Dem höchsten Tessiner aufs Haupt gespurt, Pizzo Campo Tencia, 3072m


Publiziert von danski , 21. Februar 2015 um 17:31.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:20 Februar 2015
Ski Schwierigkeit: S
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Campo Tencia   Gruppo Pizzo Campolungo 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1950 m
Abstieg: 1950 m
Strecke:Dalpe - Boscobello - Piumogna - Sgnòi - Böc di Comasnè - Pizzo Campo Tencia
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV bis Dalpe

Dem Oberhaupt der reinrassigen Tessiner Bergversammlung wollte ich schon lange einen Besuch abstatten. Genossen wir letztes Jahr epische Verhältnisse am benachbarten Pizzo Forno, hofften wir auf ebensolche am wenig höheren Campo Tencia. Ziemlich spontan machten wir uns also am Freitag auf, dem Tessiner Kantonshöhepunkt unsere Ehre zu erweisen.

Bequem erreichen wir Dalpe per Bus via einige mir bis ahnhin völlig unbekannte Ortschaften in der oberen Leventina. So hat man immerhin auch noch was von Land und Leuten. Bei Dalpe Campiano ist die gemütlich Busfahrt für uns zu Ende, dafür beginnt hier die Reise zum Pizzo Campo Tencia, der noch in weiter Ferne liegt. Zügig steigen wir via Boscobello, der seinem Namen alle Ehre macht, hoch nach Piumogna. Die Luft ist noch klirrend kalt, was uns nur noch schneller auf den Fellen gleiten lässt. Gewaltig schiebt sich die rund 1300m hohe Nordwand des Pizzo Forno in unser Blickfeld. Ein Prachtsstück! Bald erhaschen wir erste Einblicke in die Nordhänge unterhalb des Campo Tencia. Die perfekte weisse Welt, unverspurt und pulvrig! Vor Sgnòi überholen wir zwei weitere Campo Tencia-Aspiranten. Wir hoffen natürlich, die Spurarbeite später mit ihnen teilen zu können. Unterhalb der Alpe Croslina pausieren wir noch einmal im Sonnenschein, bevor wir die Spurarbeit übernehmen. Der Felskessel von Böc di Comasnè ist beeindruckend. Hellblaue Eiskaskaden zieren seine schroffen Felswände und es scheint kein Durchkommen zu geben. Doch unscheinbar und gut versteckt, bildet der Canalone Giovanelli eine Bresche und den Zugang zu den Nordhänge darüber. Dank griffigem Schnee können wir ihn ein ganzes Stück hochfellen, doch dann wird es endgültig zu steil. Mit Steigeisen gehts nun den Flaschenhals hoch. Einige Meter werden beidseitig von Eis begrenzt, doch dazwischen findet sich ein Schneeband, das bei der Abfahrt gerade genug breit für eine Skilänge sein wird. Schnell stehen wir oben und führen unsere Skispur weiter. Wenige Meter oberhalb des Canalone-Exits versperrt eine ca. 10m hohe Steilstufe unseren Weg. Sie zwingt uns zu einer weiteren Wühlerei durch den tiefen Schnee. Doch dann sind die "Schwierigkeiten" überwunden und einzig unsere Kondtion wird für die kommenden 900HM gefordert sein. Der Schnee ist weich und tief, das Spuren dementsprechend harte Arbeit, die wir beide gerne annehmen, denn sie wird uns first lines garantieren. Just in diesem Moment schnitzeln uns zwei Skifahrer in gewohnter SAC-Manier entgegen. Wir wechseln einige freundliche Worte und erfahren, dass die beiden direkt von den Capanna Campo Tencia aufgestiegen sind. Naja, ihre Fahrweise ist mindestens sehr platzsparend und die Hänge sind breit und lassen noch sehr viel Spielraum. Eine letzte kurze Pause auf ca. 2520m dient der Energieaufnahme und wir nehmen uns den letzten 500HM an. Immer wieder mal brechen wir den Winddeckel, um gleich danach durch weichen Schnee zu spuren. Auf rund 2820m treffen wir endlich auf die Aufstiegsspur von der Capanna Campo Tencia. Wir sind froh darüber, denn langsam zieht sich die Spurarbeit hin und von hinten ist niemand aufgeschlossen, der uns hätte ablösen können. Letzte Meter über den abgeblasenen Gipfelgrat bringen uns schliesslich auf das Tessiner Oberhaupt. Ich habe kaum etwas gegessen seit Dalpe und das komme ich jetzt ziemlich unangenehm zu spüren. Etwas Schoggi und ein Powergel müssen reichen, denn trotz dem atemberaubenden Panorama in alle Himmelsrichtungen, wird mir nicht richtig warm. Ein kalter Wind tut sein übriges dazu. Also nichts wie hinunter!

Der Schnee in der kurzen Gipfelflanke ist kalt und locker. Etwas weiter unten auf dem Ghiacciaio Grande di Croslina ist er etwas mehr windbearbeitet, aber immer noch sehr schön zu fahren. Wir cruisen weiter durch unverspurte Geländekammern und finden konservierten Traumpulver. Die Hänge sind weit und verleiten zu langen Kurven und kleinen Sprüngen. Kaum hat die Abfahrt begonnen, steht man schon wieder am Canalone. Statt direkt einzufahren, kann man auch etwas ausholen und dann sehr bequem über seine in Fahrtrichtung linke Begrenzung einfahren. Noch kurz abrutschen über die Engstelle und schon erlaubt Presspulver vergnüglichen Couloir-Fahrspass. Die Bachüberquerung des Piumogna scheint ebenfalls ein Kinderspiel zu werden... Doch irgendwas läuft schief und ich bleibe hängen, was mich aus dem Gleichgewicht und zu Fall bringt. Der Schnee hat etwas gegen mein Gewicht und plötzlich liege rücklings im kalten Wasser. Ich schaffe es, mich aus den Skis zu befreifen und mich aus meiner ungemütlichen Lage zu befreien. Gore-Tex sei Dank bin ich kaum durchnässt, aber angenehm ist es nicht. Die kommende Waldabfahrt bis nach Sgnòi ist noch einmal ziemlich gut, doch dann folgt man für Kilometer der Aufstiegsspur, was gegen unten immer hässlicher wird. Wir murksen uns teilweise durch, dass es optisch kein Vergnügen ist. In Dalpe angekommen, sind wir nicht unfroh, dass der wilde Ritt ein Ende hat. Müde, aber glücklich schmeissen wir high fives. Leider ist die einzige Osteria im Ort chiuso und der Bus fährt auch erst in 1 Stunde. Endlich in Airolo, holen wir uns eine Pizza da portare via, die wir im wohlig warm geheizten SBB-Wagen genüsslich verspeisen. Ja, der höchste Tessiner hat uns ganz schön hungrig gemacht!

Tourengänger: danski


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