Hochtor Nordwand "Jahn-Zimmer" Solo


Publiziert von bnsndn , 20. Januar 2015 um 23:51.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Ennstaler Alpen
Tour Datum: 9 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-ST 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 670 m
Unterkunftmöglichkeiten:Haindlkarhütte, Hesshütte

Servus zusammen,

nachdem ich etwas darüber nachgedacht hatte, ob ich der Tour als Alleingänger gewachsen bin, entschloss ich mich diese großartige Klettertour anzupacken. Die Info des Haindlkar-Hüttenwirtes, dass erst Tage zuvor bereits jemand solo die Wand durchstieg, ermutigte mich bei meinem Vorhaben. Wobei das natürlich nichts heißen muss, schließlich soll es ja bekanntlich Bergsteiger geben, die auch die Hasse-Brandler free solo begehen.

Mein Plan hingegen war, das ganze nicht free solo anzugehen. Über die berühmte Fuge (Schlüsselstelle) hatte ich im Netz gelesen, dass diese nicht ganz ohne sei. Und so war also das Seil (exakter: zwei Halbseile von in Summe ca. 55m, Produkt eines Durchschlages bei Felssturz...) mein Begleiter - keine Schande bei einer III+ im Xeis, vielmehr eine weise Entscheidung.

Nach einer ruhigen Nacht in der kaum besuchten (war der einzigste beim Abendessen) Haindlkarhütte (wenige Tage vor Schließung) folgte ich am Morgen dem rechten Zustieg (einen von links gibt es auch)  zur Kletterroute, kurz Weg, dann Geröll, dann Pfad, durchwegs gut markiert. Die Kletterroute ist ebenfalls gut (vielleicht sogar zu gut...) markiert und deshalb kaum zu verfehlen. 

Zuerst ein paar Seillängen direkt hoch, danach absteigend (evt. etwas heikel) links in eine Querung und dann wieder direkt nach oben in genussvoller Kletterei. Nach einer Rechtsquerung kommt die aus meiner Sicht unangenehmste Seillänge vor dem Appellplatz, recht steil und ausgesetzt, für mich grade noch so ohne Seil erträglich.

Am Appellplatz wird erstmal kurz gerastet und nachgedacht, wie mit dem Seil verfahren wird. Laut Topo (gibt durchaus verschiedene mit z.T. höchst unterschiedlichen Einstufungen)  kommt bereits vor der Fuge eine III+, daher seile ich sicherheitshalber und zum Test bereits hier an. Umständlich aber sicher: Seil an unterem Haken fixieren -> Hochklettern mit Zwischensicherungen (bringen nur bedingt etwas) -> Seil an oberem Haken fixieren -> klettersteigartig/abseilend absteigen und Zwischensicherungen lösen -> Seil unten lösen -> im Nachstieg aufsteigen (ohne dass jemand oben Seil nachzieht)

Eine Prozedur nach Nicht-UIAA-Art aber zumindest sinnvoll, um einen Totalabsturz zu verhindern. Die erste gesicherte Seillänge war für die Katz, wäre auch ohne Seil gegangen, da die Platten trocken waren.
Die zweite gesicherte Seillänge war die Fuge. Von Steilheit und Ausgesetztheit mit dem Hinterstoißerquergang zu vergleichen. Eiger-Nordwand-Bezwinger mögen mir den Vergleich verzeihen, aber für eine III+ sieht das Ding wirklich ordentlich aus. Wie schön, dass ich diese Crux zweimal im Aufstieg und einmal im Abstieg bewältigen darf. Haken und sogar eine Sanduhr helfen dabei. Aus meiner Sicht besteht die Schlüsselstelle technisch gesehen nur aus einem guten Kletterzug zu dieser Sanduhr hinauf, der Rest ist leichte Querung und griffiger Weiteraufstieg. Der senkrechte Abbruch unter einem würzt das ganze natürlich. Daher wäre mir diese Stelle seilfrei zu heikel.

Es folgt Genusskletterei, mal leichter, mal schwerer und es macht Spaß in einem Affenzahn die Wand ohne Seil emporzusteigen. Bis da dieser kleine Überhang kommt, angeblich (und tatsächlich, super griffig) nur eine II+. Für meine Verhältnisse aber zu ausgesetzt, um das Seil im Rucksack zu lassen. Also ein drittes Mal sichern, aber nur den Überhang, um gleich anschließend das Seil (dieses Mal unten nur durchgezogen) wieder abzuziehen. Der Plan ist es, Zeit zu sparen. Der Plan scheitert leider, da ich aufgrund der Gleichfarbigkeit der Seile natürlich am falschen zog, bis der Knoten am Haken war, war ja klar... 50:50 scheitert am Berg immer... Wäre kein Problem gewesen, wäre mir nicht das andere Ende in den Abgrund gefallen. Also nix wie weiteraufsteigen mit dem Seilende und hoffen, dass es reicht bis zum oberen Haken. 1-2m hätte ich noch gehabt, das war optimiert, andernfalls hätte ich einen Plan C aus dem Hut zaubern müssen... Aber jetzt hieß es erst wieder abseilen und dann wieder hinaufklettern.

Nun blieb das Seil wirklich im Rucksack. Die letzten Seillängen waren Genuss pur, vielleicht etwas brüchigerer Fels als unten (also nur noch gut anstatt sehr gut). Nach einer netten Querung auf einem Band ging es ein letztes Mal kurz vertikal hinauf, und danach geneigt in Richtung Grat. Erst jetzt erreichten mich die Sonnenstrahlen und der Tiefblick in die schattige Wand war gewaltig. Erstaunlich, dass man dort verhältnismäßig einfach hinaufkommt. Für die Kletterei brauchte ich, wie in der Topo angegeben, 6h. Davon entfielen ca. 3h auf die gesicherten Längen und Pausen, der Rest auf das flotte Free-Solo-Klettern der restlichen gut 20 SL. Man kann also noch optimieren, muss man aber nicht. 

Als Abstieg wählte ich den gemütlichen Josefinensteig und übernachtete auf der Hesshütte, die noch gut besucht war, musste also dieses Mal nicht allein am Tisch essen. Am nächsten Tag gings dann über den Peternpfad (tolle Blicke in die Wände) wieder zurück auf die andere Seite. Im Abstieg ist dieser nicht zu unterschätzen, Seil braucht es keins aber etwas Konzentration schon. Nochmals an der Haindlkarhütte vorbei (wo mich der freundliche Hüttenwirt durch sein Fernrohr schauen lies, durch das auch ich Tags zuvor von Schaulustigen ständig beobachet wurde) und wieder zurück zum Auto.

Zusammenfassend kann ich sagen: Absolut empfehlenswerte Tour!!!
- Super fester Kalk auch in den leichten Seillängen
- Schön lange Route auf Ideallinie
- Schön steil und ausgesetzt für einen IIIer
- An einem warmen Föhntag perfekte Temperatur in der Wand
- Mit Peternpfad (und evt. auch Dachlgrat) eine perfekte Rundtour
- Die Bewirtung auf den Hütten kann auch empfohlen werden

Die besten Bilder werde ich demnächst noch reinstellen, alle Bilder der Tour auch hier auf meiner Berg-Homepage.

Tourengänger: bnsndn


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