Neckarsteig 4: Mosbach - Bad Wimpfen (-> Offenau)


Publiziert von Nik Brückner , 8. April 2015 um 11:26.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum: 6 April 2015
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 675 m
Abstieg: 662 m
Strecke:29,2km

Heid werd g'wimpft!

Nachdem ich am Dritten Tag meiner Tour auf dem Neckarsteig von Zwingenberg nach Mosbach gelaufen war, stand heute die Schlussetappe an: 26 Kilometer von Mosbach nach Bad Wimpfen, plus drei Bonuskilometer nach Offenau, wo ich mein Auto am Bahnhof abgestellt hatte, weil man von Wimpfen mit dem Zug nur mit unsinnigem Aufwand nach Mosbach fahren kann.

Na egal. Ich war mittlerweile Etappenlängen über 30 Kilometer gewohnt, dann würde ich das schon auch hinbekommen, trotz meiner vom zweiten Tag ererbten Probleme: Ich Depp hatte den linken Schuh schlampig geschnürt, und so hatte ich den ganzen dritten Tag schon Ärger mit Druckstellen und Blasen gehabt. Beschwerdefrei war ich zwar nicht, aber ich kam durch. Auch dank The Hirsch Effekt, die mich mit ihrem Album "Holon : Agnosie" pushten.



Start in Mosbach: 10:20 Uhr

Um 10:20 Uhr ging ich in Mosbach los. Aus Träningsgründen wieder mit einem 15-Kilo-Rucksack auf dem Rücken. Durch eine Neubausiedlung geht es hinauf in den Wald, wo der Neckarsteig mal wieder einen seiner unnötigen Haken schlägt (der direkte Weg wäre nicht weniger schön) und zudem ausnahmsweise mal nicht ganz perfekt ausgeschildert ist. Nun geht es schön durch den Wald, kurz auf die Höhe hinaus, und ins Tal des Lüttenbachs hinunter. Im Tal hält sich der Weg dann am Hang, und es geht weiter bis kurz vor Neckarzimmern, wo der Weg nach links zweigt. Hier über dem Neckar wird's wieder richtig schön, und so bleibt es auch, bis zur Burg Hornberg.

Burg Hornberg 11:50 Uhr

Die Burg Hornberg steht auf einem steilen 230m hohen Bergsporn über dem Neckartal. Sie wurde spätestens im 11. Jahrhundert gegründet und war zunächst im Besitz der Grafen von Lauffen. Später fiel sie an das Hochstift Speyer, das mit Unterbrechungen bis 1803 Eigentümer der Anlage blieb, und sie ausnehmend häufig als Lehen vergab. Im Jahr 1517 kaufte Götz von Berlichingen die Burg und lebte dort bis zu seinem Tod im Jahr 1562. Er nannte sich seitdem nach seiner Burg „von Berlichingen zu Hornberg“. Die seit dem früheren 18. Jahrhundert unbewohnte und stark verfallende Burg wurde seit der Burgenromantik im 19. Jahrhundert immer wieder instand gesetzt.

Die heutige Anlage ist aus zwei eigenständigen Burgen mit gemeinsamer Vorburg zusammengewachsen, als sie später durch eine Mauer umfasst wurden. Heute betreibt das zur Burg gehörende, nach Urkundenlage zweitälteste noch bestehende Weingut der Welt unterhalb der Burg auf Steilterrassen traditionellen Weinbau.


Von der Burg Hornberg aus wendet sich der Weg nach links, ins Tal des Steinbachs hinein, und drüben am gegenüberliegenden Hang wieder hinaus. Vom Örtchen Steinbach aus bis zum Bahnhof Haßmersheim geht es nun am Neckar entlang, dann wendet sich der Steig plötzlich steil ehemalige Weinberge hinauf.

Hier spricht mich ein älteres, fittes Ehepaar an. Ob ich den gesamten Neckarsteig gehe und wie er mir gefalle? Es stellt sich heraus, dass es sich um die Eltern von Timo Bracht handelt, Triathlet und Erfinder des Neckarsteigs! Wir schwatzen eine Weile und ich bin froh, endlich an der richtigen Stelle mit meiner wichtigsten Kritik zu sein: dass es am gesamten Neckarsteig an Ostern noch kein Eis gibt! Keine Eisdiele, kein Eisdieler, der mir ein Eis dielt!

