Freuden und Leiden am Breithorn


Publiziert von danski , 18. Mai 2015 um 22:22.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:10 Mai 2015
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Ski Schwierigkeit: SS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:Fafleralp - Inners Tal - Inner Talgletscher - Lauterbrunner Breithorn; Abfahrt dito
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Taxi bis Fafleralp

Das Lauterbrunner Breithorn, 3780m, ein stolzer Berg und westlichster Aussenposten der "Mauer", deren östlicher Endpunkt das Wetterhorn bildet. Sogar Hodler hat es spektakulär auf Leinwand verewigt. Genug Gründe, es in unsere Gipfelsammlung einzureihen. Nach einem Versuch vor gut 3 Jahren http://www.hikr.org/tour/post48107.html waren wir alle hochmotiviert und zuversichtlich, dass es beim Anlauf Nummer zwei klappen würde. Doch dieses Mal könnte es keine Redewende besser auf den Punkt bringen als "Des einen Freud ist des anderen Leid". Leider war ich dieses Mal der Leidtragende...

Effizient geplant gehen wir das Unterfangen an. Samstagabends per ÖV ins Lötschental mit Nachtessen in Kippel und anschliessendem Taxi-Transfer auf die Fafleralp, wo wir uns schnell auf einen geeigneten Biwakplatz unter dem schützenden Vordach des geschlossenen Kiosk einigen. Die Tagwache 03:15 lässt uns schnell in unsere Schlafsäcke verschwinden. Wir schlafen wohl alle keine halbe Stunde am Stück und wir sind froh, als der Spuk um 03:15 ein Ende hat. Der Jetboil und das Morgenessen sind so placiert, dass wir nicht aus unseren Schlafsäcken kriechen müssen. Ein Vergnügen ist es trotzdem nicht. Rasch räumen wir unser Nachtlager und starten um 04:00 das Unternehmen "Breithorn 2.0". Wir folgen Wegspuren ins noch apere Inners Tal. Linkerhand rauscht der Bach, während an uns gefühlte Schweiss-Bäche herunterstürzen. Ab ca. 2000m erweisen sich die Skis als nützlich. Flott gehts über die hartgefrorene Schneeoberfläche in den steiler werdenden Talkessel, welchen wir rechterhand zum P.2640 überwinden. Harscheisen leisten gute Dienste. In der Zwischenzeit weicht die Nacht langsam dem Tag, von welchem das fantastisch weisse Bietschhorn als erstes profitiert. Weniger steil, aber weiterhin auf hartgefrorener Unterlage überwinden wir den einen oder anderen Steilhang, bevor wir unterhalb des Bergschrundes auf rund 3100m eine Pause einlegen. Die folgenden 700HM sollten nicht mehr unter 40° Neigung fallen. Typisches und vertrautes bootpack-Gelände also. Eigentlich kommt bei mir in solchen Momenten immer eine freudige Erregung auf, doch dieses Mal macht sich eher ein flaues Gefühl in meiner Magengegend breit. An der Steil- und Exponiertheit kann es nicht liegen, viel mehr habe ich mal wieder viel zu wenig gegessen. Ich schleppe mich mühsam den Berg hoch und schaffe es kaum, mit den anderen Schritt zu halten. Appetit ist leider einmal mehr komplett verflogen und ich kann mich nur noch mit Gels einigermassen am Laufen halten. Zwischenzeitlich kommt Hoffnung auf, dass ich es doch noch schaffen könnte, doch spätestens unterhalb der Crux auf 3580m, also noch 200HM vom Gipfel entfernt, obsiegt die Vernunft und zwingt mich zum Stop. Denn was nun folgt, sollte nur in entsprechender Verfassung angegangen werden. Exponiert und mit 55° auch ziemlich steil, stellt eine schmale Bresche im Felsriegel die Verbindung zum weniger steilen Gipfelschneefeld her. Nic pickelt voran, was aus meiner Perspektive recht spektakulär aussieht. Ach wie gerne wäre ich nun an seiner Stelle, doch ich habe eher mit Übelkeit und völliger Appetitlosigkeit als mit den Tücken des Aufstiegs zu kämpfen. Bald sind die beiden aus meinem Gesichtsfeld verschwunden und das einzige, was von ihrem Aufstieg zeugt, ist Deckelschnee, der auf mich rieselt.

Obwohl der Schnee noch sehr hart ist und keine Anzeichen von Aufsulzen zeigt, entschliesse ich mich, nicht länger in meiner etwas ungemütlichen Warteposition zu verharren. Vorsichtig klicke ich in die Bindungen und versichere mich, dass alles richtig festgezogen ist. Ungewohnt zaghaft wage ich einen ersten turn, dann gehts flüssiger, aber es ist kein Vergnügen, so hart ist es noch. Ich entschliesse mich, doch noch etwas zu warten, jedoch fehlt mir die Geduld und so stürze ich mich endgültig in das Couloir. Es fällt mir jetzt zwar viel leichter, doch Erholung ist kaum möglich, denn egal ob man es im schattigen Couloir oder in der sonnigen Flanke versucht, man ruht immer bloss auf zwei Skikanten. Kurzzeitig muss ich daran denken, was wohl passieren würde, wenn einer der Dynafit-Pins aus den Frontbacken ausbrechen würde. Letzteres ist mir nämlich erst kürzlich passiert. Zum Glück in wenig exponiertem Gelände. Natürlich hält alles und so komme ich bald unbeschadet unterhalb des Bergschrundes zu einer weit entspannteren Pause, was sich in erhöhter Darmtätigkeit manifestiert. Offenbar waren meine verdauenden Innereien heute offenbar doch nicht in Topform... Nach einiger Zeit höre ich Stimmen und ich erblicke Nic und Simon, wie sie sich gerade an die etwas delikate Abkletterei des Felsriegels wagen. Es geht dennoch recht zügig und bald sehe ich sie die sonnige Flanke hinunterkurven. Wenig später sind sie auf meiner Höhe angekommen und ich gratuliere den beiden herzlich. Das ist nun wirklich eine Topleistung! Es wäre schade, jetzt Trübsal zu blasen, denn es wartet eine perfekte, seidenfeine Sulzabfahrt als Belohung für meine doch etwas angekrazte Bergsteigerseele. Fast lautlos carven wir mal in weiten und dann wieder in engeren Radien über den strahlend weissen Traumteppich. Auf 2000m ist das Vergnügen zu Ende und wir landen unvermittelt im Krokuss-Frühling. Wir blicken gemeinsam zurück, Frustgefühle bleiben dabei in der Minderheit...

Fazit

Tja, Versuch Nr. 2 und kein Fortschritt im Vergleich zum Versuch Nr.1. Das musste ich zuerst einmal verdauen. Fast noch mehr zu schaffen macht mir die Tatsache, dass ich trotz Topform immer wieder von Hugerrasten heimgesucht werden. Trotz vielen unterschiedlichen Strategien, habe ich DIE Lösung noch nicht gefunden, um diesem Problem Herr zur werden. Wie auch immer, ich "darf" mich auch nächstes Jahr wieder am Breithorn versuchen und hoffentlich daran erfreuen! Alle Bilder ab der Schlüsselstelle sind von Nic zur Verfügung gestellt. Danke buddy dafür und die ermunternden Worte danach!

Tourengänger: nprace, danski


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