eine raunacht in den südalpen


Publiziert von nikizulu , 12. Januar 2015 um 19:59.

Region: Welt » Italien » Venetien
Tour Datum: 5 Januar 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT4 - Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Kartennummer:tabacco, blatt 050 "altopiano dei sette comuni"

fact sheet:

schneeschuhtour auf den ribu cima dodici 2336m (prominenz 1874m) in den prealpi vicentine im trentino bzw. im veneto.

von 04.-05.01.2015; im alleingang.

anfahrt per ÖV; start im ort gallio; aufstieg über das baito terre more zum bivacco buse delle dodese; tag 2: aufstieg durch die ostflanke auf die cima dodici; abstieg wieder über die ostflanke, weiter zum bivio italia und über das croce di sant'antonio zurück nach gallio.

harsch ab 1700m; kein niederschlag; tour mit weglosem abschnitt; gipfelziel am 05.01.2015 bei fernsicht erreicht.

wanderinfos: http://www.vienormali.it
wetterbericht: http://www.ilmeteo.it/meteo/Asiago
lawinenbericht: http://www.arpa.veneto.it/neve_valanghe/it/html/
ÖV-fahrpläne: http://www.ftv.vi.it

fotoalbum mit allen bildern der tour

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tourenbericht:

“raunächte”, so heissen die kürzesten nächte des jahres rund um die wintersonnenwende; für bergsteiger ist das in unseren breiten wohl die problematischste zeit im jahreslauf; kurze tage, tiefe temperaturen, schlechte schneeverhältnisse - das sind die bedingungen, mit denen man rund um die weihnachten planen muss, will/kann man nicht in den tiefen süden flüchten.

im februar 2014 ist mir eine hochwinterliche tour in einer vollmondnacht in der slowakei so richtig aufgegangen; durch diesen erfolg ermutigt, hab ich mich, wie sich abgezeichnet hat, dass ich in den tagen nach dem jahreswechsel 2014/15 wieder mal nach oberitalien kommen werd, rasch dafür entschieden, den hatscher auf die cima dodici, den höchsten berg der vizentiner voralpen, die die dolomiten von der venezianischen tiefebene trennen, zu wagen, auch wenn sich schon beim durchrechnen der gehzeiten abgezeichnet hat, dass es mit der ankunft beim biwak buse delle dodese vor einbruch der dunkelheit in anbetracht von schlappen 20 km, die es von der bushaltestelle im ort gallio hinauf in die gipfelregion sind, knapp werden würde; aber he, wieder eine klare vollmondnacht vorhergesagt, gute ausrüstung im gepäck, wird also schon schiefgehen, nicht?

reich an eindrücken der grandiosen kunstwerke paduas (giotto-fresken!), aber armselig, was meine körperliche verfassung betrifft (viel kekse essen und wenig laufen gehen in der vorweihnachtszeit) bringt mich also am 04.01.2015 der autobus hinauf auf die hochebene von asiago; es liegt fast kein schnee; ich überleg ernsthaft, ob ich die mitgebrachten schneeschuhe nicht besser irgendwo deponieren und ohne sie losziehen soll; doch letztlich lass ich sie doch am rucksack aufgeschnallt und beginn den langen aufstieg; das hochplateau der 7 gemeinden (bis vor 100 jahren eine deutsche sprachinsel) ist äusserst weitläufig - erst nach einigen stunden im wald seh ich überhaupt erst in der ferne den weissen gipfel der cima dodici (zu deutsch: “zwölferspitze”, venezianisch “zima dodese”, wie das biwak); im 1. weltkrieg haben hier übrigens tausende K&K- und italienische soldaten ihr leben lassen müssen - regelmässig kommt man an in die felsen gehauenen stellungen, kleinen soldatenfriedhöfen und infotafeln zum tema vorbei.

ich merk rasch, dass ich wirklich nicht in form bin; gegen 16:00 überleg ich ernsthaft, über nacht in einer links vom weg gelegenen höhle zu bleiben, entschliess mich dann aber doch, mich zusammenzureissen und direkt - ein kurzes stück auch weglos - zur biwakschachtel aufzusteigen; etwas später pausier ich ein letztes mal im latschengürtel und seh gleichzeitig mit dem sonnenuntergang im osten den mond aufgehen - nice! eine viertelstunde später ist die lage nicht mehr so nice: ich komm mit den schneeschuhen in den schlecht eingeschneiten latschen nur schwer voran, und steh zuletzt vor einem - in der (an sich sehr guten) karte so nicht erkenntlich gewesenen - steilabbruch; es wird immer dunkler, und meine versuche, durch die latschen einen abstieg durch die geländestufe zu finden, immer hektischer; ich seh schon das unvermeidliche, wieder mal eine frische notbiwaknacht in einer schneegrube verbringen zu dürfen, auf mich zukommen, als ich wirklich mit dem letzten licht der dämmerung unten eine spur im schnee seh, die eindeutig richtung biwak führt; ich koffer also irgendwie da hinunter, und folg nun mit eingeschalteter stirnlampe, bei stärker werdendem nordwind, den vereinzelten spuren und steinmännchen über das jetzt wieder weitläufige hochplateau; bald darauf ist es stockfinster (der mond steht noch hinter dem bergrücken, von dem ich eben heruntergekommen bin), und ich hoff bei jedem dunklen fleck, den ich ausmach, auf das verdammte biwak; die sonne ist seit über 1 stunde untergegangen, als ich es endlich erreich; ich entriegel die tür, spring förmlich hinein und schlüpf so schnell wie möglich in meinen schlafsack, der mich nur langsam wieder erwärmt; das termometer im biwak zeigt -8°C, draussen pfeifts mittlerweile ordentlich ...

plan A war, noch in der nacht aufzubrechen, zum sonnenaufgang am gipfel zu stehen, und nachmittags schon wieder in der tiefebene zu sein; kurz vor 05:00 muss ich mal, schäl mich aus dem schlafsack, bestaun das in meiner trinkflasche zu eis gefrorene wasser, und öffne endlich die tür - der vollmond strahlt wie eine kalte sonne, der wind ist wirklich schirch, die cima dodici wirkt auf mich unwirtlich und unbesteigbar wie der mount everest - plan A, nein danke, zurück in den schlafsack!

ich steig also erst mit den ersten sonnenstrahlen zum gipfel auf; nachdem wirklich wenig schnee liegt, geh ich ihn auch gleich direkt über die steile ostflanke an ... triebschnee? hmm, besser auf den grat hart am felsabbruch ausweichen! nach einer ziemlichen keucherei (kondi!) steh ich gegen 09:00 am gipfel; von oben sieht man in die dolomiten, in die brentagruppe und bis zum alpenhauptkamm, va aber etwas, das man von österreichs bergen aus nie sieht: das meer! schööön!

ich halt mich nicht lang oben auf und beginn also den laaangen abstieg; ich steh noch einigermassen unter den eindrücken des letzten abends und der nacht und bin dementsprechend leicht irritiert, wie ich auf halbem weg auf ein junges pärchen treff, die grad am wegrand kaffee kochen; tja, wenn man ein auto hat und sich damit fast die hälfte vom aufstieg sparen kann, und man ausserdem nicht an die busfahrzeiten gebunden ist, kann mans natürlich gemütlicher angehen ... ich bedank mich für den angebotenen kaffee - und nehm nach einem netten plausch mit den beiden die abzweigung ins falsche tal; kein grosses malheur, nur halt noch ein paar kilometer mehr zum hatschen, bis ich irgendwann am nachmittag endlich wieder in gallio ankomm ...

Tourengänger: nikizulu


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