Erst auf dem Michaelsberg trennen wir uns wieder und ich laufe nun weiter zu der Kapelle, die dem Berg ihren Namen gab.

Auf dem Michaelsberg haben bereits in der Mittelsteinzeit - vor rund 8000 bis 10000 Jahren - Menschen gesiedelt. Funde gibt es auch aus der Michelsberger Kultur, der Urnenfelderzeit und der Hallstattzeit. Die Michaelskapelle gilt als eines der ältesten Kirchengebäude der Region. Vor 771 hat der Priester Godefrid hier eine Basilika errichtet, vielleicht über einer älteren, nichtchristlichen Kultstätte. Mitte des 11. Jahrhunderts wurde dann ein romanischer Bau errichtet, der in der Frühgotik umgebaut und erweitert wurde.

Nach Gundelsheim hinunter führt ein wunderbarar alter Weinbergsteig.

Gundelsheim: 13:20 Uhr

Gundelsheim ist bestimmt schön, aber wieder bemüht sich der Neckarsteig durch eine kreative Routenführung, mich das nicht merken zu lassen. Anstatt durch den Bering der alten Stadtmauer führt das blaue N durch das zerzauste Niemandsland zwischen Bahndamm und Bundesstraße, vorbei an den zahllosen Hinterlassenschaften ebenso zahlloser Drive-In-Benutzer. Wer denkt sich so etwas aus? Vermutlich der Deutsche Wanderverband, mit seinem No-Asphalt-Dogma. Klar, Asphalt ist nicht toll, aber No-Asphalt bedeutet nicht gleich: schön. Vor allem dann nicht, wenn es dazu führt, dass ich nicht durch durch das schöne Gundelsheim laufen darf, weil die verrückten Gundelsheimer es doch tatsächlich gewagt haben, ihre Straßen zu asphaltieren!

Sehenswert ist Schloss Horneck. Das siebeneckige Schloss wurde 1533 vom Deutschen Orden auf den Ruinen einer alten Burg errichtet, die im Bauernkrieg 1525 zerstört worden war. Der erhaltene Bergfried wurde in die neue Renaissanceanlage eingegliedert. 1724 wurde das Schloss barockisiert, dabei wurden die Renaissance-Erker und -Türme abgerissen. Später, im 20. Jahrhundert, diente das Schloss dann als Sanatorium, Lazarett, Lungenheilstätte und, bis heute, als Alten- und Pflegeheim.

Noch in Gundelsheim geht es wieder über den Neckar. Der Weg führt über die Wiesen zum Hohberg, im Wald hinauf, und dann auf dem Rücken hinüber zur Burg Guttenplag.

Die Burg Guttenberg stammt archäologischen Befunden zufolge aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Als Lehen der Bischöfe von Worms gehörte sie den Herren von Weinsberg. 1449 bestätigte der Bischof von Würzburg, dass er die Burg mit den zugehörigen Dörfern an Hans den Reichen von Gemmingen verkauft hat. Bis heute befindet sich die Anlage im Besitz der Linie Gemmingen-Guttenberg.

Guttenberg wurde nie zerstört und ist seit fast 800 Jahren kontinuierlich bewohnt. Also, nicht von den gleichen Leuten natürlich. Die Besichtigung eines Teils der Burg ist dennoch möglich.


Die Burg ist komplett durchtouristisiert, so dass ich mich schnell aus dem Staub mache. Leider verliert die Route ab hier wieder an Schönheit. Ein jüdischer Friedhof wartet mit Kultur auf, hat aber gegen die hässliche landwirtschaftliche Großproduktion auf der Höhe schwer zu kämpfen.

Der Jüdische Friedhof Heinsheim ist zählt zu den größten jüdischen Friedhöfen in Südwestdeutschland: Auf dem Friedhof finden sich 1137 Grabsteine, die zwischen 1598 und 1937 errichtet wurden.

Warum die Route die Burg Ehrenberg auslässt, ist mir dann ein Rätsel. Nur wenige hundert Meter südlich davon führt der Weg hin zur Bergkirche in Heinsheim.
 
