampfbahnstrecke in Angriff nahmen, die fast 1’700 Höhenmeter überwindet. Allerdings ist ein Gipfel mit „Überbauung” und Schautafeln nicht so unser Ding, um die Mystik der Berge zu erleben. So steigen wir nach kurzer Zeit zur Bergstation ab, wo die Vorbereitungen für den morgigen Saisonbeginn in vollem Gang sind. Das eiskalte Schorle tut gut, und ganz alleine auf der Panorama-Terrasse zu sitzen ist eigentlich auch ganz schön. Nur die obligaten Steinböcke fehlen, die dem Besuch des Rothorns zu einer zusätzlichen Attraktion verhelfen. Sind sie noch in Ställen oder im Zoo? Nein, Spass beiseite – aber die Salzstöcke, die sie anziehen, sind noch nicht montiert… So bleiben die Tiere versteckt und unsere iPhones können etwas abkühlen.

Die wunderbare Ruhe auf diesem vielbereisten Ausssichtsberg hat ihren Preis – wir müssen hinunterlaufen. Wir folgen in etwa dem Verlauf der Bahnstrecke bis zur Mittelstation auf der Planalp. Über 1000 Höhenmeter müssen auf einer vergleichsweise kurzen Strecke abgebaut werden. Die Knie sind gefordert, aber sie halten gut. Der Weg ist hier gut ausgebaut und die Aussicht auf den See und diverse kuriose Gratzacken spannend. Umgekehrt möchte ich diese Strecke aber nicht begehen, der ständige Anblick der nicht näher kommen wollenden Bergstation muss etwas demotivierend sein.

Auf der Planalp wartet die Bahn schon auf uns, es reicht aber gerade noch für den dringend benötigten Kübel Panache im herzigen Bergbeizli. Dann lassen wir uns zusammen mit einigen Indern und Asiaten im Cabrio-Anhänger des kurligen Dampfbähnlis nach Brienz hinuntergwaggeln.

Den vollständig bebildeteten Bericht und einen interaktiven Kartenausschnitt findest Du auf meinem Wanderblog: http://www.edwinwandert.com/2015/06/dampfend-auf-das-brienzer-rothorn/

Tourengänger: Zolliker


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