Bergkirche: 15:30 Uhr

Die dem Hl. Hilarius geweihte Bergkirche ist im 10. Jahrhundert erstmals erwähnt worden, stammt jedoch vermutlich bereits aus dem 7. oder 8. Jahrhundert. Damit ist sie eine der ältesten Landkirchen in Südwestdeutschland. Es war ursprünglich ein niedriger, einschiffiger Steinbau mit flacher Decke und schmalen schlitzförmigen Fenstern, die bei der Einführung des Fensterglases im Neckarraum um 1300 vergrößert und verglast wurden. Der Turm wurde 1250 in seiner jetzigen Form errichtet und später um Fenster ergänzt. Das Kirchenschiff wurde 1374 umgestaltet bzw. teilweise neu erbaut.

Die Kirche war im Mittelalter mit massiven Wehrmauern umgeben. Zudem diente sie als Grablege der Herren von Ehrenberg, wovon zahlreiche historische Grabplatten und Grabmale zeugen.


Von der Bergkirche aus geht es hinunter in den Ort. Dort passiert man das Schloss Heinsheim.

Seit dem 17. Jahrhundert lebten die Ortsherren nicht mehr auf der Burg Ehrenberg, sonden in Heinsheim selbst. Um 1725 errichteten die Freiherren von Racknitz das heutige Schloss. Ab 1810 wurde es von Carl Freiherr von Racknitz durch einen parkähnlichen Garten erweitert. Im 20. Jahrhundert wandelte Philipp von Racknitz es schließlich zu einem Hotelbetrieb um.

Hier beginnt dann wieder einer der schönsten Abschnitte des Neckarsteigs: Zwar weit entfernt davon, ein Steig zu sein, geht es flach durch die schönen Uferauen am Neckarufer entlang.

Und dann bin ich wieder perplex. Der Neckarsteig! Von Heidelberg nach Bad Wimpfen! Führt überhaupt nicht nach Bad Wimpfen... Wer dorthin will - und man sollte das mal besser wollen, denn Wimpfen ist eines der schönsten Städtchen Deutschlands -, muss den Neckarsteig rechtswärts verlassen. Dass man auf der gesamten Route die wunderschönen Ortskerne auslässt, hat mich die ganzen Tage schon verwundert - aber dass man ausgerechnet Wimpfen links (oder besser: rechts) liegenlässt, ist mir ein Rätsel. Eine staufische Kaiserpfalz! Der gesamte Stadtkern denkmalgeschützt! Das kann man doch nicht ignorieren. Steckt wieder der Deutsche Wanderverein dahinter?!? Ignorieren und rein in die Stadt!

Bad Wimpfen: 16:30 Uhr

Ein paar kurze kulturelle Angaben mache ich ja immer. Das auch bei Bad Wimpfen zu tun, würde den Rahmen aber sprengen. Gesehen haben sollte man unbedingt die um 1200 erbaute staufische Kaiserpfalz, von der mehrere Einzelbauten sowie Teile der Umfassungsmauern erhalten sind. Dazu gehören der der Bergfried "Blauer Turm", der Rote Turm, sowie die Pfalzkapelle, das Steinhaus und das Hohenstaufentor.

Interessant ist auch die evangelische Stadtkirche, die ab dem 13. Jahrhundert zunächst im romanischen, dann im spätgotischen Still errichtet wurde. Neben der Kirche befindet sich eine berühmte Kreuzigungsgruppe vom Bildhauer Hans Backoffen (16. Jahrhundert).

Bedeutend ist auch die Stiftskirche St. Peter in Wimpfen im Tal, die auf das 7. Jahrhundert zurückgeht. Das jetzige Kirchengebäude und der nördlich angrenzende Kreuzgang wurden im 13. und 14. Jahrhundert erbaut.


Bad Wimpfen also! Von wo aus ich vor ziemlich genau einem Jahr mit Jürg Jürgensen, besser bekannt als Exträjmjürgen zu einem Viertager entlang dem Limes aufgebrochen bin....

Puuh... Jetzt muss ich noch hinüber nach Offenau... Ein fader Weg über Wiesen bringt mich hin. Nur eine halbe Stunde vom Neckar aus. Geht schon.

Offenau: 17:30 Uhr

So! Das war's! Der Neckarsteig in vier Tagen - und sogar noch ein bissl mehr: Im Ganzen etwa 9 Kilometer mehr. Das ergibt die folgende Osterbilanz:

Strecke: 136,3 km
Aufstieg: 4102 m
Abstieg: 4182 m
Etappen: 4
Zeit: 30,5h

Schön war's! Ab in die Badewanne!

....und dann will ich endlich wieder in meine Alpen!

Tourengänger: Nik Brückner


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